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Molekulare und virale Determinanten bei HIV-assoziierten neurokognitiven<br />
Störungen<br />
Molecular and viral determinants of HIV-associated neurocognitive disorders<br />
Dissertation zur Erlangung des Grades<br />
eines Doktors der Naturwissenschaften<br />
der Fakultät für Biologie und Biotechnologie<br />
der Ruhr-Universität Bochum<br />
Internationale Graduiertenschule Biowissenschaften<br />
Ruhr-Universität Bochum<br />
Neuroimmunologisches Labor des St. Josef Hospitals Bochum,<br />
Medizinische Fakultät der Ruhr Universität Bochum<br />
vorgelegt von<br />
Björn Ambrosius<br />
aus<br />
Unna<br />
Bochum<br />
Oktober 2016<br />
Referent: Prof. Dr. Andrew Chan<br />
Korreferent: Prof. Dr. Stefan Wiese
Für<br />
Ilse Ambrosius<br />
(09.10.1920 – 24.08.2013)<br />
1
Zusammenfassung<br />
HIV assoziierte neurokognitive Störungen (HAND) sind bei HIV-infizierten Patienten eine<br />
häufige Komorbidität. Seit Einführung der kombinierten antiretroviralen Therapie (cART)<br />
hat sich das Bild von HAND phänotypisch gewandelt; so sind Patienten heutzutage eher<br />
von milderen Formen der Erkrankung betroffen. Die Prävalenz von HAND ist jedoch<br />
unverändert, obwohl durch die Behandlung mit cART eine suffiziente Suppression der<br />
Viruslast erreicht werden kann. Das deutet darauf hin, dass nicht die Replikation und die<br />
daraus resultierende Viruslast Ursachen für die fortschreitende Neurodegeneration bei<br />
HAND sind. Vielmehr geht man in der sogenannten „bystander hypothesis“ davon aus,<br />
dass hauptsächlich infizierte Monozyten das Virus in das zentrale Nervensystem (ZNS)<br />
tragen und dort in Kontakt mit Mikroglia, den residenten Immunzellen des ZNS, eine<br />
persistierende Immunreaktion auslösen, in deren Verlauf es zu Neurodegeneration kommt.<br />
In Vorarbeiten der Arbeitsgruppe konnte ein Zellkultursystem entwickelt werden, mit<br />
dessen Hilfe die Interaktionen von Mikroglia mit HIV-transduzierten monozytären Zellen<br />
untersucht werden können.<br />
In der vorliegenden Dissertation sollte das Zellkultursystem durch den Einsatz einer<br />
mikroglialen Zelllinie ergänzt werden. Als Grundlage einer vollständigen Aktivierung im Co-<br />
Kultursystem war die Anwesenheit von HIV-transduzierten monozytären Zellen<br />
unabdingbar. Die molekularen Vorgänge, die sich bei der Transduktion der monozytären<br />
Zellen mit HIV ereignen, sind allerdings bis heute wenig verstanden. Deshalb sollten diese<br />
anhand der Veränderungen im Proteom näher untersucht werden. Die Aktivierung in der<br />
Co-Kultur sollte schließlich mittels Teriflunomid und Monomethylfumarat, zweier<br />
verschiedener Pharmaka, reduziert werden, was anhand der Freisetzung von Chemokinen<br />
und Zytokinen beobachtet werden konnte und konsekutiv Neurotoxizität verhindern sollte.<br />
Das angesprochene Zellkulturmodell wurde in dieser Dissertation modifiziert, indem die<br />
mikrogliale Zelllinie HMC3 eingeführt wurde. Die Vorteile gegenüber der zuvor<br />
verwendeten primären embryonalen Mikroglia lagen hierbei in der besseren Verfügbarkeit<br />
der Zellen und einer homogeneren Zellantwort. In der Co-Kultur wurde eine spezifische<br />
Hochregulation der proinflammatorischen Zytokine CXCL10 (p < 0,001), CCL5 (p < 0,01),<br />
CCL2 (p < 0,001) und IL-6 (p < 0,001) bei Anwesenheit HIV transduzierter monozytärer<br />
Zellen deutlich. Ebenfalls konnte beobachtet werden, dass die Anwesenheit HIV<br />
transduzierter monozytärer Zellen eine stärkere Immunantwort in der Co-Kultur auslöste,<br />
verglichen mit einer Kultur aus HMC3 und viralen Partikeln ohne Anwesenheit monozytärer<br />
Zellen (CXCL10, CCL5 und CCL2: p < 0,001; IL-6: p < 0,01). Um die mit der mikroglialen<br />
Zelllinie gewonnenen Ergebnisse weiter zu validieren, wurden adulte Mikroglia ex vivo<br />
verwendet. Dabei konnte gezeigt werden, dass sich die Zelllinie und die adulte Mikroglia<br />
2
qualitativ ähnlich in Co-Kultur mit HIV-Vektor transduzierten monozytären Zellen<br />
verhielten.<br />
Weitergehend sollte der Effekt der HIV-Transduktion auf monozytäre Zellen untersucht<br />
werden. Hierfür wurde eine unmarkierte Proteomanalyse durchgeführt, bei der das<br />
Gesamt-Proteom transduzierter monozytärer Zellen und nicht-transduzierter monozytärer<br />
Zellen verglichen wurde. So konnten Unterschiede in der Expression der Proteine<br />
aufgezeigt werden. Dabei wurde deutlich, dass es durch eine Transduktion mit HIV-Vektor<br />
zu einer Hochregulation von Proteinen kam, die allgemeinen zellulären Veränderungen im<br />
Kontext von Erkrankungen zuzuordnen sind (FDR: 8,76 * 10 -4 ). Generell konnte eine<br />
besonders starke Hochregulation der Proteine Superoxid dismutase (Ratio: 3,24; p = 8,3 *<br />
10 -14 ) und Transgelin-2 (Ratio: 2,98; p = 3,7 * 10 -6 ) beobachtet werden. Diesen Proteinen<br />
standen herunterregulierte Kandidaten gegenüber, die den Signalwegen der DNA-<br />
Replikation (FDR (false discovery rate): 8,83 * 10 -4 ) und der Genexpression (FDR: 4,21 *<br />
10 -2 ) zugeordnet werden können und mehrheitlich ribosomalen Ursprungs waren.<br />
Ebenfalls konnte gezeigt werden, dass es zwischen mikroglialen und monozytären Zellen<br />
nicht zu einer Ausbildung eines statischen Zell-Zellkontakts, als Voraussetzung für eine<br />
vollständige Aktivierung der Co-Kultur, kommen musste.<br />
Abschließend wurde im Rahmen dieser Dissertation gezeigt, dass die inflammatorischen<br />
Prozesse im Rahmen der modifizierten Co-Kultur durch die immunmodulatorischen Stoffe<br />
Teriflunomid und Monomethylfumarat abgeschwächt werden konnten, die in der<br />
Behandlung von multipler Sklerose eingesetzt werden. Eine geringere Sekretion<br />
proinflammatorischer Zytokine konnte durch die Behandlung mit 30 µM Teriflunomid<br />
(CXCL10, CCL2 und IL-6, p < 0,001) und 100 µM Monomethylfumarat (CXCL10, p < 0,001)<br />
beobachtet werden. Die mit Teriflunomid oder Monomethylfumarat behandelten<br />
Überstände lösten in einem Neurotoxizitätsmodell fötaler humaner Neurone 20% weniger<br />
Zelltod aus, als die Überstände unbehandelter HIV transduzierter Co-Kulturen (p < 0,05).<br />
Die erhobenen Daten helfen bei dem weiteren Verständnis der molekularen und<br />
proteomischen Vorgänge, die sich bei HAND ereignen. Anhand des etablierten und hier<br />
weiter modifizierten Zellkulturmodells wurde deutlich, dass durch die Gabe der Stoffe<br />
Teriflunomid und Monomethylfumarat sowohl die Sekretion von proinflammatorischen<br />
Zytokinen, als auch die aus den Überständen resultierende Neurotoxizität gesenkt werden<br />
konnte. Das spricht für die potentiell vielversprechende Möglichkeit, bei HIV-Patienten,<br />
zusätzlich zu cART, immunmodulatorische Substanzen zu verabreichen, um einen<br />
positiven Effekt im Kontext von HAND zu erzielen.<br />
3
Summary<br />
HIV associated neurocognitive disorders (HAND) are a common comorbidity in HIV positive<br />
patients. Since introduction of combined antiretroviral therapy (cART), the phenotypic picture<br />
of HAND changed. Although treatment with cART leads to effective suppression of the viral<br />
load, the prevalence of HAND remained stable, which argues for virus independent<br />
mechanisms responsible for neurodegeneration. It is commonly proposed and postulated in<br />
the bystander hypothesis that mainly HIV infected monocytes enter the central nervous system<br />
(CNS) and activate microglia, the resident immune cells of the CNS, which causes a persistent<br />
inflammation and consequently neurodegeneration. In previous studies of our group, we<br />
developed a cell-culture model, mimicking the interactions of microglia with HIV transduced<br />
monocytoid cells and resulting inflammatory processes.<br />
This thesis aimed at modifying the established co-culture model by introducing a microglial cell<br />
line. In experiments with the modified cell culture model, presence of HIV-transduced<br />
monocytoid cells was crucial for full co-culture activation. Because the molecular processes<br />
occurring during the infection of monocytoid cells by HIV are not well understood, those<br />
processes should be further investigated by detecting changes in the proteome of the cells.<br />
Finally, taking advantage of two different pharmacological compounds, namely teriflunomide<br />
and monomethylfumarate, the release of proinflammatory chemokines and cytokines by coculture<br />
was targeted with the aim to reduce neurotoxicity.<br />
The developed cell-culture model was further modified by introducing the human microglial cell<br />
line HMC3. This resulted in a better availability of cells and a more homogeneous cell response<br />
to HIV transduced cells compared to human embryonic microglia. HMC3 in contact with HIVvector<br />
transduced monocytoid cells showed a specific upregulation of the cytokines CXCL10<br />
(p < 0.001), CCL5 (p < 0.01), CCL2 (p < 0.001) and IL-6 (p < 0.001) compared to control<br />
conditions. Furthermore, HMC3 showed a significant higher secretion in co-culture of HIVvector<br />
transduced monocytoid cells (CXCL10, CCL5 and CCL2: p < 0.001; IL-6: p < 0.01)<br />
compared to HMC3 in contact with HIV-vector particles without monocytoid cells. To further<br />
validate these obtained results, experiments with ex vivo primary adult microglia were<br />
performed. These experiments revealed similar response of HMC3 and adult microglia in<br />
contact with HIV transduced monocytoid cells.<br />
Furthermore, effects of HIV transduction on monocytoid cells were examined by a label-free<br />
proteome approach, in which the expression of proteins in HIV-transduced and nontransduced<br />
monocytoid cells was compared. Here, transduction with HIV-vector leads to an<br />
upregulation of proteins mainly involved in disease associated pathways (FDR (false discovery<br />
rate): 8.76 * 10 -4 ). Highest expression was found for the proteins superoxide dismutase (ratio:<br />
4
3.24; p = 8.3 * 10 -14 ) and transgelin-2 (ratio: 2.98; p = 3.7 * 10 -6 ). In contrast, downregulated<br />
proteins were mainly associated with DNA-replication (FDR: 8.83 * 10 -4 ) and gene expression<br />
(FDR: 4.21 * 10 -2 ) and especially connected to ribosomal activity. In further experiments it could<br />
be demonstrated that direct cell-cell contact of microglia and monocytoid cells was not crucial<br />
for full activation.<br />
Finally, inflammatory processes in co-culture settings could be attenuated using<br />
immunomodulatory drugs known from multiple sclerosis treatment, teriflunomide and<br />
monomethylfumarate. Treatment of HIV transduced co-culture with either 30 µM teriflunomide<br />
or 100 µM monomethylfumarate caused a decreased secretion of CXCL10 (teriflunomide: p <<br />
0.001; monomethylfumarate: p < 0.001), CCL2 (teriflunomide: p < 0.001) and IL-6<br />
(teriflunomide: p < 0.001) compared to untreated HIV transduced co-culture. Supernatant of<br />
HIV transduced co-culture treated with different concentrations of teriflunomide or<br />
monomethylfumarate caused 20 % less neuronal cell death in a culture of human fetal neurons<br />
compared to untreated HIV transduced co-culture supernatants (p < 0.05).<br />
These data help to further understand molecular and proteomic mechanisms in HAND.<br />
Interaction of HIV-transduced monocytoid cells and microglial cells lead to inflammatory<br />
processes which are potentially neurotoxic. Treatment with either teriflunomide or<br />
monomethylfumarate ameliorates inflammatory processes and occurring neurotoxicity. This<br />
argues for a potential treatment option of these immunomodulatory drugs additionally to cART,<br />
to obtain beneficial effects in the context of HAND.<br />
5
Inhaltsverzeichnis<br />
ZUSAMMENFASSUNG ........................................................................................................ 2<br />
SUMMARY ............................................................................................................................ 4<br />
INHALTSVERZEICHNIS ....................................................................................................... 6<br />
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS: ............................................................................................ 9<br />
TABELLENVERZEICHNIS ..................................................................................................12<br />
ABBILDUNGSVERZEICHNIS ..............................................................................................13<br />
1. EINLEITUNG ....................................................................................................................14<br />
1.1 DIE EPIDEMIOLOGISCHEN ABLÄUFE EINER HUMANEN IMMUNODEFIZIENZ VIRUS (HIV)-<br />
INFEKTION ..........................................................................................................................14<br />
1.2 DER EINFLUSS VON HIV AUF DIE GESELLSCHAFT ............................................................15<br />
1.3 HIV-ASSOZIIERTE NEUROKOGNITIVE STÖRUNGEN (HAND)..............................................15<br />
1.4 HIV IM ZNS: DIE MOLEKULAREN GRUNDLAGEN VON HAND .............................................17<br />
1.5 DER MOLEKULARE AUFBAU VON HIV ..............................................................................19<br />
1.6 PHARMAKOLOGISCHE HEMMUNG VON HIV UND DESSEN BEDEUTUNG IM ZNS ...................21<br />
1.7 EIGENE VORARBEITEN ZU HAND ...................................................................................23<br />
1.8 ZIELSETZUNG DER DISSERTATION ..................................................................................24<br />
2. MATERIAL .......................................................................................................................26<br />
2.1 ZELLKULTUR .................................................................................................................26<br />
2.1.1 Medien .................................................................................................................26<br />
2.1.2 Medien-Zusätze ....................................................................................................26<br />
2.1.3 Zellkultur-Reagenzien ...........................................................................................26<br />
2.1.4 Zellen ...................................................................................................................27<br />
2.2 CHEMIKALIEN ................................................................................................................27<br />
2.3 KITS .............................................................................................................................28<br />
2.4 ANTIKÖRPER / ENZYME / PROTEINE ................................................................................29<br />
2.5 PLASMIDE .....................................................................................................................29<br />
2.6 HERSTELLUNG HIV-VEKTOR ..........................................................................................31<br />
2.7 HERSTELLUNG HIV-LEER ..............................................................................................31<br />
2.8 PUFFERZUSAMMENSETZUNG .........................................................................................31<br />
2.9 LABORGERÄTE ..............................................................................................................32<br />
2.10 VERBRAUCHSMATERIALIEN ..........................................................................................33<br />
2.11 SOFTWARE .................................................................................................................35<br />
6
3. METHODEN .....................................................................................................................36<br />
3.1 ZELLEN ........................................................................................................................36<br />
3.1.1. Monozytäre Zelllinie U937 ...................................................................................36<br />
3.1.2 Primäre humane embryonale Mikroglia ................................................................36<br />
3.1.3 HMC3 – humane mikrogliale Zelllinie ....................................................................37<br />
3.1.4 Adulte Mikroglia ....................................................................................................37<br />
3.1.5 HEK293A und HEK293T Zellen ............................................................................38<br />
3.2 PRODUKTION UND CHARAKTERISIERUNG VON VIRALEN PARTIKELN ..................................39<br />
3.2.1 Präparation von Plasmiden ...................................................................................39<br />
3.2.2 Transfektion von 293T-Zellen zur Partikelproduktion ............................................40<br />
3.2.3 Transduktion von 293A-Zellen zur Bestimmung des infektiösen Titers .................41<br />
3.2.4 Molekulare Beschaffenheit der viralen Partikel: gag-Gehalt und RNA ...................42<br />
3.2.5 Transduktionseffizienz bei monozytären Zellen und erfolgreiche Integration der<br />
viralen RNA in das Zielzellen-Genom ............................................................................43<br />
3.3 UNTERSUCHUNG VON PROTEOM-VERÄNDERUNGEN IM KONTEXT EINER HIV-VEKTOR<br />
TRANSDUKTION BEI MONOZYTÄREN ZELLEN .........................................................................44<br />
3.4 ZYTOTOXIZITÄT DURCH TERIFLUNOMID UND MMF ...........................................................46<br />
3.4.1 Viabilität von monozytären Zellen bei Behandlung mit Teriflunomid oder MMF ....46<br />
3.4.2 Viabilität von Mikroglia und mikroglialen Zellen bei Behandlung mit Teriflunomid<br />
oder MMF ......................................................................................................................47<br />
3.5 CO-KULTUR VERSUCHE ................................................................................................47<br />
3.5.1 Anlegen einer Co-Kultur .......................................................................................47<br />
3.5.2 Anlegen einer Mono-Kultur ...................................................................................48<br />
3.5.3 Pharmakologische Modifikation im Kontext der Co-Kultur und Mono-Kultur ..........48<br />
3.5.4 Der Einfluss von Zell-Zellkontakt in der Co-Kultur .................................................48<br />
3.5.5 Cytokine-Bead-Array (CBA) zur Detektion der sezernierten Zytokine ...................48<br />
3.6 MODELLE ZUR ÜBERPRÜFUNG DES NEUROTOXISCHEN POTENTIALS DER CO-KULTUR<br />
ÜBERSTÄNDE .....................................................................................................................49<br />
3.6.1 Primäre kortikale Rattenneurone ..........................................................................49<br />
3.6.2 Fötale humane Neurone .......................................................................................50<br />
3.7 STATISTISCHE AUSWERTUNG DER VERSUCHE ................................................................51<br />
4. ERGEBNISSE ..................................................................................................................52<br />
4.1 CHARAKTERISIERUNG DER VIRALEN PARTIKEL ................................................................52<br />
