[ Kanupolo – Spiel mit riesigem Spaßfaktor ] [ Elegantes Verfahren ...
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[JOGU]<br />
Nr. 194 November 2005<br />
Das Magazin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz<br />
[ <strong>Kanupolo</strong> <strong>–</strong> <strong>Spiel</strong> <strong>mit</strong> <strong>riesigem</strong> <strong>Spaßfaktor</strong> ]<br />
[ <strong>Elegantes</strong> <strong>Verfahren</strong>: Lasertherapie für Krampfadern ]<br />
[ Bambi und der Holocaust <strong>–</strong> Jüdische Kinderliteratur ]<br />
[ Botschafter Deutschlands <strong>–</strong> Wissenschaftselite in Mainz ]
Inhalt<br />
Titelbild: Wer im <strong>Kanupolo</strong> punkten will, braucht Kondition und<br />
muss gut <strong>mit</strong> einem Paddelboot umgehen können. Der außergewöhnliche<br />
Wassersport ist eine Art Mischung aus Handball,<br />
Paddeln und Basketball und gehört an der Mainzer Johannes<br />
Gutenberg-Universität zum Angebot des Allgemeinen Hochschulsports.<br />
Mehr dazu auf Seite 11.<br />
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[JOGU] 194/2005<br />
Editorial<br />
Bewerber-Boom<br />
Campus aktuell<br />
Ferrari-Sprinter statt müder Amtsschimmel<br />
Einsteins Erben<br />
Performance, Spektakel und Metamorphosen<br />
Kleiner aber feiner<br />
Studium & Lehre<br />
„Optimale Bildungsbiografie“<br />
Programmiert auf Mathe & Co.<br />
Ohne Seepferde<br />
Konfrontiert <strong>mit</strong> der sich globalisierenden Welt<br />
Wissenschaft & Forschung<br />
Der Dreckapotheke auf der Spur<br />
„Botschafter Deutschlands“<br />
Endoluminale Lasertherapie<br />
Chronische Darmerkrankungen<br />
20 Jahre Mainzer Mikrotron<br />
Campus international<br />
Kelten und Römer in Burgund<br />
Von Schamanen und Zwetschgendatschi<br />
Kultur auf dem Campus<br />
Ossuare aus dem Heiligen Land<br />
Bambi und der Holocaust<br />
Die Kannibalen sind los<br />
Personen & Positionen<br />
Herausragendes Engagement gewürdigt<br />
„Zukunft der Wissensgesellschaft<br />
liegt in unseren Händen“<br />
Neu an der Uni<br />
Kurz & bündig<br />
Veranstaltungstipp<br />
„Sucht in der Arbeitswelt“<br />
Impressum<br />
Foto: Thomas Hartmann<br />
Abb.: © Botanischer Garten<br />
Foto: Andreas Jankowiak<br />
Foto: Peter Pulkowski<br />
Foto: Peter Thomas<br />
2<br />
Dienstleistungsmarathon:<br />
Studierenden Service<br />
Center eröffnet<br />
Seite 4<br />
Kleiner aber<br />
feiner: Umbau<br />
des Botanischen<br />
Gartens<br />
Seite 8<br />
20 Jahre Mainzer<br />
Mikrotron:<br />
Vierte Beschleunigungsstufe<br />
geht<br />
in Betrieb<br />
Seite 20<br />
Hightechland<br />
Korea: Von<br />
Schamanen und<br />
Zwetschgendatschi<br />
Seite 22<br />
Einmalige<br />
Sammlung:<br />
Ossuare aus dem<br />
Heiligen Land<br />
Seite 24
Foto: Thomas Hartmann<br />
Mehr als 20.000 junge Frauen und Männer wollten 2005 an der Johannes<br />
Gutenberg-Universität Mainz studieren. Zehntausende Zeugnisse, Anträge,<br />
Lebensläufe, die durch die Hände der Mitarbeiterinnen im Studierendensekretariat<br />
gingen. 30 Minuten brauchen sie im Schnitt, um eine einzige<br />
Bewerbung zu bearbeiten, das machte rund 10.000 Bearbeitungsstunden <strong>–</strong><br />
in Stellen ausgedrückt: 6 Ganztagskräfte wären in diesem Jahr notwendig<br />
gewesen, nur um allein diese Bewerbungsberge zu bewältigen. Im Studierendensekretariat<br />
stehen hierfür aber nur 3,25 Kolleginnen zur Verfügung;<br />
die fehlenden Personalkapazitäten mussten wir <strong>mit</strong> dem Einsatz von Hilfskräften<br />
wettmachen. Von den knapp 20.000 „potenziellen“ Studierenden<br />
hat aber nur knapp ein Drittel Ihr Studium an der Johannes Gutenberg-Universität<br />
tatsächlich begonnen.<br />
Um jedem möglichen Missverständnis zu wehren: Die Universität freut sich<br />
über dieses rege Interesse an einem Studium an der Universität Mainz.<br />
Unserer Überzeugung nach müssten eher noch mehr Schulabgängerinnen<br />
und <strong>–</strong>abgänger die Möglichkeit bekommen, ein Hochschulstudium zu beginnen,<br />
denn Deutschland hat hier eindeutig Nachholbedarf. Aber leider<br />
sind hierfür die Rahmenbedingungen nicht gegeben <strong>–</strong> sehr zum Leidwesen<br />
sowohl der Hochschule als auch der Bewerberinnen und Bewerber.<br />
Das obige Beispiel beschreibt anschaulich die Problematik des Bewerbungs-<br />
Booms: Von Effizienz ist beim derzeit an deutschen Universitäten praktizierten<br />
Bewerbungsverfahren keine Spur. Deutschlands Abiturienten bewerben<br />
sich direkt an den Hochschulen <strong>–</strong> und das gleich mehrfach quer<br />
durch die Republik. In Zeiten der Online-Bewerbung bedeutet dies keinen<br />
großen organisatorischen Aufwand. Die Zahl der zu bearbeitenden Bewerbungen<br />
schnellt dadurch in die Höhe <strong>–</strong> und leider auch die der Absagen<br />
zugelassener Bewerber nach erteilten Zulassungen! An der Johannes<br />
Gutenberg-Universität zum Beispiel, verdreifachte sich die Bewerbungszahl<br />
innerhalb von vier Jahren <strong>–</strong> von 6.600 im Jahr 2001 auf über 20.000 in die-<br />
Bewerber-Boom<br />
3<br />
Editorial<br />
sem Jahr. Gleichzeitig sank die Quote der angenommenen Zulassungen von<br />
97 Prozent in 2001 auf 37 Prozent in 2005. Die Nachrückverfahren ziehen<br />
sich in die Länge und nehmen groteske Formen an. Das kostet nicht nur<br />
Geld, sondern bindet auch Personalressourcen, die beispielsweise in der<br />
Studienberatung weit sinnvoller eingesetzt werden könnten. Und alle sind<br />
unzufrieden, denn die meisten Bewerber müssen zunächst eine Absage<br />
erhalten, um dann, zum Teil erst nach Beginn der Vorlesungszeit, die<br />
Mitteilung zu bekommen, dass sie nun doch ihr gewünschtes Studium an<br />
der Universität Mainz aufnehmen können. Wenn überhaupt, ist dann ein<br />
ordentlicher Studienbeginn nur noch unter größten Kraftanstrengungen<br />
möglich.<br />
Um die Zahl der Vielfachbewerbungen in den Griff zu bekommen, ist eine<br />
zentrale Lösung dringend notwendig. Gerne plädiere ich daher für die Umwandlung<br />
der ZVS in eine bundesweite Servicestelle. Hiervon würden alle<br />
Beteiligten, Bewerberinnen, Bewerber und Hochschulen, profitieren. Statt<br />
die ZVS aufzulösen, sollte ihr Leistungsspektrum besser den aktuellen<br />
Erfordernissen angepasst werden. Das heißt: Das Abklären von Doppel- und<br />
Mehrfachbewerbungen, die Berücksichtigung der Priorisierung seitens der<br />
Bewerber, kurz die gesamte Abwicklung könnte in ihren Händen liegen. Die<br />
Universitäten hätten dann lediglich über die Zulassung zu entscheiden.<br />
Bis es aber so weit ist, bleibt uns nur, weiterhin Personal<strong>mit</strong>tel für zusätzliche<br />
Bearbeitungskapazitäten bereitzustellen. Geld, das wir in diesem Jahr<br />
aus den Einnahmen durch Gebühren von Langzeitstudierenden genommen<br />
haben. Geld, das für Verbesserungen in der Lehre, beispielsweise für Tutorien,<br />
bitter nötig wäre.<br />
Univ.-Prof. Dr. med. Jörg Michaelis<br />
Präsident<br />
[JOGU] 194/2005
Fotos: Thomas Hartmann<br />
Campus aktuell<br />
Ferrari-Sprinter statt<br />
müder Amtsschimmel<br />
Dienstleistungsmarathon abgeschlossen<br />
Am ersten August hat<br />
das neue Studierenden Service Center<br />
seinen Betrieb aufgenommen. Nach<br />
der Einrichtung der Telefon-Hotline<br />
und der Installierung des Internetportals<br />
vervollständigt das Service-<br />
Center nun die rundum erneuerte<br />
Studierenden-Beratung der Mainzer<br />
Universität.<br />
Über eine Stunde in der Schlange stehen? Ohne<br />
zu wissen, ob es das gewünschte Formular hier<br />
überhaupt gibt? Oder fünf Mal am Vor<strong>mit</strong>tag im<br />
Studi-Sekretariat anrufen, ohne jemanden an die<br />
Strippe zu kriegen? Es ist noch nicht allzu lange<br />
her, da gehörten genau diese Fitnessübungen in<br />
Sachen Geduld und Eigenrecherche zum Mainzer<br />
Studierenden-Alltag. Bürokratische Hürden waren<br />
eben dazu da, um sportlich genommen zu<br />
werden, beim nächsten Anlauf kam man vielleicht<br />
weiter und irgendwann dann auch ans Ziel.<br />
[JOGU] 194/2005<br />
Back-Office: Die Hälfte der Ratsuchenden<br />
erhält eine intensive Beratung<br />
Mit Blick auf die wachsenden Studierendenzahlen,<br />
sprich, das explodierende Verwaltungsaufkommen,<br />
holten die Mainzer Uni-Verantwortlichen<br />
tief Luft und sagten der Misere, sprich<br />
dem organisatorischen Systemfehler, den Drei-<br />
Kampf an.<br />
Die Mainzer Uni-Verantwortlichen<br />
holten tief Luft und<br />
sagten der Misere, sprich dem<br />
organisatorischen Systemfehler,<br />
den Drei-Kampf an.<br />
Mit dem Willen, deutscher Meister zu werden,<br />
ging man 2001 an den Start. Die Leistungs-Analyse<br />
ergab, dass sieben verschiedene Einrichtungen<br />
zu jeweils anderen Zeiten unterschiedliche<br />
Leistungen für verschiedene Studierendengruppen<br />
anboten. Eine erste Koordinierungsmaßnahme<br />
war bereits ein Jahr später realisiert <strong>–</strong> die<br />
Telefon-Hotline. Wer Fragen hat, kann seitdem<br />
<strong>mit</strong> schnellen Antworten rechnen. Das Call-Center<br />
räumt 90 Prozent der allgemeinen Verunsicherung<br />
aus, die Mitarbeiter schicken auch Info-<br />
Material zu. Ist das Problem komplex, wird zum<br />
Experten durchgestellt.<br />
4<br />
Phase zwei des Dienstleistungsmarathons war im<br />
Oktober 2003 erreicht, und pünktlich zu Weihnachten<br />
konnten die User auf das Geschenk einer<br />
„Bürokratie light“ zugreifen: das neue Internetportal,<br />
das übrigens Anliegen- und nicht Einrichtungsorientiert<br />
ist. Eine Hauptfunktion des neuen<br />
Internetdienstes besteht in der Möglichkeit der<br />
Online-Bewerbung. 75 Prozent aller Interessenten<br />
an einem Studienplatz nutzen <strong>mit</strong>tlerweile<br />
diese Direkt-Chance.<br />
Der endgültige Erfolg in der Drei-Kampf-Disziplin<br />
konnte im August dieses Jahres errungen werden:<br />
Nach gut zweijähriger Planungs- und Bauzeit ist<br />
am Ersten des Monats das neue Studierenden<br />
Service Center in Betrieb gegangen. Die neuen<br />
Räume schimmern nicht in üblichem Grauweiß,<br />
sondern leuchten in positivem Rot <strong>–</strong> und signalisieren<br />
so schon im Eingangsbereich eine offensive<br />
Devise, die da zu lauten scheint: Ferrari-<br />
Sprinter statt Amtsschimmel. Im umgebauten<br />
„Hörsaal 8“ <strong>–</strong> direkt gegenüber der Alten Mensa,<br />
noch genauer, Taberna Academica <strong>–</strong> empfängt<br />
den Ratsuchenden ein Info-Desk, wo’s Standardauskünfte,<br />
Info-Materialien und Anträge, kurz, einen<br />
Unterlagencheck gibt. Sind weitere Anliegen<br />
zu klären <strong>–</strong> was bei der Hälfte der Ratsuchenden<br />
der Fall ist <strong>–</strong> wird gezielt zum Experten ins Back-<br />
Office weiterver<strong>mit</strong>telt. Oder der Studierende<br />
wird eine Etage tiefer geschickt, denn auch die<br />
Beratungsstellen der Universität sind, <strong>mit</strong> Ausnahme<br />
des Amtes für Ausbildungsförderung, ins<br />
Forum 1 gezogen. Zwischen dem Problem und<br />
seiner Lösung liegt also allenfalls das Treppenhaus<br />
<strong>–</strong> doch wird auch an dieser Barriere gearbeitet,<br />
der behindertengerechte Aufzug ist bereits<br />
im Bau.<br />
„Wir haben uns das Modell<br />
des Bürgerbüros zum Vorbild<br />
genommen.“<br />
Wie notwendig es war, sich dem Service-Wettbewerb<br />
zu stellen <strong>–</strong> der Mainz übrigens tatsächlich<br />
eine deutsche Vorreiterrolle eingetragen hat <strong>–</strong><br />
zeigt ein Blick auf die Zahl der aktuell Studieninteressierten.<br />
16.300 waren es für das laufende<br />
Wintersemester 2005/2006. Vor genau einem<br />
Jahr bemühten sich genau 1531 Bewerber weniger.<br />
Mainz wird jedes Jahr stärker nachgefragt,<br />
wie stark dieser Anstieg ist, zeigt der Vergleich<br />
<strong>mit</strong> den Zahlen im Wintersemester 2001/2002:<br />
Damals trafen beim Studierendensekretariat insgesamt<br />
5.084 Bewerbungen ein; heute sind es<br />
also mehr als dreimal so viele.
Dies bedeutet nicht nur, dass der innerhalb derselben<br />
Zeit und <strong>mit</strong> der nahezu gleichen Personalstärke<br />
zu bewältigende Arbeitsaufwand<br />
für die Studierendenverwaltung extrem angestiegen<br />
ist <strong>–</strong> ein Problem, das die Verantwortlichen<br />
inzwischen vor eine fast unlösbare Aufgabe<br />
stellt <strong>–</strong>, angesichts der li<strong>mit</strong>ierten Kapazitäten<br />
in den Fächern müssen auch immer mehr Fächer<br />
<strong>mit</strong> einer Zulassungsbeschränkung (umgangssprachlich<br />
als „NC“ bezeichnet) belegt werden.<br />
2001 waren es gerade einmal 16 Fächer, heute<br />
sind es bereits 48 <strong>–</strong> eine Entwicklung, <strong>mit</strong> der<br />
niemand wirklich zufrieden sein kann.<br />
„Was wir in den bundesweit<br />
stark nachgefragten Studienfächer<br />
dringend brauchen,<br />
ist eine Zentrale Koordinierungsstelle.“<br />
Auch in diesem Jahr war der Run auf die uniintern<br />
zulassungsbeschränkten Studiengänge<br />
wie Publizistik und Filmwissenschaft groß. Am<br />
beliebtesten aber ist der in Dortmund zentral vergebene<br />
Studiengang Medizin, dicht gefolgt von<br />
der Zahnmedizin. 23 zukünftige Dentisten konkurrieren<br />
um einen Mainzer Studienplatz. Der<br />
Numerus clausus spielt insgesamt eine immer<br />
wichtigere Rolle. Immer notenstärkere Abiturienten<br />
bewerben sich in Mainz um eine akademische<br />
Ausbildung <strong>–</strong> das erhöht auch den internen<br />
NC. Mittlerweile sind die Hälfte aller Studiengänge<br />
zulassungsbeschränkt. Die Chancen, durch<br />
Wartezeiten einen der begehrten Studienplätze<br />
Das Studierenden Service Center befindet<br />
sich im Forum universitatis 1, im ersten Stock.<br />
Öffnungszeiten des Info-Desks: Montag bis<br />
Donnerstag, 9-16 Uhr, Freitag 9-13 Uhr. Öffnungszeiten<br />
Sachbearbeitung: Montag bis<br />
Freitag 10-12 Uhr, Dienstag und Donnerstag<br />
zusätzlich 13.30 bis 15.30 Uhr.<br />
Fachübergreifende Studienberatung: offene<br />
Sprechstunde Montag und Mittwoch<br />
10-11 Uhr und Dienstag und Donnerstag<br />
14-15 Uhr, persönliche Beratung nach Terminvereinbarung.<br />
Telefon-Hotline für Studierende und Studieninteressierte:<br />
Tel. 0 61 31/39-22 122.<br />
zu bekommen, werden immer geringer. Gleichzeitig<br />
wird der Verwaltungsaufwand immer höher.<br />
Probleme bereiten hier besonders die Mehrfachbewerbungen.<br />
Bedauerlich, so Dr. Bernhard<br />
Einig, Leiter der Abteilung Studium und Lehre, sei<br />
die Möglichkeit hier unterhalb der Hochschulen<br />
die Bewerbungen abzustimmen. „Was wir in den<br />
bundesweit stark nachgefragten Studienfächer<br />
dringend brauchen, ist eine Zentrale Koordinierungsstelle,<br />
die dafür sorgt, dass dieselben Arbeiten<br />
nicht identisch an sechs Hochschulen gleichzeitig<br />
gemacht werden müssen, wobei dann aber<br />
letztlich nur an einer Hochschule die Einschreibung<br />
erfolgt. „Wenn dann ein sehr hoher Anteil<br />
der Studienbewerber ihren Platz nicht annehmen,<br />
bleiben in einigen Studiengängen immer<br />
wieder wertvolle Studienplätze frei“, so Einig, der<br />
hier dringenden bundesweiten Handlungsbedarf<br />
Nostalgie: Die alte<br />
Stuhlreihe erinnert an den<br />
ehemaligen Hörsaal 8<br />
5<br />
Campus aktuell<br />
auf hochschulpolitischer Ebene sieht. „Wir versuchen<br />
zwar, diesem Problem durch differenzierte<br />
Überbuchungen gegen zu steuern, da das Annahmeverhalten<br />
aber zur Zeit stark schwankt,<br />
handeln wir uns aber dadurch stellenweise wieder<br />
andere Probleme ein, die für die betreffenden<br />
Fächer zu einer kaum zu bewältigenden Überlastsituation<br />
führt.“<br />
Dennoch, in der ursprünglich auf 18.000 Studierende<br />
ausgerichteten Mainzer Universität wird<br />
die magische Zahl von 35.000 Studierenden wohl<br />
noch in diesem Wintersemester überschritten. Die<br />
Investitionen für den neuen Service kamen da gerade<br />
recht. 900.000 Euro haben die Maßnahmen<br />
insgesamt gekostet. 100.000 Euro wurden für die<br />
Einrichtung des Internetportals ausgegeben,<br />
535.000 Euro stellten Universität und Land für<br />
die Altlastensanierung und den Innenausbau des<br />
neuen Service-Centers bereit. Die laufenden Jahreskosten<br />
für das Call-Center betragen 150.000<br />
Euro. Auch für Personal wird mehr Geld ausgegeben:<br />
Das Team des Studierenden-Services wird<br />
demnächst um einen neuen Mitarbeiter auf<br />
25 Personen aufgestockt.<br />
Über eine Stunde auf Beratung zu warten braucht<br />
also hoffentlich in Zukunft niemand mehr. „Wir<br />
haben uns“, so Tanja Meyer, Leiterin des Mainzer<br />
Studierenden Service Centers, „das Modell des<br />
Bürgerbüros zum Vorbild genommen, und wir<br />
haben bereits positive Resonanz erhalten.“ Das<br />
Service-Wettrennen in Ferrari-Rot gewinnen ...<br />
Ulrike BRANDENBURG ■<br />
Intensive Beratung: Die Hälfte<br />
der Ratsuchenden wird hier betreut<br />
[JOGU] 194/2005
Foto: Peter Pulkowski<br />
Campus aktuell<br />
Einsteins<br />
Erben<br />
Wissenschaft hautnah Die bahnbrechenden<br />
Gedanken von Albert Einstein<br />
endlich einmal nachvollziehen können?<br />
Den originalgroßen NASA-Marsrover<br />
erkunden? Eine Zeitreise <strong>mit</strong> dem eigenen<br />
Körper im Age Explorer erleben?<br />
Oder: Im Fahrsimulator den Einfluss<br />
von Drogen auf die Fahrweise testen?<br />
„Wissenschaft zum Anfassen und Mitmachen“<br />
rund um den Gutenbergplatz<br />
und Tritonplatz präsentierte die Johannes<br />
Gutenberg-Universität Mainz bereits<br />
zum vierten Mal.<br />
Tausende Besucher strömten <strong>–</strong> trotz zeitweise<br />
sintflutartiger Regenfälle <strong>–</strong> durch die Zelte, begeistert<br />
von den anschaulichen Experimenten,<br />
die auf 800 Quadratmetern geboten wurden. Besonders<br />
das Einsteinzelt erlebte einen wahren<br />
Besucherandrang von Groß und Klein. Der Star<br />
unter den Wissenschaftlern des 20. Jahrhunderts<br />
<strong>–</strong> Albert Einstein <strong>–</strong> erklärte das Universum <strong>–</strong> aber<br />
nur wenige folgten seiner Gedankenwelt. Gemeinsam<br />
<strong>mit</strong> den Mainzer Physikern konnten die<br />
Besucher den „Mythos Einstein“ erkunden und<br />
die bahnbrechenden Gedanken nachvollziehen:<br />
Spannende Experimente und faszinierende Computersimulationen<br />
ver<strong>mit</strong>telten die grundlegenden<br />
Gedanken von Einsteins Theorien und zeigten,<br />
zu welchen technischen Innovationen sie<br />
geführt haben. Manch ein Physiklehrer<br />
wird sich solche Versuchsaufbauten<br />
für seinen Unterricht<br />
gewünscht haben.<br />
Aber auch Einsteins „Erben“ konnten die Besucher<br />
kennen lernen: Die Mainzer Physiker gehören<br />
international zur Forschungselite und gaben<br />
im Einstein-Zelt einen Einblick in ihre aktuellen<br />
Forschungsprojekte.<br />
In Zelt 1 war das Gedränge ebenso groß: Der detailgetreue<br />
Nachbau des NASA-Mars-Rover ließ<br />
die Besucher staunen. Fast zwei Jahre sind die<br />
beiden Rover Spirit und Opportunity bereits auf<br />
dem roten Planten im Einsatz <strong>–</strong> ein Zeitraum, <strong>mit</strong><br />
dem kein an der Mission beteiligter Forscher gerechnet<br />
hat. Nun senden die beiden Rover <strong>mit</strong><br />
den in Mainz entwickelten Spektrometern täglich<br />
Messdaten, die bereits zu spektakulären Ergebnissen<br />
geführt haben. So ist der Nachweis des<br />
eisenhaltigen Minerals Goethit ein eindeutiger<br />
Beweis, das Wasser auf dem Mars vorhanden<br />
war. Der Vater des Mössbauer-Spektrometers, der<br />
Mainzer Marsforscher Göstar Klingelhöfer, war<br />
dann auch zwei Tage von interessierten Besuchern<br />
umlagert.<br />
Marsforscher war<br />
zwei Tage umlagert.<br />
Geduldiges Anstehen war in Zelt 2 angesagt:Wer<br />
einmal in die Haut eines alten Menschen schlüpfen<br />
wollte, musste Zeit <strong>mit</strong>bringen. „Körper-<br />
Reise“ in die Zukunft nannten die Wissenschaftler<br />
vom Institut für Arbeits-, Sozial- und<br />
Umweltmedizin den Versuch <strong>mit</strong> dem Age Explorer.<br />
Das klang abenteuerlich, aber <strong>mit</strong> dem klobigen<br />
Einteiler am Körper, den zusätzlichen<br />
Gewichten an Armen und Beinen, dem eingeschränkten<br />
Gesichtsfeld, dem Helm, der einem<br />
das Hören raubte, war schnell klar, was alte Menschen<br />
ertragen und erdulden. Mit den innen stachelig<br />
beschichteten Handschuhen wurde selbst<br />
das Aufschlagen einer Telefonbuchseite zur Qual.<br />
Mit mehr Verständnis für die älteren Mitmenschen<br />
und dem einen oder anderen guten Vorsatz,<br />
mehr für die körperliche Fitness zu tun, haben<br />
die Testpersonen den Stand verlassen.<br />
Lange Schlangen auch vor dem Fahrsimulator:<br />
Meist Jugendliche Fahranfänger erlebten nach einer<br />
ersten nüchternen Autofahrt, wie bereits <strong>mit</strong><br />
0,3 Promille das Sichtfeld, die Wahrnehmung und<br />
das Reaktionsvermögen sich schlagartig verändern.<br />
Selbst den Zuschauenden wurde angesichts<br />
der heiklen Fahrmanöver der Testfahrer schwindelig.<br />
Viele Attraktionen gab es auch für die kleinen Besucher:<br />
chemische Experimente aus der Hexenküche,<br />
Herstellung von Perlen wie im frühen Mittelalter<br />
oder die Fossilien-Suche, Mini-Sprachkurse<br />
in Arabisch und Türkisch. Aber die Sensation war<br />
der gelbe Rettungshubschrauber des ADAC direkt<br />
vor dem Theater.Allein der Standort brachte viele<br />
Kinder ins Grübeln:Wie mag der wohl hier gelandet<br />
sein? Aber wer sich erst einen Sitzplatz im<br />
Cockpit ergattert hatte, der wollte nicht mehr<br />
raus. Zeit für die Eltern, sich ausführlich über Notfallmedizin<br />
informieren zulassen.<br />
Rund 100 Wissenschaftler <strong>mit</strong> mehr als 50 Projekten<br />
und Aktionen waren an beiden Tagen im<br />
Einsatz. Das Tor zur faszinierenden Welt der Wissenschaften<br />
zu öffnen lag allen Beteiligten am<br />
Herzen.Teils wochenlange Vorbereitungen für die<br />
Experimente waren notwendig, um die schwierige<br />
wissenschaftliche Materie allgemeinverständlich<br />
und zugleich spannend demonstrieren<br />
zu können. Der Einsatz wurde wieder einmal<br />
durch die hohe Besucherzahl und das große Interesse<br />
der Mainzer belohnt.<br />
Annette SPOHN-HOFMANN ■<br />
Kinderaugen staunen:<br />
Wie konnte der Rettungshubschrauber<br />
hier landen?
