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Kelten und Römer<br />
in Burgund<br />
Zur Geschichte der keltischen<br />
Stadt Bibracte Seit den 80er Jahren<br />
des letzten Jahrhunderts besteht in<br />
dem kleinen Weiler Glux-en-Glenne<br />
das Forschungszentrum BIBRACTE,<br />
dessen Installation vom damaligen<br />
französischen Präsidenten Mitterand<br />
maßgeblich forciert wurde. Es koordiniert<br />
die multinationalen Forschungen<br />
in und um das keltische Oppidum<br />
Bibracte; seit Jahren ist es dank hervorragender<br />
Ausstattung und regem<br />
Austausch <strong>mit</strong> in- und ausländischen<br />
Forschern zum wichtigsten Zentrum für<br />
die Archäologie der Kelten geworden.<br />
Bibracte ist der Name einer keltischen Stadt (lat.<br />
oppidum) ganz in der Nähe des Forschungszentrums,<br />
auf dem Mont Beuvray. Sie war eine der<br />
bedeutendsten keltischen Städte im 1. Jahrhundert<br />
v. Chr. <strong>–</strong> bekannt vor allem durch Caesar, der<br />
dort seine Kommentare zum Gallischen Krieg verfaßte.<br />
Von 2005 bis 2008 wird in einem Projekt<br />
des Instituts für Vor- und Frühgeschichte der<br />
Johannes Gutenberg-Universität Mainz, des<br />
Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz<br />
sowie der Université de Bourgogne gezielt das<br />
Umland der keltischen Stadt erforscht.<br />
Eine Gruppe von sechs Studierenden hat bereits<br />
Anfang des Jahres vier Wochen lang archäolo-<br />
gische Prospektionen in Burgund<br />
durchgeführt. Geleitet wurde<br />
diese Kampagne, die aus Mitteln des<br />
Forschungsfonds der Johannes<br />
Gutenberg-Universität Mainz und<br />
der Freunde der Universität Mainz<br />
e.V. für das Jahr 2005 finanziert<br />
wurde, von Dr. Peter Haupt vom Institut<br />
für Vor- und Frühgeschichte und<br />
Dr. Martin Schönfelder vom Römisch-GermanischenZentralmuseum<br />
Mainz.<br />
Modernstes Vermessungsgerät:<br />
Geländeaufnahme im Wald<br />
Im Naturpark des Morvan, einem Mittelgebirge<br />
<strong>mit</strong> Höhen über 900 Meter, werden hierzu rund<br />
um das Bergmassiv des Mont Beuvray spätkeltische<br />
und frührömische Fundstellen aufgespürt.<br />
Das Arbeitsgebiet der diesjährigen, ersten Kampagne<br />
lag nur wenige Kilometer nördlich des keltischen<br />
Bibracte.<br />
Die archäologischen Feldarbeiten umfaßten drei<br />
Bereiche: Zum einen wurde das Gelände mikrotopographisch<br />
vermessen. Hierbei wurden alle<br />
wesentlichen Veränderungen des natürlichen Reliefs<br />
dokumentiert: ehemalige Wege, Gräben und<br />
vor allem Siedlungsterrassen, die treppenartig in<br />
die Hänge eingearbeitet sind. Die Geländeaufnahme<br />
erfolgte im tiefverschneiten Wald- und<br />
Wiesenareal <strong>mit</strong>tels modernsten Vermessungsgerätes,<br />
das hierbei gleich einem Belastungstest<br />
21<br />
Fotos: Peter Haupt<br />
Campus international<br />
ausgesetzt wurde. Alle Daten sind in ein Geographisches<br />
Informationssystem (GIS) eingearbeitet<br />
und da<strong>mit</strong> vielfältig auswertbar.<br />
Zum anderen wurden <strong>–</strong> nach der Schneeschmelze<br />
<strong>–</strong> Bodenaufschlüsse überprüft, die in Form von<br />
Wurzeltellern umgestürzter Bäume, Hohlwegwänden,<br />
Bachbetten sowie als Maulwurfshügel<br />
vorliegen. Gerade bei diesen Arbeiten ist der<br />
nicht geringe Weingenuß der Kelten zu Caesars<br />
Zeiten von Bedeutung: Der Wein wurde in hunderttausenden<br />
Amphoren importiert, die danach<br />
als Müll behandelt und entsorgt wurden. Deren<br />
ziegelrote Scherben finden sich nun überall im<br />
Bereich der Siedlungen und können als guter Anzeiger<br />
menschlicher Aktivität betrachtet werden.<br />
Schließlich trug eine studentische Arbeitsgruppe<br />
aus Dijon <strong>mit</strong> geomagnetischen Untersuchungen<br />
auf den Wiesen, deren Maulwurfshügel gleichzeitig<br />
erkundet wurden, zum Gelingen der Kampagne<br />
bei.<br />
Bodenaufschlüsse wurden überprüft,<br />
die in Form von Wurzeltellern<br />
umgestürzter Bäume,<br />
Hohlwegwänden, Bachbetten<br />
sowie als Maulwurfshügel<br />
vorliegen.<br />
Im Rahmen der Kampagne 2005 konnten 162<br />
Wurzelteller sowie 1864 Maulwurfshügel untersucht<br />
werden; in jedem zweiten Untersuchungsobjekt<br />
waren Scherben und andere Funde als<br />
Spuren von Siedlungen der zweiten Hälfte des<br />
1. Jahrhunderts v. Chr. nachweisbar. Hierdurch<br />
gelang es, eine mindestens 80 Hectar große<br />
Siedlungsfläche festzustellen <strong>–</strong> ein spektakuläres<br />
Ergebnis, betrachtet man die geringe Distanz von<br />
nur wenigen Kilometern bis zur keltischen Stadt<br />
Bibracte auf dem Mont Beuvray.<br />
In den nächsten Jahren werden die archäologischen<br />
Untersuchungen schrittweise auf das<br />
gesamte Areal um das Oppidum ausgeweitet<br />
werden. Nach erster Sichtung älterer Fundmeldungen<br />
ist <strong>mit</strong> wichtigen Ergebnissen zur Geschichte<br />
der keltischen Stadt am Ende der keltischen<br />
Eisenzeit und am Beginn der römischen<br />
Herrschaft zu rechnen. Zudem werden <strong>–</strong> fast<br />
beiläufig <strong>–</strong> neue archäologische Untersuchungsmethoden<br />
entwickelt. ■<br />
Auf den Spuren Caesars:<br />
Scherben von römischen Weinamphoren<br />
<strong>mit</strong> Herstellerstempeln<br />
aus dem Musée Bibracte in<br />
Burgund.<br />
[JOGU] 194/2005