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Foto: Thomas Hartmann<br />
Mehr als 20.000 junge Frauen und Männer wollten 2005 an der Johannes<br />
Gutenberg-Universität Mainz studieren. Zehntausende Zeugnisse, Anträge,<br />
Lebensläufe, die durch die Hände der Mitarbeiterinnen im Studierendensekretariat<br />
gingen. 30 Minuten brauchen sie im Schnitt, um eine einzige<br />
Bewerbung zu bearbeiten, das machte rund 10.000 Bearbeitungsstunden <strong>–</strong><br />
in Stellen ausgedrückt: 6 Ganztagskräfte wären in diesem Jahr notwendig<br />
gewesen, nur um allein diese Bewerbungsberge zu bewältigen. Im Studierendensekretariat<br />
stehen hierfür aber nur 3,25 Kolleginnen zur Verfügung;<br />
die fehlenden Personalkapazitäten mussten wir <strong>mit</strong> dem Einsatz von Hilfskräften<br />
wettmachen. Von den knapp 20.000 „potenziellen“ Studierenden<br />
hat aber nur knapp ein Drittel Ihr Studium an der Johannes Gutenberg-Universität<br />
tatsächlich begonnen.<br />
Um jedem möglichen Missverständnis zu wehren: Die Universität freut sich<br />
über dieses rege Interesse an einem Studium an der Universität Mainz.<br />
Unserer Überzeugung nach müssten eher noch mehr Schulabgängerinnen<br />
und <strong>–</strong>abgänger die Möglichkeit bekommen, ein Hochschulstudium zu beginnen,<br />
denn Deutschland hat hier eindeutig Nachholbedarf. Aber leider<br />
sind hierfür die Rahmenbedingungen nicht gegeben <strong>–</strong> sehr zum Leidwesen<br />
sowohl der Hochschule als auch der Bewerberinnen und Bewerber.<br />
Das obige Beispiel beschreibt anschaulich die Problematik des Bewerbungs-<br />
Booms: Von Effizienz ist beim derzeit an deutschen Universitäten praktizierten<br />
Bewerbungsverfahren keine Spur. Deutschlands Abiturienten bewerben<br />
sich direkt an den Hochschulen <strong>–</strong> und das gleich mehrfach quer<br />
durch die Republik. In Zeiten der Online-Bewerbung bedeutet dies keinen<br />
großen organisatorischen Aufwand. Die Zahl der zu bearbeitenden Bewerbungen<br />
schnellt dadurch in die Höhe <strong>–</strong> und leider auch die der Absagen<br />
zugelassener Bewerber nach erteilten Zulassungen! An der Johannes<br />
Gutenberg-Universität zum Beispiel, verdreifachte sich die Bewerbungszahl<br />
innerhalb von vier Jahren <strong>–</strong> von 6.600 im Jahr 2001 auf über 20.000 in die-<br />
Bewerber-Boom<br />
3<br />
Editorial<br />
sem Jahr. Gleichzeitig sank die Quote der angenommenen Zulassungen von<br />
97 Prozent in 2001 auf 37 Prozent in 2005. Die Nachrückverfahren ziehen<br />
sich in die Länge und nehmen groteske Formen an. Das kostet nicht nur<br />
Geld, sondern bindet auch Personalressourcen, die beispielsweise in der<br />
Studienberatung weit sinnvoller eingesetzt werden könnten. Und alle sind<br />
unzufrieden, denn die meisten Bewerber müssen zunächst eine Absage<br />
erhalten, um dann, zum Teil erst nach Beginn der Vorlesungszeit, die<br />
Mitteilung zu bekommen, dass sie nun doch ihr gewünschtes Studium an<br />
der Universität Mainz aufnehmen können. Wenn überhaupt, ist dann ein<br />
ordentlicher Studienbeginn nur noch unter größten Kraftanstrengungen<br />
möglich.<br />
Um die Zahl der Vielfachbewerbungen in den Griff zu bekommen, ist eine<br />
zentrale Lösung dringend notwendig. Gerne plädiere ich daher für die Umwandlung<br />
der ZVS in eine bundesweite Servicestelle. Hiervon würden alle<br />
Beteiligten, Bewerberinnen, Bewerber und Hochschulen, profitieren. Statt<br />
die ZVS aufzulösen, sollte ihr Leistungsspektrum besser den aktuellen<br />
Erfordernissen angepasst werden. Das heißt: Das Abklären von Doppel- und<br />
Mehrfachbewerbungen, die Berücksichtigung der Priorisierung seitens der<br />
Bewerber, kurz die gesamte Abwicklung könnte in ihren Händen liegen. Die<br />
Universitäten hätten dann lediglich über die Zulassung zu entscheiden.<br />
Bis es aber so weit ist, bleibt uns nur, weiterhin Personal<strong>mit</strong>tel für zusätzliche<br />
Bearbeitungskapazitäten bereitzustellen. Geld, das wir in diesem Jahr<br />
aus den Einnahmen durch Gebühren von Langzeitstudierenden genommen<br />
haben. Geld, das für Verbesserungen in der Lehre, beispielsweise für Tutorien,<br />
bitter nötig wäre.<br />
Univ.-Prof. Dr. med. Jörg Michaelis<br />
Präsident<br />
[JOGU] 194/2005