4.1.1 p24 gag-Gehalt und RNA-Gehalt der eingesetzten viralen Partikel .......................52<br />
4.1.2 Erfolgreiche Transduktion von monozytären Zellen ..............................................53<br />
4.2 PROTEOMISCHE VERÄNDERUNGEN IN MONOZYTÄREN ZELLEN NACH TRANSDUKTION ........54<br />
7
4.3 EINFLUSS VON CO-KULTURÜBERSTÄNDEN AUS PRIMÄRER EMBRYONALER MIKROGLIA UND<br />
MONOZYTÄREN ZELLEN AUF KORTIKALE RATTENNEURONE ....................................................62<br />
4.4 SPEZIFISCHE AKTIVIERUNG VON HMC3 IN DER CO-KULTUR MIT HIV-VEKTOR<br />
TRANSDUZIERTEN MONOZYTÄREN ZELLEN ............................................................................63<br />
4.5 DER EINFLUSS VON TERIFLUNOMID UND MMF AUF HMC3 UND MONOZYTÄRE ZELLEN ......65<br />
4.6 DER ANTIINFLAMMATORISCHE EFFEKT VON TERIFLUNOMID UND MMF AUF DIE CO-KULTUR<br />
.........................................................................................................................................65<br />
4.7 DER ANTIINFLAMMATORISCHE EFFEKT VON TERIFLUNOMID UND MMF AUF DIE MONO-<br />
KULTUR VON HMC3 MIT HIV-VEKTOR PARTIKELN ................................................................66<br />
4.8 Der antiinflammatorische Einfluss von MMF auf HIV-Vektor transduzierte<br />
monozytäre Zellen .........................................................................................................68<br />
4.9 Der antiinflammatorische Effekt von MMF auf adulte Mikroglia in Co-Kultur mit HIV-<br />
Vektor transduzierten monozytären Zellen ....................................................................69<br />
4.10 Der Einfluss von direktem Zell-Zellkontakt in der Co-Kultur aus HMC3 und HIV-<br />
Vektor transduzierten monozytären Zellen ....................................................................70<br />
4.11 DER EINFLUSS VON CO-KULTURÜBERSTÄNDEN AUS HMC3 UND MONOZYTÄREN ZELLEN<br />
AUF DEN ZELLTOD VON FÖTALEN HUMANEN NEURONEN UND BEHANDLUNG MIT TERIFLUNOMID<br />
ODER MMF ........................................................................................................................71<br />
5. DISKUSSION ...................................................................................................................73<br />
5.1 DIE CO-KULTUR INTERAKTIONEN IM KONTEXT VON HAND ..............................................73<br />
5.2 MOLEKULARE ABLÄUFE IN MONOZYTÄREN DURCH EINE TRANSDUKTION MIT HIV-VEKTOR .77<br />
5.3 PHARMAKOLOGISCHE MANIPULATION DER ABLÄUFE BEI HAND .......................................80<br />
5.4 INDIKATOREN DER IMMUNAKTIVIERUNG IM KONTEXT VON HAND ......................................82<br />
5.5 FAZIT ...........................................................................................................................83<br />
6. LITERATURVERZEICHNIS .............................................................................................86<br />
7. DANKSAGUNG ............................................................................................................. 101<br />
8. LEBENSLAUF ............................................................................................................... 102<br />
9. PUBLIKATIONSLISTE .................................................................................................. 103<br />
10. EIGENSTÄNDIGKEITSERKLÄRUNG ......................................................................... 106<br />
8
Abkürzungsverzeichnis:<br />
7AAD = 7-Aminoactinomycin D<br />
AIDS = acquired immune deficiency syndrome<br />
ANOVA = analysis of variance<br />
ANPD = asymptomatisches, HIV-assoziiertes neuropsychologisches Defizit<br />
BHS = Blut-Hirn-Schranke<br />
BSA = Rinderserumalbumin<br />
cART = combined antiretroviral therapy<br />
CBA = cytokine bead array<br />
CCL2 = C-C motif ligand 2 = MCP-1 (monocyte chemoattractant protein 1)<br />
CCL5 = C-C motif ligand 5 = RANTES (regulated upon activation, normal T-cell expressed and<br />
secreted)<br />
CNS = central nervous system<br />
CXCL10 = C-X-C motif chemokine 10 = IP-10 (Interferone gamma induced protein 10)<br />
DNA = deoxyribonucleic acid<br />
DMEM = Dulbecco`s Modified Eagle Media<br />
DMSO = Dimethylsulfoxid<br />
DPBS = Dulbecco`s Phosphate-buffered Saline<br />
DPEC = Diethyldicarbonat<br />
E.coli = Escherichia coli<br />
EDTA = Ethylendiamintetraessigsäure<br />
ELISA = enzyme-linked immunosorbent assay<br />
FCS = fötales Kälberserum<br />
FDR = false discovery rate<br />
g = g-Kraft<br />
9
GFP = green fluorescent protein<br />
GM-CSF = Granulozyten-Makrophagen Kolonie stimulierender Faktor<br />
h = Stunde<br />
HAD = HIV-assoziierte Demenz<br />
HAND = HIV assoziierte neurokognitive Störungen<br />
HCAR2 = hydroxycarboxylic acid receptor 2<br />
HEK = human embryonic kidney cells<br />
HEPES = 2-Ethansulfonsäure<br />
HIV = humanes immundefizienz Virus<br />
HIV + = HIV positiv<br />
HMC3 = human microglial cell line 3<br />
IL-6 = Interleukin-6<br />
LB = Lysogeny broth<br />
LTR = long terminal repeats<br />
MAP = Microtubuli assoziiertes Protein<br />
MEM = Minimal Essential Media<br />
min = Minute<br />
MMF = Monomethylfumarat<br />
MMP = Matrix-Metalloproteinase<br />
MNCD = HIV-assoziiertes, mildes neurokognitives Defizit<br />
MS = Massenspektrometrie<br />
NFκβ = nuclear factor kappa-light-chain-enhancer<br />
NfH = Neurofilament heavy chain<br />
NfL = Neurofilament light chain<br />
NMDA = N-Methyl-D-Aspartat<br />
Nrf2 = nuclear factor erythroid 2-related factor 2<br />
10
PBS = Phosphate-Buffered Saline<br />
PCR = poly chain reaction<br />
PDL = Poly-D-Lysin<br />
PEI = Polyethylenimin<br />
PenStrep = Penicillin/Streptomycin<br />
PFA = Paraformaldehyd<br />
PI = Propidiumiodid<br />
RIPA = radioimmunoprecipitation assay<br />
ROS = reactive oxygen species<br />
rpm = revolutions per minute<br />
RPMI = Roswell Park Memorial Institute Media<br />
RNA = ribonucleic acid<br />
rt = real-time<br />
SAMHD1 = sterile alpha motif and histidine acid domain-containing protein 1<br />
SDF = stromal cell-derived factor<br />
SDS = sodium dodecyl sulfate<br />
SIN = self-inactivation<br />
SIV = simian immunodeficiency virus<br />
SOC = Super optimal broth<br />
SOD = Superoxid Dismutase<br />
SV40 = simian vacuolating virus 40<br />
UHPLC = ultra-high-performance liquid chromatography<br />
ZNS = zentrales Nervensystem<br />
11
Tabellenverzeichnis<br />
Tabelle 1: Plasmide und eingesetzte Restriktionsenzyme ....................................................40<br />
Tabelle 2: In HIV-Vektor transduzierten monozytären Zellen hochregulierte Proteine<br />
gegenüber nicht-transduzierten monozytären Zellen ............................................................58<br />
Tabelle 3: In HIV-Vektor transduzierten monozytären Zellen herunterregulierte Proteine<br />
gegenüber nicht-transduzierten monozytären Zellen. ...........................................................59<br />
12
Abbildungsverzeichnis<br />
Abbildung 1: Diversität von HIV-1 .........................................................................................14<br />
Abbildung 2: Prävalenz von HAND bei HIV + Patienten .........................................................16<br />
Abbildung 3: Schematische Darstellung von HIV im ZNS .....................................................19<br />
Abbildung 4: Schematische Darstellung eines HIV-Partikels. ...............................................20<br />
Abbildung 5: Schematische Darstellung der Infektion einer Zelle durch HIV .........................22<br />
Abbildung 6: Schematische Übersicht Percoll-Gradient ........................................................38<br />
Abbildung 7: Übersicht HIV CS-CG Plasmid .........................................................................42<br />
Abbildung 8: Übersicht der Arbeitsschritte bei den Proteomversuchen .................................46<br />
Abbildung 9:: Charakterisierung der viralen Partikel .............................................................53<br />
Abbildung 10: Integrierte und revers transkribierte virale RNA im Erbgut monozytärer Zellen,<br />
sowie Genexpression dieser .................................................................................................54<br />
Abbildung 11: Proteomanalyse von transduzierten monozytären Zellen verglichen mit nichttransduzierten<br />
monozytären Zellen.......................................................................................57<br />
Abbildung 12: Untersuchung der durch Co-Kulturüberstände ausgelösten Neurotoxizität ....63<br />
Abbildung 13: HMC3 in Co-Kultur mit monozytären Zellen und in Mono-Kultur mit infektiösen<br />
Überständen .........................................................................................................................64<br />
Abbildung 14: Zytotoxischer Effekt von Teriflunomid und MMF auf monozytäre Zellen und<br />
HMC3 ...................................................................................................................................65<br />
Abbildung 15: Einfluss der pharmakologischen Substanzen Teriflunomid oder MMF auf die<br />
Co-Kultur von HMC3 mit HIV-Vektor transduzierten monozytären Zellen .............................66<br />
Abbildung 16: Sekretion von Zytokinen durch HMC3 nach Behandlung mit Teriflunomid oder<br />
MMF .....................................................................................................................................67<br />
Abbildung 17: Sekretion von Zytokinen durch monozytäre Zellen nach Behandlung mit MMF<br />
.............................................................................................................................................68<br />
Abbildung 18: Sekretion von Zytokinen in Co-Kultur von adulter Mikroglia mit HIV-Vektor<br />
transduzierten monozytären Zellen. ......................................................................................69<br />
Abbildung 19: Einfluss von direktem Zell-Zellkontakt in der Co-Kultur aus HMC3 und<br />
monozytären Zellen ..............................................................................................................69<br />
Abbildung 20: Einfluss von Co-Kulturüberständen auf fötale humane Neurone.. ..................71<br />
Abbildung 21: Modifizierte schematische Darstellung von HIV im ZNS unter Berücksichtigung<br />
der Ergebnisse dieser Dissertation .......................................................................................85<br />
13
1. Einleitung<br />
1.1 Die epidemiologischen Abläufe einer humanen immunodefizienz Virus<br />
(HIV)-Infektion<br />
Generell wird HIV in die Familie der Retroviren eingeordnet und weiter klassifiziert als Mitglied<br />
der Gattung der Lentiviren. Charakteristisch für Retroviren besitzt auch HIV eine hohe<br />
Diversität, weshalb HIV in die Subtypen HIV-1 (im Kontext dieser Dissertation als HIV<br />
bezeichnet) und HIV-2 unterteilt wird (Modrow et al., 2008). Das weltweit deutlich verbreitetere<br />
und virulentere HIV-1 (Kannangai et al., 2012) wird weiterhin in die Gruppen M, N, O und P<br />
unterteilt (Murphy et al., 2014) (Abbildung 1).<br />
Abbildung 1: Diversität von HIV-1 mit Unterteilung in Gruppen M (major), N (non-M, non-O) und O (outlier). P (=<br />
pending the identification of further human cases) nicht einordbar und deswegen nicht in dieser Grafik gezeigt.<br />
Grafik beruht auf Genom-Analysen von HIV-1 und stellt anhand der Äste die Nachbarschaftsverhältnisse der HIV-<br />
Gruppen dar. Modifiziert nach (Letvin, 2006).<br />
Die große Diversität von HIV ist zum einen auf die hohe Mutationsrate des Virus<br />
zurückzuführen (Michelini et al., 2016; Modrow et al., 2008), zum anderen aber auch auf<br />
mehrere unabhängige Ereignisse, bei denen HIV in Form von Zoonosen des „simian<br />
immunodeficiency virus“ (SIV) von Primaten auf den Menschen übergegangen ist (D'arc et al.,<br />
2015; Liegeois et al., 2014). Die anschließende Verbreitung des Virus, gerade in der<br />
westlichen Welt, wurde nicht durch den „Patient zero“ genannten Indexpatienten<br />
hervorgerufen, sondern wahrscheinlich über die Achse Afrika, Haiti und anschließend USA<br />
(Cohen, 2016). Dabei verbreitet sich HIV über Körperflüssigkeiten in Abhängigkeit der darin<br />
enthaltenen Viruskonzentration (Sagar, 2010).<br />
14
1.2 Der Einfluss von HIV auf die Gesellschaft<br />
Im Jahr 2014 waren weltweit etwa 37 Millionen Menschen mit HIV infiziert, zwei Millionen<br />
Menschen haben sich mit dem Virus neu infiziert und 1,2 Millionen Menschen sind an „acquired<br />
immune deficiency syndrome“ (AIDS)-bezogenen Erkrankungen gestorben (UNAIDS, 2015).<br />
Alleine die nüchterne Aufzählung dieser Zahlen verdeutlicht auch heute noch die<br />
gesellschaftlichen Auswirkungen einer Infektion mit HIV, die bereits 1981 das erste Mal von<br />
Gottlieb et al. beschrieben wurde (Gottlieb et al., 1981). Vergleicht man die aktuellen Zahlen<br />
mit denen des Jahres 2011, ist ein deutlicher Rückgang der Neuinfektionsraten und der AIDSbezogenen<br />
Todesfälle zu beobachten (2011). Diese positive Entwicklung ist mit Sicherheit auf<br />
die enormen Fortschritte in der HIV-Forschung und auf die Weiterentwicklung der zu Beginn<br />
der 1990er Jahre eingeführten kombinierten antiretroviralen Therapie (cART), zurückzuführen<br />
(Darbyshire, 1995b), die die klinischen Auswirkungen von HIV grundlegend veränderte. Die<br />
bis dato lebensverkürzende Erkrankung, die oft mit fatalen opportunistischen Co-Infektionen<br />
und damit einhergehenden großen Konsequenzen für das Sozialleben der Patienten verknüpft<br />
war, wandelte sich zu einer behandelbaren chronischen Infektion, die mit einer nahezu<br />
normalen Lebenserwartung assoziiert ist (Fauci and Marston, 2015). Allein durch die<br />
Einführung von cART als Behandlungsform von HIV wurden die Todesfälle durch AIDS halbiert<br />
(Maschke et al., 2000). Das führt dazu, dass in der heutigen Zeit viele HIV-positive (HIV + )<br />
Patienten ein hohes Alter erreichen können. Nicht auf das Altern limitiert, aber dadurch<br />
begünstigt, rücken HIV assoziierte neurokognitive Störungen (HAND) immer weiter in den<br />
Fokus der Forschung (Cody and Vance, 2016b) und werden in dieser Dissertation untersucht.<br />
1.3 HIV-assoziierte neurokognitive Störungen (HAND)<br />
Bereits während der Anfänge der HIV / AIDS Epidemie in den 1980er Jahren wurden teilweise<br />
weitreichende neurologische Beeinträchtigungen bei HIV + Patienten beschrieben (Navia and<br />
Price, 1987). Klinisch boten Patienten, die unter der am meist verbreiteten Form von HAND,<br />
der HIV assoziierten Demenz (HAD) litten, ein demenzielles Syndrom, welches der Alzheimer<br />
Demenz ähnelt (Levine et al., 2013). Das Bild dieser Erkrankungen hat sich mit der Zeit und<br />
besonders durch die Einführung der cART drastisch verändert (Gelman, 2015).<br />
Nichtsdestotrotz beträgt die Prävalenz von HAND bei HIV + Patienten auch heute noch<br />
ungefähr 50% und scheint mit einer alternden HIV + Population noch weiter anzusteigen<br />
(Valcour et al., 2011; Heaton et al., 2010) (Abbildung 2). HAND wird von der deutschen<br />
Gesellschaft für Neurologie und Bezug nehmend auf die Empfehlung der „American Academy<br />
of Neurology“ in die beiden leichten Formen „asymptomatisches, HIV-assoziiertes<br />
neuropsychologisches Defizit“ (ANPD) und „HIV-assoziiertes, mildes neurokognitives Defizit“<br />
15
(MNCD), sowie in die schwere Form „HIV-assoziierte Demenz“ (HAD) unterteilt (Diener, 2012;<br />
Antinori et al., 2007).<br />
Abbildung 2: Prävalenz von HAND bei HIV + Patienten vor der Einführung von cART (links) und nach der Einführung<br />
von cART (rechts). Vor cART war HAD (HIV-assoziierte Demenz) die am stärksten verbreitete Form von HAND,<br />
gefolgt von ANPD (asymptomatisches, HIV-assoziiertes neuropsychologisches Defizit) und MNCD (HIVassoziiertes,<br />
mildes neurokognitives Defizit). Durch die Behandlung der HIV + Patienten mit cART ist ANPD die am<br />
meisten verbreitete Unterform von HAND, gefolgt von MNCD und HAD. Gezeigt ist die relative Verteilung.<br />
Modifiziert nach (Saylor et al., 2016).<br />
Wie eingangs bereits erwähnt, hatte die Einführung der cART großen Einfluss auf die<br />
phänotypische Ausprägung von HAND. In der prä-cART Zeit entwickelten bis zu 20% der HIV +<br />
Patienten HAD, was diese zur prominentesten Unterform der HAND machte. Im Zeitalter der<br />
cART konnte die Prävalenz von HAD auf unter 5% gesenkt werden (Becker et al., 2015). An<br />
die Stelle der HAD treten nun Formen der ANPD und der MNCD, sodass die ANPD die HAD<br />
als prominenteste Unterform der HAND ablösen konnte und nun 70% der HAND-Fälle<br />
ausmacht (Heaton et al., 2010) (Abbildung 2). Das ist gerade im Hinblick auf den weiteren<br />
Verlauf der HAND interessant, da Patienten mit ANPD ein zwei- bis sechsfach erhöhtes Risiko<br />
haben, schwerere Formen der HAND zu entwickeln (Grant et al., 2014). Hierdurch besteht die<br />
Gefahr, dass sich zukünftig die klinische Ausprägung der HAND wieder verschlimmert (Saylor<br />
et al., 2016).<br />
Nach wie vor sind die Ursachen für HAND unbekannt. Die Tatsache, dass cART zwar das<br />
Erscheinungsbild, nicht aber die Prävalenz von HAND verändert hat, deutet darauf hin, dass<br />
nicht die Viruslast entscheidend für die Ausprägung der neurokognitiven Störungen ist,<br />
sondern dass es andere Ursachen geben muss. Hier ist ein mannigfaltiges Spektrum an<br />
potentiellen Co-Faktoren beschrieben und mit HAND assoziiert. Kardiovaskuläre<br />
Risikofaktoren wie Übergewicht, Diabetes und Tabakkonsum korrelieren mit HAND<br />
(McCutchan et al., 2012; Fabbiani et al., 2013). Im Zusammenhang mit den kardiovaskulären<br />
Risikofaktoren und unterstützt durch epidemiologische Daten wird deutlich, dass das Alter der<br />
HIV + Patienten die Ausprägung von HAND zu begünstigen scheint (Cody and Vance, 2016a;<br />
16
Valcour et al., 2004). Daneben sind auch sozioökonomische Faktoren, wie etwa der<br />
Bildungsstand der Erkrankten, mit HAND korreliert (Foca et al., 2016). Auf einer zellulären<br />
Ebene sind andere Faktoren mit HAND in Verbindung gebracht. So ist beispielsweise ein<br />
signifikanter Zusammenhang zwischen der Höhe des CD4-Zellen Nadirs und der CD4 / CD8<br />
Ratio mit der Schwere der neurokognitiven Störungen verknüpft (Grauer et al., 2015; Heaton<br />
et al., 2010). Die Aufzählung der möglichen Faktoren und die Beobachtung der komplexen<br />
molekularen Abläufe bei HAND lassen den Schluss zu, dass es sich bei um ein so<br />
bezeichnetes dynamisches Puzzle handelt, an dessen Ende die Neurodegeneration bei dem<br />
Patienten steht (Zayyad and Spudich, 2015).<br />
1.4 HIV im ZNS: Die molekularen Grundlagen von HAND<br />
HIV mRNA ist bereits acht Tage nach der Übertragung auf den Patienten im ZNS detektierbar.<br />
Zu diesem Zeitpunkt sind ebenfalls erste Anzeichen einer Aktivierung des Immunsystems<br />
assoziiert mit neuropathologischen Vorgängen sichtbar (Valcour et al., 2012). Der<br />
Übertragungsweg von HIV aus der Peripherie über die Blut-Hirn-Schranke (BHS) ist nach wie<br />
vor nicht bekannt. Zum einen wird vermutet, dass bei einem indirekten Vorgang infizierte<br />
Monozyten und T-Zellen über die BHS migrieren und im ZNS das Virus freisetzen (Trojan-<br />
Horse-Mechanismus) (Liu et al., 2000). Durch die ausgelöste Entzündung werden durch<br />
Chemotaxis verstärkt Monozyten und T-Zellen ins das ZNS rekrutiert, die den Prozess<br />
verstärken (push-and-pull Mechanismus) (Kraft-Terry et al., 2010; Yadav and Collman, 2009).<br />
Zum anderen wird aber auch ein direkter Einfluss von HIV auf die BHS diskutiert, bei dem es<br />