Performance, Spektakel<br />
und Metamorphosen<br />
Highlight der Langen Nacht Farbenspiele von Licht und Laser, spektakuläre<br />
Schauexperimente, Theater und Performance: Im Rahmen des Kultursommers<br />
2005 öffnete der Fachbereich Chemie, Pharmazie und Geowissenschaften der<br />
Johannes Gutenberg-Universität Mainz in Kooperation <strong>mit</strong> dem Max-Planck-<br />
Institut für Polymerforschung die Türen bis tief in die Nacht und gewährte<br />
faszinierende Einblicke unter dem Motto „Kultur schafft Wissen <strong>–</strong> was die Welt<br />
im Innersten zusammenhält“.<br />
Obwohl seit alters eng <strong>mit</strong>einander verbunden,<br />
laufen heute Wissenschaft und Kunst oft getrennt.<br />
Mit dieser Veranstaltung sollte daher eine<br />
Brücke zwischen diesen Disziplinen geschlagen<br />
werden: in der Kunst spiegelt sich die Wissenschaft<br />
und in der Wissenschaft die Kunst.<br />
Zum Auftakt der Langen Nacht der Chemie gab es<br />
Performance, Spektakel und Metamorphosen: Ein<br />
roter Faden zieht sich durch eine weiße Papierlandschaft.<br />
Gleißendes Sonnenlicht verursacht<br />
spiegelnde Lichtreflexe auf weißen Kegeln und<br />
Papierfaltungen. 1.200 Einzelmodule, ursprünglich<br />
für den Garten des Museums für Angewandte<br />
Kunst in Frankfurt am Main konzipiert, bedecken<br />
den Grashügel im Hof des Gebäudes der Neuen<br />
Chemie.<br />
In der Mitte des roten Tunnels<br />
begegnen sich die Künstlerinnen<br />
und für einen Moment<br />
verschmelzen sie <strong>mit</strong>einander<br />
zu einer Form.<br />
Im Rahmen der Langen Nacht der Wissenschaften<br />
wurde die Papierinstallation von Studentinnen<br />
der Papier/Textil Klasse von Prof. Elfi Knoche-<br />
Wendel der Akademie für Bildende Künste der<br />
Universität Mainz neu installiert. Licht und Schatten<br />
bespielen die Flächen der Papierelemente. Immer<br />
wieder eröffnen sich dem Betrachter neue<br />
Bilder und Wahrnehmungen. Er wird eingeladen,<br />
sich durch Standortwechsel auf das Perspektivenspiel<br />
der Papierplastiken einzulassen.<br />
In einem 50 Meter langen Schlauch bewegen sich<br />
mal langsam und in einer Position verharrend,<br />
mal schneller zwei Körper aufeinander zu. Das<br />
dabei entstehende Formenspiel ist vielfältig und<br />
lässt verschiedensten Assoziationen freien Raum.<br />
Die zweidimensional daliegende rote Linie wird<br />
durch die Performancekünstlerinnen Ines Dunemann<br />
und Clara Wicke gefüllt, bewegt, gedehnt,<br />
verformt und gemeinsam erscheinen sie als<br />
skulpturale Einheit. In der Mitte des roten Tunnels<br />
begegnen sich die Künstlerinnen und für einen<br />
Moment verschmelzen sie <strong>mit</strong>einander zu einer<br />
7<br />
Campus aktuell<br />
Form. Dann trennen sie sich wieder, schälen sich<br />
aus dem purpurroten Schlauch heraus und schreiten<br />
schließlich den Stoff hinter sich herziehend<br />
wie Königinnen aus dem Papiergarten.<br />
Durch die Schlauchperformance von Clara Wicke<br />
und Ines Dunemann wurde die Verbindung zwischen<br />
den Papierskulpuren und dem Gesamtprojekt<br />
„Europa Metamorphosen“ von Wilfried<br />
Fiebig und Helen Körte geschaffen. Unter der Leitung<br />
der zwei Theatermacher und der Professorin<br />
Knoche-Wendel wurde ein Kulturprojekt initiiert,<br />
in dem Schauspieler des Ensemble 9. November,<br />
Musiker, Sänger, ein Komponist, ein Choreograph,<br />
Studierende der Hochschule für Gestaltung in<br />
Offenbach und die Künstler der Mainzer Universität<br />
teilhatten.<br />
Königinnen aus dem Papiergarten: Die Künstlerinnen Clara Wicke (r.) und Ines Dunemann<br />
Thema war die Entstehung und der Wandel Europas<br />
von der antiken Mythologie bis hin zum gemeinsamen<br />
Industriekulturkontinent. In ihren<br />
Aufführungen nahmen die Künstler den Dialog<br />
<strong>mit</strong> den Werken der angewandten Kunst auf. Sie<br />
schufen da<strong>mit</strong> ein Gesamtkunstwerk, das über<br />
die Grenzen der angewandten Kunst weit hinausging.<br />
■<br />
[JOGU] 194/2005<br />
Foto: Thomas Hartmann
Campus aktuell<br />
Kleiner aber feiner<br />
Viel Herzblut im <strong>Spiel</strong> Mit den ersten Kulturtagen feierte der Botanische<br />
Garten Anfang Juli den Beginn der großflächigen Umgestaltung seines Freilandgeländes.<br />
Durch den Umbau soll der Garten nicht nur attraktiver für Besucher,<br />
sondern auch wissenschaftlich auf den neuesten Stand gebracht werden.<br />
Knirschend wird ein Garteneimer<br />
über den rauen Sandweg<br />
gezogen. Pflanzpaletten aus<br />
Plastik reiben rhythmisch aneinander.<br />
Harke, Spaten und sogar<br />
Gieskanne steuern weitere<br />
Töne bei. Harmonisch verbinden<br />
sich die Klänge unter der<br />
Leitung von Annemarie Roelofs,<br />
Professorin an der Frankfurter<br />
Hochschule für Musik und Darstellende<br />
Kunst, zu einer kleinen<br />
Gartenmusik. Dieses Freiluftkonzert<br />
besonderer Art<br />
begleitete Anfang Juli den<br />
„Prolog im Garten“, Auftaktveranstaltung<br />
der ersten Kulturtage<br />
im Botanischen Garten.<br />
Studierende der Akademie für Bildende<br />
Künste präsentierten dazu im Rahmen des Campusprojekts<br />
„Umweltgestaltung“ von Prof. Peter<br />
Lieser an verschiedenen Orten ihre Arbeiten.<br />
Daran, dass der Botanische Garten vor den größten<br />
konzeptionellen Veränderungen seit seiner<br />
Gründung im Jahre 1946 steht, erinnerte vor allem<br />
ein von Armin Löffler errichtetes Tor aus<br />
Stahl. „Als Durchgang für die Kastanien symbolisiert<br />
es den letzten Weg der Bäume“, so der<br />
Künstler zu der Bedeutung seines Werkes. Gemeint<br />
ist die Rosskastanienallee dahinter. Schon<br />
bald wird sie der Axt zum Opfer fallen.<br />
„Tor aus Stahl symbolisiert den<br />
letzten Weg der Bäume.“<br />
Das stimmt zwar wehmütig, macht unter biologischen<br />
Gesichtspunkten aber Sinn. „Die Bäume<br />
sind krank, ihre Stämme <strong>mit</strong> Geschwüren<br />
übersäht, die Rinde<br />
ist an manchen Stellen porös<br />
und löst sich. Einige abgestorbene<br />
Exemplare haben<br />
bereits Lücken in der<br />
Baumreihe hinterlas-<br />
[JOGU] 194/2005<br />
Abb.: © Botanischer Garten<br />
Chance: Umgestaltung eröffnet viele Möglichkeiten zur Verbesserung<br />
sen“, sagt der Kustos des Gartens, Dr. Ralf Omlor,<br />
bei einem Rundgang einige Wochen später.<br />
Die Rodung der maroden Hölzer ist bei weitem<br />
nicht die einzige Veränderung, die den Botanischen<br />
Garten bis zum Frühjahr 2007 treffen wird.<br />
Das Erweiterungsgelände <strong>mit</strong> der Nachbildung<br />
des „Mainzer Sandes“ soll aufgegeben und dessen<br />
seltene und geschützte Flora in das Gartenzentrum<br />
verlagert werden. Die ursprüngliche Fläche<br />
des Gartens wird da<strong>mit</strong> von 10 auf etwa 8,8<br />
Hektar reduziert. Den frei werdenden Platz benötigt<br />
die Uni für den Neubau der Zentralen Tierversuchseinrichtung<br />
samt einer Straße, die den<br />
Ackermannweg direkt <strong>mit</strong> dem Bentzelweg verbindet.<br />
Der im Herbst 2004 gefasste Universitätsbeschluss<br />
löste bei den Garten<strong>mit</strong>arbeitern zuerst<br />
tiefe Besorgnis aus. Mittlerweile begreift man ihn<br />
als Chance: „Die erforderliche Umgestaltung eröffnet<br />
viele Möglichkeiten zur Verbesserung.<br />
Endlich können wir die Pflanzstellen der<br />
systematischen Abteilung, in der die Verwandtschaft<br />
und Stammesgeschichte der<br />
Blütenpflanzen dargestellt wird, nach neuesten<br />
Erkenntnissen anordnen.“ Zusätzlich zu der<br />
wissenschaftlichen Aufwertung erfolgt auch eine<br />
8<br />
gestalterische: „Die ursprüngliche Fläche der systematischen<br />
Abteilung wird halbiert und neu<br />
strukturiert.Auf der einen Hälfte wird <strong>mit</strong> einigen<br />
zusätzlichen Beeten das neue System untergebracht.<br />
Auf der anderen Hälfte legen wir verschiedene<br />
Landschaftsbereiche zum ersten Mal<br />
auch nach gartenarchitektonischen Gesichtspunkten<br />
an.“ Direkt neben der Neuanlage des<br />
„Mainzer Sandes“ wird der südosteuropäische<br />
Steppenwald, der ebenfalls Tierhaus und Straße<br />
Platz machen musste, neu gepflanzt. Zudem können<br />
sich Besucher zukünftig an einer Streuobstwiese,<br />
einem Weinberg und Ackerkulturen <strong>mit</strong><br />
charakteristischen, heute selten gewordenen<br />
Unkräutern erfreuen. Für den Umbau hat die<br />
Universität 300.000 Euro locker gemacht. Die<br />
Summe reicht aus, um das Nötigste, Transportarbeiten<br />
und Gartenbaufirma, zu bezahlen. Alles<br />
andere erstellen die Mitarbeiter in Eigenleistung.<br />
Neben großem Engagement ist viel Herzblut <strong>mit</strong><br />
im <strong>Spiel</strong>, denn nicht alle Pflanzen, die umgesiedelt<br />
und gegebenenfalls zwischengelagert werden,<br />
vertragen diese Behandlung auch. Im Zuge<br />
der Neuordnung der systematischen Abteilung<br />
sollen die 3.600 Pflanzstellen auf etwa 2.000 reduziert<br />
werden. „Es werden die Arten herausgenommen,<br />
die bei uns nur schwer gedeihen oder<br />
seit langem kaum zu beschaffen sind“, erklärt der<br />
Kustos. „Pflanzengattungen, die <strong>mit</strong> 20 bis 30 Arten<br />
vertreten waren wie etwa der Klee werden<br />
auf halb so viele Arten verdichtet. Die Vielfalt der<br />
Familien und Gattungen hingegen wollen wir erhalten<br />
und ausbauen. Unser Garten wird kleiner<br />
aber feiner.“<br />
Wer derzeit durch den Botanischen Garten läuft,<br />
kann die Grundzüge der Umgestaltung schon erkennen,<br />
findet aber nach wie vor viele vertraute<br />
Ecken wieder. „Gehölzsammlung (Arboretum)<br />
und Gewächshäuser sind von den Veränderungen<br />
nicht betroffen“, bestätigt Omlor. Besuchern<br />
steht der Garten auch während des Umbaus offen,<br />
zu Veranstaltungen und Führungen wird<br />
weiterhin herzlich eingeladen.<br />
Zwei der vier zur Rodung frei gegebenen Alleeabschnitte<br />
sollen später durch Lindenalleen ersetzt<br />
werden. Die Linde ist eine Baumart, die sich<br />
für diese Art der Pflanzung besser eignet als die<br />
Rosskastanie. Das Holz der gefällten Bäume allerdings<br />
wurde bereits der Bildenden Kunst versprochen.<br />
Vielleicht wird es <strong>–</strong> von Künstlerhand<br />
bearbeitet <strong>–</strong> irgendwann den Garten wieder<br />
schmücken. Sabine KIESLICH ■<br />
Information: www.botgarten.uni-mainz.de
„Optimale Bildungsbiografie“<br />
Der Prozess gewinnt an Fahrt Die Einführung eines gestuften Studiensystems<br />
läuft in Rheinland-Pfalz sehr gut. Das gilt gerade auch für die Mainzer<br />
Johannes Gutenberg-Universität. Dieser positive Zwischenbericht war Teil eines<br />
Ergebnisses der Tagung „Die Chance nutzen <strong>–</strong> Zur Gestaltung von Bachelorund<br />
Masterstudiengängen in Rheinland-Pfalz“, die im Oktober an der Mainzer<br />
Universität stattfand.<br />
„Die Einschreibungszahlen für Bachelor- und<br />
Masterstudiengänge werden einschneidend steigen“.<br />
So beschrieb Dr. Bernhard Einig von der Abteilung<br />
„Studium und Lehre“ der Johannes Gutenberg-Universität<br />
Mainz die Zukunft des<br />
gestuften Studiensystems. Um den aktuellen<br />
Stand und die Perspektiven dieser Studiengänge<br />
ging es bei der Tagung „Die Chance nutzen <strong>–</strong> Zur<br />
Gestaltung von Bachelor- und Masterstudiengängen<br />
in Rheinland-Pfalz“, die am 7. Oktober in der<br />
Mainzer Universität stattfand. Nachdem im März<br />
bereits eine interne Tagung der Johannes Gutenberg-Universität<br />
zum gleichen Thema stattgefunden<br />
hatte, trat die Hochschule nun als Gastgeber<br />
für den Informationsaustausch zwischen Vertretern<br />
von Universitäten, Fachhochschulen,<br />
bildungspolitischen Einrichtungen und Ministerien<br />
auf.<br />
„Wir haben uns für Qualität<br />
statt Quantität entschieden.“<br />
Professor Dr. Jörg Michaelis, Präsident der Johannes<br />
Gutenberg-Universität Mainz, unterstrich in<br />
seiner Begrüßung die Bedeutung der neuen Studiengänge<br />
für die künftige Entwicklung der<br />
Hochschulausbildung in Deutschland: „Es gibt<br />
kaum einen bildungspolitischen Reformansatz,<br />
der die deutschen Hochschulen so beschäftigt<br />
hat“, sagte Michaelis. Als wichtigste Ziele der<br />
Umstellung nannte der Präsident die internationale<br />
Anerkennung der Abschlüsse als Maßnahme<br />
zur Harmonisierung des europäischen Bildungsraums,<br />
sowie Flexibilität, Strukturierung, Effizienz<br />
und Profilierung. So böte sich beispielsweise die<br />
Chance, Qualifikationen grundsätzlich neu zu bestimmen,<br />
statt „einfach das klassische Fach in ein<br />
neues Gewand zu kleiden“. Die stärkere wissenschaftliche<br />
Profilierung gerade durch Master-Studiengänge<br />
in Forschung und Lehre werde solche<br />
Angebote für die Studierenden ebenso attrakti-<br />
ver machen wie die Möglichkeit der Flexibilisierung<br />
der Lernwege. Denn <strong>mit</strong> gestuften Studiengängen<br />
sei es möglich, nach dem ersten Abschluss<br />
direkt in den Beruf zu wechseln und<br />
später eine höhere Qualifikation anzuschließen.<br />
Zufrieden zeigte sich Michaelis auch <strong>mit</strong> der Dynamik<br />
der Umstellung: „Der Prozess gewinnt immer<br />
mehr an Fahrt“, sagte der Präsident zur Eröffnung<br />
der Tagung. Ähnlich fiel auch das Urteil<br />
von Professor Dr. E. Jürgen Zöllner, Minister für<br />
Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur<br />
des Landes Rheinland-Pfalz, aus: „Die Hochschulen<br />
in Rheinland-Pfalz werden den Termin<br />
2010 für die Umstellung der Studiengänge unterschreiten“,<br />
so Zöllner zufrieden.<br />
In Mainz und Trier soll die Neuordnung<br />
im Wintersemester<br />
2007/08 abgeschlossen sein, an<br />
den Fachhochschulen bereits<br />
früher. Das Land hat für die Umstellung<br />
allein in diesem und<br />
dem kommenden Jahr 28,3<br />
Millionen Euro zur Verfügung<br />
gestellt.<br />
Zöllner verteidigte an dieser<br />
Stelle die bisher vergleichsweise<br />
langsame Umsetzung von Bachelor-<br />
und Masterstudiengängen<br />
in Rheinland-Pfalz <strong>–</strong> zurzeit<br />
ist etwa ein Viertel des Studienangebots<br />
umgestellt. Grund dafür<br />
sei, dass in Rheinland-Pfalz<br />
fast alle Bachelor- und Masterstudiengänge<br />
eine Akkreditierung durchlaufen,<br />
während im Bundesdurchschnitt weniger als ein<br />
Drittel der Abschlüsse so zertifiziert werden. „Wir<br />
haben uns für Qualität statt Quantität entschieden“,<br />
betonte der Minister, „denn die Akkreditierung<br />
ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel der<br />
9<br />
Studium & Lehre<br />
Qualitätssicherung für die Lehre.“ Dabei greife<br />
das Land nicht in den Handlungsspielraum der<br />
Universitäten ein, wenn es um die Gestaltung der<br />
Inhalte und Anforderungen für neue Bachelorund<br />
Masterstudiengänge geht. Im Gegenteil,<br />
so Zöllner, sollte die freie Ausbildung von Profilen<br />
im Dialog <strong>mit</strong> Wirtschaft und Absolventen gestärkt<br />
werden. So hätten Studienanfänger die<br />
Chance, sich eine „optimale Bildungsbiografie“<br />
zu erarbeiten: Beispielsweise erst den Bachelor,<br />
dann Berufserfahrung, schließlich Spezialisierung<br />
durch einen Masterstudiengang. „Ich bin der<br />
festen Überzeugung, dass die Hochschulen in<br />
Rheinland-Pfalz die Herausforderung der Umstellung<br />
meistern werden“, sagte Zöllner abschließend.<br />
Dr. Bernhard Einig stellte vor dem Beginn der Arbeit<br />
in parallelen Diskussionsforen die Umsetzung<br />
von Bachelor- und Masterstudiengängen an<br />
der Universität Mainz vor. Auch Einig unterstrich<br />
die Bedeutung akkreditierter Abschlüsse für die<br />
Zukunft: „Den Wettbewerb zwischen den Hochschulen<br />
wird der gewinnen, der in Lehre und Forschung<br />
die beste Qualität bietet, nicht der, der die<br />
Wissenschaftsminister Zöllner: Hochschulen<br />
werden die Umstellung meistern<br />
Etiketten am schnellsten umklebt.“ Als Herausforderungen<br />
für jede Hochschule neben der eigentlichen<br />
Neuorganisation der Studiengänge<br />
nannte Einig vor allem die gute Beratung aller Beteiligten<br />
und die effiziente Verwaltung durch ein<br />
modernes EDV-System. Peter THOMAS ■<br />
[JOGU] 194/2005<br />
Foto: Peter Thomas
Studium & Lehre<br />
Foto: C. Kirch<br />
Programmiert auf Mathe & Co.<br />
Netzwerk bilden Seit acht Jahren beteiligt sich die Mainzer Universität am „Ada-Lovelace-Projekt“ zur Förderung von<br />
Mädchen und Frauen in Naturwissenschaft und Technik. Unter dem Motto „Übergänge erfolgreich gestalten“ fand Anfang<br />
Oktober eine Herbsttagung statt. In Podiumsdiskussionen und Workshops setzten sich die TeilnehmerInnen <strong>mit</strong> den<br />
Karrieremöglichkeiten von Absolventinnen der Naturwissenschaften auseinander.<br />
Der Impuls ging von der Koblenzer Universität<br />
aus, und das Land Rheinland-Pfalz wirkte bei der<br />
Gründung und Finanzierung des Projektes <strong>mit</strong>.<br />
Engagiert beteiligten sich die Ministerien für<br />
Bildung, Frauen und Jugend, für Wissenschaft,<br />
Weiterbildung, Forschung und Kultur und für<br />
Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit. Mittlerweile<br />
