Nanotechnologie in Kosmetika - Österreichische Akademie der ...
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Nanopartikel<br />
als UV-Schutzfilter <strong>in</strong><br />
Sonnenschutzmitteln<br />
In kosmetischen Mitteln werden schon seit<br />
vielen Jahren sogenannte Mikropartikel von<br />
Titandioxid und Z<strong>in</strong>koxid als UV-Filter e<strong>in</strong>gesetzt.<br />
Ursprünglich wurden diese Substanzen<br />
als herkömmliche Weißpigmente im Mikrometerbereich<br />
verwendet. Dadurch s<strong>in</strong>d<br />
allerd<strong>in</strong>gs vergleichsweise dicke, klebrige<br />
und schwer zu handhabende Pasten entstanden,<br />
die vom Konsumenten schlecht angenommen<br />
wurden, da sie e<strong>in</strong>en weißlichen<br />
Film auf <strong>der</strong> Haut h<strong>in</strong>terließen. Durch die<br />
Verwendung von Titandioxid und Z<strong>in</strong>koxid<br />
<strong>in</strong> Form von Nanopartikeln werden diese für<br />
das menschliche Auge transparent, lassen<br />
sich leichter auf die Haut auftragen und vermitteln<br />
e<strong>in</strong> besseres Hautgefühl. Außerdem<br />
konnte die Schutzwirkung gegenüber UV-<br />
Strahlung durch die verr<strong>in</strong>gerte Größe wesentlich<br />
verbessert werden 22 . Die Primärteilchengröße<br />
<strong>der</strong> als UV-Filter e<strong>in</strong>gesetzten Nanopartikel<br />
liegt bei ca. 40 nm. Laut dem<br />
deutschen Industrieverband Körperpflege<br />
und Waschmittel e.V. werden <strong>in</strong> Sonnenschutzmitteln<br />
Titandioxid und Z<strong>in</strong>koxid nunmehr<br />
ausschließlich als Nanopartikel e<strong>in</strong>gesetzt<br />
und am Produkt als „Titanium dioxide“<br />
und „Z<strong>in</strong>c oxide“ deklariert 23 . Auf <strong>der</strong> Liste<br />
<strong>der</strong> zugelassenen Sonnenschutzfilter <strong>der</strong> EU-<br />
Richtl<strong>in</strong>ie für kosmetische Mittel ist <strong>der</strong>zeit nur<br />
Titandioxid als UV-Filter zugelassen.<br />
Weitere<br />
Anwendungsbeispiele<br />
von Nanomaterialien<br />
<strong>in</strong> <strong>Kosmetika</strong><br />
In manchen speziellen Zahncremes für sensible<br />
Zahnhälse wird nanoskaliges Calciumphosphat<br />
(Apatit) verwendet, das e<strong>in</strong>e dem<br />
natürlichen Zahnmaterial ähnelnde dünne<br />
Schicht erzeugt und so die Schmerzempf<strong>in</strong>dlichkeit<br />
reduzieren soll 24 . Weiters f<strong>in</strong>det man<br />
<strong>in</strong> Make-ups Nanometer dünne Pigmentplättchen<br />
25 sowie laut Herstellerangaben nanopartikuläres<br />
Gold und Silber <strong>in</strong> bestimmten<br />
Tages- und Nachtcremes, um <strong>der</strong> Haut<br />
e<strong>in</strong> frischeres Aussehen zu geben 26 . Nanopartikel<br />
aus Vulkanasche für Wimperntusche<br />
27 als auch Keramik-Nanopartikel für<br />
Nagellacke 28 s<strong>in</strong>d ebenfalls <strong>in</strong> Verwendung.<br />
Nano-M<strong>in</strong>eralien (Silicium, Calcium, Magnesium)<br />
<strong>in</strong> Hautlotionen, Haarshampoos o<strong>der</strong><br />
Massageölen erweitern die Produktpalette<br />
kosmetischer Mittel.<br />
In e<strong>in</strong>igen wenigen Hautcremes („Anti-Age<strong>in</strong>g“)<br />
am <strong>in</strong>ternationalen Markt f<strong>in</strong>den sich<br />
laut Herstellerangaben als Antioxidationsmittel<br />
zur Bekämpfung freier Sauerstoffradikale,<br />