zu einer erhöhten Durchlässigkeit kommt, was ein Einwandern von HIV ins ZNS begünstigt<br />
(Awan et al., 2014). Versuche mit Natalizumab, einem Integrin-Inhibitor der das Einwandern<br />
von Immunzellen in das ZNS verhindert, führten bei einer SIV-Infektion in Rhesusaffen zu<br />
reduzierten Mengen an SIV-DNA im ZNS. Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass die Infektion<br />
des ZNS durch HIV hauptsächlich auf infizierten Immunzellen basiert (Campbell et al., 2014).<br />
Bis heute sind die genauen molekularen Abläufe einer ZNS-HIV-Infektion nicht bekannt. Fest<br />
steht, dass die Ursache der Neurodegeneration in der Apoptose von Neuronen zu finden ist<br />
(Adle-Biassette et al., 1995). Als Erklärung wird sich häufig der „bystander hypothesis“ bedient,<br />
in der postuliert ist, dass infizierte einwandernde Monozyten und T-Zellen durch Mikroglia als<br />
residente Immunzellen des ZNS, erkannt werden. Hierdurch tritt eine persistierende<br />
Aktivierung der Mikroglia auf, in deren Verlauf es zu Neurodegeneration kommt (Gonzalez-<br />
Scarano and Martin-Garcia, 2005) (Abbildung 3). Im Verlauf der Aktivierung kommt es zur<br />
Freisetzung von proinflammatorischen Mediatoren wie Zytokinen, Chemokinen und reaktiven<br />
Sauerstoffmetaboliten (Block et al., 2007). Speziell im Kontext von HAND werden auch eine<br />
Fehl-Regulation von N-Methyl-D-Aspartat (NMDA)-Rezeptoren, aber auch eine<br />
17
Überexpression von Glutamat und Arachidonsäure als Auslöser der Neurodegeneration<br />
diskutiert (Ru and Tang, 2016; Gill et al., 2015; Samikkannu et al., 2011). Etwa 10% der ZNS-<br />
Zellen sind Mikroglia, denen die Aufgabe der angeborenen Immunantwort zukommt und die<br />
teils sehr komplex und mit vielen Nuancen der Aktivierung auf Pathogene reagieren können<br />
(Ransohoff and Cardona, 2010; Crotti and Ransohoff, 2016). Bereits sehr frühe Daten aus der<br />
HAND-Forschung zeigen, dass Mikroglia als Hauptmediatoren der inflammatorischen<br />
Prozesse im ZNS gelten und an der Neurodegeneration federführend beteiligt sind (Adle-<br />
Biassette et al., 1999) (Abbildung 3). Dabei besteht nicht nur eine Kausalität zwischen<br />
mikroglialer Aktivierung und Neurodegeneration, sondern Mikroglia können ebenfalls von HIV<br />
produktiv infiziert werden (Gonzalez-Scarano and Martin-Garcia, 2005). Mikroglia besitzen<br />
eine sehr niedrige Austauschrate, weshalb sie sich als Reservoir von HIV anbieten (Perry and<br />
Teeling, 2013).<br />
Allerdings mehren sich die Daten, dass die Neurodegeneration bei HAND nicht alleinig von<br />
Mikroglia bestimmt wird. Astrozyten und Oligodendrozyten scheinen am Prozess von HAND<br />
zumindest beteiligt zu sein. Es konnte gezeigt werden, dass virale Proteine auf<br />
Oligodendrozyten wirken und die Expression von NMDA-Rezeptoren verändern, sowie die<br />
Kalzium Homöostase stören, was zu Neurodegeneration führen kann (Zou et al., 2015). Bei<br />
Astrozyten scheint die Rolle bei HAND noch deutlich komplexer zu sein. Astrozyten sind der<br />
am häufigste vorkommende Zelltyp im ZNS und für die Aufrechterhaltung der Homöostase und<br />
der Versorgung der Neuronen zuständig (Allaman et al., 2011). Zwar kann HIV Astrozyten<br />
infizieren, jedoch handelt es sich dabei im Gegensatz zu Mikroglia um keine produktive<br />
Infektion (Gorry et al., 2003). HIV-DNA ist in 20% der Astrozyten zu finden, doch sorgt die<br />
Ausbildung von zellulären Restriktionsfaktoren wie SAMHD1 (sterile alpha motif and histidine<br />
acid domain-containing protein 1) dafür, dass sich das Virus in Astrozyten nicht reproduzieren<br />
kann (Churchill et al., 2009; Pilakka-Kanthikeel et al., 2015). Es konnte jedoch gezeigt werden,<br />
dass es im Umfeld von infizierten Astrozyten zu erhöhten Zahlen von apoptotischen<br />
unifizierten Zellen kommt (Eugenin and Berman, 2013). Ebenfalls zeigen Astrozyten in Kontakt<br />
mit HIV-Proteinen eine starke proinflammatorische Antwort (Tewari et al., 2015) (Abbildung 3).<br />
Beides deutet darauf hin, dass Astrozyten an den neurodegenerativen Prozessen bei HAND<br />
beteiligt sind.<br />
18
Abbildung 3: Schematische Darstellung von HIV im ZNS. Einwanderung von infizierten Monozyten oder direkter<br />
Transfer über die BHS (gelbe Pfeile). HIV kann sowohl Monozyten als auch Mikroglia und Astrozyten infizieren (lila<br />
Pfeile). Durch Kontakt sowohl mit HIV Partikeln, als auch mit infizierten Monozyten, schütten hauptsächlich<br />
Mikroglia aber auch Astrozyten vermehrt proinflammatorische Mediatoren aus (rote Pfeile).<br />
Die Eigenheiten der im ZNS vorkommenden Zellen und die umschließende BHS führen zu<br />
einer Kompartimentierung von HIV im ZNS. Es wird davon ausgegangen, dass eine<br />
niederschwellige aber kontinuierliche Virusproduktion im ZNS stattfindet (Strickland et al.,<br />
2014). Anhand von Genomanalysen wurde deutlich, dass es zu einer genetischen<br />
Veränderung des Virus gegenüber dem in der Peripherie vorliegenden Virus kommt (Dahl et<br />
al., 2014). Die Abläufe von HIV im ZNS sind somit gesondert von den Abläufen in der<br />
Peripherie zu betrachten um die Hintergründe von HAND zu verstehen.<br />
1.5 Der molekulare Aufbau von HIV<br />
Das von HIV kodierte Erbgut liegt in Form eines einzelnen 9000 Basenpaar langen RNA-<br />
Stranges vor, der während des Infektionsprozesses durch Virus-eigene Enzyme in DNA<br />
umgeschrieben und in das Erbgut der Zielzelle integriert wird (Modrow et al., 2008). Dabei<br />
ähnelt die vorliegende RNA durch ihre Eigenschaften stark derer von Eukaryoten, da auch die<br />
HIV-RNA über eine CAP-Struktur am 5`-Ende verfügt und mit einer Polyadenylierung am 3`-<br />
Ende abgeschlossen wird (Cochrane et al., 2006). An den Enden der viralen RNA liegen die<br />
„long-terminal-repeats“ (LTR), bei denen es sich um eine hoch-konservierte Sequenz handelt,<br />
die Bindestellen für regulatorische Proteine enthält und wichtige Funktionen bei der reversen<br />
Transkription, Insertion und Translation besitzt (Modrow et al., 2008). Die virale RNA kodiert<br />
19
die sechs kleineren, hauptsächlich regulatorischen Genprodukte vif, vpr, vpu, rev, tat und nef,<br />
die im Falle von rev und tat aus komplexen Splicing-Prozessen entstehen (Strebel, 2013).<br />
Daneben beinhaltet die virale RNA die Informationen für drei große Genprodukte, die die<br />
kritischen Informationen für das Fortbestehen des Virus beinhalten. In Reihenfolge der 5`-3`-<br />
Leserichtung ist zuerst das gag-Gen lokalisiert, das sowohl Matrix-, Kapsid-, Nukleokapsidund<br />
Linker-Proteine kodiert. Diese organisieren den Aufbau und die Struktur des<br />
Viruspartikels. An das gag-Gen schließt sich das pol-Gen an. Beide Genprodukte hängen<br />
durch eine slippery site zusammen, die um das Stopkodon des gag-Gens lokalisiert ist. Das<br />
führt in ungefähr 5% der Transkriptionsprozesse dazu, dass eben dieses Stopkodon<br />
übersprungen wird, was zu einer Transkription des pol-Gens führt. Pol kodiert für die viralen<br />
Enzyme reverse Transkriptase, Integrase und Protease, die der Umschreibung der viralen<br />
RNA in DNA, sowie der anschließenden Integration der umgeschriebenen DNA in das<br />
Zielzellenerbgut und der Prozessierung der viralen Genprodukte und somit Reifung der<br />
infektiösen Partikel dienen (Modrow et al., 2008). Env beinhaltet die Informationen über die<br />
Proteine gp41 und gp120, die an der Membran der Virus-Partikel lokalisiert sind und der<br />
Infektion von Zielzellen dienen (Abbildung 4). Dabei bindet gp120 an den CD4-Rezeptor der<br />
Zielzelle, was zu einer Konformationsänderung von gp41 führt und eine Fusion des Virus mit<br />
der Zielzelle ermöglicht. Bei diesem Prozess bindet gp120 nicht allein an den CD4-Rezeptor,<br />
sondern benötigt noch einen weiteren Co-Rezeptor. Da gp120 fünf variable Domänen besitzt,<br />
kann dieser variieren, sodass es dem Virus möglich ist, sowohl monozytäre Zellen via CCR5<br />
Co-Rezeptor als auch T-Zellen via CXCR4 Co-Rezeptor zu infizieren (Modrow et al., 2008).<br />
Abbildung 4: Schematische Darstellung eines HIV-Partikels mit zwei RNA-Kopien, Nukleokapsid, Kapsid und<br />
Oberflächenmolekülen. RNA-Aufbau im Detail mit LTR`s und viralen Genen. Die drei Hauptgenprodukte sind<br />
durch rote Kästchen hervorgehoben. Modifiziert nach (Delenda, 2004).<br />
20
Gerade die Variabilität im env-Gen ermöglicht es HIV, sich der aktuellen Umgebung<br />
anzupassen. So sind HI-Viren charakterisiert, die beispielsweise eine sehr viel niedrigere<br />
Expression von CD4-Rezeptoren benötigen oder Viren, die sowohl CCR5 als auch CXCR4-<br />
trop sind (Vazquez-Santiago and Rivera-Amill, 2015). Diese speziellen Ausprägungen der<br />
Oberflächenproteine entstehen meist dort, wo es einen hohen Selektionsdruck gibt oder im<br />
zentralen Nervensystem (ZNS), in dem eine Kompartimentierung vorliegt (Vazquez-Santiago<br />
and Rivera-Amill, 2015).<br />
1.6 Pharmakologische Hemmung von HIV und dessen Bedeutung im ZNS<br />
Zu cART zählt man Substanzen, die spezifisch die Infektion durch HIV stoppen, bzw. die<br />
Replikation des Virus verhindern können, indem Vorgänge auf molekularer Ebene inhibiert<br />
werden (Darbyshire, 1995a) (Abbildung 5). Hierzu zählen Eintrittsinhibitoren wie CCR5-<br />
Antagonisten, aber auch Hemmstoffe für die spezifischen HIV-Enzyme, wie nonnukleosidische<br />
und nukleosidische reverse Transkriptase-Inhibitoren, Integrase-Inhibitoren<br />
und Protease-Inhibitoren. Bei der Therapie von HIV wird meist eine Kombination aus den<br />
verschiedenen Wirkklassen verwendet.<br />
21
Abbildung 5: Schematische Darstellung der Infektion einer Zelle mit HIV und die unterschiedliche<br />
pharmakologische Hemmung durch cART. Gezeigt wird der Prozess der Infektion: die Bindung des HIV-Partikel<br />
an die Zielzelle, die reverse Transkription der viralen RNA und die Integration der neu produzierten DNA in das<br />
Zielzellengenom mit anschließender Genexpression und Abschnürung neuer Partikel. Die Ansatzpunkte der in<br />
der cART verwendeten Substanzen sind mit roten Pfeilen gekennzeichnet. In den blauen Kästen sind die<br />
unterschiedlichen Substanzgruppen der cART angegeben. Modifiziert nach (Murphy et al., 2014).<br />
Trotz des starken Effektes von cART auf die Viruslast kann HIV im ZNS nicht eradiziert werden<br />
(Eden et al., 2010). Zwar bleiben unter cART dreiviertel der Patienten neurokognitiv stabil<br />
(Sacktor et al., 2016), doch wurde beschrieben, dass es bei HIV im ZNS zu sogenannten<br />
„blipping“-Ereignissen kommt, bei denen die Viruslast kurzzeitig trotz cART stark ansteigt.<br />
Diese sind auf eine Veränderung der Stabilität der viralen Reservoirs zurückzuführen (Wang<br />
and Rong, 2014). Die wiederkehrenden Ereignisse können für die persistierende Entzündung<br />
im ZNS verantwortlich sein. Es konnte gezeigt werden, dass eben diese Entzündung und die<br />
dabei ausgeschütteten Chemokine, Zytokine und Sauerstoffradikale mit der fortschreitenden<br />
Neurodegeneration bei HAND in Verbindung stehen, im Gegensatz zu der Menge an viraler<br />
RNA (Airoldi et al., 2012b).<br />
Ebenfalls ist bis heute nicht abschließend geklärt, ob die Behandlung mit cART nicht aktiv<br />
einen Teil des neuen Phänotyps von HAND fördert. Es konnte nachgewiesen werden, dass<br />
Bestandteile der cART Neurotoxizität hervorrufen können (Robertson et al., 2012). Zur<br />
Bekämpfung von HIV gibt es keine Alternativen, sodass zur Behandlung von HAND das<br />
therapeutische Spektrum erweitert werden muss. Dabei werden bereits Medikamente mit antientzündlicher<br />
Wirkung als Co-Therapeutikum bei HAND untersucht. Aspirin und Ibuprofen,<br />
zwei bekannte nichtsteroidale Antiphlogistika, konnten bereits positive Effekte bei HAND in<br />
Mensch und Tier zeigen (O'Brien et al., 2013; Rodrigo et al., 2010). Daneben sind<br />
insbesonders immunmodulatorische Medikamente interessant. Beispielsweise zeigen<br />
Teriflunomid als aktiver Bestandteil von Leflunomid und Monomethylfumarat (MMF) als aktiver<br />
Bestandteil von Dimethylfumarat im Kontext der autoimmunen Erkrankung Multiple Sklerose<br />
sehr gute anti-entzündliche und schubreduzierende Ergebnisse (Miller et al., 2014; Miller et<br />
al., 2015).<br />
Für Teriflunomid konnte bereits ein anti-viraler Effekt anhand eines nicht-spezifischen<br />
Pyrimidin-Abbaus gezeigt werden (Bernhoff et al., 2010), wobei die genauen Mechanismen<br />
der Wirkung von Teriflunomid noch größtenteils unbekannt sind (Teschner et al., 2009). Durch<br />
die Behandlung mit Teriflunomid konnte ebenfalls gezeigt werden, dass die Sekretion des proinflammatorischen<br />
Zytokins IL-6 durch die ZNS-Zelllinie SY-SH5Y in Kontakt mit Enterovirus<br />
71 inhibiert wurde. Die Behandlung mit MMF ruft bei Monozyten und Mikroglia einen<br />
22
neuroprotektiven Effekt hervor, in dessen Verlauf es zu einer Hochregulation von antioxidativen<br />
Faktoren in den Zellen kommt (Linker et al., 2011). MMF wurde bereits im Kontext<br />
von HAND beschrieben. Dabei verringert es die Sekretion von proinflammatorischen Zytokinen<br />
in HIV-infizierten Monozyten (Gill et al., 2014). Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass MMF<br />
die durch cART ausgelöste Neurotoxizität in Makaken und Ratten verringern kann (Akay et al.,<br />
2014).<br />
1.7 Eigene Vorarbeiten zu HAND<br />
Unsere Arbeitsgruppe hat ein Modell entwickelt, mit dem die zellulären Abläufe bei HAND<br />
nachgebildet werden können (Faissner, Ambrosius et al., 2014). Embryonale Mikroglia wurde<br />
in Co-Kultur mit HIV-transduzierten monozytären Zellen gebracht und der Überstand wurde<br />
auf sezernierte Zytokine und Chemokine als Marker der Neuroinflammation untersucht.<br />
Anhand von HIV-basierten lentiviralen Partikeln konnte herausgefunden werden, dass virale<br />
Partikel mit der Zielzelle fusionieren müssen und in den Partikeln virale RNA enthalten sein<br />
muss, um eine vollständige Aktivierung der Co-Kultur hervorzurufen. Interessanterweise<br />
wurde beobachtet, dass lediglich die virale RNA für die LTRs von HIV kodieren muss, um bei<br />
der Transduktion von monozytären Zellen eine vollständige Aktivierung der Co-Kultur<br />
auszulösen und nicht das vollständige HIV-Genom vorliegen muss (Faissner, 2013;<br />
Ambrosius, 2012; Faissner, Ambrosius et al., 2014). Auch das Vorhandensein bzw. die<br />
pharmakologische Inhibition der viralen Enzyme und deren katalytische Tätigkeit waren für<br />
eine vollständige Aktivierung in der Co-Kultur nicht entscheidend (Ambrosius, 2012; Faissner,<br />
Ambrosius et al., 2014). Anhand des entwickelten Modells konnte gezeigt werden, dass es zu<br />
einer stärkeren Aktivierung in einer Co-Kultur von Mikroglia mit HIV-transduzierten<br />
monozytären Zellen kommt, verglichen mit einer Mono-Kultur aus Mikroglia in Kontakt mit<br />
viralen Partikeln oder in einer Mono-Kultur aus monozytären Zellen. Diese Ergebnisse<br />
unterstützen die im Kontext von HAND bekannte „bystander hypothesis“ (Ambrosius, 2012)<br />
und machen deutlich, dass den transduzierten monozytären Zellen eine „Verstärkerrolle“ im<br />
Rahmen der Co-Kultur-Aktivierung zukommt. Die im verwendeten Zellkulturmodell am<br />
deutlichsten sezernierten Chemokine und Zytokine CXCL10, CCL5, CCL2 und IL-6 ließen sich<br />
im Liquor von HIV + Patienten ohne kognitive Beeinträchtigung nachweisen und korrelierten mit<br />
dem Neurofilament heavy chain- (NFH) Protein, einem Marker für Neurodegeneration<br />
(Faissner, 2013; Ambrosius, 2012; Faissner, Ambrosius et al., 2014). Anhand des<br />
beschriebenen Modells konnte ebenfalls untersucht werden, dass auch Astrozyten spezifisch<br />
in einer Co-Kultur auf HIV-transduzierte monozytäre Zellen reagieren, jedoch nicht in einer<br />
solchen Qualität und Quantität, wie dies für Mikroglia gezeigt werden konnte (Ambrosius,<br />
2012). Diese Ergebnisse wurden im Rahmen einer Publikation mit geteilter Erst-Autorenschaft<br />
veröffentlicht (Faissner, Ambrosius et al., 2014).<br />
23
1.8 Zielsetzung der Dissertation<br />
Mit steigender Lebenserwartung und zunehmend höherem Lebensalter von HIV + Patienten<br />
rücken HAND mehr und mehr in den Fokus der Forschung, um den Patienten eine hohe<br />
Lebensqualität zu ermöglichen. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, das Verständnis der<br />
molekularen Abläufe im Rahmen der ZNS-Infektion mit HIV zu verbessern. Diese Erkenntnisse<br />
sollen bei HIV + Patienten genutzt werden, um therapeutische Ansätze zu entwickeln, die die<br />
Neurodegeneration und damit das Auftreten von HAND minimieren.<br />
In der vorliegenden Arbeit sollen folgende Punkte erarbeitet werden:<br />
1) Modifizierung des Zellkultursystems, Einsatz einer mikroglialen Zelllinie:<br />
Da die molekularen Abläufe von HIV im ZNS schwer zu untersuchen sind und gerade<br />
die pharmakologische Modifikation von HAND nicht im Patienten untersucht werden<br />
kann, soll in dieser Arbeit das vorher entwickelte Zellkulturmodell weiterentwickelt<br />
werden. Neben dem Einsatz von primären humanen Zellen soll die Verwendung der<br />
mikroglialen Zelllinie HMC3 untersucht werden. Konkret soll das zuvor entwickelte<br />
Zellkulturmodell modifiziert werden und überprüft werden, ob sich die mikrogliale<br />
Zelllinie HMC3 im Kontext des oben genannten Modells verwenden lassen. Die<br />
Ergebnisse sollen anhand einer Co-Kultur aus primärer adulter Mikroglia mit HIV-<br />
Partikel transduzierten monozytären Zellen validiert werden. Abschließend soll<br />
untersucht werden, inwieweit direkter Zell-Zellkontakt zwischen Mikroglia und<br />
monozytären Zellen für eine Aktivierung notwendig ist. Im Rahmen einer betreuten<br />
Masterarbeit durch Frau Kirsten Schanzmann und durch eigene Arbeiten soll die<br />
funktionelle Relevanz der Co-Kulturüberstände anhand eines kortikalen<br />
Rattenneuronenmodels, beziehungsweise anhand eines fötalen humanen<br />
Neuronenmodels gezeigt werden.<br />
2) Unmarkierter Proteomansatz:<br />
Die Auswirkung der Transduktion mit einem HIV-Partikeln auf monozytäre Zellen ist<br />
weitgehend unbekannt. Um die Auswirkungen einer Transduktion mit einem lentiviralen<br />
minimalen HIV-Konstrukt besser zu verstehen, sollen transduzierte Monozyten in<br />
einem unmarkierten Proteom-Ansatz näher untersucht werden. Dabei sollen sowohl<br />
hoch- als auch herunterregulierte Proteine identifiziert werden um daraus das<br />
Verständnis der molekularen Abläufe im Rahmen der bystander hypothesis zu<br />
verbessern.<br />
24
3) Therapeutische Modulation:<br />
Das optimierte Zellkulturmodell soll eingesetzt werden, um den Einfluss der<br />
pharmakologischen Substanzen Teriflunomid und MMF auf mikrogliale/monozytäre<br />
Aktivierung zu untersuchen. Die funktionelle Relevanz der Manipulation der<br />
immunologischen Prozesse soll anhand eines Neurotoxizitätsmodells mit fötalen<br />
humanen Neuronen überprüft werden.<br />
Zusammenfassend soll die vorliegende Dissertation zum besseren Verständnis der<br />
molekularen Abläufe bei HAND beitragen, sowie mögliche therapeutische Optionen<br />
aufzeigen, die zukünftig für die Behandlung von HIV + Patienten im Kontext von HAND<br />
eingesetzt werden könnten.<br />
25
2. Material<br />
2.1 Zellkultur<br />
2.1.1 Medien<br />
Dulbecco`s Modified Eagle Media (DMEM)<br />
Dulbecco`s Modified Eagle Media (DMEM)<br />
high glucosis (HG)<br />
Dulbecco`s Modified Eagle Media (DMEM) /<br />
F12 (50:50)<br />
Dulbecco`s Phosphate-Buffered Saline<br />
ohne Magnesium, ohne Kalzium (DPBS -/- )<br />
Lysogeny broth Media (LB)<br />