wird im Namen der Mathematikerin Ada<br />
Lovelace (1815-1852) an allen Schulen des<br />
Bundeslandes das Interesse der Mädchen an der<br />
Mathematik und den Naturwissenschaften gefördert,<br />
die Schülerinnen werden hierbei von Studentinnen<br />
betreut. Mehrtägige Workshop-Angebote<br />
haben neben der Studienentscheidung<br />
inzwischen auch die Wahl des Ausbildungsberufes,<br />
zur Informatik-Kauffrau etwa, beeinflusst.<br />
An der Mainzer Uni existiert das Projekt seit<br />
1997. „Wichtig ist der Vernetzungs-Gedanke“,<br />
weiß Sozialwissenschaftlerin Birte Peter, welche<br />
<strong>mit</strong> der Koordinierung aller Mainzer Aktivitäten<br />
betraut ist. „Wir bilden Studentinnen der Naturwissenschaften<br />
zu Mentorinnen aus. Als Ansprechpartnerinnen<br />
stehen sie dann Schülerinnen<br />
und jüngeren Studentinnen zur Verfügung.“ Die<br />
Hilfe bei praktischen, das Studium betreffenden<br />
Fragen sei wichtig. „Das Wesentliche aber ist,<br />
dass die Mentorinnen <strong>–</strong> 300 sind es im Laufe der<br />
Jahre geworden <strong>–</strong> ihre Biografie einbringen.<br />
[JOGU] 194/2005<br />
Workshop-Angebote: Interesse an<br />
Naturwissenschaften frühzeitig wecken<br />
Denn den Schülerinnen fehlen Vorbilder“, so<br />
Peter. Vorbilder wie das der Namensgeberin des<br />
Projektes: In einer Zeit, in der Frauen der Besuch<br />
öffentlicher Bibliotheken verboten war, beschäftigte<br />
sich Ada Byron King, Countess of Lovelace<br />
<strong>mit</strong> der Frage, wie aus mathematischen Formeln<br />
Funktionsschritte abgeleitet werden können. Mit<br />
dem Mathematiker Charles Babbage teilte sie<br />
den Traum einer eigenständig arbeitenden<br />
Maschine. Der Bau der so genannten „Analytical<br />
Engine“ scheiterte am Mangel von Geld und<br />
Know-how. Mit ihren weiter gehenden Überlegungen<br />
zur Verbesserung der Funktionsweise jenes<br />
Automaten aber hat Ada Lovelace den<br />
Grundstein zur Computerprogrammierung gelegt<br />
<strong>–</strong> in Erinnerung an diese Leistung verlieh das<br />
Pentagon im Jahre 1980 seiner neu entwickelten<br />
Programmiersprache den Namen ADA.<br />
Mit der Vita von Ada Lovelace konnten sich seit<br />
dem Start des Projektes 40.000 Schülerinnen<br />
vertraut machen. Was aber, wenn das Interesse<br />
an den Naturwissenschaften tatsächlich geweckt<br />
werden, wenn das Studium der Physik oder Chemie<br />
erfolgreich abgeschlossen werden konnte?<br />
Wie geht es dann weiter?<br />
Wo Vorbilder, insbesondere moderne, rar sind,<br />
existieren kaum Netzwerke. Der Einstieg ins Berufsleben<br />
geht alles andere als leicht von statten.<br />
„Erfolgsstrategien für Frauen in Naturwissenschaft<br />
und Technik“ lautete deswegen auch das<br />
Motto der nach fünf Jahren zweiten Ada Lovelace-Tagung.<br />
Ein Themenschwerpunkt war die<br />
Strategie der Managing Diversity, das heißt der<br />
Nutzung gender-spezifischer Eigenschaften im<br />
Unternehmensprozess. In weiteren Workshops<br />
ging es um Wege der Zusammenarbeit zwischen<br />
Hochschule und Wirtschaft, um eine Kooperation<br />
also, die eine berufliche Laufbahn erfolgreicher<br />
Absolventinnen erlauben soll. Weiterhin wurde<br />
auf die Chance verwiesen, die der Fachkräftemangel<br />
in Deutschland für qualifizierte Frauen<br />
bietet.<br />
10<br />
„Von einer zweiten Phase des Ada-Lovelace-Projektes<br />
zu sprechen, ist eigentlich noch zu früh“,<br />
erläutert Judith Ebach, Diplompsychologin und<br />
verantwortlich für die zentrale Koordinierung des<br />
Projektes in Rheinland-Pfalz. „Allerdings planen<br />
wir einen Förderverein für die Übergangsphase<br />
vom Studium zum Beruf zu gründen und das Absolventinnen-Netzwerk<br />
auszubauen.“ Erste Kontinuitäten<br />
haben sich bereits etabliert. So hatten<br />
manche der Studentinnen, die aktuell als Mentorin<br />
tätig sind, bereits zu Schulzeiten Kontakt zum<br />
Projekt. Beruflich etabliert, könnten sie weiterhin<br />
für das Netzwerk zur Verfügung stehen <strong>–</strong> und<br />
eventuell in Kolleginnen neue Mentorinnen<br />
gewinnen.<br />
„Das Wesentliche aber ist, dass<br />
die Mentorinnen ihre Biografie<br />
einbringen. Denn den Schülerinnen<br />
fehlen Vorbilder.“<br />
Das Ziel, Fachfrauen an die Hochschulen zu holen,<br />
ist <strong>mit</strong> der Herbsttagung fürs Erste gelungen<br />
<strong>–</strong> Gast war unter anderem Dr. Ingeborg Bachner,<br />
Leiterin der Personal- und Organisationsentwicklung<br />
bei Boehringer Ingelheim. Dass Kontakte<br />
zwischen Fachhochschule, Universität und Wirtschaft<br />
fest etabliert werden müssen, steht auch<br />
für Ebach außer Frage. Eine erste Chance für die<br />
MultiplikatorInnen, über entsprechende Strategien<br />
zu beraten, bot hier die Tagung. 70 VertreterInnen<br />
aus Ministerien, Hochschul-Frauenbüros,<br />
Schulen und Organisationen wie „Soroptimist<br />
International“, der weltweit größten Service-<br />
Organisation berufstätiger Frauen, waren gekommen,<br />
um sich der Aufgabe zu stellen <strong>–</strong> es sieht<br />
also gut aus für Phase zwei des Ada-Lovelace-<br />
Projektes, das längst nicht nur auf Mathe & Co.,<br />
sondern eben auch auf Erfolg programmiert ist.<br />
Ulrike BRANDENBURG ■<br />
Information: www.ada-lovelace.com
Ohne<br />
Seepferde<br />
<strong>Spiel</strong> <strong>mit</strong> <strong>riesigem</strong> <strong>Spaßfaktor</strong><br />
Wer im <strong>Kanupolo</strong> punkten will,<br />
braucht Kondition und muss gut <strong>mit</strong><br />
einem Paddelboot umgehen können.<br />
Der außergewöhnliche Wassersport<br />
ist eine Art Mischung aus Handball,<br />
Paddeln und Basketball und gehört<br />
an der Mainzer Johannes Gutenberg-<br />
Universität zum Angebot des Allgemeinen<br />
Hochschulsports.<br />
Die Mannschaften stecken in Helmen und dicken<br />
Schwimmwesten, ihre kurzen und wendigen<br />
Boote sind an Bug und Heck dick gepolstert. Beim<br />
<strong>Kanupolo</strong> geht es blitzschnell und manchmal<br />
auch ruppig zu <strong>–</strong> das macht schon die Ausrüstung<br />
deutlich. „Ein paar Elemente hat der Sport wohl<br />
tatsächlich aus dem Rugby übernommen“, sagt<br />
denn auch Ralf Thierfelder schmunzelnd. Der<br />
Mainzer <strong>Kanupolo</strong>-<strong>Spiel</strong>er trainiert gerade <strong>mit</strong><br />
Mannschaftskollege Maik Biegler im Winterhafen<br />
Würfe auf das Tor. Die anderen <strong>Spiel</strong>er sind <strong>mit</strong> ihren<br />
Booten noch auf dem Rhein unterwegs und<br />
wärmen sich auf für das Übungsspiel zwischen<br />
Yachten und dem Bootshaus des Mainzer Kanu-<br />
Clubs.<br />
Das Training der Mainzer Universitätsmannschaft<br />
bietet<br />
blitzschnelle Sprints und Ballwechsel<br />
<strong>mit</strong> fliegenden Tropfen,<br />
die wie Diamanten im<br />
Sonnenlicht glitzern.<br />
<strong>Kanupolo</strong> wird an der Mainzer Universität schon<br />
seit rund 15 Jahren gespielt. Es ist ein schneller<br />
Sport „<strong>mit</strong> <strong>riesigem</strong> <strong>Spaßfaktor</strong>“, wie die jungen<br />
Frauen und Männer in den bunten Plastikbooten<br />
erklären. Gespielt wird in Mannschaften, Ziel sind<br />
Würfe auf die hoch über dem Wasser angebrachten<br />
Körbe des gegnerischen Teams. Immer wenn<br />
ein <strong>Spiel</strong>er auf das Netz zielt, springt einer der<br />
Paddler als Tormann ein und versucht, den Ball<br />
Blitzschnelle Reaktion gefordert:<br />
Wurf auf das gegnerische Tor<br />
<strong>mit</strong> seinem Paddel abzuwehren. Das ist aber auch<br />
schon der wichtigste Kontakt zwischen Paddel<br />
und Ball, der im <strong>Kanupolo</strong> vorgesehen ist. Insofern<br />
täuscht der Name des Sports also. Denn während<br />
beim echten Polo auf Ponys geritten und der<br />
Ball <strong>mit</strong> einem Schläger über den Rasen gejagt<br />
wird, stoppen die <strong>Spiel</strong>er in den Booten die Gummikugel<br />
nur <strong>mit</strong> dem Paddel, geworfen wird aber<br />
<strong>mit</strong> der Hand, und weder Ponys noch Seepferde<br />
werden für das <strong>Spiel</strong> gebraucht.<br />
Das <strong>Spiel</strong>feld für Turniere ist 23 Meter breit und<br />
35 Meter lang, an den beiden Schmalseiten stehen<br />
oder schwimmen Tore,<br />
deren Öffnungen zwei Meter<br />
über dem Wasser liegen. Die<br />
Turniere dauern zweimal sieben<br />
Minuten, bei den Begegnungen<br />
zwischen Universi-<br />
Foto: Peter Thomas<br />
Studium & Lehre<br />
tätsmannschaften wird grundsätzlich <strong>mit</strong> gemischten<br />
Mannschaften gespielt.<br />
Einsteiger brauchen für diesen Sport nur Badekleidung<br />
<strong>mit</strong>zubringen. Die eigentliche Ausrüstung<br />
(Kajak samt Paddel, ein Helm <strong>mit</strong> Gittervisier<br />
als Gesichtsschutz und eine dicke<br />
Schwimmweste) hält der Allgemeine Hochschulsport<br />
vor.Auch Vorkenntnisse muss niemand <strong>mit</strong>bringen,<br />
der <strong>mit</strong> dem <strong>Kanupolo</strong> beginnen möchte.<br />
„Am Anfang lernen Einsteiger erst einmal den<br />
Umgang <strong>mit</strong> dem Kajak“, erläutert Ralf Thierfelder.<br />
Dazu gehört nicht nur die Navigation der<br />
wendigen und schnellen Paddelboote, sondern<br />
auch das sichere Aussteigen unter Wasser und die<br />
Eskimorolle. Denn in der Hitze der Turniergefechte<br />
kippt ein Boot schnell mal um <strong>–</strong> das geschieht<br />
umso schneller, als <strong>Spiel</strong>er in Ballbesitz<br />
von der gegnerischen Mannschaft auch umgestoßen<br />
werden dürfen.<br />
Das Regelwerk ist nicht ganz einfach zu durchschauen.<br />
Darin gleicht das <strong>Kanupolo</strong> jenen britischen<br />
Sportarten auf dem Rasen wie Rugby und<br />
Polo, <strong>mit</strong> denen es gewisse Merkmale teilt. Entstanden<br />
ist der Sport auch in England vor mehr<br />
als 100 Jahren, gespielt wurde allerdings nicht in<br />
eigens gebauten Kunststoffbooten, sondern in<br />
Faltbooten. Die Paddelboote <strong>mit</strong> Stoffbezug waren<br />
auch noch das Sportgerät der Wahl, als das<br />
<strong>Kanupolo</strong> 1926 in Deutschland eingeführt wurde.<br />
In der NS-Zeit verschwand der Sport in Deutschland<br />
aus dem Angebot der Kanuvereine, erst 30<br />
Jahre danach erlebte das <strong>Kanupolo</strong> eine Renaissance<br />
in Deutschland.<br />
In den angelsächsischen Ländern hatte sich das<br />
<strong>Spiel</strong> seither weiter entwickelt. Kleinere <strong>Spiel</strong>felder,<br />
schnellere Boote und neue Regeln sorgen<br />
seither für spannende <strong>Spiel</strong>züge, schnelle Angriffe<br />
und eine packende Dynamik der Begegnungen<br />
auf dem Wasser. Auch das Training der<br />
Mainzer Universitätsmannschaft bietet blitzschnelle<br />
Sprints und Ballwechsel <strong>mit</strong> fliegenden<br />
Tropfen, die wie Diamanten im Sonnenlicht glitzern.Turniere<br />
können die Kanuten der Universität<br />
im graugrünen Wasser des Mainzer Winterhafens<br />
aber nicht ausrichten <strong>–</strong> dafür reicht der<br />
Platz nicht aus. Peter THOMAS ■<br />
11 [JOGU] 194/2005
Studium & Lehre<br />
Konfrontiert <strong>mit</strong> der sich<br />
globalisierenden Welt<br />
Studium generale im Wintersemester 2005/06 Kulturen <strong>mit</strong> ihren divergierenden<br />
Lebensformen, Denkweisen und Glaubensrichtungen stehen im<br />
Zentrum des Studium generale. Gelegenheit zum Dialog über die Pluralität von<br />
Normen und Werten, über kulturelle und biologische Aspekte des Gedächtnisses<br />
und über variierende Vorstellungen von Endzeit und Zeitenende bieten<br />
zahlreiche interdisziplinäre Veranstaltungen <strong>mit</strong> renommierten Gästen.<br />
Kulturelle Vielfalt wird in einigen Kulturen als<br />
Chance, in anderen hingegen als Bedrohung angesehen.<br />
„Der Dialog zwischen den Kulturen ist<br />
ein zentraler Eckpfeiler der weltweiten Antwort<br />
auf Konflikte und Gewalt jeder Art, ganz besonders,<br />
wenn diese auf Engstirnigkeit und Intoleranz<br />
basieren“, sagte Kofi A. Annan im November<br />
2001. Das Wissen über die kulturelle Vielfalt<br />
zu erweitern und Verständnis für die „kulturelle<br />
Diversität“ zu wecken, dafür ist die Mainzer Universität<br />
<strong>mit</strong> ihrer reichen Wissenschaftskultur und<br />
ihrer kulturellen Offenheit angesichts der etwa<br />
5.000 ausländischen Studierenden und zahlreichen<br />
ausländischen Wissenschaftlerinnen und<br />
Wissenschaftlern sicherlich ein geeigneter Ort.<br />
Was kann eine weltweit tragende Grundlage für<br />
die Verständigung zwischen den Kulturen bilden?<br />
Welche Bedeutung kommt „Menschenrechten“<br />
und „Weltethos“ zu? Angesichts der Probleme<br />
des Zusammenlebens in einer sich globalisierenden<br />
Welt geht das Studium generale in den<br />
„Mainzer Universitätsgesprächen“ der Frage<br />
nach, ob die Vielfalt der Kulturen zwangsläufig<br />
eine Pluralität von Werten und Normen zur Folge<br />
hat. Die Vorlesungsreihe zeigt die Historizität von<br />
Normen auf, analysiert Phänomene des Wertewandels,<br />
vergleicht Normen unterschiedlicher<br />
kultureller Traditionen und fragt nach der transkulturellen<br />
Verbindlichkeit von Normen. So werden<br />
Prof. Dr. Ram Adhar Mall, München, und Prof.<br />
Dr. Claudia Bickmann, Köln, Normen und Werte<br />
aus Sicht der interkulturellen Philosophie analysieren.<br />
Vielfalt der Kulturen:<br />
Vielzahl von Normen<br />
Darüber hinaus zeigt der Themenschwerpunkt<br />
Möglichkeiten und Grenzen der Normenbegründung<br />
sowie Strategien der Konsensfindung bei<br />
Normenkonflikten auf. Hermann Lübbe, Professor<br />
für Philosophie und Politische Theorie in Zürich,<br />
stellt vor allem die „Normenbildung in der wissenschaftlich-technischen<br />
Zivilisation“ vor. Als<br />
weitere Aspekte kommen die „Wertegemeinschaften“<br />
und die Debatte über Werte Europas<br />
und Werte Asiens zur Sprache. Den Anspruch der<br />
Menschenrechte, normative Grundlage der Weltgemeinschaft<br />
zu sein, prüft PD Dr. Alfred Hirsch,<br />
KWI Essen, in seinem Vortrag „Frieden versus<br />
Menschenrechte“. Prof. Dr. Hermann Häring,<br />
Wissenschaftstheoretiker und Theologe, erörtert<br />
die Frage, ob das „Weltethos“ eine Werteorientierung<br />
für Kulturen sein kann.<br />
Kulturelle Gemeinschaften sind nicht nur auf Innovation<br />
und Zukunft ausgerichtet; sie sind als<br />
Erinnerungsgemeinschaften durch ihr kulturelles<br />
Gedächtnis geprägt und bestimmt. Mit dieser<br />
Dimension des Themenschwerpunktes „Das Gedächtnis:<br />
Lernen und Erinnern“ setzt sich der<br />
Ägyptologe Prof. Dr. Jan Assmann, Heidelberg, in<br />
seinem Vortrag auseinander. Zum Aspekt des<br />
„Kommunikativen Gedächtnisses“ spricht der<br />
Sozialpsychologe Prof. Dr. Harald Welzer, KWI Essen.<br />
Prof. Dr. Ansgar F. Nünning, Gießen, vertritt<br />
die literaturwissenschaftliche Sicht zu „Erzählung<br />
<strong>–</strong> Erinnerung <strong>–</strong> Identität“. Grundlage des<br />
Gedächtnisses sind die Nervenzellen im Gehirn.<br />
Daher werden auch die neuesten Ergebnisse der<br />
neurowissenschaftlichen und psychologischen<br />
Hirn- und Gedächtnisforschung in der Vorlesungsreihe<br />
besondere Berücksichtigung<br />
finden.<br />
Vielfalt der Kulturen:<br />
Kulturelle<br />
Erinnerungen<br />
Das Gedächtnis als die Fähigkeit, Informationen<br />
abrufbar zu speichern<br />
und zu reproduzieren, zählt zu den<br />
komplexesten und zu den faszinierendsten<br />
Gegenständen der wissenschaftlichen<br />
Forschung. Gedanken, Worte,
Handlungen, Gefühle verdanken wir unserem Gedächtnis.<br />
Das Verständnis des Gedächtnisses<br />
wurde durch die Forschungsergebnisse der letzten<br />
beiden Jahrzehnte revolutioniert: Wie funktioniert<br />
das Gedächtnis? Was ist seine biologische<br />
Basis? Prof. Dr. Hans J. Markowitsch,<br />
Physiologische Psychologie, Bielefeld, erläutert<br />
„Gedächtnis und Gedächtnisstörungen“.Wie das<br />
Gehirn lernt und ob lernen grenzenlos ist, thematisieren<br />
aus neurowissenschaftlicher Perspektive<br />
Prof. Dr. Manfred Spitzer, Ulm, und Prof. Dr.<br />
Henning Scheich, Magdeburg.<br />
Ein allgemeines kulturgeschichtliches Phänomen<br />
sind die Vorstellungen vom Ende der Zeit und<br />
vom Ende der Welt. Sie finden heute eine Entsprechung<br />
in den Aussagen der Naturwissenschaften<br />
über das Ende des Kosmos. In zahlreichen<br />
Religionen verbindet sich <strong>mit</strong> der Aussicht<br />
auf die Zerstörung der alten die Erwartung einer<br />
neuen Welt. Dies ist die Denkform der Apokalyptik.<br />
In der christlichen Tradition wird sie vor allem<br />
durch die Apokalypse des Johannes repräsentiert,<br />
die am Anfang des Themenschwerpunktes „End-<br />
zeit und Zeitenende“ von den Mainzer Theologen<br />
Prof. Dr. Otto Böcher, <strong>mit</strong> Blick auf die bildende<br />
Kunst, und Prof. Dr. Marius Reiser, als Katastrophentheorie,<br />
behandelt wird.<br />
Vielfalt der Kulturen:<br />
Endzeitvorstellungen<br />
Exemplarisch werden von Leipziger Religionswissenschaftlern<br />
die Endzeitvorstellungen im sunnitischen<br />
Islam, Prof. Dr. Holger Preißler, und in den<br />
chinesischen Volksreligionen, Prof. Dr. Hubert<br />
