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Kultur auf dem Campus<br />
Ossuare aus dem Heiligen Land<br />
Einmalige Sammlung Ossuare<br />
sind steinerne Knochenkästen, die<br />
zur Zweitbestattung der Skelette vor<br />
allem wohlhabender Einwohner von<br />
Jerusalem und Jericho um die Geburt<br />
Christi benutzt wurden. Zehn dieser<br />
Ossuare sind in Deutschland bekannt,<br />
sieben davon gehören seit Sommer<br />
2005 zur Sammlung des Seminars für<br />
Altes Testament und biblische Archäologie<br />
am Fachbereich Evangelische<br />
Theologie der Universität Mainz.<br />
Rote Farbe hebt die feinen Schnitzereien auf dem<br />
weißen Kalkstein hervor, in dieses Stück hat einst<br />
ein Handwerker im fernen Palästina viel Arbeit investiert.<br />
„So etwas konnte sich<br />
sicher nicht jeder leisten, denn<br />
die Bearbeitung und Verzierung<br />
des Steins kostete viel Geld“,<br />
bekräftigt Professor Dr. Wolfgang<br />
Zwickel. Der evangelische<br />
Theologe steht vor einer Vitrine<br />
in der Mainzer Johannes Gutenberg-Universität,<br />
in der sieben<br />
Ossuare präsentiert werden, antike<br />
Knochenkisten für die<br />
Zweitbestattung von Verstorbenen<br />
aus Felsengräbern.<br />
Die Kästen sind im Durchschnitt<br />
25 Zentimeter breit, 30 Zentimeter<br />
hoch und gut 60 Zentimeter<br />
lang. Gleich sieben der<br />
Ossuare in einer Sammlung zu<br />
haben, ist eine große Ausnahme,<br />
in ganz Deutschland kennt Professor Zwickel nur<br />
drei weitere Knochenkästen. Der Bestand am<br />
Seminar für Altes Testament und biblische Archäologie<br />
am Fachbereich evangelische Theologie ist<br />
<strong>mit</strong> Mitteln der Kulturstiftung Rheinland-Pfalz<br />
von einem Sammler angekauft worden, der die<br />
Ossuare vor vielen Jahren in Jerusalem erworben<br />
hat.<br />
[JOGU] 194/2005<br />
Im Juni sind die Steinkisten an der Universität angekommen,<br />
sechs davon haben etwa die gleiche<br />
Größe, ein Ossuar ist kleiner <strong>–</strong> wahrscheinlich lagen<br />
darin einst die Knochen eines Kindes. Die<br />
Maße der aufwändig verzierten Steinmetzarbeiten,<br />
die im Durchschnitt 30 Kilogramm wiegen,<br />
werden von der Größe der Knochen vorgegeben:<br />
„Der Schädel entscheidet über die Breite, der<br />
Unterschenkel über die Länge“, weiß Zwickel.<br />
Die Ossuare boten die Chance,<br />
wenigstens alle Knochen jedes<br />
Skeletts komplett zu bewahren,<br />
wenn die Verstorbenen<br />
verwest waren.<br />
Ossuare sind aus dem Heiligen Land nur aus zwei<br />
Epochen bekannt, erzählt Zwickel: Im 4. Jahrtausend<br />
vor Christus, dem so genannten Chalkolithikum,<br />
gab es erstmals die Bestattung der Knochen<br />
Verstorbener. Die Fundorte dieser frühen Ossuare<br />
beschränken sich auf die Küstenregionen Palästinas<br />
um Tel Aviv.<br />
Alttestamentler Zwickel: Gleich sieben der Ossuare in einer Sammlung<br />
zu haben, ist eine große Ausnahme.<br />
Die Mainzer Exemplare stammen jedoch alle aus<br />
einer zweiten Ära, den Jahren zwischen 20 vor<br />
Christus und 70 nach Christus. Vor allem um Jerusalem<br />
und Jericho finden sich diese Knochenkästen,<br />
die oft durch Schnitzereien und Bemalung<br />
reich verziert wurden. Einige Exemplare tragen<br />
auch den Namen desjenigen Menschen, dessen<br />
Knochen in der Kiste bestattet wurden. So fanden<br />
24<br />
in einem Mainzer Ossuar die Knochen von Ahabon<br />
ihre letzte Ruhe, ein anderer Kasten ist Jonathan,<br />
dem Sohn des Josef zugeordnet.<br />
Die Skelette sind allerdings nicht <strong>mit</strong> den Ossuaren<br />
überliefert worden: Die Knochenkisten stammen<br />
aus dem Antikenhandel, die genaue Herkunft<br />
und der Zustand beim Fund sind nicht<br />
überliefert.<br />
Dass die Ossuare vor allem in Jerusalem und Jericho<br />
gefunden wurden, wundert Professor Zwickel<br />
nicht: „Dort lebte eben die Oberschicht“, erzählt<br />
der Mainzer Alttestamentler. Jerusalem war<br />
damals eine junge, wachsende Weltstadt. Noch<br />
im 5. Jahrhundert vor Christus hatte Jerusalem<br />
gerade einmal 250 Einwohner, war nicht mehr als<br />
ein Heiligtum <strong>mit</strong> etwas Infrastruktur. Der Aufstieg<br />
der Stadt begann schließlich im 3. Jahrhundert<br />
vor Christus.<br />
Kurz darauf, so Zwickel, entwickelte sich eine<br />
Auslegung des jüdischen Auferstehungsglauben,<br />
die eng <strong>mit</strong> der Unversehrtheit des bestatteten<br />
Leichnams verbunden wurde.<br />
In einer Metropole wie Jerusalem konnten<br />
die Felsgräber aber nicht ewig belegt<br />
werden. Üblicherweise wurden die Gebeine<br />
der Toten an den Seiten der Gräber<br />
aufgereiht, wenn ein neuer Leichnam<br />
das Grab belegte.<br />
Foto: Peter Thomas<br />
Die Ossuare boten die Chance, wenigstens<br />
alle Knochen jedes Skeletts komplett<br />
zu bewahren, wenn die Verstorbenen<br />
verwest waren. Um 20 vor Christus<br />
setzte sich diese Form der Zweitbestattung<br />
durch. Mit der Eroberung und Zerstörung<br />
Jerusalems durch die Römer 70<br />
nach Christus wurde diese Tradition<br />
dann abrupt unterbrochen.<br />
Die Ossuare werden nun in Vitrinen im Forum 4<br />
der Johannes Gutenberg-Universität gezeigt,<br />
eine Bachelor-Arbeit zum Thema entsteht gerade.<br />
In der nächsten Zeit hofft Zwickel, die Neuerwerbungen<br />
des Seminars auch in der Stadt auszustellen.<br />
Langfristig träumt der Professor aber<br />
davon, ein eigenes Museum zur Kultur der biblischen<br />
Länder einzurichten.<br />
Peter THOMAS ■