Minimal-Essential Media (MEM)<br />
Neurobasal Media<br />
Phosphate-Buffered Saline (PBS)<br />
Roswell Park Memorial Institute Media 1640<br />
(RPMI 1640)<br />
Super optimal broth Media (SOC)<br />
Gibco, Invitrogen, Karlsruhe<br />
Gibco, Invitrogen, Karlsruhe<br />
Gibco, Invitrogen, Karlsruhe<br />
Gibco, Invitrogen, Karlsruhe<br />
Carl Roth, Karlsruhe<br />
Gibco, Invitrogen, Karlsruhe<br />
Gibco, Invitrogen, Karlsruhe<br />
Gibco, Invitrogen, Karlsruhe<br />
Gibco, Invitrogen, Karlsruhe<br />
Invitrogen, Karlsruhe<br />
2.1.2 Medien-Zusätze<br />
Ampicillin<br />
B27<br />
Humaner Granulozyten- Monozyten Kolonie<br />
stimulierender Faktor (GM-CSF)<br />
Fötales Kälberserum (FCS) (endotoxinfrei)<br />
Glutamax<br />
L-Glutamin<br />
Penicillin / Streptomycin (PenStrep) 10.000<br />
U/ml<br />
Invitrogen, Karlsruhe<br />
Invitrogen, Karlsruhe<br />
PeproTech, Hamburg<br />
Sigma-Aldrich Chemie, München<br />
Invitrogen, Karlsruhe<br />
Invitrogen, Karlsruhe<br />
Invitrogen, Karlsruhe<br />
2.1.3 Zellkultur-Reagenzien<br />
0,05 % Trypsin in 1x EDTA Gibco, Invitrogen, Karlsruhe<br />
0,1 % Trypsin Gibco, Invitrogen, Karlsruhe<br />
0,5 % Trypsin in 1x EDTA Gibco, Invitrogen, Karlsruhe<br />
7-Aminoactinomycin D (7AAD)<br />
eBioscience, Frankfurt<br />
26
Accutase<br />
bisBenzimid H 33342<br />
DNase I (20.000 U)<br />
Dimethylsulfoxid (DMSO)<br />
Empigen<br />
Wasserstoffperoxid (H 2O 2)<br />
Monomethylfumarat<br />
Percoll<br />
Poly-D-Lysin (PDL)<br />
Polyethylenimin (PEI)<br />
Propidiumiodid (PI)<br />
Teriflunomid<br />
Träger DNS (Kalbsthymus)<br />
Triton X-100<br />
Tween-20<br />
Sigma-Aldrich Chemie, München<br />
Sigma-Aldrich Chemie, München<br />
Invitrogen, Karlsruhe<br />
Sigma-Aldrich Chemie, München<br />
Sigma-Aldrich Chemie, München<br />
J.T. Baker, Griesheim<br />
Biogen, Ismaning<br />
Sigma-Aldrich Chemie, München<br />
Sigma-Aldrich Chemie, München<br />
Sigma-Aldrich Chemie, München<br />
Miltenyi Biotec, Bergisch Gladbach<br />
Genzyme, Neu-Isenburg<br />
Invitrogen, Karlsruhe<br />
Sigma-Aldrich Chemie, München<br />
Sigma-Aldrich Chemie, München<br />
2.1.4 Zellen<br />
Escherichia Coli XL1-blue<br />
Human embryonic kidney cells (HEK) 293A<br />
Human embryonic kidney cells (HEK) 293T<br />
Humane adulte Mikroglia<br />
Humane embryonale Mikroglia<br />
Human microglial cell line 3 (HMC3)<br />
U937<br />
Agilent Technologies, Waldbronn<br />
ECACC, via Sigma-Aldrich Chemie,<br />
München<br />
ECACC, via Sigma-Aldrich Chemie,<br />
München<br />
PD Dr. von Lehe, Neurochirurgie,<br />
Knappschaftskrankenhaus Bochum<br />
Ethik-Antrag: Az.: 13-4821<br />
Clonexpress, Maryland, USA<br />
Zur Verfügung gestellt durch:<br />
Dr. Pocock, Department of<br />
Neuroinflammation, UCL, London (England)<br />
Sigma-Aldrich Chemie, München<br />
2.2 Chemikalien<br />
2-Ethansulfonsäure (HEPES)<br />
Agarose<br />
Bacillol<br />
Sigma-Aldrich Chemie, München<br />
Carl Roth, Karlsruhe<br />
VWR International, Darmstadt<br />
27
CSPD with Sapphire-II<br />
Chlorina<br />
DNA Leiter 1 kb<br />
DNA Leiter 100 bp<br />
Dinatriumhydrogenphosphat<br />
Ethanol<br />
Ethidiumbromid<br />
Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA)<br />
Glucose<br />
Incidin<br />
Kaliumchlorid<br />
Kaliumhydrogenphosphat<br />
Ladepuffer (6x)<br />
Laminin<br />
Magermilchpulver<br />
Magnesiumchlorid<br />
Magnesiumsulfat<br />
Natriumchlorid<br />
Natriumhydrogencarbonat<br />
Natriumhydroxid<br />
Paraformaldehyd (PFA)<br />
Proteinaseinhibitor cOmplete<br />
Radioimmunoprecipitation assay (RIPA)-<br />
Puffer<br />
Rinderserumalbumin (BSA)<br />
Schaf-Serum<br />
Sucrose<br />
Tris-Acetat<br />
Tris-Trizma Base<br />
Invitrogen, Karlsruhe<br />
Lysoform, Berlin<br />
Invitrogen, Karlsruhe<br />
Invitrogen, Karlsruhe<br />
J.T. Baker, Griesheim<br />
VWR International, Darmstadt<br />
AppliChem, Darmstadt<br />
J.T. Baker, Griesheim<br />
J.T. Baker, Griesheim<br />
Ecolab, Düsseldorf<br />
J.T. Baker, Griesheim<br />
J.T. Baker, Griesheim<br />
New England Biolabs, Frankfurt a.M.<br />
Sigma-Aldrich Chemie, München<br />
Heirler, Radolfzell<br />
J.T. Baker, Griesheim<br />
J.T. Baker, Griesheim<br />
J.T. Baker, Griesheim<br />
Sigma-Aldrich Chemie, München<br />
J.T. Baker, Griesheim<br />
VWR International, Darmstadt<br />
Roche, Basel (Schweiz)<br />
Thermo Fisher Scientific, Schwerte<br />
Carl Roth, Karlsruhe<br />
Sigma-Aldrich Chemie, München<br />
J.T. Baker, Griesheim<br />
AppliChem, Darmstadt<br />
Sigma-Aldrich Chemie, München<br />
2.3 Kits<br />
Ambion Turbo-DNAse free kit<br />
Cytokine Bead Array (CBA) CXCL10,<br />
Position: B5<br />
Thermo Fisher Scientific, Schwerte<br />
BD Bioscience, Heidelberg<br />
28
Cytokine Bead Array (CBA) CCL5, Position:<br />
D4<br />
Cytokine Bead Array (CBA) CCL2, Position:<br />
D8<br />
Cytokine Bead Array (CBA) IL-6, Position:<br />
A7<br />
Gag p24 HIV-ELISA<br />
Human Soluble Protein Master Buffer Kit<br />
NucleoBond Xtra Maxi EF<br />
Qiagen Blood and Tissue Kit<br />
QIAamp Viral RNA Mini Kit<br />
BD Bioscience, Heidelberg<br />
BD Bioscience, Heidelberg<br />
BD Bioscience, Heidelberg<br />
Aalto Bioreagents, Dublin (Irland)<br />
BD Bioscience, Heidelberg<br />
Macherey-Nagel, Düren<br />
Qiagen, Hilden<br />
Qiagen, Hilden<br />
2.4 Antikörper / Enzyme / Proteine<br />
Age I<br />
Ava I<br />
BC 1071-AP<br />
D7320<br />
Nco I<br />
Rekombinantes HIV-p24 AG6054<br />
Xma I<br />
New England Biolabs, Frankfurt a.M.<br />
New England Biolabs, Frankfurt a.M.<br />
Aalto Bioreagents, Dublin (Irland)<br />
Aalto Bioreagents, Dublin (Irland)<br />
New England Biolabs, Frankfurt a.M.<br />
Aalto Bioreagents, Dublin (Irland)<br />
New England Biolabs, Frankfurt a.M.<br />
2.5 Plasmide<br />
Bezeichnung<br />
HIV CS-CG<br />
Beschreibung<br />
HIV CS-CG dient als Konstrukt eines<br />
minimalen HIV-Genoms, das einzig für die<br />
LTRs des HI-Virus kodiert. Dem 5`LTR<br />
wurde ein CMV Promotor vorgelagert. Das<br />
3`LTR wurde modifiziert, indem die<br />
Enhancer-Bindestelle deletiert wurde.<br />
Dadurch wurde ein self-inactivating (SIN)-<br />
LTR geschaffen, da bei der reversen<br />
Transkription und Integration die TATA-Box<br />
fehlt. Dies führt dazu, dass die viralen Gene<br />
nicht transkribiert werden können. Zwischen<br />
die LTR`s ist ein GFP-Gen mit<br />
29
HGP syn<br />
pcRev<br />
pcTat<br />
pHitG<br />
vorgelagertem CMV-Promotor inseriert<br />
(Miyoshi et al., 1998).<br />
HGP syn kodiert als kodonoptimiertes<br />
Plasmid für die HIV Gene gag und pol<br />
(Wagner et al., 2000). Gag kodiert für ein<br />
Vorläuferprotein, das später in die<br />
Matrixproteine, Kapsidproteine und<br />
Nukleokapsidproteine geschnitten wird. Pol,<br />
das über eine Poly-Uridin Sequenz an gag<br />
gebunden ist und nur in 5 % der Fälle<br />
transkribiert wird, kodiert für die viralen<br />
Enzyme reverse Transkriptase, Integrase<br />
und Protease (Modrow et al., 2008).<br />
pcRev kodiert für das regulatorische Protein<br />
rev, welches an das rev response Element<br />
der viralen RNA bindet und so einen<br />
ungespleißten und einfach gespleißten<br />
Export der RNA aus dem Zellkern<br />
ermöglicht (Strebel, 2003). Ebenfalls konnte<br />
gezeigt werden, dass pcRev eine um den<br />
Faktor 100 bis 1000 erhöhte Verpackung<br />
von genomischer RNA in die viralen Partikel<br />
ermöglicht (Ohs, 2010).<br />
pcTat kodiert für den viralen<br />
Transkriptionsfaktor tat, welcher bei HIV an<br />
die 5`LTR - Sequenz der integrierten DNA<br />
bindet und die Transkription verstärkt<br />
(Modrow et al., 2008; Debaisieux et al.,<br />
2012).<br />
pHitG kodiert für das vesicular stomatitis<br />
virus glycoprotein (VSV-G), welches als<br />
Oberflächenmolekül auf den eingesetzten<br />
Partikeln fungiert und das HIV-typische<br />
gp120 und gp41 ersetzt. Durch VSV-G<br />
können deutlich höhere Transduktionsraten<br />
und höhere infektiöse Titer der Partikel<br />
erreicht werden (Burns et al., 1993).<br />
30
2.6 Herstellung HIV-Vektor<br />
Plasmid PEI-Transfektion CaCl 2-Transfektion<br />
HIV CS-CG 4 µg 5 µg<br />
HGP syn 2 µg 3 µg<br />
pcRev 1 µg 2 µg<br />
pcTat 1 µg 2 µg<br />
pHitG 2 µg 3 µg<br />
2.7 Herstellung HIV-leer<br />
Plasmid PEI-Transfektion CaCl 2-Transfektion<br />
HIV CS-CG 0 µg 0 µg<br />
HGP syn 2 µg 3 µg<br />
pcRev 1 µg 2 µg<br />
pcTat 1 µg 2 µg<br />
pHitG 2 µg 3 µg<br />
Träger DNA 4 µg 5 µg<br />
2.8 Pufferzusammensetzung<br />
CaCl 2-Transfektionsreagenz 29,4 g CaCl 2<br />
In 100 ml H 2O<br />
0,2 µM Filter<br />
steril-filtrieren<br />
2x HBS-Puffer (pH 7,1)<br />
0,25 M Hepes<br />
1,4 M NaCl<br />
10 mM Na 2HPO4<br />
steril-filtrieren<br />
PBS-Puffer (10-fach)<br />
25,6 g Na 2HPO 4 x 2 H 2O<br />
8,9 g NaH 2PO 4 x H 2O<br />
87,7 g NaCl<br />
in 1000 ml H 2O<br />
PBS-Puffer (1-fach)<br />
100 ml 10-fach PBS<br />
in 1000 ml H 2O<br />
PFA 4 %<br />
20 g PFA<br />
31
TAE-Puffer (50x)<br />
200 µl 10 mM NaOH<br />
50 ml PBS (10-fach)<br />
450 ml H 2O<br />
50 mM EDTA<br />
2 M Tris-Acetat<br />
H 2O<br />
2.9 Laborgeräte<br />
Bio-Photometer<br />
Eismaschine AF80<br />
ELISA-Lesegerät Tecan Spectra Classics<br />
FACS Canto II<br />
Kühl- und Eisschränke<br />
Gefrierschrank Liebherr comfort<br />
Gefrierschrank V.I.P. series ultra low<br />
Gefriertruhe Model 5820<br />
Kühlschrank Liebherr profi line<br />
H 2O-Bidest Gerät Millipore Progard 1<br />
Heizblock Bio TDB-100 Dry Block Heating<br />
Thermostat<br />
Magnetrührer RH basic 2<br />
Microplate Luminometer Orion<br />
Mikroskope<br />
Axiovert 25<br />
B3 Professional<br />
BX51<br />
CKX41<br />
IX51<br />
Mikrowelle M1001<br />
Neubauer Zählkammer<br />
Personal Computer Optiplex 960<br />
pH-Meter Vario pH plus<br />
Pipetten<br />
Multikanalpipette Research (300µl<br />
Hubvolumen)<br />
Accu-Jet Pro<br />
Eppendorf, Hamburg<br />
Scotsman, Illinois (USA)<br />
Tecan, Männedorf (Schweiz)<br />
BD Bioscience, Heidelberg<br />
Liebherr, Ochsenhausen<br />
Sanyo, München<br />
Thermo Fisher Scientific, Schwerte<br />
Liebherr, Ochsenhausen<br />
Merck Millipore, Darmstadt<br />
Biosan, Riega (Lettland)<br />
IKA, Staufen<br />
Berthold, Bad Wilbad<br />
Zeiss, Oberkochen<br />
Motic, Wetzlar<br />
Olympus, Hamburg<br />
Olympus, Hamburg<br />
Olympus, Hamburg<br />
Alaska, Viernheim<br />
Assistent, Erlangen<br />
Dell, Halle<br />
WTW, Weilheim<br />
Eppendorf, Hamburg<br />
Brand, Wertheim<br />
32
Research (1000 µl Hubvolumen)<br />
Research (200 µL Hubvolumen)<br />
Research (100 µl Hubvolumen)<br />
Research (20 µl Hubvolumen)<br />
Research (10 µl Hubvolumen)<br />
Research (2,5 µl Hubvolumen)<br />
Schüttler<br />
Novotron<br />
MicroMix5<br />
3D05 Inkubator-Schüttler<br />
Vortex Genie 2<br />
Steril – und Sicherheitsbank Hera Safe<br />
Waagen:<br />
Elektronische Präzisionswaage Kern 572<br />
EMB 2200-0 Waage<br />
Feinwaage, BP1215<br />
Wärmeschrank Function line<br />
Wasserbad Typ 1008<br />
Wellwash 4 MK2<br />
Zentrifugen<br />
Biofuge fresco<br />
Biofuge pico<br />
Multifuge 3-S-R<br />
Multifuge X3R<br />
Sorvall Evolution RC<br />
Zellkulturschrank Hera Cell<br />
Eppendorf, Hamburg<br />
Eppendorf, Hamburg<br />
Eppendorf, Hamburg<br />
Eppendorf, Hamburg<br />
Eppendorf, Hamburg<br />
Eppendorf, Hamburg<br />
Infors HAT, Einsbach<br />
DPC Biermann, Bad Nauheim<br />
Ditabis AG, Pforzheim<br />
Scientific Industires, New York (USA)<br />
Heraeus Instruments, Hanau<br />
Kern & Sohn, Balingen-Frommern<br />
Kern & Sohn, Balingen-Frommern<br />
Sartorius, Göttingen<br />
Heraeus Instruments, Hanau<br />
GFL, Burgwedel<br />
Thermo Fisher Scientific, Schwerte<br />
Heraeus Instruments, Hanau<br />
Heraeus Instruments, Hanau<br />
Heraeus Instruments, Hanau<br />
Sigma-Aldrich Chemie, München<br />
Thermo Fisher Scientific, Schwerte<br />
Heraeus Instruments, Hanau<br />
2.10 Verbrauchsmaterialien<br />
Einmal-Handschuh<br />
Latex Gentle Skin Classic Powderfree<br />
Nitril 3000 Powderfree<br />
Flachboden – Vertiefungsplatten<br />
24-Loch Platte<br />
24-Loch NUNC Surface Platte<br />
96-Loch Platte<br />
96-Loch NUNC Surface Platte<br />
Meditrade, Kiefersfelden<br />
Meditrade, Kiefersfelden<br />
Sarstedt, Nümbrecht<br />
Thermo Fisher Scientific, Schwerte<br />
Sarstedt, Nümbrecht<br />
Thermo Fisher Scientific, Schwerte<br />
33
ELISA-Platten F96 Micro Well<br />
Dispensierspritzen CombiTips plus (0,5 ml;<br />
2,5 ml; 5 ml; 10 ml)<br />
Einwegspritzen (1 ml; 5 ml; 10 ml)<br />
Filtopur S (0,2 µM; 0,45 µM)<br />
Thermo Fisher Scientific, Schwerte<br />
Eppendorf, Hamburg<br />
BD Bioscience, Heidelberg<br />
Sarstedt, Nümbrecht<br />
Filtrier-Papier Trichter<br />
Mikro-Schraubröhrchen (0,5 ml; 1,5 ml, 2,5<br />
ml)<br />
Parafilm M<br />
Pasteurpipetten (7 ml)<br />
Petrischale (2 cm; 10 cm)<br />
Pipettenspitzen<br />
Filter – Pipettenspitzen (101 µl – 1000 µl)<br />
Filter – Pipettenspitzen (20 µl – 300 µl)<br />
Filter – Pipettenspitzen (1 µl – 20 µl)<br />
Filter – Pipettenspitzen (0,1 µl – 10 µl)<br />
Pipettenspitzen (101 µl – 1000 µl)<br />
Pipettenspitzen (20 µl – 300 µl)<br />
Reaktionsgefäße (0,5 ml; 1,5 ml; 2 ml)<br />
Reaktionsröhre (15 ml; 50 ml)<br />
Röhre Durchflusszytometrie (5 ml)<br />
Serologische Pipetten<br />
Filter, steril, 25 ml<br />
Filter, steril, 10 ml<br />
Filter, steril, 5 ml<br />
Filter, steril, 2 ml<br />
Filter, steril, 1 ml<br />
Skalpell Cutfix<br />
Ultrazentrifugen-Röhrchen<br />
50 ml steril<br />
36 ml unsteril<br />
Wägeschale quadratisch<br />
Zellkulturflaschen<br />
25 cm 2 Primaria<br />
25 cm 2 TC<br />
Macherey-Nagel, Düren<br />
Sarstedt, Nümbrecht<br />
Pechiney Plastic Packaging, Illinois (USA)<br />
VWR International, Darmstadt<br />
Sarstedt, Nümbrecht<br />
Sarstedt, Nümbrecht; Starlab, Ahrensburg<br />
Sarstedt, Nümbrecht; Starlab, Ahrensburg<br />
Sarstedt, Nümbrecht; Starlab, Ahrensburg<br />
Sarstedt, Nümbrecht; Starlab, Ahrensburg<br />
Sarstedt, Nümbrecht<br />
Sarstedt, Nümbrecht<br />
Sarstedt, Nümbrecht<br />
Sarstedt, Nümbrecht<br />
Sarstedt, Nümbrecht<br />
Sarstedt, Nümbrecht<br />
Sarstedt, Nümbrecht<br />
Sarstedt, Nümbrecht<br />
Sarstedt, Nümbrecht<br />
Sarstedt, Nümbrecht<br />
B. Braun, Melsungen<br />
Herolab, Wiesloch<br />
Beranek Laborgeräte, Weinheim<br />
Brand, Wertheim<br />
BD Bioscience, Heidelberg<br />
Sarstedt, Nümbrecht<br />
34
75 cm 2 Primaria<br />
75 cm 2 TC<br />
150 cm 2 TC<br />
Zellsieb (70 µM; 100 µM)<br />
BD Bioscience, Heidelberg<br />
Sarstedt, Nümbrecht<br />
Sarstedt, Nümbrecht<br />
BD Bioscience, Heidelberg<br />
2.11 Software<br />
Cell^F 5.1<br />
Citavi 5.3<br />
Corel Draw X5<br />
Excel 365<br />
FACS DIVA<br />
FCAP Array 3.01<br />
Graph Pad Prism 6<br />
ImageJ 1.6<br />
Outlook 365<br />
Power Point 365<br />
Windows 10, Operating System 64 bit<br />
Word 365<br />
XRead Plus<br />
Olympus, Münster<br />
Swiss Academic Software, Wädenswill<br />
(Schweiz)<br />
Corel, München<br />
Microsoft, Unterschleißheim<br />
BD Bioscience, Heidelberg<br />
Soft Flow, Pècs (Ungarn)<br />
Graph Pad Software INC., La Jolla (USA)<br />
NIH, Bethesda (USA)<br />
Microsoft, Unterschleißheim<br />
Microsoft, Unterschleißheim<br />
Microsoft, Unterschleißheim<br />
Microsoft, Unterschleißheim<br />
Tecan, Männedorf (Schweiz)<br />
35
3. Methoden<br />
3.1 Zellen<br />
3.1.1. Monozytäre Zelllinie U937<br />
U937 wurden als monozytäre Zellen verwendet. Dabei handelt es sich um eine immortale<br />
Zelllinie mit monozytären Eigenschaften, die aus einem Lymphom eines männlichen Patienten<br />
gewonnen und erstmals 1976 beschrieben wurde (Sundstrom and Nilsson, 1976). U937 (von<br />
nun an benannt als monozytäre Zellen) wurden bereits im Kontext von HIV-Studien zur<br />
Transduktion mit lentiviralen Partikeln verwendet (Sen et al., 2016). Die Zellen wurden von<br />
Sigma-Aldrich bezogen und in RPMI mit 10 % fötalem Kälberserum (fetal calf serum, FCS),<br />
100 U/ml Penicillin und 100 U/ml Streptomycin (PenStrep) angezogen. Nach jeweils drei<br />
Tagen bei 37° C und 5% CO 2 wurden die Zellen passagiert, indem 3 ml der Zellsuspension in<br />
eine neue T75-Zellkulturflasche überführt wurde und diese mit dem oben beschriebenen<br />
Medium auf ein Volumen von 20 ml aufgefüllt wurde.<br />
3.1.2 Primäre humane embryonale Mikroglia<br />
Zur Etablierung des Zellkulturmodells wurde primäre embryonale Mikroglia in verwendet. Die<br />
Mikroglia wurde von Clonexpress INC. bezogen und dort zuvor aus 14-16 Wochen alten Föten<br />
gewonnen. Von der Firma wurde eine Reinheit von mindestens 96 % und eine Abstinenz von<br />
Humanpathogenen wie HIV oder Hepatitis garantiert. Die Zellen wurden gefroren geliefert und<br />
im Labor in 20 ml DMEM + 5 % FCS + 100 U/ml PenStrep gelöst. Danach wurde die<br />
Zellsuspension zwei Mal bei 400 g für 5 min zentrifugiert, der Überstand verworfen und das<br />
Pellet in 10 ml frischem Medium resuspendiert. Nach erneuter Zentrifugation und Verwurf des<br />
Überstandes wurde das Pellet in DMEM angereichert mit 5 % FCS, 100 U/ml PenStrep und<br />
10 ng/ml GM-CSF (Granulozyten-Monozyten-Kolonie stimulierender Faktor) gelöst und die<br />
Zellen in T75-Primaria-Zellkulturflaschen ausgesät. Das Medium wurde alle vier Tage ersetzt.<br />
Bei Erreichen eines konfluenten Zellrasens wurden die Zellen mit DPBS -/- (Dulbecco`s<br />
Phosphate-Buffered Saline ohne Kalzium und Magnesium) gewaschen und anschließend für<br />
10 min mit 0,05 % Trypsin und EDTA bei 37°C inkubiert, um die sehr adhärenten Zellen<br />
abzulösen. Das Trypsin wurde durch Gabe von 10 ml DMEM mit 5 % FCS und 100 U/ml<br />
PenStrep gehemmt und die gelösten Zellen 5 min bei 400 g zentrifugiert. Anschließend wurden<br />
die Zellen im Verhältnis von 1:2 in neuen T75-Zellkulturflaschen ausgesät. Bei Verwendung<br />
der primären embryonalen Mikroglia in Co-Kultur-Versuchen wurden 200 µl der Zellsuspension<br />
(100.000 Zellen/ml) in eine Vertiefung einer Primaria 96-Loch-Platte pipettiert um eine<br />
Konzentration von 20.000 Zellen/Vertiefung zu erhalten. Die embryonalen Zellen wurden zwei<br />
Tage in der 96-Loch-Platte bei 37° C und 5 % CO 2 inkubiert, bevor die monozytären Zellen im<br />
Rahmen der Co-Kultur hinzugegeben wurden.<br />
36
3.1.3 HMC3 – humane mikrogliale Zelllinie<br />
HMC3 (human microglia cell line 3) ist eine mikrogliale Zelllinie, die durch Transfektion von<br />
humanen embryonalen Gehirn-Makrophagen mit dem T-Antigen des SV40 (Simian<br />
Vacuolating Virus 40) hervorgegangen ist. Die Zellen bilden mikrogliale und makrophagen<br />
spezifische Oberflächenmoleküle aus (Janabi et al., 1995). HMC3 reagieren auf Pathogene<br />
mit einer ausgeprägten Sekretion von Zytokinen und Chemokinen (Etemad et al., 2012).<br />
Daneben konnte bereits gezeigt werden, dass HMC3 spezifisch auf HIV-Proteine mit einer<br />
Hochregulation von reaktiven Sauerstoffmetaboliten reagiert (Jadhav et al., 2014). Zur<br />
Anzucht der Zellen wurden diese in Minimal Essential Medium (MEM), angereichert mit 10 %<br />
FCS und 100 U/ml PenStrep bei 37° C und 5 % CO 2 kultiviert. Nach vier Tagen wurde das<br />
Medium einer T75-Zellkulturflasche durch frisches Medium ersetzt. Nach sieben Tagen<br />
wurden die adhärenten Zellen passagiert. Dazu wurde das vorhandene Medium abgegossen<br />
und die Zellen einmal mit DPBS -/- gespült. Anschließend wurden die Zellen 5 min mit dem<br />
Enzym Accutase inkubiert, um diese von den T75-Zellkulturflaschen zu lösen. Danach wurde<br />
zu Accutase 10 ml MEM mit 10 % FCS und 100 U/ml PenStrep gegeben, um die Accutase<br />
durch einen Überschuss an Substrat zu hemmen. Das Zellgemisch wurde 5 min bei 400 g<br />
zentrifugiert, der Überstand wurde verworfen und das Pellet in MEM mit 10 % FCS und 100<br />