Seiwert, erörtert. Auch im säkularisierten Denken<br />
der Moderne wird immer wieder die Frage nach<br />
dem Ende allen Seins gestellt, sei es in der Vision<br />
der atomaren Selbstzerstörung des Menschen,<br />
sei es in Erzählungen von großen Katastrophen.<br />
Den Bogen „Von Hegels ‘Ende der Geschichte’ zu<br />
Fukuyama“ spannt Otto Pöggeler, Professor für<br />
Philosophie in Bochum. Trifft auch auf unsere<br />
Gegenwart zu, was die Kulturgeschichte für die<br />
Vergangenheit zeigt, dass Endzeitstimmungen<br />
soziale, politische und kulturelle Krisen widerspiegeln?<br />
13<br />
Studium & Lehre<br />
„Naturschutz durch Nutzung“ heißt das brisante<br />
Thema einer Tagung, die das Studium generale<br />
gemeinsam <strong>mit</strong> der „Stiftung Natur und Umwelt<br />
Rheinland-Pfalz“ am 10. November 2005 durchführt.<br />
Hochrangige Vertreterinnen und Vertreter<br />
des Ministeriums für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz,<br />
des Naturschutzbundes, des Landwirtschafts-Verbandes<br />
etc. bringen ihre jeweiligen<br />
Sichtweisen in die Debatte ein, um einen Konsens<br />
zwischen den Anliegen der land- bzw. forstwirtschaftlichen<br />
Nutzer und den Anliegen des Naturschutzes<br />
zu finden. (Linke Aula, Alte Mensa, 9.30<br />
bis 18.15 Uhr) ■<br />
Information: Die Teilnahme an den genannten<br />
Veranstaltungen steht allen Interessierten offen.<br />
Für das in der Regel kostenlose Veranstaltungsangebot<br />
des Studium generale gelten keine Zulassungsbedingungen.<br />
Ein ausführliches Programmheft<br />
<strong>mit</strong> weiteren Veranstaltungen liegt<br />
auf dem Campus aus. Das ständig aktualisierte<br />
Programm finden Sie auf der Homepage unter<br />
http://www.studgen.uni-mainz.de.<br />
[JOGU] 194/2005
Wissenschaft & Forschung<br />
Der Dreckapotheke auf der Spur<br />
Mediziner Paullini: Zwei Jahrhunderte<br />
später als Quacksalber<br />
dargestellt<br />
War er nun Quacksalber oder ernst zu nehmender<br />
Mediziner? Christian Franz Paullini,Autor der<br />
barocken „Dreckapotheke“, wurde von der modernen<br />
Schulmedizin wegen seiner heute kurios<br />
anmutenden Rezepte als Volksmediziner, ja als<br />
Scharlatan abgetan. Doch aus zeitgenössischer<br />
Perspektive erscheint der Mann, der <strong>mit</strong> Gottfried<br />
Wilhelm Leibniz korrespondierte und <strong>mit</strong> Athanasius<br />
Kircher bekannt war, als streng wissenschaftlich<br />
arbeitender Arzt. Der heute wenig bekannten<br />
Person Paullinis hat sich Anne-Christin<br />
Lux angenommen. Über den barocken Universalgelehrten<br />
schrieb die Studentin der Johannes<br />
Gutenberg-Universität ihre Magisterarbeit im<br />
Fach Kulturanthropologie, gerade stellte sie Ergebnisse<br />
ihrer Auseinandersetzung <strong>mit</strong> Leben<br />
und Werk des schillernden Mediziners im Wella-<br />
Museum Darmstadt unter dem Titel „Ungewöhnliche<br />
Schönheitspflege: Die Dreckapotheke des<br />
Christian Franz Paullini“ vor.<br />
„Paullini war alles andere als ein ungebildeter<br />
Quacksalber“, erzählt die 1979 geborene Kulturwissenschaftlerin<br />
von ihrem Forschungsgegenstand.<br />
1643 in Eisenach geboren, machte sich<br />
Paullini nicht nur als Arzt, sondern auch als<br />
Schriftsteller, Historiker, Philosoph und Ethnograph<br />
einen Namen. „Er war einer der letzten<br />
Polyhistoren“, ordnet Anne-Christin Lux Paullini<br />
in die Reihe der vielseitig gebildeten Wissenschaftler<br />
seiner Zeit ein.<br />
Dass der Sohn eines Kaufmanns und einer Pfarrerstochter<br />
seit dem 19. Jahrhundert abschätzig<br />
als typischer Vertreter der Volksmedizin einge-<br />
[JOGU] 194/2005<br />
Zeitgenössische Medizin im Barock Heilen <strong>mit</strong><br />
Hundekot, kurieren <strong>mit</strong> Kuhmist? Einige Rezepte aus<br />
der „Dreckapotheke“ des barocken Arztes Christian<br />
Franz Paullini muten heute eher abstoßend an. Doch<br />
der Mediziner und Philosoph war kein Kurpfuscher,<br />
sondern ein unter seinen Zeitgenossen angesehener<br />
Wissenschaftler. Das hat die Mainzer Kulturwissenschaftlerin<br />
Anne-Christin Lux <strong>mit</strong> ihren Forschungen<br />
zu Paullini gezeigt und dabei das in der Medizingeschichte<br />
überlieferte Bild des Eisenacher Universalgelehrten<br />
revidiert.<br />
ordnet wird, sieht Anne-Christin Lux vor allem<br />
durch die Beurteilung einer Ära lange nach dem<br />
Tod Paullinis gegeben. In Danzig und Königsberg,<br />
in Rostock, Lübeck, Kiel und Kopenhagen studierte<br />
der junge Eisenacher. Seine akademischen<br />
Grade erlangte er in ausgesuchten Universitäten:<br />
Magister in Wittenberg, Doktor in Leiden. Dazwischen<br />
lagen Reisen nach England, wo Paullini in<br />
Cambridge und Oxford wichtige Kontakte<br />
knüpfte. Von dieser exzellenten akademischen<br />
Ausbildung war nicht mehr die Rede, als Paullini<br />
von Medizinhistorikern zwei Jahrhunderte später<br />
als Quacksalber und bloßer Kompilator von Rezepten<br />
aus dem Volk dargestellt wurde.<br />
Paullini reiste durch ganz Europa, wurde Leibarzt<br />
und Historiograf des Bischofs von Münster und<br />
später „Leib-Medicus“ von Wolfenbüttel. 1685<br />
kehrte er in seine Geburtsstadt zurück und nahm<br />
den Posten eines „Herzoglichen Stadtphysicus“<br />
in Eisenach an, wo er auch 1712 starb.<br />
Alle Abb.: © Stadtarchiv Eisenach<br />
14<br />
Im Lauf seines Lebens publizierte Paullini 61<br />
Werke in deutscher und lateinischer Sprache, darunter<br />
auch <strong>–</strong> in einem Zeitalter der fast ausschließlich<br />
männlich dominierten Wissenschaft -<br />
eine Sammlung von Biografien bedeutender Wissenschaftlerinnen.<br />
„Paullini war alles andere als<br />
ein ungebildeter Quacksalber“<br />
Mit seiner „Dreckapotheke“, die noch im 18.<br />
Jahrhundert Neuauflagen erlebte, versuchte<br />
Paullini Rezepte zu verbreiten, die gerade den ärmeren<br />
Schichten Zugang zu wirksamen Heilmethoden<br />
bieten sollten. In seinen Rezepten richtete<br />
sich der Arzt nach der antiken Humoralpathologie<br />
(der so genannten „Vier-Säfte-Lehre“) und<br />
stand da<strong>mit</strong> ganz im Einklang <strong>mit</strong> dem medizinischen<br />
Diskurs seiner Zeit.<br />
Von seinen Ansätzen und Zielen, so Anne-Christin<br />
Lux, darf man Paullini zwar noch nicht zu den<br />
medizinischen Aufklärern rechnen, aber einige<br />
seiner Ansätze gehen bereits in diese Richtung.<br />
Die spätere Einordnung als Volksmediziner einfachster<br />
Stufe und Scharlatan hat der Eisenacher<br />
Arzt also nicht verdient. Sowieso seien solche<br />
Unterscheidungen gar nicht zulässig, argumentiert<br />
die Mainzer Kulturwissenschaftlerin: „In<br />
Paullinis Zeiten waren seine Methoden anerkannte<br />
<strong>Verfahren</strong>sweisen der zeitgenössischen<br />
Medizin. Eine Unterscheidung zwischen Schulund<br />
Volksmedizin im Barock hat es sowieso nicht<br />
gegeben, das sind Zuordnungen aus dem 19. und<br />
20. Jahrhundert.“ Peter THOMAS ■<br />
Die Dreckapotheke: 1734 bereits<br />
in der 4. Auflage erschienen
„Botschafter Deutschlands“<br />
Internationale Wissenschaftselite trifft sich in Mainz Eine Stiftung zur<br />
Förderung herausragender Talente und der völkerverbindenden Wissenschaft <strong>–</strong><br />
<strong>mit</strong> diesem Anspruch sind vor etwa 145 Jahren Freunde des Naturforschers und<br />
Weltreisenden Alexander von Humboldt angetreten, um eine Stiftung zum<br />
Gedenken an den großen Universalgelehrten einzurichten. Die Zielsetzung hat<br />
über die Jahre und über die wechselhafte Geschichte der Stiftung <strong>mit</strong> Schließung<br />
und Neugründung hinweg<br />
nichts an Aktualität verloren.<br />
Wenn sich Humboldtianer heute an einem Ort<br />
der Welt treffen, so geschieht dies dank und im<br />
Geiste einer freien, grenzüberschreitenden Forschung<br />
und Wissenschaft. So auch in Mainz,<br />
wo sich vom 13. bis 14. Oktober 100 internationale<br />
Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler<br />
auf Einladung der Alexander<br />
von Humboldt-Stiftung eingefunden haben.<br />
Als Forschungsstipendiaten der Stiftung kommen<br />
die ausländischen Wissenschaftler für sechs bis<br />
zwölf Monate nach Deutschland und arbeiten<br />
hier zusammen <strong>mit</strong> einem deutschen Gastgeber<br />
an einem eigenen Forschungsprojekt. Die Forschungseinrichtung<br />
hierfür können sich die Stipendiaten<br />
selbst aussuchen. Bei den so genannten<br />
Einführungstagungen haben die Teilnehmer<br />
die Chance, sich untereinander kennen zu lernen,<br />
sich auszutauschen und zu vernetzen und so<br />
auch in die große „Humboldt-Familie“ hineinzuwachsen.<br />
„Die Einführungstagungen legen den<br />
Grundstein für unser weltweites Netzwerk der<br />
wissenschaftlichen Exzellenz“, erläutert der Generalsekretär<br />
der Humboldt-Stiftung, Dr. Georg<br />
Schütte.<br />
„Die Einführungstagungen<br />
legen den Grundstein für unser<br />
weltweites Netzwerk der wissenschaftlichen<br />
Exzellenz.“<br />
„Exzellenz“ ist das Fundament, auf dem die Stiftung<br />
steht und weiter aufbaut. Gefördert wird die<br />
Elite, junge Spitzenwissenschaftler, unabhängig<br />
von ihrem Herkunftsland und ihrem Forschungsgebiet.<br />
Die Stipendien werden, so der Auftrag der<br />
Stiftung, ohne Ansehen der ethnischen Herkunft,<br />
der Religion, des Geschlechts oder der Weltanschauung<br />
vergeben. Der Wettbewerb ist hart: Nur<br />
Abb. ©: SMPK, Nationalgalerie Berlin<br />
jeder dritte Antrag der hoch qualifizierten Bewerber<br />
ist erfolgreich. Bis zu 500 Forschungsstipendien<br />
werden so jährlich vergeben, darüber hinaus<br />
auch rund 70 verschiedene Forschungspreise.<br />
Zwei Stipendiaten sind derzeit an der Johannes<br />
Gutenberg-Universität Mainz <strong>–</strong> eine Auszeichnung<br />
für die jeweiligen Einrichtungen<br />
und ein Zeichen<br />
der Anerkennung wissenschaftlicher<br />
Leistungen über<br />
die Grenzen des eigenen Landes<br />
hinweg. Dr. Peter Dubruel,<br />
einer der Stipendiaten,<br />
forscht seit März dieses Jahres<br />
am Institut für Pathologie<br />
bei Prof. Dr. James Kirkpatrick.<br />
Er hat zuvor an der Universität<br />
im belgischen Gent in<br />
der Entwicklung von Polyme-<br />
15<br />
Wissenschaft & Forschung<br />
ren für den medizinischen Bereich gearbeitet und<br />
untersucht nun noch bis Ende November in Mainz<br />
die Interaktion von Polymeren <strong>mit</strong> Zellen: tissue<br />
engineering. „Auf meinem Gebiet bestanden bereits<br />
gute Kontakte zwischen den Universitäten in<br />
Gent und Mainz“, erklärt Dubruel zu seiner<br />
Standortwahl in fließendem Deutsch. Hier fand<br />
auch seine Frau, auf dem gleichen Forschungsgebiet<br />
tätig, eine Stelle am Max-Planck-Institut für<br />
Polymerforschung.<br />
Indem sie hoch qualifizierte ausländische<br />
Wissenschaftler fördert, unterstützt die Humboldt-Stiftung<br />
auch den Wissenschaftsstandort<br />
Deutschland: Mitarbeiter und Studierende vor Ort<br />
profitieren von dem frischen Wind und den neuen<br />
Projekten, die ein Humboldt-Stipendiat <strong>mit</strong> an<br />
das Institut bringt. Mindestens genauso wichtig<br />
ist es der Stiftung, einen Beitrag zum weltweit<br />
besseren Verstehen und Verständigen zu leisten,<br />
durch die direkten Kontakte und die Ver<strong>mit</strong>tlung<br />
von Wissenschaft und Kultur nach einer Rückkehr<br />
ins Heimatland. „Die Humboldtianer sind da<strong>mit</strong><br />
im besten Sinne auch Botschafter Deutschlands“,<br />
so der Generalsekretär der Stiftung.<br />
Einmal Humboldtianer <strong>–</strong> immer Humboldtianer:<br />
Die Stiftung versteht sich als lebenslanger Partner,<br />
der seine Ehemaligen immer wieder nach<br />
Deutschland holt. Das stärkt die Bindung, die<br />
Rede von der „großen Humboldt-Familie“ ist<br />
nicht nur Floskel, sondern Programm. Die Alexander<br />
von Humboldt-Stiftung hat so ein Netz über<br />
die ganze Welt gespannt, dem 20.000 Humboldtianer<br />
aller Fachgebiete in 130 Ländern der Erde<br />
angehören <strong>–</strong> darunter auch 40 Nobelpreisträger.<br />
Bettina LEINAUER ■<br />
[JOGU] 194/2005
Wissenschaft & Forschung<br />
Alle Fotos: © Hautklinik<br />
Endoluminale<br />
Lasertherapie<br />
<strong>Elegantes</strong> <strong>Verfahren</strong> zur Behandlung von Krampfadern<br />
Seit gut vier Jahren gibt es dieses Therapieverfahren, das erstmals<br />
an der Mainzer Hautklinik angewendet wurde. Mittlerweile wird<br />
die Methode in ganz Deutschland praktiziert. Allein in Mainz profitierten<br />
schon mehr als 1.000 Patienten von dieser schonenden<br />
Behandlung.<br />
Immer montags werden Krampfadern per Lasertherapie<br />
operiert und zwar von Dr. Bettina Kleis-<br />
Fischer, der verantwortlichen Oberärztin für den<br />
Bereich Phlebologie (Lehre von den Venen). Sie ist<br />
seit 1998 in der Mainzer Hautklinik tätig und wird<br />
von Dr. Döndü Gül unterstützt, die ebenfalls umfassende<br />
Kenntnisse im Bereich der endoluminalen<br />
Lasertherapie (ELT) hat. Ihr Know-how haben<br />
beide vom ehemaligen Oberarzt PD Dr. Thomas<br />
Pröbstle gelernt, der jüngst nach Heidelberg<br />
übersiedelte. Der Arzt und Physiker Pröbstle hatte<br />
die ELT maßgeblich <strong>mit</strong> entwickelt und sie durch<br />
zahlreiche Publikationen und Vorträge auch unter<br />
Experten in Deutschland salonfähig gemacht.<br />
[JOGU] 194/2005<br />
Mittlerweile bieten verschiedene Kliniken und<br />
Praxen in Deutschland dieses elegante <strong>Verfahren</strong><br />
zum künstlichen Verschluss defekter Venen an.<br />
Patienten sind von der Behandlung begeistert,<br />
denn sie erfordert keinen stationären Aufenthalt,<br />
und es wird nur örtlich betäubt. Nach knapp einer<br />
Stunde können die Patienten wieder nach<br />
Hause gehen, so dass die Bezeichnung Operation<br />
eigentlich viel zu dramatisch klingt. Am nächsten<br />
Tag erfolgt dann noch eine routinemäßige Nachkontrolle.<br />
Obwohl der Begriff Krampfadern eigentlich jedem<br />
geläufig ist und viele Menschen weltweit<br />
16<br />
Kleiner OP: Dr. Kleis-Fischer und Dr. Gül demonstrieren den Endolaser<br />
davon betroffen sind <strong>–</strong> in einer Tübinger Studie<br />
von 1981 konnten nur bei 14 Prozent der Untersuchten<br />
keinerlei Venenveränderungen festgestellt<br />
werden und eine aktuelle Venenstudie<br />
(Rabe et al. 2003) aus Bonn belegt, dass zirka<br />
20 Millionen Bundesbürger betroffen sind <strong>–</strong> sind<br />
die eigentlichen Ursachen für diesen Defekt des<br />
Venen- systems im Bein noch nicht geklärt. Aufgrund<br />
der bisherigen Forschung geht man jedoch<br />
davon aus, dass eine genetische Komponente<br />
<strong>mit</strong>spielt. Krampfadern treten vor allem familiär<br />
gehäuft auf, so dass vielfach schon junge Patienten<br />
betroffen sind. Weitere begünstigende Faktoren<br />
sind eine stehende Tätigkeit, Übergewicht<br />
und Schwangerschaften. Daher empfiehlt Kleis-<br />
Fischer für werdende Mütter generell das Tragen<br />
von Kompressionstrümpfen. Für Menschen <strong>mit</strong><br />
familiärer Neigung zu Krampfadern gilt allgemein:<br />
lieber laufen und liegen als sitzen und<br />
stehen.<br />
Venenbehandlung erfordert<br />
keinen stationären Aufenthalt<br />
Weitgehend bekannt sind hingegen die anatomischen<br />
Verhältnisse und die physiologischen Vorgänge,<br />
die zu den sichtbaren Krampfadern führen.<br />
Betroffen ist hauptsächlich das System der<br />
großen und kleinen Stammvene im Bein, der<br />
Vena saphena magna und der Vena saphena<br />
Vor der Lasertherapie: Krampfadern sind am rechten<br />
Schienbein des Patienten sichtbar. (linkes Bild)<br />
Einen Tag nach der Lasertherapie: Die große<br />
Stammvene wurde am rechten Bein von der Leiste bis<br />
unter das Knie gelasert; die Krampfadern des Schienbeins<br />
sind nun vom Blutkreislauf abgeschnitten und<br />
werden vom Körper resorbiert. Zu sehen sind nur minimale<br />
Narben und Blutergüsse, die bald verschwinden.<br />
Foto: Frank Erdnüss
parva. Die große Stammvene zieht vom Innenknöchel<br />
an der Innenseite des Beines hinauf bis<br />
zur Leiste, die kleine vom Außenknöchel über die<br />
Wade bis zur Kniekehle. Zusammen <strong>mit</strong> ihren<br />
Seitengefäßen transportieren diese Venen etwa<br />
10 Prozent des Blutes aus den Beinen zurück zum<br />
Herzen. Die übrigen 90 Prozent Rücktransport<br />
werden von den tiefen Venen bewerkstelligt. Vor<br />
einer Behandlung der oberflächlichen Stammvenen<br />
sollte daher geprüft werden, ob die tiefen<br />
Beinvenen in Ordnung sind. Sie müssen ja zukünftig<br />
den Part der Stammvenen übernehmen,<br />
die künstlich verschlossen (ELT) oder gar herausgezogen<br />
werden (Stripping).<br />
Ein Krampfaderleiden zeichnet sich durch undichte<br />
Venenklappen aus, die normalerweise den<br />
Rückstrom des Blutes ins Bein verhindern. Wenn<br />
die Klappen nicht mehr schließen, sackt das Blut<br />
aufgrund der Schwerkraft in die Beine zurück und<br />
die Venen „leiern aus“. Dieser Prozess beginnt<br />
meist in den etwa 5 mm dicken Stammvenen und<br />
kann sich dann auf die kleinen Seitengefäße ausdehnen,<br />