die neben an<strong>der</strong>en Faktoren zur Faltenbildung<br />
beitragen, auch sogenannte Fullerene<br />
29 . Fullerene, <strong>der</strong>en bekannteste auch<br />
„Buckyballs“ genannt werden, s<strong>in</strong>d kugelförmige<br />
Moleküle aus Kohlenstoffatomen mit<br />
e<strong>in</strong>em Durchmesser von etwa 1 nm. Sie s<strong>in</strong>d<br />
biologisch nicht abbaubar. Fullerol, e<strong>in</strong> Derivat<br />
<strong>der</strong> Fullerene, dessen E<strong>in</strong>satzmöglichkeiten<br />
auch die Kosmetik umfasst, ist h<strong>in</strong>gegen<br />
wasserlöslich und abbaubar.<br />
Mögliche negative<br />
gesundheitliche<br />
Wirkungen von<br />
Nanomaterialien und<br />
Nanopartikeln <strong>in</strong><br />
<strong>Kosmetika</strong><br />
Durch die Anwendung von <strong>Kosmetika</strong> kommen<br />
Konsumenten <strong>in</strong> direkten Körperkontakt<br />
mit Nanomaterialien und Nanopartikeln,<br />
<strong>der</strong>en Aufnahme über Lunge (Anwendung<br />
<strong>der</strong> Produkte <strong>in</strong> Form von Sprays), die<br />
Verdauungsorgane (versehentliches Verschlucken<br />
bei Applikationen im Gesicht bzw.<br />
Lippen), die Schleimhäute <strong>der</strong> Augen (versehentliches<br />
E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen von Cremes o<strong>der</strong><br />
Sprays bei Anwendungen im Gesicht; Wimperntusche)<br />
und die Haut möglich ist. Aufgrund<br />
ihrer ger<strong>in</strong>gen Größe können bestimmte<br />
Nanopartikel die Zellmembran durchdr<strong>in</strong>gen<br />
und so Entzündungen bzw. Zellschäden<br />
durch oxidativen Stress verursachen (siehe<br />
hierzu NanoTrust Dossier Nr. 3). Allerd<strong>in</strong>gs<br />
ist <strong>der</strong> Schwellenwert <strong>der</strong> aufgenommenen<br />
Nanomaterialien, welcher e<strong>in</strong>en Effekt auslöst,<br />
nicht bekannt.<br />
H<strong>in</strong>sichtlich e<strong>in</strong>er Risikoabschätzung unterscheidet<br />
man zwischen löslichen/abbaubaren<br />
und unlöslichen/nicht abbaubaren Nanomaterialien.<br />
Erstere, wie die oben angeführten<br />
Trägersysteme (Liposome, Nanoemulsionen,<br />
Lipid-Nanopartikel, Mikroemulsionen)<br />
zerfallen bei Freigabe <strong>der</strong> Wirksubstanz<br />
wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> ihre E<strong>in</strong>zelkomponenten. Beim<br />
gegenwärtigen Stand <strong>der</strong> Wissenschaft werden<br />
für diese Nanomaterialien ke<strong>in</strong>e humano<strong>der</strong><br />
umwelttoxikologischer Effekte erwartet,<br />
die sich von den Substanzen <strong>in</strong> größerer Partikelform<br />
unterscheiden würden30 . Allerd<strong>in</strong>gs<br />
können diese Trägersysteme die Bioverfügbarkeit<br />
und das toxikologische Verhalten <strong>der</strong><br />
transportierten Wirkstoffe verän<strong>der</strong>n. Dies ist<br />
3<br />
Nr. 008 • Jänner 2009<br />
e<strong>in</strong> Aspekt, <strong>der</strong> bei Sicherheitsprüfungen dieser<br />
Nanomaterialien bzw. <strong>der</strong> dar<strong>in</strong> enthaltenen<br />
Wirkstoffe beachtet werden sollte31 .<br />
Für e<strong>in</strong>e umfassende Risikoabschätzung von<br />
unlöslichen/nicht abbaubaren Nanomaterialien<br />
fehlen bislang geeignete Methoden<br />
und es bestehen daher noch erhebliche Wissenslücken.<br />
Die Europäische Kommission hat<br />