U/ml PenStrep resuspendiert. Die Zellen wurden 1:2 in eine neue T75-Zellkulturflasche<br />
transferiert und auf ein Volumen von 20 ml mit MEM mit 10 % FCS und 100 U/ml PenStrep<br />
aufgefüllt.<br />
3.1.4 Adulte Mikroglia<br />
Primäre adulte Mikroglia wurde aus dem Sicherheitsgewebe von Patienten isoliert, bei denen<br />
ein epileptischer Fokus im Kontext einer therapierefraktären Epilepsie entfernt wurde (Chan et<br />
al., 2003). Diese wurde über eine Kooperation mit der Neurochirurgie des<br />
Knappschaftskrankenhauses Bochum (PD Dr. von Lehe) zur Verfügung gestellt (Ethikantrag:<br />
Az.: 13-4821). Das erhaltene Gewebe wurde makroskopisch von Blut, Gefäßen und Meningen<br />
befreit und mechanisch zerkleinert. Über das mehrmalige Absinken in einem 50 ml Reaktions-<br />
Röhrchen in jeweils frischem DPBS -/- wurde es gereinigt und anschließend in 15 ml DBPS -/-<br />
in eine sterile Glasflasche überführt. Um den chemischen Verdau einzuleiten, wurden 15 ml<br />
0,5 % Trypsin mit EDTA und 2 µl DNAse I (277,3 U/ml) hinzugegeben und bei 37° C unter<br />
ständigem Rühren inkubiert. Der Verdau wurde nach 30 min durch die Zugabe von 3 ml 100<br />
% FCS gestoppt. Um größere noch verbleibende Gewebestücke auszusondern, wurde das<br />
Gemisch durch ein 132 µm Nylonnetz gefiltert und anschließend bei 300 g für 10 min<br />
zentrifugiert. Der Überstand wurde verworfen und das Pellet in 21 ml DPBS -/- resuspendiert.<br />
Anschließend wurde das Zellgemisch mit 9 ml Percoll vermengt, sodass eine 30 % Percoll-<br />
37
Lösung entstand. Diese wurde 30 min bei 4° C und 27.000 g zentrifugiert. Bei der Prozedur<br />
kam es zu einer Schichtbildung anhand eines durch Percoll begünstigten Dichtegradienten.<br />
Die oberste Schicht, bestehend aus DPBS -/- und Myelin wurde verworfen und die<br />
nachfolgende Schicht mit den ZNS residenten Zellen, unter anderem der Mikroglia, wurde in<br />
50 ml Reaktions-Röhrchen überführt, ohne die darunterliegende Schicht mit Erythrozyten zu<br />
berühren (Abbildung 6: Schematische Übersicht Percoll-Gradient. Oben DPBS -/- und Myelin.<br />
Darunter Percoll- und Zellgemisch mit den gewünschten Mikroglia. Unterste Schicht pelletierte<br />
Erythrozyten.)<br />
Abbildung 6: Schematische Übersicht Percoll-Gradient. Oben DPBS -/- und Myelin. Darunter Percoll- und<br />
Zellgemisch mit den gewünschten Mikroglia. Unterste Schicht pelletierte Erythrozyten.<br />
Die Zellen wurden anschließend mit DPBS -/- gewaschen und in MEM mit 10 % FCS, 100 U/ml<br />
PenStrep und 10 % Glukose resuspendiert und in T25-Zellkulturflaschen ausgesät. Nach zwei<br />
Tagen wurden die Zellkulturflaschen 5 min bei 40 rpm geschüttelt um nicht-adhärente<br />
Oligodendrozyten und wenig-adhärente Astrozyten abzulösen. Die Mikroglia wurden mit<br />
frischen Medium versehen und weitere fünf Tage bei 37° C und 5 % CO 2 inkubiert. Danach<br />
wurden die Zellen mit DPBS -/- gespült und für 10 min mit 0,5 % Trypsin und EDTA inkubiert,<br />
um diese vom Flaschenboden abzulösen. Die Zellen wurden bei 400 g 5 min zentrifugiert und<br />
resuspendiert. Im Anschluss wurden 20.000 Zellen pro Vertiefung einer 96-Loch Platte (200<br />
µl; 100.000 Zellen/ml) ausgesät und für 48 h bei 37° C und 5 % CO 2 inkubiert.<br />
3.1.5 HEK293A und HEK293T Zellen<br />
HEK293T Zellen wurden zur Produktion von lentiviralen Partikeln verwendet, deren infektiöser<br />
Titer anhand einer Transduktion von HEK293A Zellen bestimmt wurde. HEK293 Zellen wurden<br />
durch die Transfektion von humanen embryonalen Nierenzellen mit Teilen des Adenovirus 5<br />
erzeugt (Zur Hausen, 1967) und sind für die Produktion von lentiviralen Partikeln gut<br />
beschrieben (Pear et al., 1993; Merten et al., 2016). Bei HEK293 Zellen handelt es sich um<br />
adhärente Zellen, die in DMEM mit 10 % FCS und 100 U/ml PenStrep bei 37° C und 5 % CO 2<br />
38
kultiviert wurden. Nach drei Tagen wurden die Zellen je nach Konfluenz 1:3 bis 1:6 in eine<br />
neue T150 Zellkulturflasche transferiert, indem die Zellen einmal mit PBS (phosphate buffered<br />
saline) gewaschen und anschließend mit 0,05 % Trypsin in EDTA gelöst wurden. Die Zellen<br />
wurden 5 min bei 300 g zentrifugiert und anschließend in einem Volumen von 30 ml<br />
resuspendiert.<br />
3.2 Produktion und Charakterisierung von viralen Partikeln<br />
3.2.1 Präparation von Plasmiden<br />
Die zur Transfektion benötigten Plasmide wurden in Escherichia coli (E. coli) Bakterien<br />
amplifiziert und mittels Maxi-Präparation isoliert. Dabei wurde vorher von ultrakompetenten E.<br />
coli Bakterien des Stammes XL2 blue mittels Re-Transformation das gewünschte Plasmid<br />
aufgenommen. Von diesen Bakterien wurden vorherig Kulturen erstellt und bei -80°C gelagert.<br />
Die Kulturen wurden von der Arbeitsgruppe „molekulare Virologie“ der Ruhr-Universität<br />
Bochum unter der Leitung von Professor Klaus Überla zur Verfügung gestellt.<br />
Mit den gefrorenen Bakterien wurde 1 ml LB-Medium mit 100 mg/ml Ampicillin angeimpft und<br />
über Nacht bei 37° C auf einem Schüttler bei 200 rpm inkubiert. Die für diese Versuche<br />
interessanten Plasmide kodierten ebenfalls für eine Ampicillin-Resistenz der Bakterien.<br />
Bakterienwachstum wurde anhand einer Trübung des LB-Mediums nach 24 h festgestellt. 300<br />
ml frisches LB-Medium versetzt mit 100 mg/ml Ampicillin wurde mit 300 µl Bakterienlösung<br />
angeimpft und über Nacht inkubiert. Am nächsten Tag und ebenfalls durch eine Trübung des<br />
Mediums indiziert, wurden die gewachsenen Bakterien durch Zentrifugation bei 6000 g für 15<br />
min bei 4° C geerntet und die amplifizierten Plasmide aus diesen isoliert. Dafür wurde eine<br />
Maxi-Präparation nach dem Herstellerprotokoll (NucleoBond Xtra Kit) durchgeführt. Die Zellen<br />
wurden pelletiert und mittels Lysepuffer aufgeschlossen. Danach wurden die Plasmide über<br />
Separation in einer Säule gewonnen und in EF-Puffer eluiert und verdünnt. Der DNA-Gehalt<br />
wurde photometrisch bestimmt und auf eine Konzentration zwischen 1-2 µg/µl eingestellt. Im<br />
Anschluss wurde ein Kontrollverdau der Plasmide durchgeführt und mittels Vektorkarten und<br />
Kontroll-Plasmiden verglichen. Dafür wurde 1 µg Plasmid mit 0,5 µl Restriktionsenzymen und<br />
2 µl korrespondierendem Restriktionspuffer versetzt und inkubiert (Tabelle 1).<br />
39
Tabelle 1: Plasmide und eingesetzte Restriktionsenzyme, sowie erzeugte Fragmente<br />
Plasmid Restriktionsenzym Ungefähre Fragmentgrößen<br />
HIV CS-CG Xma I 5100 bp<br />
3100 bp<br />
200 bp<br />
HGP syn Nco I 5600 bp<br />
3300 bp<br />
730 bp<br />
pcRev Ava I 2950 bp<br />
500 bp<br />
pcTat Nco I 3250 bp<br />
480 bp<br />
pHitG Age I 1000 bp<br />
650 bp<br />
Die geschnittenen Plasmide wurden mit 6x Ladepuffer versetzt und auf ein 1 % Agarose-Gel<br />
aufgetragen. Mittels Gelelektrophorese bei 110 Volt wurden die Plasmide nach Größe der<br />
Fragmente aufgetrennt. Durch vorheriges Anfärben des Agarose-Gels mit 0,1 µg/µl<br />
Ethidiumbromid konnte die Schnittmuster unter UV-Licht visualisiert und mit den vorliegenden<br />
Vektorkarten der Plasmide verglichen werden. Dadurch wurde sichergestellt, dass die für die<br />
Transfektion von HEK293T-Zellen verwendeten Plasmide keine Veränderungen aufwiesen.<br />
3.2.2 Transfektion von 293T-Zellen zur Partikelproduktion<br />
Die isolierten Plasmide wurden zur Transfektion von 293T-Zellen verwendet. Dabei wurden<br />
sowohl Transfektionen nach der Polyethylenimid (PEI)-Methode (Aricescu et al., 2006) als<br />
auch nach der Kalzium-Chlorid (CaCl 2)-Methode (Soneoka et al., 1995) angewendet. Bei<br />
beiden Methoden wurden die vorher genannten Plasmide in HEK293T Zellen gebracht und<br />
dort von der Zelle translatiert. Je nach Zusammensetzung der Plasmide wurden virale Partikel<br />
mit unterschiedlichen Eigenschaften produziert. Bei der Transfektion wurden die Plasmide:<br />
HIV CS-CG, HGP syn , HG syn , pcRev, pcTat und pHitG eingesetzt, die alle im Kapitel 2.5 dieser<br />
Dissertation näher beschrieben sind.<br />
Beide Transfektionsmethoden zeigen hinsichtlich der Transfektionsrate ähnliche Resultate<br />
(Ambrosius, 2012; Faissner, 2013). Da jedoch im Hinblick auf sezernierte Zytokine eine basale<br />
Aktivierung der Zellen, welche zuvor mit der CaCl 2-Methode transfiziert wurden, geringer<br />
ausfiel, wurde diese für die weiteren Versuche im Kontext dieser Dissertation verwendet.<br />
40
Bei der PEI Methode wurden 1,5x10 6 HEK293T Zellen in einer T25 Zellkulturflasche ausgesät<br />
und über Nacht in DMEM mit 10 % FCS und 100 U/ml PenStrep bei 37° C und 5 % CO 2<br />
inkubiert. Am darauffolgenden Tag wurde das Medium zu DMEM mit 1,5 % FCS und 100 U/ml<br />
PenStrep gewechselt, da FCS den Transfektionsprozess stören kann. Für die Transfektion<br />
wurden 500 µl DMEM mit 100 U/ml PenStrep in einem 1,5 ml Reaktionsgefäß vorgelegt und<br />
die vorher aufgezählten Plasmide wurden je nach den gewünschten Eigenschaften der<br />
späteren Partikel hinzu pipettiert (Kapitel 2.5). Anschließend wurde der Ansatz mittels Träger-<br />
DNA aus Kalbsthymus auf 10 µg pro Ansatz aufgefüllt, um eine vergleichbare Transfektion zu<br />
ermöglichen. Zu jedem Ansatz wurden 10 µl PEI hinzugegeben, der Ansatz gevortext und 10<br />
min bei Raumtemperatur inkubiert. Der fertige Ansatz wurde zu den adhärenten HEK293T<br />
Zellen in den T25-Zellkulturflaschen pipettiert und über Nacht bei 37° C und 5 % CO 2 inkubiert.<br />
Am nächsten Morgen wurde das Medium erneut zu DMEM mit 10 % FCS und 100 U/ml<br />
PenStrep gewechselt. Nach Aufnahme der Plasmide durch die Zellen über Nacht konnte durch<br />
die Erhöhung des FCS das Zellwachstum und die Plasmid-Translation angeregt werden. Die<br />
Zellen wurden in dem frischen Medium für weitere 24 h inkubiert.<br />
Bei der CaCl 2-Methode wurden ebenfalls 1,5x10 6 HEK293T Zellen in eine T25<br />
Zellkulturflasche ausgesät und über Nacht in DMEM mit 10 % FCS und 100 U/ml PenStrep bei<br />
37° C und 5 % CO 2 inkubiert. Analog zur PEI Methode wurde kurz vor der Transfektion das<br />
Medium erneuert, jedoch wurde bei der CaCl 2-Methode der Medium-Typ beibehalten. Für die<br />
Transfektion wurde 15 µg DNA verwendet und diese auf die eingesetzten Plasmide aufgeteilt<br />
(Kapitel 2.6 und 2.7). Es wurden 31 µl 2 M CaCl 2 hinzugegeben und mit H 2O auf 250 µl pro<br />
Ansatz aufgefüllt. Unter leichtem vortexen wurde tropfenweise 2x HBS-Puffer (pH 7,1)<br />
hinzugegeben und der Ansatz für 10 min bei Raumtemperatur inkubiert. Der Ansatz wurde in<br />
die entsprechende T25 Zellkulturflasche pipettiert und die Zellen über Nacht bei 37° C und 5<br />
% CO 2 inkubiert. Am nächsten Morgen wurde das Medium gewechselt, um einem toxischen<br />
Effekt durch das CaCl 2 auf die Zellen vorzubeugen. Die Zellen wurden für weitere 24 h bei 37°<br />
C und 5 % CO 2 inkubiert.<br />
Bei der Partikelernte wurde bei beiden Methoden gleich vorgegangen. Der Überstand der<br />
produzierenden Zellen wurde in ein 15 ml Reaktionsrohr gefüllt und für 5 min bei 300 g<br />
zentrifugiert, um etwaige gelöste Zellen zu pelletieren. Der Überstand wurde anschließend<br />
durch einen 0,45 µm Filter gegeben, um weiteren Zell-Debris zu entfernen. Das Filtrat wurde<br />
in 1 ml Aliquots aufgeteilt und bei -80° C bis zur weiteren Verwendung gelagert.<br />
3.2.3 Transduktion von 293A-Zellen zur Bestimmung des infektiösen Titers<br />
Nach der Produktion der viralen Partikel mussten diese charakterisiert werden. Hierzu wurde<br />
zunächst der infektiöse Titer bestimmt. Das Plasmid HIV CS-CG kodiert neben den LTR`s des<br />
Virus auch für ein GFP-Gen (Kapitel 2.5) (Abbildung 7).<br />
41
Abbildung 7: Schematische Übersicht des HIV CS-CG Plasmids, bestehend aus Cytomegalovirus (CMV) –<br />
Promotor, den long-terminal repeats (LTRs) des Virus, sowie eines modifizierten 3`Endes, sodass es keine<br />
Transkription über die LTRs geben kann (self-inactivation (SIN)-LTR). Dazwischen liegt ein CMV-Promotor mit<br />
GFP-Gen. Modifiziert nach (Björn Ambrosius, 2012).<br />
Nach erfolgreicher Transduktion der Zielzelle wurde die durch HIV CS-CG kodierte RNA<br />
umgeschrieben und in das Erbgut inseriert, transkribiert und translatiert. Hierdurch wurden<br />
GFP-Proteine in der Zelle angereichert. Auf diese Weise konnten erfolgreich transduzierte<br />
Zellen unter dem Fluoreszenzmikroskop sichtbar gemacht und gezählt werden. Bei der<br />
Titerbestimmung wurden 50.000 HEK293A Zellen pro Vertiefung einer 24-Loch-Platte<br />
ausgesät und diese für 24 h bei 37° C und 5 % CO 2 inkubiert. Das Medium wurde von den<br />
Zellen genommen und durch den Überstand oder eine Verdünnung des Überstandes in DMEM<br />
mit 100 U/ml PenStrep ersetzt und für 2 h bei 37° C und 5 % CO 2 inkubiert. Im Anschluss<br />
wurde 1 ml DMEM mit 10 % FCS und 100 U/ml PenStrep zu den Zellen gegeben und diese<br />
weitere 48 h inkubiert. Die Insertion der viralen RNA in das Genom der Zielzelle sowie die<br />
Bildung der Genprodukte benötigte bis zu 48 h (Cavrois et al., 2002). Die Zellen wurden unter<br />
einem Fluoreszenz-Mikroskop gezählt. Es wurden unter 10-facher Vergrößerung in vertikaler<br />
Richtung grün fluoreszierende Zellen in 7,5 Gesichtsfeldern gezählt. Der Mittelwert wurde mit<br />
dem Faktor 57 multipliziert, der sich bei der Verwendung von 24-Loch-Platten ergab. Dieses<br />
Ergebnis wurde mit dem Verdünnungsfaktor und anschließend mit dem Faktor 5 multipliziert,<br />
um die infektiösen Partikel pro Milliliter zu berechnen.<br />
Neben den HIV CS-CG beinhaltenden infektiösen Partikeln (HIV-Vektor) wurden<br />
Kontrollpartikel erstellt, die keine virale RNA enthielten (HIV-leer). Dabei wurde anstelle des<br />
Plasmids HIV CS-CG, Träger-DNA bei der Transfektion verwendet. Damit wurde bezweckt,<br />
Partikel zu produzieren, die nicht infektiös waren und somit keine GFP-Expression induzieren<br />
konnten.<br />
3.2.4 Molekulare Beschaffenheit der viralen Partikel: gag-Gehalt und RNA<br />
Neben der Bestimmung des infektiösen Titers wurde der gag-Gehalt und die virale RNA<br />
quantifiziert (Grewe et al., 2012). Dabei wurden die Überstände der partikelproduzierenden<br />
Zellen, wie unter Kapitel 3.2.2 beschrieben, zentrifugiert und durch einen 0,45 µM Filter<br />
gegeben. In Ultrazentrifugenröhrchen wurde 2,5 ml sterile 30 % Sucroselösung vorgelegt und<br />
vorsichtig die Überstände aufgeschichtet um eine Verwirbelung mit der Sucrose zu vermeiden.<br />
42
Die Röhrchen wurden bei 60.000 g und 4° C für 2 h zentrifugiert. Im Anschluss wurde der<br />
Überstand verworfen und das Partikelpellet am Boden des Röhrchens in 150 µl PBS<br />
resuspendiert. Von den 150 µl wurden 25 µl wurden für einen späteren gag-ELISA<br />
abgenommen und bei -20° C gelagert (Patience et al., 1994). Die restlichen 125 µl wurden zur<br />
Isolation der RNA mittels „QIAamp viral RNA mini Kit“ nach Herstellerprotokoll verwendet.<br />
Dabei wurden die Partikel lysiert und die RNA mittels Säulensystem isoliert und in DEPC-<br />
Wasser (Diethyldicarbonat-Wasser) eluiert. Die RNA-Proben wurden im Anschluss mit dem<br />
„AMBION Turbo-DNase free kit“ behandelt. Dabei wurde die RNA für 2 h mit DNase bei 37° C<br />
inkubiert und anschließend für 5 min bei Raumtemperatur mit AMBION Reaktivierungsreagenz<br />
inkubiert. Dieses wurde durch Zentrifugation von der Probe getrennt und der Überstand wurde<br />
für die spätere Detektion der RNA aliquotiert.<br />
Die isolierte RNA wurde durch den Kooperationspartner Professor Thomas Gramberg<br />
(klinische und molekulare Virologie Erlangen) mittels spezifischem 3´gag-rev Primer mit dem<br />
Enzym „Superscript II reverse transcriptase“ in DNA umgeschrieben. Die Vermessung der<br />
DNA wurde durch quantitative „real-time (rt) poly chain reaction“ (PCR) mit dem „forward“-<br />
Primer MH531 und dem „reverse“-Primer MH532, sowie einer HIV-1 spezifischen LRT-Sonde<br />
durchgeführt. Die amplifizierte DNA wurde mit einer Standardkurve, beruhend auf proviralem<br />
NL43-Plasmid, verdünnt in 125 ng DNA uninfizierter Zellen, verglichen.<br />
Der gag-Gehalt wurde mittels kommerziell erhältlichen „AALTO-gag-ELISA-Kits“ nach<br />
Herstellerprotokoll vermessen. Die Partikel wurden mit Empigen lysiert und zu einem Gemisch<br />
von drei polyklonalen Schaf-Anti-Gag-Antikörpern (D7320) gegeben, die an eine 96-Loch-<br />
Platte gebundenen waren. Nach der Inkubation wurde ein monoklonaler Maus-Anti-Gag-<br />
Antikörper (BC 107-AP) hinzugegeben, der mit einer alkalischen Phosphatase konjugiert war.<br />
Anschließend wurde ein Substrat für das Enzym hinzugegeben (CSPD with Sapphire-II) und<br />
die Platte nach 30 min mit einer 1 Sekunden-Messung in einem Luminometer bei einer<br />
Wellenlänge von 450 nm gemessen. Die Lumineszenz wurde mit einer Standardkurve aus<br />
rekombinantem HIV-1 p24 gag-Protein verglichen.<br />
3.2.5 Transduktionseffizienz bei monozytären Zellen und erfolgreiche Integration der<br />
viralen RNA in das Zielzellen-Genom<br />
Um die Transduktionseffizienz der eingesetzten viralen Partikel in unserem System zu<br />
untersuchen, wurden 50.000 U937 in RPMI mit 10 % FCS und 100 U/ml PenStrep pro<br />
Vertiefung einer 24-Loch-Platte ausgesät und für 1 h bei 37° C und 5 % CO 2 inkubiert. In dieser<br />
Zeit konnten die Zellen auf den Boden der 24-Loch-Platte absinken und das Medium<br />
abgenommen werden. Pro Vertiefung wurden 200 µl infektiöser Überstand oder<br />
43
korrespondierende Kontrollüberstände gegeben und die Zellen für 2 h bei 37° C und 5 % CO 2<br />
inkubiert. Im Anschluss wurde 1 ml RPMI mit 10 % FCS und 100 U/ml PenStrep hinzugegeben<br />
und die Zellen, analog zu den Transduktionsversuchen der HEK293A Zellen (Kapitel 3.1.5) für<br />
48 h bei 37° C und 5 % CO 2 inkubiert. Nach dieser Zeit wurden die U937 in ihrem Medium<br />
resuspendiert und in Durchflusszytometer-Röhren überführt. In diesen wurden die Zellen zwei<br />
Mal bei 400 g für 5 min pelletiert und mit DPBS -/- gewaschen. Im Anschluss wurden die Zellen<br />
in 400 µl DPBS -/- resuspendiert und mittels Durchflusszytometrie, anhand des AlexaFluor 488<br />
Detektors, auf das Vorhandensein von GFP überprüft.<br />
Um den Prozess weiter zu charakterisieren, wurde bereits 24 h nach Transduktion die<br />
monozytären Zellen, wie beschrieben, pelletiert. Die Zellen wurden mit 15 U/ml DNase für<br />
eine Stunde behandelt, um etwaige Plasmid-DNA im Medium abzubauen. Anschließend<br />
wurde mittels „Qiagen Blood and Tissue Kit“ die DNA der Zellen extrahiert. Vorhergehend<br />
wurden. Die extrahierte DNA wurde bei -20° C gelagert und durch den Kooperationspartner<br />
Professor Thomas Gramberg (Klinische und molekulare Virologie, Erlangen), mittels<br />
quantitativer rtPCR, wie unter 3.2.4 beschrieben, untersucht.<br />
3.3 Untersuchung von Proteom-Veränderungen im Kontext einer HIV-Vektor<br />
Transduktion bei monozytären Zellen<br />
Um die molekularen Veränderungen in monozytären Zellen besser zu verstehen, wurden HIV-<br />
Vektor transduzierte und nicht-transduzierte monozytäre Zellen in einer markierungsfreien<br />
(label free) Proteomstudie mittels Massenspektrometrie (MS)-basierter Techniken untersucht.<br />
Bei dieser Methode können relative Proteinexpressionen verglichen werden, ohne dass die<br />
Zellen mit Indikatoren, wie beispielsweise schweren Aminosäuren behandelt werden müssen.<br />
Diese Versuche wurden im Rahmen einer FORUM-geförderten Kooperation<br />
(Förderkennzeichen: F859-15) mit der Arbeitsgruppe „Funktionelle Proteomics“ am<br />
Medizinischen Proteom-Center (Dr. Claudia Lindemann) durchgeführt.<br />