die schließlich als Krampfadern sichtbar<br />
werden. Dabei ist es wissenschaftlich noch nicht<br />
klar, ob, wie beschrieben, ein Klappendefekt zur<br />
Weitung der Gefäße führt oder ob eine genetisch<br />
bedingte Wandschwäche vorliegt, die dann die<br />
Funktion der Venenklappen beeinträchtigt. In<br />
jedem Fall spricht man jetzt von venöser Insuffizienz<br />
oder Varikose, die möglicherweise zu verschiedenen<br />
Folgeschäden führt. Neben subjektiven<br />
Beschwerden der Patienten, wie Schweregefühl<br />
und Schmerzen in den Beinen, werden andere<br />
Folgeschäden auch sichtbar. Durch die Belastung<br />
der Haut kann es vorkommen, dass sich<br />
Rötungen und Ekzeme entwickeln und sich Wasser<br />
in den Beinen einlagert (Ödeme). Außerdem<br />
können sich die Krampfadern entzünden (Venenentzündung<br />
oder Thrombophlebitis), was ernst zu<br />
nehmen ist, da dies auch zu einer Thrombose der<br />
tiefen Venen führen kann. Bei manchen Patienten<br />
entsteht auch ein „offenes Bein“, ein sehr<br />
schlecht abheilendes Geschwür (Ulcus). Da der<br />
menschliche Körper nur begrenzte Fähigkeiten<br />
zur Selbstheilung solcher Defekte besitzt, sollten<br />
sich Betroffene frühzeitig zu einem Facharzt begeben<br />
und auch im Alltag entsprechend vorbeugen.<br />
Neben einer ausgewogenen Ernährung und<br />
regelmäßiger Bewegung <strong>–</strong> empfehlenswerte<br />
Sportarten sind Schwimmen, Wandern, Walken,<br />
Skilanglauf, Radfahren und Tanzen <strong>–</strong> können<br />
Kneipp’sche Bäder und auch verschiedene Heilpflanzen,<br />
zum Beispiel Rosskastanie und Weinlaubextrakt,<br />
unterstützend wirken.<br />
Wodurch zeichnet sich nun die<br />
ELT im Einzelnen aus? Neben<br />
dem Vorteil der ambulanten Behandlung<br />
ist hier vor allem die<br />
kosmetische Komponente zu erwähnen.<br />
Ähnlich wie bei einer<br />
Blutentnahme wird die betroffene<br />
Vene lediglich punktiert<br />
und von innen <strong>mit</strong> einer Laserfaser<br />
verklebt. So bleiben keine<br />
hässlichen Narben zurück. „Ei- ELT-<strong>Verfahren</strong>: Die biegsame Laserglasfaser wird eingeführt<br />
nen Zugang legen“, nennt das und bis in die Leistengegend vorgeschoben.<br />
Kleis-Fischer und betont, dass es<br />
bei der ELT auch zu erheblich geringeren<br />
Einblutungen ins Gewebe<br />
und in die Haut kommt.<br />
Bei dem seit mehreren Jahrzehnten<br />
angewandten Standardverfahren<br />
der Krampfaderbehandlung,<br />
dem so genannten<br />
„Stripping“, wird die Haut dagegen<br />
in der Leistengegend aufgeschnitten<br />
und das kranke Gefäß<br />
herausgezogen. Das führt<br />
dann zu Narben und zu unan-<br />
Anschließend wird der Führungsdraht wieder entfernt.<br />
sehnlichen Blutergüssen, weil<br />
die Seitengefäße abgerissen<br />
werden. So scheint das Stripping für den Patienten<br />
allenfalls monetär von Vorteil zu sein, denn es<br />
wird von allen Krankenkassen bezahlt. Dagegen<br />
muss für die ELT tief in die eigene Tasche gegriffen<br />
werden. Ungefähr 900 Euro kostet die Behandlung<br />
pro Gefäß, wobei zwei Gefäße durchaus<br />
für 1.200 bis 1.500 Euro gelasert werden.<br />
Kombipackung sozusagen, denn wenn beide<br />
Stammvenen betroffen sind, kann auch alles in<br />
einer Sitzung geschehen und die teure Laserfaser<br />
zweimal verwendet werden. Das sterile Einmalprodukt<br />
kostet allein schon 150 bis 200 Euro.<br />
Die Lasertherapie läuft in Mainz folgendermaßen<br />
ab: Durch den erwähnten Zugang, üblicherweise<br />
am unteren Ende des defekten Venenabschnittes,<br />
wird ein Katheter <strong>mit</strong> einer biegsamen Laserglasfaser<br />
eingeführt und bis in die Leistengegend<br />
vorgeschoben. Dieses Prozedere läuft unter<br />
Ultraschallkontrolle ab, da<strong>mit</strong> die Lage der Laserfaser<br />
auch korrekt ist und der Verschluss des<br />
kranken Gefäßes genau an der richtigen Stelle<br />
beginnen kann. Die Laserfaser wird im Katheter<br />
so weit vorgeschoben, dass sie etwa 10 mm aus<br />
diesem heraus ragt. Wenn alle Vorbereitungen<br />
getroffen worden sind, erfolgt die örtliche Betäubung.<br />
Dabei wenden die Mainzer ein spezielles<br />
<strong>Verfahren</strong> an, die so genannte Tumeszenz-Lokal-<br />
17<br />
Wissenschaft & Forschung<br />
Nun kommt es zur Laseranwendung unter<br />
Zurückziehen von Katheter und Laserfaser<br />
anästhesie. Sie verhindert nicht nur die Schmerzen<br />
des Patienten, sondern schont auch die das<br />
Gefäß umgebenden Bereiche, indem sie kühlend<br />
wirkt. Denn der Laser erzeugt an seiner Spitze in<br />
der Vene Temperaturen von zirka 1.000 °C.<br />
Durchschnittlich einen halben Liter des verdünnten<br />
Betäubungs<strong>mit</strong>tels spritzen die Ärzte entlang<br />
der Vene unter die Haut <strong>–</strong> so bildet sich ein<br />
[JOGU] 194/2005
Wissenschaft & Forschung<br />
regelrechter Kühlmantel um das Gefäß, der Haut<br />
und Nerven schont. Kontrollmessungen im umliegenden<br />
Gewebe ergaben <strong>mit</strong>hin keine wesentliche<br />
Temperaturerhöhung außerhalb der Vene.<br />
Jetzt beginnt die eigentliche Verödung, indem<br />
Kleis-Fischer die Laserfaser <strong>mit</strong>samt dem Katheter<br />
zurückzieht <strong>–</strong> 2 bis 3 mm in der Sekunde.<br />
Durch die hohen Temperaturen des Lasers entstehen<br />
Dampfblasen im Blut, die die innere Gefäßwand<br />
schädigen; das Blut „kocht“ sozusagen<br />
in der Vene und verklebt die Venenwand, ähnlich<br />
wie bei einer Thrombose. Am Ende ist das<br />
Gefäß im gesamten gelaserten Bereich (meist<br />
50-60 cm) verschlossen und wird dem Körper zur<br />
Resorption überlassen. Nur sehr selten löst der<br />
Körper diese künstliche Thrombose wieder auf<br />
und die Behandlung muss wiederholt werden.<br />
Dr. Gül klebt ein Pflaster auf die Punktionsstelle<br />
und legt im Bereich der behandelten Vene einen<br />
Druckverband an. Je nach Ausmaß der sichtbaren<br />
Krampfadern werden anschließend noch die <strong>–</strong><br />
nun auch vom Blutkreislauf abgeschnittenen <strong>–</strong><br />
Seitengefäße gehäkelt, das heißt <strong>mit</strong> einer<br />
kleinen „Häkelnadel“ durch die Haut herausge-<br />
[JOGU] 194/2005<br />
zogen. Dabei entstehen nur winzige Narben. Der<br />
Patient muss nach der OP für eine Woche Kompressionsstrümpfe<br />
tragen und erhält täglich eine<br />
Thrombosespritze.<br />
Betroffene Vene wird lediglich<br />
punktiert und von innen <strong>mit</strong><br />
einer Laserfaser verklebt.<br />
Entscheidend für eine erfolgreiche Therapie ist<br />
die Energiedichte, die der Laser in der Vene erzeugt.<br />
Sie muss groß genug sein, um die Vene zu<br />
verkleben, aber nicht zu groß, da<strong>mit</strong> keine Schäden<br />
an Nerven entstehen. Dazu kann der Laser<br />
verschieden eingestellt und benutzt werden,<br />
wobei die Wellenlänge (Nanometer), die Leistung<br />
(Watt) und die Rückzugsgeschwindigkeit (mm/<br />
Sekunde) wichtig sind. Sie unterscheiden sich<br />
zwischen den Kliniken, da die ELT noch kein standardisiertes<br />
<strong>Verfahren</strong> ist; dies erschwert auch die<br />
Vergleichbarkeit der verschiedenen Studienergebnisse.<br />
In Mainz arbeitet der Laser <strong>mit</strong> 940 nm,<br />
15 (V. s. parva) bis 30 Watt (V. s. magna) und wird<br />
pro Sekunde 2-3 mm zurückgezogen.<br />
18<br />
Ein weiteres endoluminales <strong>Verfahren</strong>, <strong>mit</strong> dem in<br />
Mainz Krampfadern behandelt werden, ist die<br />
Ultraschall-gesteuerte Schaumverödung (synonym:<br />
Schaumsklerosierung). Sie wird auf Überweisungsschein<br />
durchgeführt und stellt nach Angaben<br />
von Kleis-Fischer in bestimmten Fällen<br />
eine Alternative zur ELT dar. Insgesamt sei die<br />
Schaumverödung jedoch schlechter steuerbar als<br />
die ELT, da der namengebende Schaum <strong>–</strong> er wird<br />
in die Vene gespritzt und soll sie verkleben <strong>–</strong> den<br />
betroffenen Venenabschnitt eventuell nicht vollständig<br />
ausfüllt. Dann muss die Verödung nach<br />
einigen Wochen noch einmal wiederholt werden.<br />
Im Vergleich zur ELT sind die Eröffnungsraten generell<br />
höher. Ein drittes <strong>Verfahren</strong>, <strong>mit</strong> dem die<br />
Vene von innen behandelt werden kann, wenden<br />
die Mainzer nicht an: die Radiowellen-Therapie.<br />
Sie ist bei vergleichbaren Ergebnissen teurer als<br />
die ELT und muss ebenfalls vom Patienten selbst<br />
bezahlt werden. Frank ERDNÜSS ■<br />
Information:<br />
http://www.hautklinik-mainz.de/index.php?id=368<br />
Fürs Leben<br />
gerne Blutspenden<br />
Spendeort Universität<br />
Mainz, Linke Aula<br />
Alte Mensa <strong>–</strong> Becher-Weg 5<br />
Spendetermine 2005<br />
Donnerstag, den 22. Dez.<br />
Spendetermine 2006<br />
Dienstag, 14. März<br />
Dienstag, 16. Mai<br />
Donnerstag, 13. Juli<br />
Dienstag, 19. Dezember<br />
Spendezeit<br />
8.00 <strong>–</strong> 14.00 Uhr<br />
Anzeige<br />
Klinikum der Johannes-<br />
Gutenberg Universität Mainz<br />
Transfusionszentrale<br />
Tel. 06131/17-3216<br />
oder 3217
Chronische Darmerkrankungen<br />
Erbliche Disposition vorhanden Bis zu 300.000 Bundesbürger<br />
leiden unter so genannten chronisch entzündlichen<br />
Darmerkrankungen (CED), ein Sammelbegriff für die Krankheiten<br />
Enteritis regionalis Crohn (Morbus Crohn) und Colitis Ulcerosa.<br />
Mit einem alljährlichen Arzt-Patienten-Seminar wird an der<br />
Mainzer Uniklinik aktive Aufklärungsarbeit geleistet.<br />
Bereits zum 15. Mal haben die Deutsche Morbus<br />
Crohn/Colitis ulcerosa Vereinigung (DCCV e.V.)<br />
und die I. Medizinische Klinik und Poliklinik der<br />
Johannes Gutenberg-Universität Mainz in diesem<br />
Jahr zu ihrer traditionellen Informationsveranstaltung<br />
eingeladen. Mit großem Erfolg, wenn<br />
man allein die mehr als 400 Besucher betrachtet,<br />
die sich im Hörsaal des Gebäudes 707 einfanden.<br />
Sie lauschten interessiert den Vorträgen der Experten<br />
und nutzten die Gelegenheit, sich in den<br />
Pausen über neue Möglichkeiten von Diagnostik<br />
und Therapie zu informieren. Bei der diesjährigen<br />
Veranstaltung standen zwei Themen im Mittelpunkt:<br />
Zum einen die neuen Aspekte von Diagnostik<br />
und Therapie, wobei im Bereich der Diagnostik<br />
insbesondere die Kernspin-Tomographie,<br />
die Kapsel-Endoskopie, die Chromo-Endoskopie<br />
(endoskopische Färbetechniken) und die hochauflösende<br />
konfokale Laser-Endoskopie angesprochen<br />
wurden. Im therapeutischen Themenkomplex<br />
stellten die Referenten neben neuen<br />
<strong>Verfahren</strong> zur medikamentösen Behandlung<br />
durch Antikörper auch Ergebnisse alternativer<br />
Behandlungskonzepte vor. Dazu gehörten etwa<br />
Hormontherapien, die Behandlung <strong>mit</strong> Weihrauch<br />
(Boswellia) und die Apherese, die gezielte<br />
Entfernung bestimmter Stoffe aus dem<br />
Blut. Ferner wurden Möglichkeiten und Grenzen<br />
der Selbstbehandlung und der chirurgischen Therapie<br />
diskutiert. Zum anderen beschäftigten sich<br />
die Referenten und Diskutanten schwerpunktmäßig<br />
<strong>mit</strong> einer möglichen Krebsentstehung bei<br />
chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Dabei<br />
wurden auch neue Möglichkeiten zur Früherkennung<br />
und Krebsvorsorge dargestellt.<br />
Was verbirgt sich aber hinter den Fachbegriffen<br />
Morbus Crohn und Colitis ulcerosa? Beide Krankheiten<br />
sind durch schubartig verlaufende zerstörerische<br />
Entzündungsreaktionen der Darmschleimhaut<br />
gekennzeichnet. Bei Morbus Crohn<br />
können alle Abschnitte des Magen-Darm-Traktes<br />
betroffen sein; in 80 Prozent der Fälle beschränkt<br />
sich die Entzündung jedoch auf den letzten Abschnitt<br />
des Dünndarms und teilweise auch den<br />
Dickdarm. Colitis ulcerosa zeichnet sich dagegen<br />
durch eine chronische Entzündung der Dickdarm-<br />
Schleimhaut aus, die sich nur in seltenen Fällen<br />
auf den Dünndarm ausweitet. Neben verschiedensten<br />
Beschwerden wie Schmerzen, Durchfall,<br />
Verstopfung und blutigem Stuhl steigt bei den<br />
Betroffenen auch das Risiko für Darmkrebs. Daher<br />
ist eine frühzeitige Erkennung und Behandlung<br />
der Krankheit extrem wichtig.<br />
„Die Veranlagung zur Entstehung<br />
der Erkrankungen ist<br />
teilweise erblich, so dass auch<br />
schon Kinder betroffen sein<br />
können.“<br />
Generell können CED’s in ganz verschiedenen<br />
Schweregraden auftreten beziehungsweise verlaufen.<br />
Die Mediziner beschreiben dies zum Beispiel<br />
<strong>mit</strong> unterschiedlichen Aktivitätsindizes, die<br />
dann auch die Therapie bestimmen. So wird eine<br />
chirurgische Entfernung des betroffenen Darmabschnittes<br />
nur im Notfall oder bei sehr schwerem<br />
Krankheitsverlauf vorgenommen, wenn eine<br />
medikamentöse Therapie versagt hat.<br />
Nach den Ursachen für CED<br />
befragt, erklärt Prof. Dr. Markus<br />
Friedrich Neurath: „Die<br />
Ereignisse, die zur Entstehung<br />
dieser lebensbedrohenden<br />
und bisher nur<br />
symptomatisch behandelbaren<br />
Krankheiten führen, sind<br />
noch weitgehend unbekannt.<br />
Wir wissen jedoch,<br />
dass infektiöse, genetische<br />
und immunologische Faktoren<br />
eine wichtige Rolle spielen.“<br />
Die Veranlagung zur<br />
Entstehung der Erkrankun-<br />
19<br />
Wissenschaft & Forschung<br />
gen ist also teilweise erblich, so dass auch schon<br />
Kinder betroffen sein können.<br />
Aufgrund der beschränkten wissenschaftlichen<br />
Kenntnis läuft die Ursachenforschung CED auf<br />
Hochtouren. Aktuell sind 14 Studien zu unterschiedlichen<br />
Fragestellungen in ganz Deutschland<br />
im Gange. So untersucht die Münchner Uniklinik<br />
die Wirkung und Verträglichkeit eines<br />
Cannabispräparates bei Morbus Crohn-Patienten<br />
und gleich zwei Mainzer Krankenhäuser (Universitätsklinikum<br />
und St. Hildegardis-Krankenhaus)<br />
beteiligen sich an einer Studie, die sich dem Einfluss<br />
einer sportlichen Betätigung auf den Krankheitsverlauf<br />
des Morbus Crohn widmet. Freiwillige<br />
Studienteilnehmer sind stets gesucht (Info<br />
siehe unten). An der I. Medizinischen Klinik und<br />
Poliklinik in Mainz hat sich zudem eine interdisziplinäre<br />
Arbeitsgruppe CED etabliert, die unter<br />
der Leitung von Prof. Neurath die Rolle des Immunsystems<br />
bei Entstehung und Verlauf von<br />
chronisch entzündlichen Darmerkrankungen erforscht<br />
und mögliche neuartige Therapieformen<br />
entwickelt. Eine Studie zur Behandlung von Morbus<br />
Crohn <strong>mit</strong> so genannten monoklonalen Antikörpern<br />
steht gerade kurz vor ihrem Abschluss.<br />
Frank ERDNÜSS ■<br />
Information: Das nächste Arzt-Patienten-Seminar<br />
zum Thema CED findet am 18. März 2006 an<br />
der Mainzer Uniklinik statt. Informationen, auch<br />
zur Teilnahme an einer der klinischen Studien,<br />
bietet die DCCV auf ihrer Internetseite unter<br />
http://www.dccv.de/.<br />
[JOGU] 194/2005
Wissenschaft & Forschung<br />
20 Jahre<br />
Mainzer<br />
Mikrotron<br />
Ausbau der Anlage <strong>mit</strong><br />
vierter Beschleunigerstufe<br />
Am Elektronenbeschleuniger der<br />
Johannes Gutenberg-Universität<br />
Mainz, dem Mainzer Mikrotron<br />
(MAMI), wird seit 20 Jahren auf international<br />
höchstem Niveau geforscht.<br />
Entdeckungen über den Aufbau der<br />
kleinsten Teilchen unserer Materie<br />
brachten die MAMI-Wissenschaftler<br />
an die Weltspitze. Ende des Jahres<br />
enthält das Mikroton eine vierte Beschleunigerstufe.<br />
Die Geschichte des Elektronenbeschleunigers ist<br />
eine 20-jährige Erfolgsgeschichte. Wissenschaftler<br />
kommen aus der ganzen Welt, um am Mainzer<br />
Mikrotron zu experimentieren. Die Experimente<br />
liefern vor allem Grundlagenwissen über den<br />
Aufbau unserer Materie, besonders der Protonen<br />
und Neutronen. Sie sind aber auch für Anwendungen<br />
etwa in der Röntgentechnik oder der<br />
Magnetresonanztomographie <strong>mit</strong> Helium-3 nutzbar.<br />
Die unterirdische Forschungsanlage <strong>–</strong> Aufzüge<br />
führen etwa 10 Meter tief unter die Erde <strong>–</strong><br />
[JOGU] 194/2005<br />
Foto: Andreas Jankowiak<br />
besteht aus<br />
einer weltweit einzigartigen<br />
Kaskade von Rennbahn-Mikrotronen.<br />
Hierbei wird der Elektronenstrahl durch wiederholte<br />
Ablenkung <strong>mit</strong> Hilfe von Magneten immer<br />
wieder durch die gleiche Linearbeschleunigerstruktur<br />
geführt. Dadurch gewinnen die Elektronen<br />
beständig an Energie. Das besondere Merkmal<br />
von MAMI ist die außerordentlich hohe<br />
Qualität des erzeugten Elektronenstrahls. Zwar<br />
wird der Elektronenbeschleuniger „nur“ <strong>mit</strong> einer<br />
<strong>mit</strong>tleren Energie von maximal 850 Megaelektronenvolt<br />
(MeV) betrieben. „Da<strong>mit</strong> können<br />
wir nur Teilchen wie Nukleonen oder Pionen, aber<br />
keine Quarks sehen“, erklärt Prof. Dr. Thomas<br />
Walcher, Geschäftsführender Direktor des Instituts<br />
für Kernphysik. „Der Strahl ist allerdings sehr<br />
intensiv und erlaubt extrem genaue Messungen.“<br />
Am Ende seiner „Rennstrecke“ trifft der Elektronenstrahl<br />