nach Befassung des „Wissenschaftlichen Ausschusses<br />
für Konsumgüter“ (SCCP) Z<strong>in</strong>koxid<br />
als UV-Filter nicht zugelassen32 . Das SCCP<br />
kritisierte, dass das vorgelegte Datenmaterial<br />
zur Sicherheitsüberprüfung großteils<br />
veraltet sei sowie Studien fehlen, ob Z<strong>in</strong>koxid<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Nanoform durch die Haut <strong>in</strong><br />
die Zellen e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen und <strong>in</strong> den Blutkreislauf<br />
übertreten kann33 .<br />
Titandioxid als UV-Filter wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen<br />
Studien ebenfalls auf mögliche gesundheitliche<br />
Auswirkungen h<strong>in</strong> untersucht. Das EU-<br />
Projekt NANODERM z. B. kam zu dem<br />
Schluss, dass ke<strong>in</strong>e negativen gesundheitlichen<br />
Effekte durch die Applikation von Nano-Titandioxid<br />
auf die gesunde Haut zu erwarten<br />
s<strong>in</strong>d, da die Partikel die Haut nicht<br />
durchdr<strong>in</strong>gen können. Studien h<strong>in</strong>sichtlich<br />
kranker (z. B. Neuro<strong>der</strong>mitis) o<strong>der</strong> verletzter<br />
Haut s<strong>in</strong>d momentan nicht verfügbar, so<br />
dass <strong>der</strong>zeit nicht ausgeschlossen werden<br />
kann, dass Nanopartikel durch die Hautbarriere<br />
h<strong>in</strong>durch <strong>in</strong> die Zellen bzw. <strong>in</strong> den Blutkreislauf<br />
e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen können. Massage o<strong>der</strong><br />
mechanische Flexion (das Abbiegen e<strong>in</strong>es<br />
Gelenkes) können das E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> tiefere<br />
Hautschichten för<strong>der</strong>n34 . Auch hier s<strong>in</strong>d<br />
noch entsprechende Studien ausständig.<br />
Die Frage, ob nanoskaliges Titandioxid die<br />
Barriereschicht <strong>der</strong> Haut durch- und <strong>in</strong> lebende<br />
Zellen e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen kann, ist h<strong>in</strong>sichtlich<br />
<strong>der</strong> Abschätzung des Gefährdungspotenzials<br />
von beson<strong>der</strong>er Bedeutung, da Titandioxid<br />
photokatalytische Eigenschaften<br />
aufweist. Das heißt, <strong>in</strong> Gegenwart von UV-<br />
Strahlung und Wasser bildet es freie Sauerstoff-Radikale,<br />
die dafür bekannt s<strong>in</strong>d, Zellschädigungen<br />
zu verursachen. Die Nanoform<br />
von Titandioxid zeigt dabei e<strong>in</strong>e höhere<br />
Aktivität als die größere Form. Entscheidend<br />
ist, welche Kristallform von TiO2 verwendet<br />
wird. Titandioxid <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er rutilen<br />
Form35 zeigt weit weniger photokatalytische<br />
Aktivität als <strong>in</strong> <strong>der</strong> anatasen Form. Ebenso<br />
kann die photokatalytische Aktivität durch<br />
Ummantelung („Coat<strong>in</strong>g“) <strong>der</strong> Nanopartikel<br />
verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t werden36 , ohne dass sich dadurch<br />
ihre Wirkung als UV-Filter verr<strong>in</strong>gert.<br />
Hersteller von Sonnenschutzmitteln können<br />
somit durch die Verwendung <strong>der</strong> weniger<br />
photoaktiven Form bzw. von beschichteten<br />
Nanopartikeln die photokatalytische Aktivität<br />
von TiO2 <strong>in</strong> ihren Produkten reduzieren