Für die Versuche wurden 100.000 monozytäre Zellen verwendet und, wie unter Punkt 4.2.5<br />
beschrieben, mit infektiösen oder Kontrollüberstanden transduziert. Nach 24 h wurden die<br />
Zellen in ihrem Medium resuspendiert und in 1,5 ml Reaktionsgefäße transferiert. Die Zellen<br />
wurden 5 min bei 1400 g pelletiert, der Überstand verworfen und 1 ml DPBS -/- hinzugefügt.<br />
Dieser Schritt wurde zwei Mal wiederholt. Im Anschluss wurde das Pellet in 80 µl<br />
„radioimmunoprecipitation assay“ (RIPA) und 20 µl 7 x Proteinaseinhibitor resuspendiert und<br />
durch 20-maliges Pipettieren mit einer 100 µl Pipette gelöst. Das Lysat wurde für 15 min auf<br />
Eis bei 50 rpm auf einem Schüttler inkubiert. Im Anschluss wurde der Ansatz für 30 min bei<br />
44
13.000 g zentrifugiert um Zell-Debris zu pelletieren. 80 µl des Überstandes wurden<br />
abgenommen und bei -80° C gelagert.<br />
Die weiteren Versuche wurden durch den Kooperationspartner durchgeführt. Dabei wurde<br />
zunächst die Proteinkonzentration der Proben mittels Bradford-Tests bestimmt (Bradford,<br />
1976). Im Anschluss wurden die Proben in gleichen Konzentrationen auf ein „sodium dodecyl<br />
sulfate“ (SDS)-Gel aufgetragen und mittels „kurz-1D-Gelelektrophorese“ in das Gel einlaufen<br />
lassen. Die Proteinbanden wurden anhand einer Coomassiefärbung identifiziert und mit einem<br />
tryptischen Verdau aus dem Gel extrahiert. Die gelbasierte Proteinauftrennung wurde<br />
durchgeführt um etwaige Störsubstanzen aus den Proben zu entfernen, bevor diese mittels<br />
„ultra-high-performance-liquid“ chromatography (UHPLC) massenspektrometrisch analysiert<br />
wurden. Zur Betrachtung von zellulären Veränderungen auf Proteinebene in Monozyten nach<br />
HIV-Transduktion wurde eine „label-free“ Massenspektrometrie (MS) basierte<br />
Quantifizierungs-methode angewandt. Die „label-free“ basierte Quantifizierung beruht auf der<br />
Kalkulation einer Ratio für jedes Protein, welche sich aus der normalisierten Intensität des<br />
Proteins unter Bedingung A (z. B. nach HIV-Transduktion) dividiert durch die normalisierte<br />
Intensität des Proteins unter Bedingung B (z. B. ohne HIV-Transduktion) zusammensetzt. Ein<br />
Protein mit einer erhöhten Ratio weist auf eine Hochregulation, während eine erniedrigte Ratio<br />
auf eine Herunterregulation des Proteins unter Bedingung A hinweist. In der vorliegenden<br />
Studie wurde die „label-free“ Quantifizierung Software-basiert mittels MaxQuant durchgeführt<br />
(Cox and Mann, 2008) (Abbildung 8). Dabei wurden nur Proteine berücksichtigt, die in allen<br />
Replikaten mindestens ein uniques Peptid aufwiesen. Unique Peptide sind Peptidsequenzen,<br />
welche nur einem Protein in einem Organismus zugeordnet werden können. Damit sichern<br />
unique Peptide eine korrekte Identifizierung eines Proteins. Ebenfalls musste die Regulation<br />
mindestens den Faktor 1,5 übersteigen bzw. 0,67 unterschreiten. Nur anhand eines t-Tests<br />
berechnete signifikante Regulationen mit einem p-Wert kleiner 0,01 wurden bei der<br />
Auswertung berücksichtig. Der t-Test betrachtet, ob ein signifikanter Unterschied in den<br />
Proteinintensitäten zwischen HIV-transduzierten und nicht-transduzierten Proben vorliegt<br />
(Abbildung 8).<br />
45
Abbildung 8: Übersicht der Arbeitsschritte in den Proteomversuchen. Links: Probenaufbereitung, einschließlich<br />
Transduktion der monozytären Zellen, Zellaufschluss, 1D-Gelelektrophorese und LC/MS Analyse, rechts:<br />
markierungsfreie Quantifizierung anhand der Intensitäten der detektierten Peptide, die verwendet werden um die<br />
Ratio der Peptidregulation zu berechnen.<br />
Die erhaltenen Ergebnisse wurden mittels Signalweg-Analysen (www.reactome.org)<br />
(Fabregat et al., 2016; Croft et al., 2014) in den biologischen Kontext der Zelle eingeordnet.<br />
Bei den Signalweg-Analysen wurde die FDR (false discovery rate) berücksichtig, die den<br />
Fehler beschreibt, dass identifizierte Proteine einem Signalweg fälschlicherweise zugeordnet<br />
wurden.<br />
3.4 Zytotoxizität durch Teriflunomid und MMF<br />
3.4.1 Viabilität von monozytären Zellen bei Behandlung mit Teriflunomid oder MMF<br />
Um einen zytotoxischen Effekt von Teriflunomid und MMF auf monozytäre Zellen<br />
auszuschließen, wurden diese in verschiedenen Konzentrationen mit den pharmakologischen<br />
Substanzen behandelt. Dabei wurden 50.000 U937 in RPMI mit 10 % FCS und 100 U/ml<br />
PenStrep in eine Vertiefung einer 24-Loch-Platte gesät und 24 h bei 37° C und 5 % CO 2<br />
inkubiert. Im Anschluss wurde Teriflunomid oder MMF in verschiedenen Konzentrationen<br />
hinzugegeben. Beide Substanzen lagen in Pulverform vor und wurden in Dimethylsulfoxid<br />
(DMSO) gelöst. Die Zellen wurden 24 h mit den pharmakologischen Substanzen inkubiert,<br />
bevor die Zellen in ihrem Medium resuspendiert und in Durchflusszytometer-Röhren überführt<br />
wurden. Die Zellen wurden 5 min bei 400 g zentrifugiert, der Überstand verworfen und diese<br />
46
mit 1 ml DPBS -/- aufgefüllt. Der Vorgang wurde zwei Mal wiederholt, bevor die Zellen in 100 µl<br />
DPBS -/- resuspendiert und mit 0,5 µl 7-Aminoactinomycin D (7AAD), als Marker für<br />
apoptotische Zellen, für 10 min behandelt wurden. Kommt es im Zuge von apoptotischen<br />
Prozessen der Zelle zu einer erhöhten Permeabilität der Zellmembran, dringt 7AAD in die Zelle<br />
ein und interkaliert mit der DNA, wodurch es zu einer Konformationsänderung von 7AAD<br />
kommt und dieses bei Anregung durch UV-Licht im roten Bereich fluoresziert. Die prozentuale<br />
Menge an apoptotischen Zellen wurde durchflusszytometrisch mittels PE-Cy5 Detektor<br />
bestimmt.<br />
3.4.2 Viabilität von Mikroglia und mikroglialen Zellen bei Behandlung mit Teriflunomid<br />
oder MMF<br />
Es sollte ebenfalls ausgeschlossen werden, dass etwaige Effekte der pharmakologischen<br />
Substanzen auf einem zytotoxischen Effekt auf Mikroglia und mikrogliale Zellen beruhten.<br />
Dafür wurden 20.000 HMC3 oder adulte Mikroglia in eine Vertiefung einer 96-Loch-Platte<br />
gesät und 48 h bei 37° C und 5 % CO 2 inkubiert. Das Medium wurde abgenommen und durch<br />
Medium mit verschiedenen Konzentrationen an Teriflunomid oder MMF ersetzt. Nach weiteren<br />
24 h wurde das Medium abgenommen und die Zellen einmal mit DPBS -/- gewaschen. Die<br />
Zellen wurden mit 4 µg/ml bisBenzimide H 33342 in DPBS -/- für 2 h bei 37° C und 5 % CO 2<br />
inkubiert. BisBenzimide H 33342 ist membrangängig und interkaliert sowohl mit der DNA von<br />
lebenden als auch von toten Zellen. Nach Anregung mit UV-Licht zeigen angefärbte Zellen<br />
eine blaue Fluoreszenz. Nach der Färbung wurde die Lösung abgenommen und durch 100 µl<br />
DPBS -/- + 0,5 µl 7AAD pro Vertiefung ersetzt. Die Platte wurde weitere 10 min bei 37° C und<br />
5 % CO 2 inkubiert und unter einem Fluoreszenzmikroskop mit 20x Vergrößerung fotografiert.<br />
Anschließend wurde die Fläche der blau und rot fluoreszierenden Zellen mittels dem<br />
Programm ImageJ ermittelt und der Prozentsatz an toten Zellen berechnet, indem die Fläche<br />
der rot fluoreszierenden Zellen pro Vertiefung mit dem Faktor 100 multipliziert wurde und durch<br />
die Fläche der blau fluoreszierenden Zellen geteilt wurde.<br />
3.5 Co-Kultur Versuche<br />
3.5.1 Anlegen einer Co-Kultur<br />
Sowohl bei der Verwendung von embryonaler primärer Mikroglia, HMC3 als auch bei adulter<br />
Mikroglia wurde bei der Erstellung der Co-Kultur nach demselben Protokoll vorgegangen um<br />
eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Die Mikroglia, bzw. mikroglialen Zellen wurden wie in<br />
Kapitel 3.1.2 – 3.1.4 beschrieben abgelöst und in einer Dichte von 20.000 Zellen in 200 µl pro<br />
Vertiefung einer 96-Loch-Platte ausgesät. Am darauf folgenden Tag wurden wie in Kapitel<br />
47
3.2.5 monozytäre Zellen mit viralen Partikeln transduziert und diese weitere 24 h inkubiert.<br />
Das Medium der Mikroglia oder mikroglialen Zellen wurde abgenommen und durch<br />
monozytäre Zellen ersetzt. Dafür wurden die monozytären Zellen in ihrem Medium<br />
resuspendiert und 200 µl der monozytären Zellsuspension (entspricht 10.000 Zellen pro<br />
Vertiefung) zu den Mikroglia bzw. mikroglialen Zellen gegeben. Nach 24 h wurden 180 µl des<br />
Überstandes pro Vertiefung abgenommen und in ein 1,5 ml Reaktionsgefäß überführt. Dieses<br />
wurde 5 min bei 3500 g zentrifugiert um Zellen und Zell-Debris zu pelletieren. Aus dem<br />
Überstand einer Vertiefung wurden zwei 70 µl Aliquots erstellt und bei -80° C gelagert.<br />
3.5.2 Anlegen einer Mono-Kultur<br />
Die Mono-Kultur wurde ähnlich der in Kapitel 3.5.1 beschriebenen Co-Kultur erstellt. Dabei<br />
wurden 200 µl infektiöser Überstand unter Abwesenheit von monozytären Zellen, wie in Kapitel<br />
3.2.5 beschrieben, für 2 h bei 37° C und 5 % CO 2 inkubiert. Anschließend wurde 1 ml RPMI<br />
mit 10 % FCS und 100 U/ml PenStrep hinzugegeben. Die verdünnten Überstände wurden<br />
weitere 24 h inkubiert. Im Anschluss wurden 200 µl hiervon, wie In Kapitel 3.5.1 beschrieben,<br />
zu den Mikroglia bzw. mikroglialen Zellen pipettiert und diese weitere 24 h inkubiert, bevor<br />
analog zu 3.5.1 die Überstände abgenommen und gelagert wurden.<br />
3.5.3 Pharmakologische Modifikation im Kontext der Co-Kultur und Mono-Kultur<br />
Um den Einfluss von pharmakologischen Substanzen auf die Abläufe in der Co-Kultur und<br />
Mono-Kultur zu überprüfen, wurden die transduzierten monozytären Zellen, bzw. die<br />
verdünnten viralen Überstände direkt vor der Zugabe zu den Mikroglia, bzw. mikroglialen<br />
Zellen mit Teriflunomid oder MMF behandelt. Die Substanzen wurden in verschiedenen<br />
Konzentrationen zu den monozytären Zellen gegeben und diese im Anschluss resuspendiert.<br />
Die behandelten monozytäre Zellen, bzw. der verdünnte infektiöse Überstand, wurde in einem<br />
Volumen von 200 µl zu den Mikroglia, bzw. den mikroglialen Zellen gegeben.<br />
3.5.4 Der Einfluss von Zell-Zellkontakt in der Co-Kultur<br />
Um den Effekt von direktem Zell-Zellkontakt in der Co-Kultur zu überprüfen, wurde eine Co-<br />
Kultur von HMC3 mit monozytären Zellen angelegt. Dabei wurden zwei identische Platten<br />
hergestellt, wobei eine der Platten, wie in Kapitel 3.4.1 beschrieben, statisch für 24 h bei 37°<br />
C und 5 % CO 2 inkubiert wurde. Die korrespondierende zweite Platte wurde bei 37° C und 5<br />
% CO 2 bei 40 rpm geschüttelt und ebenfalls 24 h inkubiert. Die Überstände wurden wie zuvor<br />
beschrieben abgenommen und bei -80° C gelagert<br />
3.5.5 Cytokine-Bead-Array (CBA) zur Detektion der sezernierten Zytokine<br />
CBAs wurden verwendet, um die in der Co-Kultur sezernierten Zytokine<br />
durchflusszytometrisch zu detektieren (Chen et al., 1999). In Vorarbeiten konnten die Zytokine<br />
CXCL10, CCL5, CCL2 und IL-6 als am deutlichsten regulierte Stoffe in dem Modell identifiziert<br />
48
werden (Faissner, 2013; Ambrosius, 2012). Der CBA wurde nach Herstellerprotokoll<br />
durchgeführt. Zusammengefasst werden Latexkugeln mit angeheftetem Erstantikörper, der<br />
spezifisch gegen das zu detektierende Zytokin ist, mit den Co-Kulturüberständen inkubiert.<br />
Danach wird ein Zweitantikörper hinzugegeben, der mit einem Fluorochrom konjugiert ist. Die<br />
Latexkugeln können im Durchflusszytometer erkannt werden und die Menge der daran<br />
gebundenen Fluorochrome gibt im Vergleich mit einer Standardkurve Aufschluss über die<br />
darin enthaltene Konzentration der Zytokine. Pro Zytokin wurden mindestens 300 Ereignisse<br />
gemessen. Dabei wurde ein BD FACS CANTO II verwendet und die Ergebnisse mit der<br />
Software FCAP Array V.3.0 ausgewertet.<br />
3.6 Modelle zur Überprüfung des neurotoxischen Potentials der Co-Kultur<br />
Überstände<br />
3.6.1 Primäre kortikale Rattenneurone<br />
Die Überstände aus der Co-Kultur der embryonalen Mikroglia mit den monozytären Zellen<br />
wurden auf zytotoxisches Potential hin überprüft. Dafür wurden im Rahmen einer betreuten<br />
Masterarbeit (Schanzmann, 2013) die Überstände auf primäre kortikale Rattenneurone<br />
gegeben und dort 48 h belassen. Die embryonalen kortikalen Rattenneurone wurden wie<br />
vorher ausführlich beschrieben, präpariert und kultiviert (Xu et al., 2012). Zusammengefasst<br />
wurden 17 – 20 Tage alte Rattenembryonen verwendet und nach Öffnung des Schädels die<br />
beiden Kortexhälften präpariert. Es wurden die Hirnhäute und Blutgefäße entfernt und das<br />
Gewebe mechanisch mit einem Skalpell zerkleinert. Anschließend wurden die<br />
Kortexfragmente durch Absinken in frischen DPBS -/- gewaschen und mit 0,1 % Trypsin und<br />
300 U/ml DNase für 30 min bei 37° C chemisch verdaut. Die enzymatische Spaltung wurde<br />
mittels Zugabe von DMEM mit 10 % FCS und 100 U/ml PenStrep gestoppt und die<br />
Zellsuspension durch einen 100 µM Filter filtriert. Danach wurde bei 300 g 5 min lang die<br />
Zellsuspension zentrifugiert. Das Pellet wurde in Neurobasal mit 2 % B27, 0,25 % Glutamax<br />
und 100 U/ml PenStrep resuspendiert. Es wurden 100.000 Zellen/Vertiefung in einer vorher<br />
mit 50 µl Poly-D-Lysin (10 µg/ml) beschichteten 96-Loch-Vertiefungsplatte ausgesät. Nach<br />
jeweils 15 h und 48 h wurde 50 % des Mediums abgenommen und durch frisches Medium<br />
ersetzt. Nach 5 Tagen wurde das Medium in den Vertiefungen abgenommen und durch 50 µl<br />
Co-Kultur Überstand ersetzt, der wie eingangs berichtet, für 48 h auf den Neuronen belassen<br />
wurde. 2 % Triton und verschiedene Konzentrationen von H 2O 2 in Medium, sowie reines<br />
Medium, wurden als Positiv- und Negativkontrolle für den Zelltod verwendet.<br />
Nach 48 h wurden die Überstände von den Neuronen genommen und diese einmal mit DPBS<br />
-/-<br />
gewaschen, bevor die Zellen 2 h mit 2 µg/ml Hoechst 33258 (wurde von Sigma im Verlauf<br />
49
ersetzt durch bisBenzimide H33342) bei 37° C und 5 % CO 2 inkubiert wurden. Anschließend<br />
wurden die Zellen für 10 min mit 100 µl DPBS -/- und 1 µg PI pro Vertiefung inkubiert. PI<br />
interkaliert analog zu 7AAD mit der DNA von Zellen, nachdem es im Rahmen von<br />
zytotoxischen Prozessen zu erhöhter Permeabilität der Zellmembran gekommen ist. Im<br />
Anschluss wurden, analog zu Kapitel 3.4.2, die Zellen unter einem Fluoreszenzmikroskop bei<br />
20-facher Vergrößerung fotografiert und mit dem Programm ImageJ ausgewertet.<br />
3.6.2 Fötale humane Neurone<br />
Um die funktionelle Relevanz der Überstände aus einer Co-Kultur von HMC3 mit<br />
transduzierten monozytären Zellen und unter pharmakologischer Manipulation hinsichtlich<br />
Neurotoxizität zu untersuchen, wurden Überstände mit fötalen humanen Neuronen inkubiert.<br />
Diese Versuche wurden nach zuvor etablierter Methode durchgeführt (Vecil et al., 2000) in<br />
Kooperation mit dem Labor von Prof. Dr. V. Wee Yong (Hotchkiss Brain Institute and<br />
Department of Clinical Neurosciences, University of Calgary, Kanada) von Dr. Simon Faissner<br />
in Einklang mit der dortigen Ethik-Kommission durchgeführt. Neurone wurden aus den<br />
Gehirnen von 18-20 Wochen alten therapeutisch abgetriebenen Föten isoliert. Die Neurone<br />
wurden in MEM-Medium angereichert mit 10 % FCS, 1 µM Sodiumpyruvat, 10 µM Glutamin,<br />
1X nicht-essentiellen Aminosäuren, 0,1 % Dextrose und 100 U/ml PenStrep in poly-L-Ornithin<br />
beschichteten T75-Zellkulturflaschen kultiviert. Um eine Reinheit von >80 % zu gewährleisten,<br />
wurde dem Medium in 2-3 Zyklen 25 µM Zytosin Arabinosid zugesetzt, um sich teilende<br />
Astrozyten zu töten. Für die Neurotoxizitätsversuche wurden 100.000 Neurone in einer poly-<br />
L-Ornithin beschichteten 96-Lochplatte ausgesät. Nach 2 Tagen wurde das Medium der Zellen<br />
abgenommen und für 5 h durch MEM mit 100 U/ml PenStrep ersetzt. Im Anschluss wurde das<br />
Medium abermals abgenommen und durch 70 µl der Co-Kultur Überstände ersetzt. Als Positivund<br />
Negativ- Kontrolle wurde Überstand der nicht-transduzierten Co-Kultur sowie Medium mit<br />
3 µM H 2O 2 verwendet und analog zu den Co-Kultur Überständen für 48 h auf den Neuronen<br />
belassen. Im Anschluss wurden die Zellen mit 4 % Paraformaldehyd fixiert. Nach einmaligem<br />
Waschen mit PBS wurden die fixierten Zellen mit einem anti-Microtubuli-assoziierten Protein-<br />
2 Antikörper (MAP-2) als Marker für lebende Neurone über Nacht inkubiert. Nach zweimaligem<br />
Waschen wurde der Erstantikörper mit einem Alexa Fluor 488 konjugierten Zweitantikörper<br />
sichtbar gemacht und die Zellkerne mit dem Farbstoff Hoechst S769121 (Nuclear yellow)<br />
gefärbt um die Gesamtzellzahl zu ermitteln. Die gefärbten Zellen wurden mit dem<br />
ImageXpress Mikroskopiersystem fotografiert und die Bilder mit der Software MetaXpress<br />
ausgewertet.<br />
50
3.7 Statistische Auswertung der Versuche<br />
Die Ergebnisse der Versuche wurden mit der Software GraphPad Prism Version 6 statistisch<br />
ausgewertet und graphisch aufbereitet. Alle Experimente, wenn nicht genauer spezifiziert,<br />
wurden in Triplikaten in mehreren unabhängigen Versuchen durchgeführt. Signifikanzen<br />
wurden, wenn nicht anders benannt, in Form einer Einweg-Varianzanalyse (one-way ANOVA)<br />
in Kombination mit einem Tukey`s multiple comparison test durchgeführt. P-Werte kleiner als<br />
0,5 wurden als statistisch signifikant angesehen und mit einem * verdeutlicht. Höhere<br />
Signifikanzwerte wurden angegeben als ** = p < 0,01, *** = p < 0,001 und **** = p < 0,0001.<br />
51
4. Ergebnisse<br />
4.1 Charakterisierung der viralen Partikel<br />
4.1.1 p24 gag-Gehalt und RNA-Gehalt der eingesetzten viralen Partikel<br />
Die mit den HEK293T Zellen produzierten viralen Partikel wurden auf p24 gag-Gehalt und auf<br />
die verpackte RNA hin untersucht. Es sollte überprüfen werden, ob bei der Partikelproduktion<br />
vergleichbare Mengen an viralen Partikeln vorlagen. Bei der Produktion von HIV-Vektor und<br />
HIV-leer Partikeln konnte signifikant mehr gag im Überstand detektiert werden verglichen mit<br />
der Kontrolle, in der die HEK293T-Zellen nur mit dem Transfektionsreagenz inkubiert wurden<br />
(p < 0,001). Das zeigte deutlich, dass virale Partikel nur in den Konditionen vorlagen, in denen<br />
mit dem Plasmid gag transfiziert wurde (Kapitel 2.5, 2.6, 2.7). Zwischen HIV-Vektor und HIVleer<br />
Partikeln konnte kein Unterschied in der Menge an vorhandenem gag gemessen werden,<br />
was für eine vergleichbare Partikelproduktion spricht (Abbildung 9 A). HIV-Vektor Partikel<br />
zeigten signifikant mehr verpackte RNA als die Kontrollkonditionen HIV-leer und die<br />
Behandlung mit Transfektionsreagenz (p < 0,001). Das verdeutlicht, dass in den produzierten<br />
viralen Partikeln virale RNA vorlag, wenn das Plasmid HIV CS-CG bei der Transfektion<br />
Verwendung fand (Kapitel 2.6) (Abbildung 9 B). Die produzierten Überstände wurden auf<br />
HEK293A Zellen gegeben, um die Transduktionseffizienz zu ermitteln. Es wurde deutlich, dass<br />
eingesetzte HIV-Vektor Partikel in der Lage waren, HEK293A Zellen erfolgreich zu<br />
transduzieren, wohingegen die Kontrollen keine erfolgreiche Transduktion hervorriefen (p <<br />
0,001) (Abbildung 9 C).<br />
52
Abbildung 9 A-C: Charakterisierung der viralen Partikel im Hinblick auf die Menge an gag, enthaltener RNA und<br />
Infektiösität. P24 gag Protein wurde mittels ELISA quantifiziert. Keine signifikanten Unterschiede zwischen HIV-<br />
Vektor und HIV-leer, jedoch signifikant mehr p24 gag gegenüber der Kontrolle, bei der die HEK293T-Zellen<br />
lediglich mit Transfektionsreagenz behandelt wurden (A). Virale RNA konnte in HIV-Vektor Partikeln mittels<br />
spezifischer rtPCR gegen die LTR`s detektiert werden, wohingegen HIV-leer und die Behandlung mit<br />