auf den Gegenstand der kernphysikalischen<br />
Forschung: den Atomkern. Er besteht aus<br />
Nukleonen, die als Protonen oder Neutronen vorliegen<br />
können und die selbst wiederum aus noch<br />
kleineren Quarks aufgebaut sind. Quarks werden<br />
als punktförmig angenommen und gelten als unteilbar,<br />
so<strong>mit</strong> als elementare Bausteine. „Wir können<br />
hier Protonen oder Neutronen besonders gut<br />
als ganze Teilchen untersuchen und dann Rückschlüsse<br />
auf die vorhandenen Quarks ziehen“, erläutert<br />
Walcher. Prallt nun ein Elektron auf den<br />
Atomkern, so kann das Ergebnis der Kollision gemessen<br />
werden. Hierfür steht eine Anlage aus<br />
drei magnetischen Spektrometern zur Verfügung.<br />
20<br />
Der bereits vollständig aufgebaute<br />
2.45GHz Linearbeschleuniger des<br />
HDSM (Harmonisches-Doppelseitiges-Mikrotron)<br />
ist bereits<br />
unter Vakuum und die Hochleistungs-Hochfrequenzsysteme<br />
(5 mal 50kW bei<br />
2.45GHz) sind erfolgreich<br />
in Betrieb genommen<br />
worden.<br />
Da<strong>mit</strong> können <strong>–</strong><br />
auch dies ist einmalig<br />
in der Welt <strong>–</strong> gleichzeitig<br />
drei geladene Reaktionsprodukte<br />
hochpräzise nachgewiesen<br />
werden. Jedes der drei<br />
Spektrometer ist etwa 300 Tonnen<br />
schwer, das größte ist 13 Meter hoch.<br />
„MAMI C eröffnet uns Perspektiven<br />
für die kommenden<br />
zehn Jahre.“<br />
Nun erhält das Mainzer Mikrotron für rund 15<br />
Millionen Euro eine neue Beschleunigerstufe.<br />
Ende des Jahres wird diese vierte Stufe, MAMI C<br />
genannt, den Betrieb aufnehmen und den<br />
Elektronenstrahl auf eine Energie von 1.500 MeV<br />
bringen. Dazu wird in einem doppelseitigen<br />
Mikrotron der Elektronenstrahl durch zwei parallel<br />
angeordnete Linearbeschleuniger geschickt.<br />
Die Umlenkung des Strahls erfolgt durch zwei<br />
Magnetpaare. Für die Kernphysiker in Mainz<br />
bricht da<strong>mit</strong> ein neues Forschungszeitalter an.<br />
„MAMI C“, so Walcher, „eröffnet uns Perspektiven<br />
für die kommenden zehn Jahre.“ Es können<br />
da<strong>mit</strong> ganz andere Teilchensorten untersucht<br />
werden: andere Mesonen und Baryonen,<br />
Strange-Teilchen, Hyperonen, Kaonen und Eta-<br />
Teilchen. Parallel dazu soll in der theoretischen<br />
Physik eine neue Art von Modell, die Gittereichtheorie,<br />
etabliert werden. „Es gelingt uns heute<br />
ganz gut, immer tiefer in die Materie einzudringen<br />
und sie bis in die kleinsten Teilchen zu verstehen.<br />
Umgekehrt aber schaffen wir es nicht, aus<br />
den einfachsten Gesetzen eine Synthese zu bilden.<br />
Das heißt wir wissen nicht, wie man aus den<br />
einfachen Bausteinen und Kräften komplexe Systeme<br />
erzeugt. Hier liegt die zukünftige Herausforderung.“<br />
■<br />
Information: http://www.kph.uni-mainz.de/
Kelten und Römer<br />
in Burgund<br />
Zur Geschichte der keltischen<br />
Stadt Bibracte Seit den 80er Jahren<br />
des letzten Jahrhunderts besteht in<br />
dem kleinen Weiler Glux-en-Glenne<br />
das Forschungszentrum BIBRACTE,<br />
dessen Installation vom damaligen<br />
französischen Präsidenten Mitterand<br />
maßgeblich forciert wurde. Es koordiniert<br />
die multinationalen Forschungen<br />
in und um das keltische Oppidum<br />
Bibracte; seit Jahren ist es dank hervorragender<br />
Ausstattung und regem<br />
Austausch <strong>mit</strong> in- und ausländischen<br />
Forschern zum wichtigsten Zentrum für<br />
die Archäologie der Kelten geworden.<br />
Bibracte ist der Name einer keltischen Stadt (lat.<br />
oppidum) ganz in der Nähe des Forschungszentrums,<br />
auf dem Mont Beuvray. Sie war eine der<br />
bedeutendsten keltischen Städte im 1. Jahrhundert<br />
v. Chr. <strong>–</strong> bekannt vor allem durch Caesar, der<br />
dort seine Kommentare zum Gallischen Krieg verfaßte.<br />
Von 2005 bis 2008 wird in einem Projekt<br />
des Instituts für Vor- und Frühgeschichte der<br />
Johannes Gutenberg-Universität Mainz, des<br />
Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz<br />
sowie der Université de Bourgogne gezielt das<br />
Umland der keltischen Stadt erforscht.<br />
Eine Gruppe von sechs Studierenden hat bereits<br />
Anfang des Jahres vier Wochen lang archäolo-<br />
gische Prospektionen in Burgund<br />
durchgeführt. Geleitet wurde<br />
diese Kampagne, die aus Mitteln des<br />
Forschungsfonds der Johannes<br />
Gutenberg-Universität Mainz und<br />
der Freunde der Universität Mainz<br />
e.V. für das Jahr 2005 finanziert<br />
wurde, von Dr. Peter Haupt vom Institut<br />
für Vor- und Frühgeschichte und<br />
Dr. Martin Schönfelder vom Römisch-GermanischenZentralmuseum<br />
Mainz.<br />
Modernstes Vermessungsgerät:<br />
Geländeaufnahme im Wald<br />
Im Naturpark des Morvan, einem Mittelgebirge<br />
<strong>mit</strong> Höhen über 900 Meter, werden hierzu rund<br />
um das Bergmassiv des Mont Beuvray spätkeltische<br />
und frührömische Fundstellen aufgespürt.<br />
Das Arbeitsgebiet der diesjährigen, ersten Kampagne<br />
lag nur wenige Kilometer nördlich des keltischen<br />
Bibracte.<br />
Die archäologischen Feldarbeiten umfaßten drei<br />
Bereiche: Zum einen wurde das Gelände mikrotopographisch<br />
vermessen. Hierbei wurden alle<br />
wesentlichen Veränderungen des natürlichen Reliefs<br />
dokumentiert: ehemalige Wege, Gräben und<br />
vor allem Siedlungsterrassen, die treppenartig in<br />
die Hänge eingearbeitet sind. Die Geländeaufnahme<br />
erfolgte im tiefverschneiten Wald- und<br />
Wiesenareal <strong>mit</strong>tels modernsten Vermessungsgerätes,<br />
das hierbei gleich einem Belastungstest<br />
21<br />
Fotos: Peter Haupt<br />
Campus international<br />
ausgesetzt wurde. Alle Daten sind in ein Geographisches<br />
Informationssystem (GIS) eingearbeitet<br />
und da<strong>mit</strong> vielfältig auswertbar.<br />
Zum anderen wurden <strong>–</strong> nach der Schneeschmelze<br />
<strong>–</strong> Bodenaufschlüsse überprüft, die in Form von<br />
Wurzeltellern umgestürzter Bäume, Hohlwegwänden,<br />
Bachbetten sowie als Maulwurfshügel<br />
vorliegen. Gerade bei diesen Arbeiten ist der<br />
nicht geringe Weingenuß der Kelten zu Caesars<br />
Zeiten von Bedeutung: Der Wein wurde in hunderttausenden<br />
Amphoren importiert, die danach<br />
als Müll behandelt und entsorgt wurden. Deren<br />
ziegelrote Scherben finden sich nun überall im<br />
Bereich der Siedlungen und können als guter Anzeiger<br />
menschlicher Aktivität betrachtet werden.<br />
Schließlich trug eine studentische Arbeitsgruppe<br />
aus Dijon <strong>mit</strong> geomagnetischen Untersuchungen<br />
auf den Wiesen, deren Maulwurfshügel gleichzeitig<br />
erkundet wurden, zum Gelingen der Kampagne<br />
bei.<br />
Bodenaufschlüsse wurden überprüft,<br />
die in Form von Wurzeltellern<br />
umgestürzter Bäume,<br />
Hohlwegwänden, Bachbetten<br />
sowie als Maulwurfshügel<br />
vorliegen.<br />
Im Rahmen der Kampagne 2005 konnten 162<br />
Wurzelteller sowie 1864 Maulwurfshügel untersucht<br />
werden; in jedem zweiten Untersuchungsobjekt<br />
waren Scherben und andere Funde als<br />
Spuren von Siedlungen der zweiten Hälfte des<br />
1. Jahrhunderts v. Chr. nachweisbar. Hierdurch<br />
gelang es, eine mindestens 80 Hectar große<br />
Siedlungsfläche festzustellen <strong>–</strong> ein spektakuläres<br />
Ergebnis, betrachtet man die geringe Distanz von<br />
nur wenigen Kilometern bis zur keltischen Stadt<br />
Bibracte auf dem Mont Beuvray.<br />
In den nächsten Jahren werden die archäologischen<br />
Untersuchungen schrittweise auf das<br />
gesamte Areal um das Oppidum ausgeweitet<br />
werden. Nach erster Sichtung älterer Fundmeldungen<br />
ist <strong>mit</strong> wichtigen Ergebnissen zur Geschichte<br />
der keltischen Stadt am Ende der keltischen<br />
Eisenzeit und am Beginn der römischen<br />
Herrschaft zu rechnen. Zudem werden <strong>–</strong> fast<br />
beiläufig <strong>–</strong> neue archäologische Untersuchungsmethoden<br />
entwickelt. ■<br />
Auf den Spuren Caesars:<br />
Scherben von römischen Weinamphoren<br />
<strong>mit</strong> Herstellerstempeln<br />
aus dem Musée Bibracte in<br />
Burgund.<br />
[JOGU] 194/2005
Fotos: Peter Pulkowski<br />
Campus international<br />
Von Schamanen und<br />
Zwetschgendatschi<br />
Hightechland <strong>mit</strong> einer Jahrtausende<br />
alten Kultur Mit einer<br />
südkoreanischen Woche ließ das<br />
Fremdsprachenzentrum das Sommersemester<br />
ausklingen. Die Veranstaltungen<br />
machten deutlich, dass das<br />
„Land der Morgenstille“ mehr zu<br />
bieten hat als moderne Elektronik.<br />
Für die Mainzer Organisatoren von<br />
Austauschprogrammen und für ihre<br />
Studenten übrigens keine neue<br />
Erkenntnis...<br />
Der Klangrhythmus der Trommeln<br />
ist ebenso durchdringend wie ohrenbetäubend.Was<br />
das Publikum als Härtetest<br />
empfindet, zieht die weiß gekleidete<br />
Tänzerin in den Sog der Trance. Plötzlich geschieht<br />
es: Eine rasche Bewegung, und die Koreanerin<br />
hebt <strong>mit</strong> dem Mund eine kiloschwere<br />
Metallschale auf. Das ist kein Zirkustrick, sondern<br />
ein religiöses, genauer, schamanistisches Ritual.<br />
Ort des Geschehens war allerdings nicht der<br />
Schauplatz einer fernwehmütigen TV-Serie, sondern<br />
der Hörsaal P1 im Mainzer Philosophicum.<br />
Entsprechend betraf die magische Handlung<br />
nicht nur die koreanischen Tänzer, sondern auch<br />
einen Vertreter der Universität. Zum Zwecke der<br />
Segnung nämlich holte die Schamanin den Vizepräsidenten<br />
Jürgen Oldenstein auf die Bühne. Der<br />
Uni-Vize, der eben auch Archäologe ist, trug das<br />
Risiko dessen, der in der ersten Reihe sitzt, gelassen.<br />
An römische Rituale habe ihn die koreanische<br />
Zeremonie erinnert. Nachdenken über die<br />
ertanzte Geisterbeschwörung von Abgesandten<br />
des Gangneung Danoje-Festivals, das wichtiger<br />
Bestandteil der offiziellen Kulturszene Süd-Koreas<br />
ist. Und Philosophieren über mentale weltweite<br />
Kontinuitäten, die sich eben auch auf die<br />
wissenschaftliche Zusammenarbeit erstrecken.<br />
Das Zahlenwerk zum Thema lässt weitergehende<br />
Aktivitäten kaum vermuten. Im Mainzer Jahresbericht<br />
2004 nehmen China und Japan deutlich<br />
mehr Platz ein als Korea. Dennoch: Der Austausch<br />
zwischen der Mainzer Universität und koreanischen<br />
Schwesterinstitutionen findet statt, oft weniger<br />
auf der Grundlage von Kooperationsverträgen<br />
als auf der Basis des persönlichen Kontaktes.<br />
Jenseits offizieller Übereinkommen arbeitet das<br />
Institut „Deutsch als Fremdsprache“ (DaF) <strong>mit</strong><br />
koreanischen Universitäten zusammen. Die deutschen<br />
Studenten unterrichten zwei Monate lang<br />
ihre Muttersprache <strong>–</strong> das Korea-Praktikum bietet<br />
die idealen Bedingungen für den Praxistest.<br />
Die Lehramts-Studenten und DaFler Matthias<br />
Rehm und Heiko Hitzhuber haben im letzten Jahr<br />
22<br />
einschlägige Erfahrungen gemacht. Von Februar<br />
bis April 2004 gaben sie an einer Außenstelle der<br />
Seouler Chun-Ang-University Deutschkenntnisse<br />
weiter. Wegen ihrer Unterrichtsmethoden waren<br />
sie bald auf dem ganzen Campus von Anseong<br />
bekannt. „Wir haben nichts Ungewöhnliches getan.<br />
Allerdings ist es in Korea völlig unüblich, auf<br />
spielerische Weise an den Lernstoff heranzugehen“,<br />
erklärt Rehm. Was hierzulande zumindest<br />
im DaF-Bereich zum pädagogischen Standard gehört,<br />
war für koreanische Verhältnisse geradezu<br />
exotisch. „Sonder-Aktionen wie die Ostereier-Suche<br />
haben uns dann erst recht zu bunten Vögeln<br />
werden lassen“, schmunzelt Hitzhuber. Auch die<br />
handwerkliche Leistung war immerhin beträchtlich,<br />
in mehreren Nachtsitzungen haben die beiden<br />
70 Eier <strong>mit</strong> Wasserfarben marmoriert.<br />
Deutsch-koreanische Begegnungen.<br />
„Sonder-Aktionen wie die<br />
Ostereier-Suche haben uns<br />
dann erst recht zu bunten<br />
Vögeln werden lassen.“<br />
„Das Staunen war auf beiden Seiten groß“, erzählt<br />
auch Charlotte Krauß, die bereits 2001 zusammen<br />
<strong>mit</strong> einer Kommilitonin ein DaF-Praktikum<br />
in Korea absolviert hat. Angeregt berichtet<br />
sie von den Erlebnissen, die einen Auslandsaufenthalt<br />
würzen können. „Auf einem Ausflug ins<br />
Gebirge wurde uns eine Delikatesse angeboten.<br />
Lebende kleine Fische, in ein Salatblatt gewickelt.“<br />
Die Studentinnen verzichteten. Anderes<br />
war verdaulicher, so zum Beispiel die im Deutschkurs<br />
stattfindenden Diskussionen über Leben und<br />
Liebe. „Die Studenten, die konservativ sozialisiert<br />
worden sind, waren total gespannt auf die westliche<br />
Sicht der Dinge, im relativ kleinen Daegu
waren wir halt weit weg vom<br />
doch internationaleren Seoul....“<br />
Pinkfarbene Wimpel flattern an<br />
Neonröhren. Es riecht nach Bulgogi,<br />
gebratenem Rindfleisch<br />
also, und Kimchi, eingelegtem<br />
Kohl. Nationalgerichte, die bei<br />
keinem koreanischen Fest fehlen<br />
dürfen. In Mainz-Gonsenheim<br />
hat an diesem Julitag des<br />
Sommers 2005 eine Studentengruppe<br />
aus Seoul eine Feier organisiert.<br />
Normalerweise lernen<br />
sie an der Kangnam-Universität<br />
der Hauptstadt, jetzt absolvieren<br />
die 22 angehenden Sozialwissenschaftler<br />
vierzehn Tage<br />
lang Workshops und bereisen<br />
soziale Einrichtungen im ganzen<br />
Bundesgebiet. An diesem<br />
Freitagabend gönnen sie sich<br />
eine Atempause, sprich Rast im Hauptquartier,<br />
und genießen nach einer Woche des Staunens<br />
über deutsche Gerichte <strong>–</strong> insbesondere die Kombination<br />
von Pflaumen <strong>mit</strong> Teig, sprich Zwetschgendatschi<br />
<strong>–</strong> die eigene Kultur und Küche. Und<br />
<strong>mit</strong> ihnen die Organisatoren des Austausches.<br />
Professor Detlef Garz, seit dem Sommersemester<br />
2002 am Mainzer Pädagogischen Institut, hat<br />
seine Korea-Kontakte aus Oldenburg nach Mainz<br />
<strong>mit</strong>gebracht. Hyo-Seon Lee, eine seinerzeitige<br />
Doktorandin, ist inzwischen Professorin in Seoul<br />
und begleitet in den Sommerferien ihre Studenten<br />
nach Deutschland. In Mainz lernen sie den<br />
Umgang <strong>mit</strong> den sogenannten qualitativen Forschungsmethoden<br />
der sozialen Wissenschaften.<br />
Biographieforschung statt Statistik. Um aus Interviews<br />
<strong>mit</strong> Betroffenen brauchbare Erkenntnisse<br />
zu gewinnen, muss die Interviewführung allerdings<br />
erst einmal geübt werden. Dasselbe gilt für<br />
die Auswertung der notierten Aussagen.<br />
Es riecht nach Bulgogi, gebratenem<br />
Rindfleisch also, und<br />
Kimchi, eingelegtem Kohl.<br />
Im Rahmen der Ursachenforschung fremde Lebenswelten<br />
unter die Lupe zu nehmen, empfindet<br />
Teilnehmerin Hyun-Ju Yang als Herausforderung.<br />
Ihren Kommilitonen geht es nicht anders <strong>–</strong> qualitative<br />
Feldforschung hatte im Bereich der koreanischen<br />
Sozialwissenschaften bisher kaum Tradition.<br />
Bei der aktuellen Erforschung koreanischer<br />
Klangrhythmus der Trommeln:<br />
Ebenso durchdringend wie ohrenbetäubend<br />
Lebensläufe kann auch auf deutsche Erfahrungen<br />
zurückgegriffen werden. Dr. Sylke Bartmann vom<br />
Pädagogischen Institut verweist auf einen gerade<br />
laufenden DAAD-Antrag. Koreanische Studenten<br />
und Graduierte sollen dabei helfen, die Situation<br />
und den biographischen Weg der südkoreanischen<br />
Gastarbeiter, die in den 60er Jahren nach<br />
Deutschland kamen, zu erkunden.<br />
Darüber hinaus sind qualifikationsunabhängige<br />
Stipendien für den weiteren Austausch <strong>mit</strong><br />
Kangnam geplant. In diesem<br />
Jahr erschien eine<br />
gemeinsame Publikation<br />
zum Thema, weitere Reisen<br />
nach Seoul stehen an. Die<br />
koreanischen Studenten,<br />
die jedes Jahr im August<br />
nach Mainz kommen, bezahlen<br />
ihren Aufenthalt bisher<br />
aus eigener Tasche.<br />
Auch hier erhoffen sich die<br />
Organisatoren Zuschüsse.<br />
Aufgestockt wurde bereits<br />
das Koreanisch-Angebot<br />
des Mainzer Fremdsprachenzentrums.<br />
Dank<br />
der Unterstützung der Korean<br />
Research Foundation<br />
konnte die promovierte<br />
Germanistin Youngnam Lee<br />
23<br />
Campus international<br />
für den Sprach- und Landeskundeunterricht eingestellt<br />
werden. Deswegen können Interessierte<br />
jetzt auch den neuen Fortgeschrittenenkurs besuchen<br />
<strong>–</strong> und das übrigens auch ohne die schamanische<br />
Beratung, die koreanische Bewerber um<br />
ein Deutschlandstipendium durchaus schon in<br />
Anspruch genommen haben: Man wende allmorgendlich<br />
seinen Körper in die Himmels-Richtung<br />
des gewünschten Landes, wasche sich das Gesicht<br />
<strong>mit</strong> Wasser und gieße dieses anschließend<br />
über die Füße... Ulrike BRANDENBURG ■<br />
[JOGU] 194/2005
Kultur auf dem Campus<br />
Ossuare aus dem Heiligen Land<br />
Einmalige Sammlung Ossuare<br />
sind steinerne Knochenkästen, die<br />
zur Zweitbestattung der Skelette vor<br />
allem wohlhabender Einwohner von<br />