Kontrollreagenz keine eingebauten RNA-Kopien zeigten (B). Eine erfolgreiche Transduktionseffizienz und somit<br />
ein Indikator für erfolgreich eingebaute RNA und Genexpression von GFP konnte lediglich mit HIV-Vektor gezeigt<br />
werden, die Anhand einer Transduktion von HEK293A Zellen bestimmt wurde (C). *** = p < 0,001, one-way<br />
ANOVA (p < 0,0001) in Kombination mit Tukey`s multiple comparisons test. Signifikanzen werden gezeigt<br />
gegenüber Kontrollkondition. Die Daten werden in einer Logarithmus-Skala mit zugehörigem Standardfehler<br />
gezeigt. Für die Detektion von gag und der RNA wurden 5 bis 6 unabhängige Versuche durchgeführt. Bei der<br />
Bestimmung der Transduktionseffizienz wurden 3 bis 6 unabhängige Experimente durchgeführt.<br />
4.1.2 Erfolgreiche Transduktion von monozytären Zellen<br />
Um den Einfluss der viralen Partikel speziell auf die verwendeten monozytären Zellen zu<br />
überprüfen, wurde 24 h nach Transduktion die DNA der monozytären Zellen extrahiert und<br />
anhand spezifischer LTR-Sonden auf integrierte und umgeschriebene virale RNA hin<br />
untersucht. Nach Transduktion mit HIV-Vektor konnte um den Faktor 10.000 mehr integriertes<br />
virales Erbgut in der DNA der Zielzelle mittels rtPCR detektiert werden als in der Kontrolle mit<br />
Transfektionsreagenz (Abbildung 10 A). Nach 48 h wurden die transduzierten monozytären<br />
Zellen durchflusszytometrisch analysiert. Dabei konnte in ungefähr 4 % der Zellen GFP<br />
detektiert werden, was als Indikator für Genexpression der viralen RNA HIV CS-CG zu werten<br />
war (Abbildung 10 B/C/D).<br />
53
Abbildung 10 A-D: Integrierte und revers transkribierte virale RNA im Erbgut der monozytären Zellen (A), sowie<br />
Genexpression dieser (B) und exemplarische FACS-Gate Resultate transduzierter Zellen (C) und nicht<br />
transduzierter Zellen (D) Zellen wurden nach 24 h lysiert, DNA extrahiert und mittels spezifischer rtPCR auf das<br />
Vorhandensein der viralen LTR`s überprüft. Die Daten werden pro 125 ng DNA nicht transduzierter Zellen mit<br />
zugehörigem Standardfehler gezeigt. N = 2 unabhängige Experimente, dadurch keine signifikanten Unterschiede<br />
sichtbar (A). Bei einer erfolgreichen Transduktion und Expression des durch HIV CS-CG kodierten Gen-Produkts<br />
GFP wurde die Menge der fluoreszierenden Zellen mittels Durchflusszytometrie nach 48 h detektiert. Dabei wird<br />
die prozentuale Menge an GFP-exprimierenden Zellen mit zugehörigem Standardfehler gezeigt. N = 2<br />
unabhängige Experimente in 3 Wiederholungen pro Experiment. Es wurde ein one-way-ANOVA (p < 0,0001) in<br />
Kombination mit Tukey`s multiple comparisons test zur Berechnung der Statistik angewandt. Gezeigt wird der<br />
prozentuale Anteil an GFP-positiven Zellen mit zugehörigem Standardfehler. *** = p < 0,001.<br />
4.2 Proteomische Veränderungen in monozytären Zellen nach Transduktion<br />
In Massenspektrometrieanalysen wurden sowohl in den HIV-Vektor transduzierten<br />
monozytären Zellen als auch in den nicht transduzierten monozytären Zellen durchschnittlich<br />
mehr als 2000 Proteine mit mindestens einem uniquen Peptid und somit einzigartiger<br />
Sequenz, in allen biologischen Replikaten (n=3) reproduzierbar identifiziert (Abbildung 11<br />
A/B). In der Quantifizierungsstudie „HIV-Vektor transduzierte monozytäre Zellen versus nicht<br />
transduzierte monozytäre Zellen“ konnten 29 hochregulierte Proteine (Ratio > 1,5) und 93<br />
herunterregulierte Proteine (Ratio < 0,67) in HIV-Vektor transduzierten Monozyten identifiziert<br />
werden (Tabelle 2, Tabelle 3). Die statistische Auswertung durch einen t-Test bestätigte die<br />
Signifikanz der Proteinregulation mit einem p-Wert < 0,01.<br />
Betrachtet man die Signalwege, an denen regulierte Proteine involviert waren, fällt auf, dass<br />
besonders Proteine hochreguliert wurden, die in den Bereichen „disease“ (FDR: 8,76 * 10 -4 ),<br />
„gene expression“ (FDR: 4,12 * 10 2 ), „DNA replication“ (FDR: 8,83 * 10 -4 ) und „cell cycle“ (FDR:<br />
4,3 * 10 -1 ) involviert waren (Abbildung 11 C). Fokussiert auf den Bereich „disease“, hängen<br />
besonders hochregulierte Proteine mit dem Signalweg „HIV-infections“ zusammen (FDR: 1,04<br />
* 10 -3 ). In diesem Kontext sind ebenfalls Proteine des Immunsystems (FDR: 2,14 * 10 -1 ) und<br />
der Signaltransduktion (FDR: 9,28 * 10 -1 ) stärker exprimiert als in den nicht-transduzierten<br />
Kontrollen (Abbildung 11 C). Durch HIV-Vektor herunterregulierte Proteine finden sich<br />
hauptsächlich im Kontext der „DNA-replication“ (FDR: 8,83 * 10 -4 ), und der „gene expression“<br />
(FDR: 4,21 *10 -2 ) (Abbildung 11 D).<br />
54
55
56
Abbildung 11 A-D: Proteomanalyse von transduzierten monozytären Zellen verglichen mit nicht-transduzierten<br />
monozytären Zellen. Anzahl der identifizierten Proteine in nicht transduzierten und HIV-Vektor transduzierten<br />
monozytären Zellen, gezeigt mit dazugehörigem Standardfehler (A). Einordnung der gesamten identifizierten<br />
Proteine in Signalwege in Signalwege der Zellen, erstellt über reactome.org (B). Hochregulierte Proteine (C) und<br />
herunterregulierte Proteine (D) in der Übersicht erstellt über reactome.org. Analyse ohne Konvertierung von nichthumanen<br />
Proteinen zu humanen Äquivalenten. Eine farbliche Hervorhebung verdeutlicht eine Beteiligung von<br />
identifizierten Proteinen an abgebildeten Signalwegen in den Zellen. Dadurch wird deutlich, dass hochregulierte<br />
Proteine besonders im Kontext „Disease“ zu finden sind, wohingegen herunterregulierte Proteine hauptsächlich<br />
der „DNA replication“ und „gene expression“ zugeordnet werden können. Farbgebung der hervorgehobenen<br />
Signalwege bei der Abbildung ohne Bedeutung.<br />
Betrachtet man die regulierten Proteine, konnte einzig das Protein Coilin nur in den HIV-Vektor<br />
transduzierten monozytären Zellen identifiziert werden, nicht jedoch in den nichttransduzierten<br />
monozytären Zellen (p = 1,9*10 -6 ). Es handelt sich um ein Protein, dass an dem<br />
Aufbau von Cajal-Körpern beteiligt ist und an der post-transkriptionellen Modifikation von RNA<br />
mitwirkt (Machyna et al., 2015). Weitere regulierte Proteine wurden bereits im Kontext einer<br />
HIV-Infektion von Monozyten in der Literatur beschrieben wurden. Dabei sind besonders<br />
deutlich die Proteine Superoxid dismutase (Ratio: 3,24; p = 8,3*10 -14 ), Transgelin-2 (Ratio:<br />
2,98; p = 3,7 * 10 -6 ), Calreticulin (Ratio: 2,11; p = 3,3 * 10 -4 ), Beta-hexosaminidase subunit<br />
alpha (Ratio: 2,07; p = 8,2 * 10 -6 ), Coronin-1C (Ratio: 2,07; p = 1,1 * 10 -5 ), Myosin regulatory<br />
light chain 12A/B (Ratio: 2,01; p = 9,3 * 10 -7 ) und Sequestosome-1 (Ratio: 2,01; p = 1,7 * 10 -<br />
10<br />
) hochreguliert (Tabelle 2).<br />
57
Tabelle 2: In HIV-Vektor transduzierten monozytären Zellen hochregulierte Proteine gegenüber nichttransduzierten<br />
monozytären Zellen. Es wurden nur Proteine berücksichtigt, deren Regulation eine Signifikanz von<br />
p < 0,01 unterschreitet. Gezeigt wird der Protein-Name, sowie der Gen-Name, die Ratio gegenüber nichttransduzierten<br />
monozytären Zellen (HIV transduziert / nicht-transduziert) und der p-Wert der Regulation.<br />
Protein Gen Name ratio p-Wert<br />
Superoxide dismutase [Mn], mitochondrial SODM 3,24 8,3E-14<br />
Nucleolar and coiled-body phosphoprotein 1 NOLC1 3,20 1,2E-05<br />
Transgelin-2 TAGL2 2,98 3,7E-06<br />
Tripeptidyl-peptidase TPP1 2,82 2,4E-08<br />
Actin-related protein 2/3 complex subunit 1B ARC1B 2,74 3,9E-07<br />
Perilipin-3 PLIN3 2,56 8,6E-12<br />
Keratin, type II cytoskeletal 2 epidermal K22E 2,56 6,2E-05<br />
60S acidic ribosomal protein P2 RLA2 2,33 1,2E-06<br />
Calreticulin CALR 2,11 3,3E-04<br />
Beta-hexosaminidase subunit alpha HEXA 2,07 8,2E-06<br />
Neutrophil cytosol factor 1 NCF1 2,07 2,9E-09<br />
Coronin-1C COR1C 2,07 1,1E-05<br />
Long-chain-fatty-acid CoA ligase ACSL1 2,06 2,1E-06<br />
Myosin regulatory light chain 12A/B ML12A/B 2,01 9,3E-07<br />
Sequestosome-1 SQSTM 2,01 1,7E-10<br />
Acidic leucine-rich nuclear phosphoprotein 32 AN32A 1,96 5,7E-11<br />
ATP synthase subunit d ATP5H 1,82 5,0E-06<br />
Nuclear pore glycoprotein p62 NUP62 1,81 4,9E-06<br />
Prefoldin subunit 2 PFD2 1,76 2,1E-07<br />
Dynactin subunit 2 DCTN2 1,72 5,2E-07<br />
Histone H1.2 H12 1,67 1,8E-06<br />
Ubiquilin-4 UBQL4 1,67 1,4E-07<br />
SUMO-conjugating enzyme UBC9 1,67 1,7E-04<br />
Proteasome activator complex subunit 2 PSME2 1,63 1,8E-07<br />
Brain acid soluble protein 1 BASP1 1,62 2,0E-05<br />
Integrin beta-2 ITB2 1,62 3,1E-07<br />
Histone H1.5 H15 1,61 7,5E-07<br />
glucosamine (N-acetyl)-6-sulfatase GNS 1,56 1,3E-08<br />
LDLR chaperone MESD 1,55 2,6E-03<br />
58
Bei den Analysen wurden deutlich mehr herunterregulierte Proteine in HIV-Vektor<br />
transduzierten monozytären Zellen gegenüber nicht transduzierten monozytären Zellen<br />
detektiert. Diese waren mehrheitlich ribosomalen Ursprungs (Tabelle 3). Die bereits im Kontext<br />
von HIV beschriebenen Proteine Profilin (Ratio: 0,42; p = 4,9*10 -4 ), Small nuclear<br />
ribonucleoprotein (Ratio: 0,46; p = 7,9*10 -5 ) und DNA-directed RNA polymerase (Ratio: 0,47;<br />
p = 1,1*10 -3 ) zeigten eine besonders deutliche Herunterregulation (mindestens Faktor 0,67,<br />
Tabelle 3).<br />
Tabelle 3: In HIV-Vektor transduzierten monozytären Zellen herunterregulierte Proteine gegenüber nichttransduzierten<br />
monozytären Zellen. Es wurden nur Proteine berücksichtigt, deren Regulation eine Signifikanz von<br />
p < 0,01 unterschreitet. Gezeigt wird die Ratio gegenüber nicht-transduzierten monozytären Zellen (HIVtransduziert<br />
/ nicht-transduziert) und der p-Wert der Regulation.<br />
Protein Gen ratio p-Wert<br />
GTP-binding protein Rheb RHEB 0,30 6,5E-03<br />
Profilin PROF1 0,43 4,9E-04<br />
Putative RNA-binding protein RBM3 0,44 9,8E-05<br />
60S ribosomal protein L23a RL23A 0,45 1,4E-04<br />
Glia maturation factor gamma GMFG 0,46 2,9E-03<br />
Small nuclear ribonucleoprotein SMD3 0,46 7,9E-05<br />
Cysteine and histidine-rich domain-containing<br />
protein 1 CHRD1 0,47 1,8E-05<br />
HUMAN 40S ribosomal protein S27-like RS27L 0,47 3,9E-04<br />
DNA-directed RNA polymerases I, II, and III<br />
subunit RPAB1 0,47 1,1E-03<br />
40S ribosomal protein S24 RS24 0,47 4,2E-05<br />
60S ribosomal protein L23 RL23 0,48 1,4E-04<br />
40S ribosomal protein S7 RS7 0,49 7,3E-04<br />
Microsomal glutathione S-transferase 1 MGST1 0,50 1,4E-03<br />
60S ribosomal protein L9 RL9 0,52 2,0E-04<br />
Cell division control protein 42 CDC42 0,53 2,9E-04<br />
60S ribosomal protein L11 RL11 0,53 8,7E-05<br />
Surfeit locus protein 4 SURF4 0,53 1,3E-03<br />
Signal recognition particle 54 kDa protein SRP54 0,54 9,9E-05<br />
Cleavage and polyadenylation specificity<br />
factor subunit 6 CPSF6 0,54 6,0E-05<br />
59
Cold-inducible RNA-binding protein<br />
(Fragment) K7ELV6 0,54 3,9E-06<br />
Casein kinase I isoform alpha KC1A 0,54 2,5E-05<br />
40S ribosomal protein S20 RS20 0,56 4,0E-05<br />
Tropomyosin alpha-3 chain Q5VU61 0,56 1,6E-04<br />
Ras-related protein Rap-1b RAP1B 0,57 2,1E-03<br />
Proliferating cell nuclear antigen PCNA 0,57 5,4E-04<br />
Eukaryotic translation initiation factor 3<br />
subunit M EIF3M 0,57 7,2E-04<br />
40S ribosomal protein S21 RS21 0,57 1,8E-04<br />
Splicing factor U2AF 65 kDa subunit U2AF2 0,57 4,0E-04<br />
DAZ-associated protein 1 DAZP1 0,57 1,8E-03<br />
Signal peptidase complex catalytic subunit<br />
SEC11A SC11A 0,57 2,4E-03<br />
Translationally-controlled tumor protein TCTP 0,57 2,2E-04<br />
Protein NipSnap homolog 3A NPS3A 0,57 4,9E-04<br />
Glucosamine-6-phosphate isomerase 1 GNPI1 0,57 1,8E-05<br />
ADP-ribosylation factor 1 ARF1 0,57 3,1E-05<br />
Thioredoxin domain-containing protein 9 F8WBV5 0,58 2,1E-04<br />
Transcription factor BTF3 BTF3 0,58 1,1E-04<br />
Small nuclear ribonucleoprotein Sm D1 SMD1 0,58 2,7E-04<br />
60S ribosomal protein L10 RL10 0,58 4,0E-03<br />
Coatomer subunit zeta-1 COPZ1 0,58 4,9E-04<br />
Hypoxanthine-guanine<br />
phosphoribosyltransferase HPRT 0,58 7,1E-04<br />
DNA-directed RNA polymerases I and III<br />
subunit RPAC1 RPAC1 0,58 2,7E-05<br />
Cyclin-dependent kinase 6 CDK6 0,58 3,6E-04<br />
Small nuclear ribonucleoprotein E RUXE 0,58 2,0E-03<br />
TIP41-like protein TIPRL 0,58 2,3E-04<br />
ADP-ribosylation factor-like protein 8B ARL8B 0,59 6,3E-03<br />
N-alpha-acetyltransferase 10 NAA10 0,59 6,2E-04<br />
Cytochrome b-c1 complex subunit Rieske UCRI 0,59 8,5E-04<br />
TGF-beta receptor type-1 TGFR1 0,59 2,1E-03<br />
60S ribosomal protein L3 RL3 0,59 1,2E-04<br />
Thioredoxin THIO 0,60 8,4E-05<br />
60
Galectin-1 LEG1 0,60 9,7E-03<br />
Suppressor of G2 allele of SKP1 homolog SUGT1 0,60 1,7E-05<br />
Apoptosis inhibitor 5 API5 0,61 3,9E-03<br />
Proteasome subunit beta type-4 PSB4 0,61 3,9E-03<br />
Spermidine synthase SPEE 0,61 5,0E-05<br />
Dolichol-phosphate mannosyltransferase<br />
subunit 1 DPM1 0,61 1,5E-05<br />
26S proteasome non-ATPase regulatory<br />
subunit 14 PSDE 0,61 3,2E-03<br />
Proteasome subunit beta type-6 PSB6 0,61 2,7E-04<br />
U1 small nuclear ribonucleoprotein A SNRPA 0,62 3,6E-04<br />
Cytochrome c1, heme protein, mitochondrial CY1 0,62 4,9E-03<br />
UPF0687 protein C20orf27 CT027 0,62 3,8E-05<br />
Heterogeneous nuclear ribonucleoprotein H2 HNRH2 0,62 1,4E-03<br />
ATP synthase subunit e, mitochondrial ATP5I 0,62 3,6E-05<br />
Eukaryotic translation initiation factor 1A, X-<br />
chromosomal IF1AX 0,62 1,9E-03<br />
26S protease regulatory subunit 8 PRS8 0,62 2,6E-05<br />
Thioredoxin-dependent peroxide reductase,<br />
mitochondrial PRDX3 0,62 2,7E-05<br />
Protein phosphatase 1 regulatory subunit 7 PP1R7 0,62 3,6E-03<br />
ATP synthase F(0) complex subunit B1,<br />
mitochondrial AT5F1 0,62 2,2E-05<br />
Regulator of chromosome condensation RCC1 0,63 4,2E-07<br />
Acetyl-CoA acetyltransferase, cytosolic THIC 0,63 1,7E-04<br />
Ras-related protein Rab-2A RAB2A 0,63 1,7E-03<br />
60S ribosomal protein L22 RL22 0,63 6,6E-03<br />
40S ribosomal protein S15a RS15A 0,64 4,1E-03<br />
Heterogeneous nuclear ribonucleoprotein L HNRPL 0,64 1,4E-05<br />
Proteasome subunit beta type-1 PSB1 0,64 1,3E-03<br />
Ribosome maturation protein SBDS SBDS 0,64 7,6E-05<br />
Mitochondrial import receptor subunit TOM40 TOM40 0,64 2,6E-04<br />
GTP-binding protein SAR1a SAR1A 0,64 1,1E-02<br />
Non-POU domain-containing octamer-binding<br />
protein NONO 0,64 9,0E-04<br />
60S ribosomal protein L10a RL10A 0,65 4,0E-05<br />
61
Delta(3,5)-Delta(2,4)-dienoyl-CoA isomerase,<br />
mitochondrial ECH1 0,65 1,1E-05<br />
60S ribosomal protein L14 RL14 0,65 2,4E-03<br />
L-lactate dehydrogenase B chain LDHB 0,65 1,8E-04<br />
Polypyrimidine tract-binding protein 1 PTBP1 0,65 5,1E-06<br />
KAD2_HUMAN Adenylate kinase 2,<br />
mitochondrial KAD2 0,65 6,2E-05<br />
Proteasome subunit beta type-2 PSB2 0,65 2,4E-05<br />
Actin-related protein 2/3 complex subunit 4 ARPC4 0,66 9,0E-03<br />
Proteasome subunit beta type-5 PSB5 0,66 2,0E-04<br />
SWI/SNF complex subunit SMARCC1 SMRC1 0,66 1,9E-04<br />
RNA-binding protein Raly RALY 0,66 1,2E-05<br />
Proteasome assembly chaperone 1 PSMG1 0,66 1,8E-05<br />
40S ribosomal protein S13 RS13 0,66 3,4E-03<br />
Nuclear receptor coactivator 5 NCOA5 0,66 6,8E-05<br />
4.3 Einfluss von Co-Kulturüberständen aus primärer embryonaler Mikroglia und<br />
monozytären Zellen auf kortikale Rattenneurone<br />
In eigenen Vorarbeiten konnte ein Zellkulturmodell entwickelt werden, in dem die<br />
Wechselwirkung zwischen Mikroglia und HIV-transduzierten monozytären Zellen abgebildet<br />
wird (Ambrosius, 2012; Faissner, 2013). Dabei konnte gezeigt werden, dass im Rahmen der<br />
„bystander hypothesis“ embryonale Mikroglia in Kontakt mit HIV-Vektor transduzierten<br />
monozytären Zellen mit einer stärkeren Sekretion von pro-inflammatorischen Zytokinen<br />
reagieren (Ambrosius, 2012; Faissner, 2013). Im Rahmen einer betreuten Masterarbeit wurde<br />
die funktionelle Relevanz der beobachteten Aktivierung in der Co-Kultur untersucht<br />
(Schanzmann, 2013). Hierfür wurde überprüft, ob die entsprechenden Co-Kulturüberstände<br />
(Ambrosius, 2012) in einer Primärkultur von kortikalen Rattenneuronen Zelltod auslösten.<br />
Überstände der Co-Kultur aus embryonaler Mikroglia mit HIV-Vektor transduzierten<br />
monozytären Zellen löste signifikant mehr Zelltod aus als Überstände von embryonaler<br />
Mikroglia mit HIV-leer transduzierten monozytären Zellen (p < 0,01) oder nicht-transduzierten<br />
monozytären Zellen (p < 0,001). Dabei kam es zu einem Anstieg um den Faktor 2 bei der<br />
Zelltodrate (Abbildung 12).<br />
62
Abbildung 12: Untersuchung der durch Co-Kulturüberstände ausgelösten Neurotoxizität. Überstände von HIV-<br />
Vektor transduzierten monozytären Zellen in Co-Kultur mit primärer embryonaler Mikroglia lösten signifikant mehr<br />
Zelltod in einer primären kortikalen Rattenneuronenkultur aus, verglichen mit Überständen aus einer Co-Kultur mit<br />
HIV-leer transduzierten monozytären Zellen oder nicht-transduzierten monozytären Zellen (Schanzmann, 2013).<br />
Gezeigt werden ´zwei unabhängige Experimente in 3 (nicht-transduziert), 5 (HIV-leer) oder 6 (HIV-Vektor)<br />
Wiederholungen. Daten werden als prozentualer Zelltod mit dazugehörigem Standardfehler gezeigt. Signifikanzen<br />
wurden mit einem one-way ANOVA (p < 0,0001) und anschließendem Tukey`s multiple comparison test<br />
berechnet. ** = p < 0,01, *** = p < 0,001.<br />
4.4 Spezifische Aktivierung von HMC3 in der Co-Kultur mit HIV-Vektor<br />
transduzierten monozytären Zellen<br />
Ähnlich wie in der Co-Kultur aus embryonaler Mikroglia und monozytären Zellen (Faissner,<br />
2013; Ambrosius, 2012; Faissner, Ambrosius et al., 2014) zeigen auch Zellen der mikroglialen<br />
Zelllinie HMC3 eine spezifische Aktivierung durch die Anwesenheit von HIV-Vektor<br />
transduzierten monozytären Zellen. An Abbildung 13 wird deutlich, dass es durch Anwesenheit<br />
von HIV-Vektor transduzierten monozytären Zellen in der Co-Kultur zu einer signifikant<br />
höheren Sekretion von CXCL10, CCL5, CCL2 und IL-6 gegenüber den Kontrollkonditionen<br />
kommt. In vorhergehenden Versuchen konnten diese vier Zytokine als besonders deutlich<br />
regulierte Zytokine im Kontext des entwickelten Co-Kultursystems identifiziert werden<br />
(Faissner, 2013; Ambrosius, 2012; Faissner, Ambrosius et al., 2014). In der Mono-Kultur aus<br />
HMC3 Zellen mit infektiösen Überständen kam es nur bei CXCL10 und IL-6 zu einer<br />
signifikanten Hoch-Regulation gegenüber den Kontrollen (Abbildung 13 A/D), wohingegen bei<br />
CCL5 keine Unterschiede zu erkennen waren (Abbildung 13 B). Interessanterweise kam es<br />
ohne Anwesenheit von monozytären Zellen zu keiner Sekretion von CCL2 (Abbildung 13 C).<br />
In der Co-Kultur mit HIV-Vektor transduzierten monozytären Zellen wurden die Zytokine<br />
CXCL10, CCL5, CCL2 (p < 0,001) und IL-6 (p < 0,01) stärker sezerniert als in der Mono-Kultur.<br />
63
Das unterstützt die „bystander-hypothesis“, in der postuliert wird, dass es durch Kontakt mit<br />
infizierten Zellen zu einer persistierenden Immunreaktion kommt.<br />
Abbildung 13 A-D: HMC3 in Co-Kultur mit monozytären Zellen (links) und in Mono-Kultur mit infektiösen<br />
Überständen (rechts). Gemessen wurden die Zytokine CXCL10 (A), CCL5 (B), CCL2 (C) und IL-6 (D). Gezeigt<br />
sind drei unabhängige Experimente in Triplikaten. Signifikanzen sind im Vergleich zu HIV-Vektor transduzierten<br />
monozytären Zellen in Co-Kultur mit HMC3 (*) sowie im Vergleich zu HMC3 in Mono-Kultur mit HIV-Vektor<br />
Überständen (+) gezeigt. Werte sind in pg/ml mit korrespondierendem Standardfehler angegeben. Signifikanzen<br />