Jerusalem und Jericho um die Geburt<br />
Christi benutzt wurden. Zehn dieser<br />
Ossuare sind in Deutschland bekannt,<br />
sieben davon gehören seit Sommer<br />
2005 zur Sammlung des Seminars für<br />
Altes Testament und biblische Archäologie<br />
am Fachbereich Evangelische<br />
Theologie der Universität Mainz.<br />
Rote Farbe hebt die feinen Schnitzereien auf dem<br />
weißen Kalkstein hervor, in dieses Stück hat einst<br />
ein Handwerker im fernen Palästina viel Arbeit investiert.<br />
„So etwas konnte sich<br />
sicher nicht jeder leisten, denn<br />
die Bearbeitung und Verzierung<br />
des Steins kostete viel Geld“,<br />
bekräftigt Professor Dr. Wolfgang<br />
Zwickel. Der evangelische<br />
Theologe steht vor einer Vitrine<br />
in der Mainzer Johannes Gutenberg-Universität,<br />
in der sieben<br />
Ossuare präsentiert werden, antike<br />
Knochenkisten für die<br />
Zweitbestattung von Verstorbenen<br />
aus Felsengräbern.<br />
Die Kästen sind im Durchschnitt<br />
25 Zentimeter breit, 30 Zentimeter<br />
hoch und gut 60 Zentimeter<br />
lang. Gleich sieben der<br />
Ossuare in einer Sammlung zu<br />
haben, ist eine große Ausnahme,<br />
in ganz Deutschland kennt Professor Zwickel nur<br />
drei weitere Knochenkästen. Der Bestand am<br />
Seminar für Altes Testament und biblische Archäologie<br />
am Fachbereich evangelische Theologie ist<br />
<strong>mit</strong> Mitteln der Kulturstiftung Rheinland-Pfalz<br />
von einem Sammler angekauft worden, der die<br />
Ossuare vor vielen Jahren in Jerusalem erworben<br />
hat.<br />
[JOGU] 194/2005<br />
Im Juni sind die Steinkisten an der Universität angekommen,<br />
sechs davon haben etwa die gleiche<br />
Größe, ein Ossuar ist kleiner <strong>–</strong> wahrscheinlich lagen<br />
darin einst die Knochen eines Kindes. Die<br />
Maße der aufwändig verzierten Steinmetzarbeiten,<br />
die im Durchschnitt 30 Kilogramm wiegen,<br />
werden von der Größe der Knochen vorgegeben:<br />
„Der Schädel entscheidet über die Breite, der<br />
Unterschenkel über die Länge“, weiß Zwickel.<br />
Die Ossuare boten die Chance,<br />
wenigstens alle Knochen jedes<br />
Skeletts komplett zu bewahren,<br />
wenn die Verstorbenen<br />
verwest waren.<br />
Ossuare sind aus dem Heiligen Land nur aus zwei<br />
Epochen bekannt, erzählt Zwickel: Im 4. Jahrtausend<br />
vor Christus, dem so genannten Chalkolithikum,<br />
gab es erstmals die Bestattung der Knochen<br />
Verstorbener. Die Fundorte dieser frühen Ossuare<br />
beschränken sich auf die Küstenregionen Palästinas<br />
um Tel Aviv.<br />
Alttestamentler Zwickel: Gleich sieben der Ossuare in einer Sammlung<br />
zu haben, ist eine große Ausnahme.<br />
Die Mainzer Exemplare stammen jedoch alle aus<br />
einer zweiten Ära, den Jahren zwischen 20 vor<br />
Christus und 70 nach Christus. Vor allem um Jerusalem<br />
und Jericho finden sich diese Knochenkästen,<br />
die oft durch Schnitzereien und Bemalung<br />
reich verziert wurden. Einige Exemplare tragen<br />
auch den Namen desjenigen Menschen, dessen<br />
Knochen in der Kiste bestattet wurden. So fanden<br />
24<br />
in einem Mainzer Ossuar die Knochen von Ahabon<br />
ihre letzte Ruhe, ein anderer Kasten ist Jonathan,<br />
dem Sohn des Josef zugeordnet.<br />
Die Skelette sind allerdings nicht <strong>mit</strong> den Ossuaren<br />
überliefert worden: Die Knochenkisten stammen<br />
aus dem Antikenhandel, die genaue Herkunft<br />
und der Zustand beim Fund sind nicht<br />
überliefert.<br />
Dass die Ossuare vor allem in Jerusalem und Jericho<br />
gefunden wurden, wundert Professor Zwickel<br />
nicht: „Dort lebte eben die Oberschicht“, erzählt<br />
der Mainzer Alttestamentler. Jerusalem war<br />
damals eine junge, wachsende Weltstadt. Noch<br />
im 5. Jahrhundert vor Christus hatte Jerusalem<br />
gerade einmal 250 Einwohner, war nicht mehr als<br />
ein Heiligtum <strong>mit</strong> etwas Infrastruktur. Der Aufstieg<br />
der Stadt begann schließlich im 3. Jahrhundert<br />
vor Christus.<br />
Kurz darauf, so Zwickel, entwickelte sich eine<br />
Auslegung des jüdischen Auferstehungsglauben,<br />
die eng <strong>mit</strong> der Unversehrtheit des bestatteten<br />
Leichnams verbunden wurde.<br />
In einer Metropole wie Jerusalem konnten<br />
die Felsgräber aber nicht ewig belegt<br />
werden. Üblicherweise wurden die Gebeine<br />
der Toten an den Seiten der Gräber<br />
aufgereiht, wenn ein neuer Leichnam<br />
das Grab belegte.<br />
Foto: Peter Thomas<br />
Die Ossuare boten die Chance, wenigstens<br />
alle Knochen jedes Skeletts komplett<br />
zu bewahren, wenn die Verstorbenen<br />
verwest waren. Um 20 vor Christus<br />
setzte sich diese Form der Zweitbestattung<br />
durch. Mit der Eroberung und Zerstörung<br />
Jerusalems durch die Römer 70<br />
nach Christus wurde diese Tradition<br />
dann abrupt unterbrochen.<br />
Die Ossuare werden nun in Vitrinen im Forum 4<br />
der Johannes Gutenberg-Universität gezeigt,<br />
eine Bachelor-Arbeit zum Thema entsteht gerade.<br />
In der nächsten Zeit hofft Zwickel, die Neuerwerbungen<br />
des Seminars auch in der Stadt auszustellen.<br />
Langfristig träumt der Professor aber<br />
davon, ein eigenes Museum zur Kultur der biblischen<br />
Länder einzurichten.<br />
Peter THOMAS ■
Bambi und der Holocaust<br />
Ausstellung zeigt Klassiker und unbekannte jüdische<br />
Kinderbücher Die Welt jüdischer Kinderliteratur ist das<br />
Thema einer Ausstellung in der Mainzer Stadtbibliothek, die<br />
Studentinnen der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft<br />
der Universität Mainz unter der Leitung von<br />
Dr. Bettina Kümmerling-Meibauer erarbeitet haben. Mainz<br />
ist die zweite Station der Ausstellung, die viele neue Aspekte<br />
jüdischer Kinder- und Jugendbücher darstellt. Als nächstes<br />
geht die Schau nach München.<br />
Bunte Purim-Rasseln liegen zusammen <strong>mit</strong> anderem<br />
Kinderspielzeug für hohe jüdische Feiertage<br />
in einer Vitrine der Mainzer Stadtbibliothek. Der<br />
kleine Chanukka-Leuchter und der Kreisel „Dreydel“<br />
gehören zu der Ausstellung „Jüdische Kinderliteratur:<br />
Geschichte, Traditionen, Perspektiven“,<br />
die Studentinnen der Mainzer Universität in<br />
einem Seminar des Instituts für Allgemeine und<br />
Vergleichende Literaturwissenschaft unter Leitung<br />
der Tübinger Privatdozentin Dr. Bettina<br />
Kümmerling-Meibauer konzipiert und umgesetzt<br />
haben. Nach der Eröffnung in Wiesbaden im Aktiven<br />
Museum Spiegelgasse ist die Mainzer<br />
Stadtbibliothek die zweite Station der Schau.<br />
Die Ausstellung zeigt einen beeindruckend weiten<br />
Blick auf das Thema jüdischer Kinderliteratur.<br />
Natürlich gehören zentrale Werke wie das Tagebuch<br />
der Anne Frank, „Als Hitler das rosa Kaninchen<br />
stahl“ von Judith Kerr und Art Spiegelmans<br />
herausragender Comic „Maus“ zu den Büchern,<br />
die in den Vitrinen gezeigt und im Katalog kommentiert<br />
werden.<br />
Aber die Ausstellung legt gerade<br />
Wert auf solche Bücher, die<br />
wenig bekannt sind oder<br />
von denen die meisten<br />
Leser nicht wissen,<br />
dass sie von jüdischen<br />
Autoren geschrieben<br />
worden sind. Ein typisches<br />
Beispiel, so<br />
erzählt Dr. Bettina<br />
Bunte Purim-<br />
Rasseln: <strong>Spiel</strong>zeug für<br />
hohe jüdische Feiertage<br />
Kümmerling-Meibauer,<br />
ist die „Nesthäkchen“-<br />
Reihe: ein Klassiker der<br />
Kinderliteratur, der zwischen 1918 und 1927 in<br />
zehn Bänden erschien. Wer aber weiß, dass die<br />
Autorin der Reihe, Else Ury, 1943 in Auschwitz ermordet<br />
worden ist? Oder dass Felix Saltens<br />
Roman „Bambi“ (die literarische Vorlage für den<br />
Disney-Zeichentrickfilm) auch Motive der zionistischen<br />
Bewegung aufgreift?<br />
„Die Möglichkeit, wissenschaftliche<br />
Methoden in so praktischer<br />
Weise während des Studiums<br />
anwenden zu können, ist<br />
eine große Chance gewesen.“<br />
Über die Bücher hinaus, die sich <strong>mit</strong> dem Holocaust<br />
auseinandersetzen, zeigt die Ausstellung<br />
eine große Vielfalt der literarischen Themen und<br />
Formen. Berühmte Autoren wie Irene Dische,<br />
Amos Oz und Maurice Sendak stehen neben weniger<br />
bekannten Schriftstellern. Klassiker wie<br />
„Massel und Schlamassel“ von Isaac Bashevis<br />
Singer treten in einen Dialog <strong>mit</strong> unbekannten<br />
Werken wie dem zionistischen<br />
Kinderbuch „Benni fliegt<br />
ins gelobte Land“, dessen Titelblatt<br />
als Umschlagillustration<br />
des Kataloges dient.<br />
Unter den rund 100 Titeln<br />
finden sich auch Bücher<br />
von nichtjüdischen Autoren,<br />
deren Geschichten sich<br />
aber <strong>mit</strong> jüdischer Identität<br />
auseinandersetzen.<br />
25<br />
Fotos: Peter Thomas<br />
Kultur auf dem Campus<br />
Dr. Bettina Kümmerling-Meibauer:<br />
„Nesthäkchen“-Reihe <strong>–</strong> ein Klassiker<br />
der Kinderliteratur<br />
Während des Blockseminars im Wintersemester<br />
2004/05 überlegten Studentinnen und Dozentin,<br />
wie das Thema jüdische Kinderliteratur als Ausstellung<br />
präsentiert werden könnte. Im folgenden<br />
Semester erarbeiteten Nicole Budzinski,Annamarie<br />
Gau, Verena Grein, Eva Gressnich, Diana Kabus,Adienne<br />
Karsten, Juliana Paul, Katja Schmidt,<br />
Hadassah Stichnothe, Christina Urlaub und Ulrike<br />
Weber dann unter der Leitung von Kümmerling-<br />
Meibauer die Ausstellung, die jetzt in Mainz zu<br />
sehen ist.<br />
Die Erfahrung der Konzeption und Realisation einer<br />
umfangreichen Ausstellung sei für die engagierte<br />
Gruppe sehr wichtig gewesen, resümiert<br />
Kümmerling-Meibauer: „Die Möglichkeit, wissenschaftliche<br />
Methoden in so praktischer Weise<br />
während des Studiums anwenden zu können, ist<br />
eine große Chance gewesen“. Die Mainzer Literaturwissenschaftlerinnen<br />
haben jene Chance<br />
genutzt: Die Präsentation der Ausstellung in der<br />
Bibliothek am Rheinufer überzeugt ebenso wie<br />
der ausführliche Katalog, in dem es zu jedem<br />
Buch eine Doppelseite gibt. Peter THOMAS ■<br />
Information: Die Ausstellung „Jüdische Kinderliteratur.<br />
Geschichte, Traditionen, Perspektive“ ist<br />
in der Stadtbibliothek Mainz (Rheinallee 3B) noch<br />
bis zum 26. November 2005 zu sehen.<br />
[JOGU] 194/2005
Kultur auf dem Campus<br />
Die Kannibalen sind los<br />
Hergen Schulz im Kulturcafé<br />
Mit seinen Hörspielen sprengt der<br />
Autor Hergen Schulz immer wieder<br />
die Grenzen des Mediums. Live aufgeführt<br />
balancieren die phantastischen<br />
Stücke auf dem Grat zwischen<br />
Theater und klassischem Hörspiel.<br />
Dazu kommen außergewöhnliche<br />
<strong>Spiel</strong>orte von der Kraftfahrzeugwerkstatt<br />
bis zum Palmenhaus. Jetzt war<br />
Schulz <strong>mit</strong> seinem Hörspiel „Legenden“<br />
im Kulturcafé der Johannes<br />
Gutenberg-Universität unter der alten<br />
Mensa zu Gast.<br />
Die Kannibalen sind los im Kulturcafé unter der<br />
alten Mensa. Hergen Schulz, Hörspielautor und<br />
Schöpfer des Hörspielprojekts Kolportage.com<br />
hat den mythischen Dschungel seines Stücks „Legenden“<br />
in den Keller am Forum verlegt. Draußen<br />
tobt ein Gewittersturm, auf der Bühne zieht die<br />
Geschichte eines Flugzeugabsturzes das Publikum<br />
in ihren Bann.<br />
Das Grauen beginnt erst nach dem Unglück.<br />
Denn die Insel, auf der Linéa P'lau (Christin Wehner),<br />
Ramona Glas (Gabi Hof), Canedrine Harshey<br />
Hergen Schulz (2.v.r): Blutrausch im<br />
Kulturcafé unter der alten Mensa.<br />
[JOGU] 194/2005<br />
(Alexandra Schlüter), Siblin Sahlins (Linda-Moran<br />
Braun), Kapitän Arthur Morris (Stefan Migge) und<br />
Rubens Baldrum (Hergen Schulz) abstürzen,<br />
beherbergt ein furchtbares Monster. Die ausweglose<br />
Situation schält die Charaktere der Flugzeuginsassen<br />
aus dem Korsett ihrer gesellschaftlichen<br />
Konventionen und lässt die Figuren<br />
<strong>mit</strong>einander kollidieren. Im Zentrum der Handlung<br />
stehen Linéa P'lau und ihre Träume: Der<br />
Blutrausch bringt sie ihrem verschollenen Geliebten<br />
Clayton Jones (Michael Masek) näher. Und so<br />
wird aus der netten Stewardess plötzlich ein mordendes<br />
Wesen <strong>–</strong> ähnlich dem Monster, das auf<br />
der Insel seine Kreise zieht und die Überlebenden<br />
des Flugzeugabsturzes tötet. Die Legenden und<br />
Mythen haben am Ende die im Dschungel gestrandeten<br />
Menschen aus der postmodernen<br />
Zivilisation eingeholt, <strong>mit</strong> tödlicher Folge.<br />
Die einzelnen Figuren reißen<br />
sich auch immer wieder aus der<br />
starren Pose ihrer Stühle los,<br />
erobern sprechend und<br />
spielend den Saal.<br />
Was nach dem Plot eines Horrorfilms klingt, wird<br />
durch die doppelte Abstraktion von Hörspiel und<br />
statischer Bühnensituation zur Grundlage eines<br />
außergewöhnlichen Theaterabends. Obwohl <strong>–</strong> ist<br />
es denn Theater, wenn die Figuren an einem Tisch<br />
sitzen und ihre Rollen in Mikrofone sprechen? Für<br />
ein reines Hörspiel wiederum ist der Anteil des<br />
schauspielerischen Ausdrucks zu groß <strong>–</strong> und die<br />
einzelnen Figuren reißen sich auch immer wieder<br />
aus der starren Pose ihrer Stühle los, erobern<br />
26<br />
sprechend und spielend den Saal. Einer eindeutigen<br />
Zuordnung entziehen sich die Produktionen<br />
von Kolportage.com auf diese Weise. Das gibt Autor<br />
und Regisseur Hergen Schulz selbst zu und<br />
nennt „Legenden“ ein „Hörspiel zum Hinsehen“.<br />
Die Spannung zwischen Sprache und <strong>Spiel</strong> fasziniert<br />
die Zuschauer. Überhaupt kommen die Produktionen<br />
von Kolportage.com bei einem Publikum<br />
gut an, das an den Konsum elektronischer<br />
Medien gewöhnt ist. Daher legt der Wiesbadener<br />
Regisseur Schulz auch Wert darauf, seine Hörspiele<br />
nicht einfach als Tonkonserven zu produzieren,<br />
sondern immer live zu spielen.Am liebsten<br />
entdeckt Kolportage.com dabei ungewöhnliche<br />
<strong>Spiel</strong>orte. Zu diesen zählt das Kellercafé unter der<br />
alten Mensa kaum. Aber Live-Hörspiele von Kolportage.com<br />
waren schon zu Gast auf Ausflugsdampfern<br />
auf dem Main („Acht Glasen“), „Legenden“<br />
hatte Premiere in einem Gewächshaus<br />
für tropische Pflanzen. Und die kleine Kneipe um<br />
die Ecke hat Schulz seit der Gründung von Kolportage.com<br />
im Jahr 1996 ebenso bespielt (<strong>mit</strong><br />
„Uncoole Wortwechsel im SMS-Zeitalter) wie<br />
Kraftfahrzeugwerkstätten (zur Premiere von<br />
„Flucht aus der Fabrik“) und Programmkinos.<br />
Als Balanceakt zwischen Dampfradio und Modernem<br />
Theater, zwischen Musik,Videokunst und<br />
Brecht'scher Dramaturgie haben die Stücke <strong>mit</strong><br />
ihren schrägen Figuren und abgründigen Handlungen<br />
eine große Fan-Gemeinde in der Rhein-<br />
Main Region gewonnen. Aber auch über den<br />
Großraum hinaus ist Kolportage.com ein Name in<br />
der Hörspielszene. So war Hergen Schulz eingeladen<br />
zum Leipziger Hörspielsommer und gab<br />
ein Gastspiel auf der dortigen Buchmesse.<br />
Peter THOMAS ■<br />
Foto: Peter Thomas
Herausragendes Engagement gewürdigt<br />
Alexander Karl erhält Diether von<br />
Isenburg-Medaille Die Johannes<br />
Gutenberg-Universität Mainz hat<br />
Alexander Karl für sein herausragendes<br />
Engagement um die un<strong>mit</strong>telbare<br />
Förderung von Wissenschaft und Forschung<br />
<strong>mit</strong> der Verleihung der Diether<br />
von Isenburg-Medaille gewürdigt.<br />
Alexander Karl ist Geschäftsführer und Inhaber<br />
des BMW-Autohauses Karl + Co, dessen Hauptsitz<br />
sich seit 1977 in Mainz an der Alten Mainzer<br />
Straße befindet. Niederlassungen bestehen in<br />
Mainz-Kastel (seit 1954) und in Wiesbaden (seit<br />
1990). Im Juli 2000 hat er die Alexander Karl-Stiftung<br />
ins Leben gerufen, die der un<strong>mit</strong>telbaren<br />
Förderung von Wissenschaft und Forschung auf<br />
den Gebieten der Betriebswirtschaftslehre, der<br />
Rechtswissenschaft und der Medizin dient. Insbesondere<br />
unterstützt die Stiftung konkrete Projekte<br />
der Fachbereiche Medizin sowie Recht und<br />
Wirtschaft <strong>mit</strong> der Zielrichtung Automobilwirtschaft,<br />
Automobiltechnik und medizinischer Aspekte<br />
der motorisierten Mobilität.<br />
Bislang hat die Stiftung drei Forschungsprojekte<br />
am Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften<br />
und am Fachbereich Medizin <strong>mit</strong> einem<br />
Betrag von über 35.000 Euro gefördert. Thematisch<br />
handelt es sich dabei um Fragestellungen<br />
Da<strong>mit</strong> die Universitäten im internationalen Wettbewerb<br />
um die besten Köpfe auch künftig <strong>mit</strong>halten<br />
können, sind bürgerliche Mitverantwortung<br />
und Mitgestaltung stärker als bisher<br />
gefragt. Privates Engagement von Stifterinnen<br />
und Stiftern trägt entscheidend dazu bei, dass an<br />
den Hochschulen Forschung und Lehre auf höchstem<br />
Niveau betrieben werden können. „Wege in<br />
die Zukunft: Wissen stiften“ <strong>–</strong> das Motto der Johannes<br />
Gutenberg-Universitätsstiftung war auch<br />
das Motto des Stiftertages 2005 an der Mainzer<br />
Universität. 16 Stiftungen zur Förderung von Wissenschaft<br />
und Forschung stellten ihr Engagement<br />
vor und demonstrierten die große Vielfalt an Themen<br />
und Formen des Stiftens für die Universität.<br />
„Mit dieser Demonstration ist bereits ein wesentliches<br />
Ziel dieser Veranstaltung erreicht,<br />
nämlich für die Idee des Stiftens zugunsten von<br />
Wissenschaft und Forschung, Studium und Lehre<br />
an der Johannes Gutenberg-Universität zu werben“,<br />
erklärte der Vorsitzende des Vorstands der<br />
Johannes Gutenberg-Universitätsstiftung, Dr. h.c.<br />
Klaus Adam, in seiner Begrüßung, „sollte der Stiftertag<br />
darüber hinaus zur Nachahmung oder zur<br />
Unterstützung einer der hier anwesenden Stiftungen<br />
anregen, wäre das eine ganz besondere<br />
Freude. Denn die Zukunft der Wissensgesellschaft<br />
liegt in unseren eigenen Händen.“ ■<br />
Personen & Positionen<br />
Nach Redaktionsschluss******Nach Redaktionsschluss******Nach Redaktionsschluss<br />
„Zukunft der Wissensgesellschaft liegt in unseren Händen“<br />
Stiftertag 2005<br />
aus den Bereichen innerstädtischer Verkehrspolitik,<br />
der steuerlichen Aspekte von automobiler<br />
Mobilität sowie um arbeitsmedizinische Schwerpunkte.<br />
Ins Auge gefasst hat die Stiftung zudem<br />
die Förderung von Projekten im Umkreis des<br />
Themenfeldes „Controlling in der Automobilbranche“.<br />
Alexander Karl übernahm nach dem Wirtschaftsabitur<br />
und einer Praktikantenzeit, zuletzt bei<br />
den Büssing-Werken in Braunschweig, 1954 als<br />
Juniorchef den Auf- und Ausbau des Betriebes,<br />
der seit 1953 auch als BMW-Händler fungierte. Er<br />
führte da<strong>mit</strong> den väterlichen Betrieb weiter, der<br />
1929 in Mainz gegründet worden war und zu-<br />
nächst amerikanische PKW, später auch die Marken<br />
Auto-Union und Büssing vertrieb.<br />
Alexander Karl konnte seine eigenen Studienwünsche<br />
aufgrund der Kriegs- und Nachkriegssituation<br />
und der da<strong>mit</strong> verbundenen Notwendigkeit,<br />
den väterlichen Automobilbetrieb zu<br />
übernehmen, nicht realisieren. „Dies und seine<br />
Verbundenheit zu seiner Vaterstadt Mainz und<br />
zu ihrer Universität motivierten ihn zur Gründung<br />
der Alexander Karl-Stiftung zugunsten der<br />
Johannes Gutenberg-Universität <strong>mit</strong> zunächst<br />
300.000 Euro Grundkapital“, so Universitätspräsident<br />
Prof. Dr. Jörg Michaelis bei der feierlichen<br />
Übergabe. ■<br />
Nachahmung erwünscht: Vorstandsvorsitzender<br />
Dr. h.c. Klaus Adam eröffnet Stiftertag 2005<br />
Foto: Peter Pulkowski<br />
Foto: Peter Pulkowski
Personen & Positionen<br />
Fotos: Peter Pulkowski<br />
Als neue W3-Professorin im Fach Klassische<br />
Philologie ist Prof. Dr. Christine Walde tätig.<br />
Christine Walde war nach dem Studium der<br />
Klassischen Philologie und der Anglistik sowie<br />
der 1990 folgenden Promotion zum pseudosenecanischen<br />
Hercules Oetaeus an der Eberhard<br />
Karls-Universität Tübingen wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin in einem ungewöhnlichen altertumswissenschaftlich-psychoanalytischenProjekt<br />
zu „Das antike Erbe in der psychoanalytischen<br />
Traumforschung Freuds“ am Sigmund<br />
Freud-Institut Frankfurt/Main. 1993-94 und<br />
1997-2001 war sie Assistentin am Lehrstuhl für<br />
Lateinische Philologie an der Universität<br />
Basel/CH, wo die Stipendiatin der Deutschen<br />
Forschungsgemeinschaft (1994-97) sich im November<br />
1998 in Klassischer Philologie <strong>mit</strong> einer<br />
Studie zu den Traumdarstellungen in der griechisch-römischen<br />
Dichtung auch habilitierte. Seit<br />
2001 beschäftigte sie sich im Rahmen ihrer<br />
Schweizer Nationalfonds-Förderungsprofessur<br />
<strong>mit</strong> der Darstellung menschengemachter Katastrophen<br />
in der römischen Dichtung. Von 1997-<br />
1999 war sie Mitherausgeberin des Neuen Pauly<br />
(Mythologie und Religion) und bereitet zur Zeit<br />
einen Pauly-Supplementband zur Komparatistik<br />
der Antike vor. Ihre durch zahlreiche Publikationen<br />
dokumentierten Forschungsschwerpunkte<br />
sind die römische Literatur der Republik und der<br />
frühen Kaiserzeit sowie unter anderem Rhetorik,<br />
Rezeption der antiken Literatur und Mythologie<br />
und Kulturwissenschaftliche Aspekte der Antike.<br />
■<br />
[JOGU] 194/2005<br />
Neu an der Uni<br />
Prof. Dr. Christoph Düber wurde auf die W3-<br />
Professur für Diagnostische und Interventionelle<br />
Radiologie berufen.<br />
Christian Düber studierte als Stipendiat der Studienstiftung<br />
des Deutschen Volkes von 1976 bis<br />
1982 Humanmedizin an der Universität Mainz.<br />
Sein praktisches Jahr leistete er teils im Rüsselsheimer<br />
Stadtkrankenhaus, teils im Londoner St.<br />
Mary’s Hospital. Seine Doktorarbeit zu Herzuntersuchungen<br />
durch Computertomographie legte er<br />
1984 vor. 1989 erlangte Düber die Facharztanerkennung<br />
für Radiologie und wurde bereits 1991<br />
zum Oberarzt ernannt. Seine Habilitation erfolgte<br />
1993. Bevor Düber im November 2000 zum Direktor<br />
des Instituts für Klinische Radiologie und<br />
zum Lehrstuhlinhaber an der Mannheimer Fakultät<br />
für Klinische Medizin der Universität Heidelberg<br />
ernannt wurde, war er als Oberarzt in der<br />
Mainzer Klinik und Poliklinik für Radiologie tätig.<br />
Zu seinen Hauptarbeitsgebieten zählen die Angiographie<br />
(Darstellung von Blutgefäßen <strong>mit</strong><br />
Hilfe Bild gebender <strong>Verfahren</strong>) und die Interventionelle<br />
Radiologie (bildgestützte Durchführung<br />
minimal-invasiver Behandlungen). Außerdem ist<br />
er ein Experte für Magnetresonanz- und Computertomographie.<br />
■<br />
28<br />
Prof. Dr. Michael Schreiber wurde auf die<br />
W3-Professur für Romanistik (Französische<br />
und Italienische Sprach- und Übersetzungswissenschaft)<br />
in Germersheim berufen.<br />
Michael Schreiber studierte am Fachbereich Angewandte<br />
Sprach- und Kulturwissenschaft der<br />
Universität Mainz in Germersheim im Studiengang<br />
Diplom-Übersetzer. Seine <strong>mit</strong> dem Preis der<br />
Universität Mainz ausgezeichnete Dissertation<br />
zur Differenzierung und Abgrenzung des Übersetzungsbegriffs<br />
legte Schreiber 1993 vor. Mit der<br />
Schrift „Textgrammatik <strong>–</strong> Gesprochene Sprache <strong>–</strong><br />
Sprachvergleich: Proformen im gesprochenen<br />
Französischen und Deutschen“ schloss er als<br />
Stipendiat der DFG 1998 seine Habilitation an der<br />
Neuphilologischen Fakultät der Universität Heidelberg<br />
ab. Zunächst übernahm Schreiber die<br />
Vertretung einer C4-Professur für Linguistik/<br />
Romanistik an der Universität Stuttgart, bevor er<br />
an das Institut für Übersetzen und Dolmetschen<br />
der Universität Heidelberg wechselte. Es folgten<br />
Gastprofessuren am Institut für Translationswissenschaft<br />
in Graz und Innsbruck. Im Wintersemester<br />
2003/2004 vertrat Schreiber eine C4-Professur<br />
am Institut für Romanistik in Germersheim.<br />
Ein Jahr später wurde er auf eine C2-Professur für<br />
Französische Sprach- und Übersetzungswissenschaft<br />
an der Fachhochschule Köln berufen. Seine<br />
Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der<br />
allgemeinen und sprachenpaarbezogenen Übersetzungswissenschaft<br />
(Romanisch-Deutsch). ■
Als neuer W3-Professor im Fachbereich<br />
Chemie ist Prof. Dr. Bernhard Witulski tätig.<br />
Bernhard Witulski, Jahrgang 1963, studierte im<br />
Wintersemester 1983/84 Physik an der RWTH-<br />
Aachen, bevor er an die TU Braunschweig ins<br />
Fach Chemie wechselte. Dort erlangte er 1989<br />
sein Diplom und schließlich seine Doktorwürde in<br />
Chemie für seine summa-cum-laude-Dissertation<br />
<strong>mit</strong> dem Titel „Cyanacetylen: Ein Cyclobutadien-<br />
Syntheseäquivalent“. Von November 1992 bis<br />
November 1994 war Witulski Postdoctoral<br />
Research Fellow an der Stanford University, USA.<br />
Seine Habilitation schloss er Ende 2001 an der<br />
Universität Kaiserlautern ab, wo er auch bis März<br />
2004 als Privatdozent tätig war. Zwischen Januar<br />
2002 und Juli 2003 übernahm Witulski Vertretungsprofessuren<br />
für Organische Chemie an den<br />
Universitäten Kaiserslautern und Saarbrücken.<br />
Nach einer Gastprofessur an der Cardiff University<br />
in Wales, UK, nahm Witulski im April 2004<br />
eine C3-Professur am Institut für Organische<br />
Chemie an der Westfälischen Wilhelms-Universität<br />
Münster an bevor er jetzt nach Mainz<br />
wechselte. ■<br />
In der letzten Ausgabe der JOGU 193 ist uns ein Fehler<br />
unterlaufen. Hier die richtige Bildzuordnung:<br />
Prof. Dr. Gerd Mielke<br />
Prof. Dr. Wolfgang Wilcke<br />
Zum Honorarprofessor für Privatrecht wurde<br />
Dr. Christopher Keim bestellt.<br />
Christopher Keim studierte von 1978 bis 1984<br />
Rechtswissenschaften an der Universität Mainz.<br />
Nach sehr erfolgreich abgelegter Erster Juristischer<br />
Staatsprüfung begab sich Keim bis 1987 in<br />
die Referendarausbildung im Justizdienst des<br />
Landes Rheinland-Pfalz. Gleichzeitig war er als<br />
Korrekturassistent und Arbeitsgemeinschaftsleiter<br />
an der Universität Mainz beschäftigt. Nach<br />
der Zweiten Juristischen Staatsprüfung war Keim<br />
als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung<br />
Rechtswissenschaften tätig. Hier war er unter<br />
anderem <strong>mit</strong> der Betreuung des Studierendenaustauschs<br />
<strong>mit</strong> der Universität Dijon betraut.<br />
1989 übernahm Keim die Stelle eines Notarassessors<br />
im Bereich der Notarkammer Pfalz. Seine<br />
Ernennung zum Notar erfolgte im August 1993 in<br />
Rockenhausen/Pfalz. Zum Sommersemester 1995<br />
übernahm Keim seinen ersten Lehrauftrag an der<br />
Universität Mainz. Seit 1997 ist er Prüfer im Ersten,<br />
seit 1999 auch im Zweiten Juristischen<br />
Staatsexamen beim Landesprüfungsamt für<br />
Juristen in Rheinland-Pfalz. Keim ist Mitglied des<br />
Ausschusses für Erb- und Familienrecht der<br />
Bundesnotarkammer. Seit 1999 ist er als Notar in<br />
Bingen am Rhein und Gau-Algesheim tätig. ■<br />
29<br />
Foto: © Bistum Mainz<br />
Personen & Positionen<br />
Als Honorarprofessor im Bereich Rechtswissenschaft<br />
ist Dr. Michael Andreas Ling tätig.<br />
Dr. Michael Andreas Ling, aufgewachsen in Ludwigshafen,<br />
nahm 1982 sein Studium der Rechtswissenschaften<br />
und der Katholischen Theologie<br />
an der Universität Mainz auf. Nach seiner erfolgreichen<br />
Promotion zum Dr. iur. und der 2. Juristischen<br />
Staatsprüfung erhielt Ling, Stipendiat der<br />
Lang-Hinrichsen-Stiftung sowie der Landesgraduiertenförderung<br />
Rheinland-Pfalz, hier einen<br />
Lehrauftrag für Strafrecht. Im Jahr 2000 wurde er<br />
zum Leitenden Rechtsdirektor und Justitiar des<br />
Bistums Mainz ernannt. Gleichzeitig erlangte<br />
Ling auch seine Prüfungsberechtigung für die<br />
1. Juristische Staatsprüfung des Landesprüfungsamtes<br />
für Juristen beim Ministerium der Justiz<br />
des Landes Rheinland-Pfalz. Ling ist Mitglied unter<br />
anderem der Deutsch-Ungarischen Juristischen<br />
Gesellschaft, des Verwaltungsrats der<br />
Diözese Mainz, des Verwaltungsrates der Gemeinnützigen<br />
Gesellschaft zur Förderung von<br />
Wissenschaft und Bildung mbH, Mainz, sowie der<br />
Rechtkommission des Verbandes der Diözesen<br />
Deutschlands. 2004 wurde Ling Päpstlicher Ritter<br />
des Ordens vom Hl. Grab zu Jerusalem, seit<br />
1.10.2005 ist er Ltd. Komtur der Komturei Mainz-<br />
Wiesbaden. Am 01.01.2005 erfolgte die Ernennung<br />
zum Stiftungsbeauftragten des Bistums<br />
Mainz, seit September 2005 ist Ling zugleich<br />
Richter des Kirchlichen Arbeitsgerichts I. Instanz<br />
für die Bistümer Mainz, Limburg, Speyer und Trier.<br />
■<br />
[JOGU] 194/2005
Kurz & Bündig<br />
Universität im Rathaus „Sucht in der<br />
Arbeitswelt“<br />
Einstein begegnen!<br />
100 Jahre Relativitätstheorie <strong>–</strong> Einsteinjahr 2005<br />
Seine Theorien halten nicht nur die Wissenschaft bis heute in Atem, sie beherrschen<br />
auch die Technologien unseres Alltags.Albert Einstein lebt <strong>–</strong> in den<br />
Labors und in unserem täglichen Leben. Ohne Einsteins Formeln gäbe es<br />
keine digitalen Kameras, Navigationsgeräte oder Licht-Schranken, keine<br />
Sonnenkollektoren, Rauchmelder oder DVD-Player. Wenn Mediziner die<br />
Strahlendosis berechnen oder Ingenieure die richtige Mischung für den Straßenbelag<br />
bestimmen, greifen sie auf seine Ideen zurück.<br />
Albert Einstein hat wie kein anderer Wissenschaftler das Bild von der Welt<br />
neu gezeichnet. Mehr noch, das Nachrichtenmagazin „Time“ wählte ihn zur<br />
herausragenden Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts als „Genie, politischer<br />
Flüchtling, Menschenfreund und Entschlüsseler der Geheimnisses des Atoms<br />
und des Universums.“<br />
Zum Einsteinjahr öffnet die Reihe „Universität im Rathaus“ daher das Tor zu<br />
den faszinierenden Welten von Raum und Zeit, Energie, Licht und Materie,<br />
aber auch von Kreativität und der Freiheit menschlichen Willens. Immer<br />
an einem Dienstag erklären Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität<br />
im Mainzer Rathaus die Gedankenwelt Albert Einsteins <strong>–</strong> insbesondere<br />
auch in Zusammenhang <strong>mit</strong> ihren aktuellen Forschungsprojekten.<br />
Die Vorträge deuten die Spuren, die Einstein in der Wissenschaft hinterlassen<br />
hat, aber auch die Fragen und Rätsel, die er seinen „Erben“ <strong>mit</strong> auf den<br />
Weg gab. ■<br />
6. Dezember 2005<br />
Experimentieren <strong>mit</strong> den kältesten Objekten des Universums <strong>–</strong><br />
Von Einsteins Traum zur Realität<br />
Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Immanuel Bloch<br />
Leibniz-Preisträger 2005<br />
Institut für Physik (Quanten-, Atom- und Neutronenphysik)<br />
10. Januar 2005<br />
Die Quantennatur des Lichtes und der Photoelektrische Effekt<br />
Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Gerhard Schönhense<br />
Institut für Physik (Physik der Kondensierten Materie)<br />
17. Januar 2006<br />
Einsteins deterministisches Weltbild und die<br />
Leugnung der Willensfreiheit<br />
Dr. phil. Bettina Walde, Philosophisches Seminar<br />
7. Februar 2006<br />
Chemie <strong>mit</strong> dem Computer:<br />
Moderne Anwendung der Quantenphysik in der Chemie<br />
Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Jürgen Gauß<br />
Leibniz-Preisträger 2005<br />
Institut für Physikalische Chemie<br />
Veranstaltungsort: Rathaus, Ratssaal, jeweils 20 Uhr<br />
[JOGU] 194/2005<br />
Veranstaltungstipp<br />
Im September tagte der Arbeitskreis „Sucht in der Arbeitswelt“ <strong>mit</strong> Vertretern<br />
der Betrieblichen Suchtkrankenhilfe von großen Unternehmen, Verwaltungen<br />
und Behörden des Rhein-Main-Gebietes auf dem Campus.<br />
Inhaltlich beschäftigt sich der Arbeitskreis insbesondere <strong>mit</strong> den Bedingungen<br />
der Betrieblichen Suchtkrankenhilfe und deren Weiterentwicklung.<br />
So erörterten die Teilnehmer auch bei dieser Tagung unter anderem den<br />
„Umgang <strong>mit</strong> betrieblichen Kooperationspartnern“ und die zunehmende<br />
„Drogenproblematik in den Ausbildungsbereichen“. Abschließend sprach<br />
sich der Arbeitskreis dafür aus, dass auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten<br />
die Bedingungen und Handlungskonzepte im Umgang <strong>mit</strong> suchtkranken<br />
Mitarbeitern nicht verändert werden. ■<br />
Impressum<br />
Herausgeber: Der Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz,<br />
Univ.-Prof. Dr. Jörg Michaelis<br />
Verantwortlich: Petra Giegerich, Leiterin Bereich Öffentlichkeitsarbeit<br />
Redaktion: Annette Spohn-Hofmann (Leitung)<br />
Mitarbeiter dieser Ausgabe: Dr. Ulrike Brandenburg, Dr. Frank Erdnüß, Sabine Kieslich,<br />
Peter Thomas, Peter Pulkowski (Fotos)<br />
Redaktionsassistenz: Kathrin Voigt, Birgitt Maurus<br />
Kontakt:<br />
Telefon: (0 61 31) 39-2 23 69, 39-2 05 93<br />
Telefax: (0 61 31) 39-2 41 39<br />
E-Mail: Annette.Spohn@verwaltung.uni-mainz.de<br />
Auflage: 10.000 Exemplare, die Zeitschrift erscheint viermal im Jahr<br />
Redaktionsschluss der JOGU 195, Ausgabe Februar 2006,<br />
ist der 9. Dezember 2005<br />
Titelbild: Peter Thomas<br />
Gestaltung: Thomas & Thomas Design, Heidesheim<br />
Vertrieb: Bereich Öffentlichkeitsarbeit<br />
Anzeigenverwaltung und Druck:<br />
Grafisches Zentrum Bödige und Partner GmbH, Dekan-Laist-Str. 38, 55129 Hechtsheim,<br />
Telefon: (0 61 31) 58 04-0, Telefax: (0 61 31) 58 04-15, E-Mail: email@gzm-mainz.de<br />
Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers<br />
wieder. Für unverlangt eingesandte Manuskripte oder Bildmaterial wird keine Gewähr<br />
geleistet. Nachdruck nur <strong>mit</strong> Quellenangabe gestattet.<br />
JOGU wird kostenlos an die Studierenden und an die Angehörigen der Johannes Gutenberg-Universität<br />
Mainz sowie an die Mitglieder der Vereinigung „Freunde der Universität<br />
Mainz e. V.“ verteilt.<br />
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