wurden berechnet mit einem one-way ANOVA (p < 0,0001) kombiniert mit einem Tukey`s multiple comparison<br />
test. *** bzw. +++ = P < 0,001; ** = p < 0,01.<br />
64
4.5 Der Einfluss von Teriflunomid und MMF auf HMC3 und monozytäre Zellen<br />
Anhand der Co-Kultur aus HMC3 und monozytären Zellen sollte der Einfluss der<br />
pharmakologischen Substanzen Teriflunomid und MMF untersucht werden. Dabei wurde<br />
zunächst überprüft, ob Teriflunomid und MMF in den eingesetzten Konzentrationen<br />
zytotoxisch auf monozytäre Zellen und HMC3 wirkte. Bei monozytären Zellen wurde durch die<br />
Gabe der supra-physiologischen Konzentration von 1000 µM MMF ein signifikanter Anstieg<br />
der Zelltodrate gegenüber der unbehandelten Kontrolle detektiert, wohingegen bei niedrigeren<br />
Konzentrationen von Teriflunomid und MMF kein verstärkter Zelltod gemessen werden konnte<br />
(Abbildung 14 A). Bei Zugabe zu den HMC3 Zellen konnte kein Anstieg der Zelltodrate durch<br />
die beiden Substanzen in verschiedenen Konzentrationen detektiert werden (Abbildung 14 B).<br />
Ebenfalls zeigten adulte Mikroglia nach Behandlung mit den verwendeten Konzentrationen<br />
keinen erhöhten Zelltod (Daten nicht gezeigt).<br />
Abbildung 14 A-B: Zytotoxischer Effekt von Teriflunomid und MMF in verschiedenen Konzentrationen auf<br />
monozytäre Zellen (A) und HMC3 (B). Zellen wurden für 24 h mit 10-100 µM Teriflunomid oder 30-1000 µM MMF<br />
behandelt. Zelltod wurde via Durchflusszytometrie und 7AAD-Färbung (A) oder mittels bisBenzimide H33342 /<br />
7AAD Doppelfärbung (B) analysiert. Es wurden drei unabhängige Experimente in Triplikaten durchgeführt.<br />
Signifikanzen wurden in Abhängigkeit zu unbehandelten Zellen berechnet und mittels one-way ANOVA (p <<br />
0,0001) und Tukey`s multiple comparison test analysiert. *** = p < 0,001 (A). one-way ANOVA nicht signifikant<br />
(B). Daten zeigen prozentualen Anteil an Zelltod in Verbindung mit dem dazugehörigen Standardfehler.<br />
4.6 Der antiinflammatorische Effekt von Teriflunomid und MMF auf die Co-Kultur<br />
Die Co-Kultur aus HIV-Vektor transduzierten monozytären Zellen und HMC3 wurde<br />
verwendet, um den Einfluss von Teriflunomid und MMF auf die Sekretion der Zytokine<br />
CXCL10, CCL5, CCL2 und IL-6 zu untersuchen. Durch die Gabe von 30 µM Teriflunomid<br />
konnte die Sekretion von CXCL10, CCL2 und IL-6 signifikant (p < 0,001) gegenüber der HIV-<br />
Vektor transduzierten Kontrolle verringern werden, die nur mit der Trägersubstanz DMSO<br />
65
ehandelt wurde (Abbildung 15 B/C/D). 100 µM MMF konnte die Sekretion von CXCL10 in der<br />
Co-Kultur gegenüber der HIV-Vektor transduzierten Kontrolle signifikant (p < 0,001) verringern<br />
(Abbildung 15 A). Beide Substanzen konnte einen, wenn auch nicht signifikanten Dosis<br />
abhängigen Effekt in der Co-Kultur hervorrufen.<br />
Abbildung 15 A-D: Einfluss der pharmakologischen Substanzen Teriflunomid und MMF auf die Co-Kultur von<br />
HMC3 mit HIV-Vektor transduzierten monozytären Zellen. 30 µM Teriflunomid verringerte die Sekretion von<br />
CXCL10 (A), CCL2 (C) und IL-6 (D), wohingegen 100 µM MMF die Sekretion von CXCL10 (A) verringerte.<br />
Gezeigt sind drei unabhängige Experimente in Triplikaten. Signifikanzen wurden gegenüber DMSO behandelten<br />
Zellen berechnet. Zwischen DMSO behandelten Zellen und unbehandelten Zellen kam es zu keinen<br />
Unterschieden (Daten nicht gezeigt). Daten werden als pg/ml sezernierter Zytokine mit dazugehörigem<br />
Standardfehler gezeigt. Die Statistik wurde mit Hilfe eines one-way ANOVA (p < 0,0001) (A/C/D; B nicht<br />
signifikant) in Verbindung mit einem Tukey`s multiple comparison test durchgeführt. *** = p < 0,001.<br />
4.7 Der antiinflammatorische Effekt von Teriflunomid und MMF auf die Mono-<br />
Kultur von HMC3 mit HIV-Vektor Partikeln<br />
Nachdem bereits der Einfluss der Substanzen Teriflunomid und MMF auf die Co-Kultur aus<br />
HMC3-Zellen und HIV-Vektor transduzierten monozytären Zellen gezeigt werden konnte,<br />
sollte in einem nächsten Schritt untersucht werden, ob diese Effekte Co-Kultur-spezifisch<br />
66
waren oder ob ein direkter Einfluss auf die HMC3 der Reduktion der sezernierten Zytokine zu<br />
Grunde lagen. Dafür wurde eine Mono-Kultur von HMC3 mit HIV-Vektor Partikeln angelegt<br />
und Teriflunomid und MMF in diesem Umfeld getestet. 30 µM Teriflunomid reduzierte nur die<br />
Sekretion von CXCL10 signifikant (p < 0,01) (Abbildung 16 A). Interessanterweise reduzierte<br />
100 µM MMF die Sekretion von CXCL10, CCL5 und IL-6 signifikant (p < 0,001) verglichen mit<br />
HMC3 Zellen in Kontakt mit HIV-Vektor Partikeln (Abbildung 16 A/B/C). Somit ergibt sich ein<br />
konträres Bild zu der Wirkweise der pharmakologischen Substanzen in der Co-Kultur. Wie<br />
bereits unter 4.4 beschrieben, sezernierten HMC3 in Abwesenheit von monozytären Zellen<br />
kein CCL2.<br />
Abbildung 16 A-C: Sekretion von Zytokinen durch HMC3 bei Behandlung mit Teriflunomid oder MMF. Gabe von<br />
30 µM Teriflunomid verringert die Ausschüttung von CXCL10 (A). Die Sekretion der Zytokine CXCL10 und IL-6<br />
durch HMC3 ist durch die Gabe von 100 µM MMF signifikant verringert (A/C). Gezeigt werden 3-6 unabhängige<br />
Experimente in Triplikaten. Signifikanzen werden im Verhältnis zu HMC3 in Kontakt mit HIV-Vektor Partikeln<br />
gezeigt. Daten werden als pg/ml mit dazugehörigen Standardfehler dargestellt. One-way ANOVA mit<br />
nachfolgendem Tukey`s multiple comparison test wurde verwendet um Signifikanzen zu berechnen (p < 0,0001)<br />
(A/B/C). *** = p < 0,001.<br />
67
4.8 Der antiinflammatorische Einfluss von MMF auf HIV-Vektor transduzierte<br />
monozytäre Zellen<br />
Die monozytären Zellen sezernierten weniger Zytokine in Anwesenheit von HIV-Vektor<br />
Partikeln als HMC3 oder wie in den Co-Kulturen beobachtet. Die Anwesenheit von HIV-Vektor<br />
Partikeln führte bei den untersuchten monozytären Zellen im Gegensatz zu HMC3 zu keiner<br />
Sekretion von IL-6. Zwar kam es auch in den monozytären Zellen zu einer spezifischen<br />
Hochregulation von CXCL10, CCL5 und CCL2 durch Transduktion mit HIV-Vektor (Abbildung<br />
17 A/B/C), jedoch in einem geringeren Maße als vorherig gezeigt (Kapitel 4.6 und Kapitel 4.7).<br />
Dies verdeutlicht die Aussage, dass den transduzierten monozytären Zellen eine<br />
Verstärkerrolle der Immunreaktion zukommt, wie sie verglichen mit den Co-Kultur<br />
Experimenten anhand der deutlich höheren Sekretion von Zytokinen zu sehen ist. Durch die<br />
Gabe von 100 µM MMF konnte die Sekretion von CXCL10 (Abbildung 17 A) und CCL5<br />
(Abbildung 17 B) signifikant gesenkt werden (p < 0,05). Durch die Gabe von MMF kam es zu<br />
einer erhöhten Sekretion von CCL2 (p < 0,001) verglichen mit HIV-Vektor transduzierten<br />
monozytären Zellen (Abbildung 17 C).<br />
Abbildung 17 A-C: Sekretion von Zytokinen durch monozytäre Zellen nach Behandlung mit MMF. 100 µM MMF<br />
reduzierte die Sekretion von CXCL10 (A) und CCL5 (B), wohingegen die Sekretion von CCL2 erhöht wurde (C).<br />
Versuch wurde in ein (30 µM MMF) bis zwei unabhängigen Experimenten mit 2-3 Wiederholungen durchgeführt.<br />
Daten werden als pg/ml mit dazugehörigem Standardfehler gezeigt. Zur Berechnung der Statistik wurde ein oneway<br />
ANOVA (CXCL10: p < 0,01; CCL5, CCL2: p < 0,0001) mit einem Tukey`s multiple comparison test<br />
durchgeführt. * = p < 0,05; ** = p < 0,01, *** = p < 0,001.<br />
68
4.9 Der antiinflammatorische Effekt von MMF auf adulte Mikroglia in Co-Kultur mit HIV-<br />
Vektor transduzierten monozytären Zellen<br />
Um die Ergebnisse aus der Co-Kultur von HMC3 und HIV-Vektor transduzierten monozytären<br />
Zellen unter Einfluss von MMF anhand von primären Zellen zu überprüfen, wurde MMF in der<br />
Co-Kultur von adulten Mikroglia mit HIV-Vektor transduzierten monozytären Zellen eingesetzt.<br />
Wegen der wenigen verfügbaren Zellen konnte in dieser Arbeit lediglich der Einfluss von MMF,<br />
nicht aber von Teriflunomid auf die adulte Mikroglia überprüft werden. 100 µM MMF konnte<br />
die Sekretion von CXCL10 (p < 0,05) (Abbildung 18 A) und CCL5 (p < 0,01) (Abbildung 18 B)<br />
in der Co-Kultur reduzieren, sowie in der Konzentration von 30 µM MMF CCL5 (p < 0,05)<br />
(Abbildung 18 B). Die Sekretion von CCL2 (Abbildung 18 C) und IL-6 (Abbildung 18 D) wurde<br />
durch die Gabe von MMF nicht signifikant beeinflusst.<br />
Abbildung 18 A-D: Sekretion von Zytokinen in Co-Kultur aus adulter Mikroglia und HIV-Vektor transduzierten<br />
monozytären Zellen. Die Gabe von 100 µM MMF reduzierte die Sekretion von CXCL10 (A) und CCL5 (B) in der<br />
Co-Kultur signifikant (p < 0,05, bzw. p < 0,01). 30 µM MMF reduzierte die Sekretion von CCL5 signifikant (p <<br />
0,05). CCL2 und IL-6 wurden durch die Gabe von MMF nicht beeinflusst (C/D). Gezeigt werden ein (CCL5, CCL2<br />
und IL-6) bis zwei (CXCL10) unabhängige Experimente mit 2 Wiederholungen. Die Berechnung der Signifikanzen<br />
erfolgte mit einem one-way ANOVA (p < 0,0001) in Kombination mit einem Tukey`s multiple comparison test. * =<br />
p < 0,05, ** = p < 0,01, *** = p < 0,001).<br />
69
4.10 Der Einfluss von direktem Zell-Zellkontakt in der Co-Kultur aus HMC3 und HIV-<br />
Vektor transduzierten monozytären Zellen<br />
Nachdem gezeigt werden konnte, dass die Sekretion von Zytokinen in einer Co-Kultur am<br />
stärksten ist und die monozytären Zellen in diesem Prozess eine Verstärkerrolle einzunehmen<br />
scheinen, stellte sich die Frage, ob für den Prozess der Verstärkung direkter Zell-Zellkontakt<br />
nötig ist. Dafür wurde eine Co-Kultur aus HMC3 Zellen mit monozytären Zellen angelegt und<br />
diese wie vorherig beschrieben (Kapitel 3.5.4) statisch oder unter ständigem Schütteln<br />
inkubiert um die Ausbildung von direktem Zell-Zellkontakt zu minimieren.<br />
Durch das Schütteln der Co-Kultur kam es zu einer stärkeren Sekretion von CXCL10<br />
(Abbildung 19 A) (p < 0,05) und IL-6 (Abbildung 19 D) (p < 0,001), sowie zu einer geringeren<br />
Sekretion von CCL2 (Abbildung 19 C) (p < 0,001) im Vergleich zur statischen Co-Kultur.<br />
Interessanterweise betraf dies nicht die Sekretion von CXCL10, CCL5 und IL-6 in den<br />
Kontrollkonditionen CaCl und nicht-transduziert (Abbildung 19 A/B/D). Lediglich bei CCL2 kam<br />
es zu einer generell niedrigeren Sekretion in der geschüttelten Co-Kultur bei den<br />
Kontrollkonditionen verglichen mit der statischen Co-Kultur (Abbildung 19 C).<br />
Abbildung 19 A-D: Einfluss von direktem Zell-Zellkontakt auf die Co-Kultur aus HMC3 und monozytären Zellen.<br />
Durch Inkubation der Co-Kultur unter Schütteln kam es zu einer stärkeren Sekretion von CXCL10 (p < 0,05) (A)<br />
70
und IL-6 (p < 0,001) (D) verglichen mit der statischen Kultur bei Anwesenheit von HIV-Vektor transduzierten<br />
monozytären Zellen. Konträr zu CXCL10 und IL-6 kam es zu geringerer Sekretion von CCL2 (p < 0,001) (C). Zur<br />
Bestimmung der Signifikanzen wurde ein one-way ANOVA (p < 0,0001) mit angeschlossenem Tukey`s multiple<br />
comparison test durchgeführt. * zeigt Signifikanzen gegenüber statischer Co-Kultur aus HMC3 mit HIV-Vektor<br />
transduzierten monozytären Zellen, wohingegen + Signifikanzen gegenüber geschüttelter Co-Kultur aus HMC3<br />
mit HIV-Vektor transduzierten monozytären Zellen indizieren. * = p < 0,05, ** = p < 0,01, *** = p < 0,001.<br />
4.11 Der Einfluss von Co-Kulturüberständen aus HMC3 und monozytären<br />
Zellen auf den Zelltod von fötalen humanen Neuronen und Behandlung mit<br />
Teriflunomid oder MMF<br />
Der Einfluss von Co-Kulturüberständen aus HMC3 und monozytären Zellen sollte auf fötalen<br />
humanen Neurone untersuchen werden. Dabei sollte die Menge an lebenden Neuronen mittels<br />
MAP-2 Färbung bestimmt und so der prozentuale Zelltod abgeleitet werden (Abbildung 20).<br />
Die Neurone, behandelt mit den Kontrollüberständen, zeigten signifikant weniger Zelltod als<br />
die Neurone, die mit Co-Kulturüberstand von HMC3 und HIV-Vektor transduzierten<br />
monozytären Zellen behandelt wurden (p < 0,001). Dieser Effekt konnte durch die vorherige<br />
Behandlung der Co-Kultur mit 30 µM MMF, 10 µM MMF und 10 µM Teriflunomid signifikant<br />
abgeschwächt werden (p < 0,05). HIV-Vektor in Monokultur von HMC3 löste im Vergleich zu<br />
Co-Kulturüberständen signifikant weniger Zelltod aus (p < 0,001).<br />
Abbildung 20: Einfluss von Co-Kulturüberständen auf fötale humane embryonale Neurone. Zellen wurden mit<br />
Überständen für 48 h inkubiert und danach die Anzahl der lebenden Neurone mittels MAP-2 Färbung bestimmt.<br />
Die Zellzahl wurde auf die Kondition Neurone mit Überstand von HMC3 mit nicht-transduzierten monozytären<br />
71
Zellen normalisiert. Überstand aus der Co-Kultur von HMC3 mit HIV-Vektor transduzierten monozytären Zellen<br />
verringerte die Anzahl der lebenden Neurone (p < 0,001). Dieser Effekt konnte durch die Gabe von 30 µM MMF,<br />
10 µM MMF und 10 µM Teriflunomid abgeschwächt werden. Überstände von HMC3-Monokulturen verringerten<br />
nicht die Anzahl der lebenden Neurone (p < 0,001). Signifikanzen wurden im Vergleich zu HMC3 in Co-Kultur mit<br />
HIV-Vektor transduzierten monozytären Zellen angegeben. Medium mit zugesetztem 3 µM H2O2 diente der<br />
Zelltod-Induktion und somit als Positiv-Kontrolle. Es wurde Überstand von 3 unabhängigen Experimente in<br />
Triplikaten eingesetzt. Zur Berechnung der Signifikanzen wurde ein one-way ANOVA (p < 0,0001) mit<br />
kombiniertem Dunnett`s multiple comparisons test verwendet. * = p < 0,05, *** = p < 0,001.<br />
72
5. Diskussion<br />
Ziel dieser Doktorarbeit war, die durch HIV ausgelösten inflammatorischen Prozesse im ZNS<br />
näher zu charakterisieren. Früh wurde in der Literatur beschrieben, dass es bei HAND zu<br />
Entzündungsreaktionen im ZNS kommt, in deren Verlauf Neurodegeneration auftritt und deren<br />
Grundlage nicht alleinig die Viruslast ist (Adle-Biassette et al., 1999; Adle-Biassette et al.,<br />
1995; Gonzalez-Scarano and Martin-Garcia, 2005). Dieses berücksichtigend, wurde die<br />
„bystander hypothesis“ postuliert, in der beschrieben wird, dass residente Immunzellen des<br />
ZNS durch einwandernde HIV-infizierte Zellen persistierend aktiviert werden und dies in<br />
kausalem Zusammenhang mit Neurodegeneration als Grundlage von HAND steht (Gonzalez-<br />
Scarano and Martin-Garcia, 2005). Auf dieser Hypothese aufbauend, wurde in der eigenen<br />
Arbeitsgruppe ein Zellkulturmodell entwickelt, das eben diese molekularen und zellulären<br />
Abläufe anhand von humaner embryonaler Mikroglia und HIV-transduzierten Zellen abbildet<br />
(Ambrosius, 2012; Faissner, 2013; Faissner, Ambrosius et al., 2014).<br />
In dieser Arbeit wurde das entwickelte Modell modifiziert und die Interaktionen zwischen den<br />
Zelltypen weiter beleuchtet. Die viralen Partikel wurden näher charakterisiert und darüber<br />
hinaus deren Einfluss auf Veränderungen des Proteoms bei der Transduktion von<br />
monozytären Zellen untersucht. Die funktionelle Relevanz der Co-Kultur Aktivierung wurde<br />
mittels Neurotoxizitäts-Assays anhand fötaler humaner Neurone nachgewiesen. Das<br />
neurotoxische Potential der Überstände konnte durch vorherige Behandlung der Co-Kultur mit<br />
den immunmodulatorischen Substanzen Teriflunomid und MMF vermindert werden.<br />
5.1 Die Co-Kultur Interaktionen im Kontext von HAND<br />
Die molekularen Abläufe bei HAND sind mannigfaltig und nicht genau beleuchtet. Viele<br />
Arbeiten diskutieren den direkten neurotoxischen Effekt von HIV und dessen Proteinen (Shah<br />
and Kumar, 2016; Rao et al., 2016). Dabei wird besonders den viralen Proteinen gp120, vpr<br />
und tat die Eigenschaft zugesprochen, oxidativen Stress als körpereigene Antwort auszulösen<br />
(Ronaldson and Bendayan, 2008; Deshmane et al., 2009; Turchan-Cholewo et al., 2009).<br />
Auch die isolierte Antwort von glialen Zellen, wie Mikroglia und Astrozyten auf HIV und die<br />
daraus resultierenden Immunreaktionen konnten bereits anhand von Zellkulturmodellen<br />
nachgewiesen werden (Zenon et al., 2015; Jin et al., 2016). Das von uns entwickelte und hier<br />
modifizierte Modell zielt speziell auf die Interaktion von Mikroglia und Monozyten im Kontext<br />
einer HIV-Infektion ab (Ambrosius, 2012; Faissner, 2013; Faissner, Ambrosius et al., 2014).<br />
Neben den Wechselwirkungen HIV infizierter Zellen mit Mikroglia (Faissner, Ambrosius et al.,<br />
2014), sind auch zu Interaktionen mit anderen Zelltypen, wie beispielsweise Astrozyten,<br />
bekannt. So zeigen Astrozyten eine stärkere Aktivierung im Kontext einer Co-Kultur mit HIV-<br />
73
Vektor transduzierten monozytären Zellen (Ambrosius, 2012; Muratori et al., 2010). In<br />
vergleichenden Studien der zellspezifischen Aktivierung konnten Mikroglia als Haupt-<br />
Mediatoren im Kontext von HAND identifiziert werden (Ambrosius, 2012; Faissner, Ambrosius<br />
et al., 2014). Diese Erkenntnis wird gestützt von ex vivo Ergebnissen, die zeigten, dass im<br />
Liquor von HIV + Patienten ohne vorherig diagnostizierte neurokognitive Beeinträchtigungen<br />
bereits monozytäre und mikrogliale Aktivierungsmarker mit Markern für Neurodegeneration<br />
korrelierten (Faissner, Ambrosius et al., 2014; McGuire et al., 2015; Kamat et al., 2012a). Aus<br />
diesem Grund wurden in dieser Arbeit die mikroglialen und monozytären Interaktionen<br />
adressiert.<br />
Zusätzlich zur monozytären und mikroglialen Beteiligung konnte gezeigt werden, dass in<br />
diesem Kontext die proinflammatorischen Zytokine in cART behandelten Patient deutlich<br />
erhöht blieben, nachdem bereits die Viruslast abgenommen hatte (Kamat et al., 2012b). Dies<br />
unterstützt die Aussage, dass nicht die Viruslast im ZNS entscheidend ist für die bei HAND<br />
zugrundeliegenden inflammatorischen Prozesse, sondern viel mehr die Interaktionen<br />
zwischen den residenten Immunzellen und den eingewanderten HIV infizierten Zellen. Anhand<br />
des etablierten Zellkulturmodells konnte nachgestellt werden, dass die Interaktion von<br />
Mikroglia und HIV transduzierten monozytären Zellen zu einer stärkeren Aktivierung der Co-<br />
Kultur führten, verglichen mit der isolierten Aktivierung von embryonaler Mikroglia oder<br />
monozytären Zellen durch die Anwesenheit von HIV-Partikeln (Ambrosius, 2012; Faissner,<br />
Ambrosius et al., 2014). Diese Erkenntnis, dass virale Partikel keine vollständige Aktivierung<br />
auslösen, stehen im Einklang mit Daten aus HIV + Patienten, bei denen nach Therapiebeginn<br />
zwar eine Verminderung des Virus im ZNS, nicht jedoch eine verminderte Immunaktivierung<br />
gezeigt werden konnte (Airoldi et al., 2012a).<br />
In HIV + Patienten führt die Beteiligung der Mikroglia im Kontext der HIV-Infektion zu einer<br />
Aktivierung des Inflammasoms und mündet konsekutiv in neurotoxischen Prozessen (Walsh<br />
et al., 2014). Die funktionelle Relevanz der Co-Kultur Überstände im Hinblick auf induzierte<br />
Neurotoxizität wurde anhand kortikaler Neuronen zum einen durch Zugabe des Co-Kultur<br />
Überstandes des ursprünglichen Modells auf Rattenneurone (Schanzmann, 2013) und zum<br />
anderen durch Zugabe des modifizierten Co-Kultur Überstandes auf fötale humane Neurone<br />
untersucht. Interessanterweise lösten in beiden Modellen die Überstände der Co-Kultur aus<br />
HIV-Vektor transduzierten monozytären Zellen und mikroglialen Zellen eine erhöhte Induktion<br />
von Zelltod bei den Neuronen aus. Anhand des modifizierten Modells konnte auch gezeigt<br />
werden, dass durch den Überstand von mikroglialen Zellen mit HIV-Vektor Partikel bei<br />
Abwesenheit monozytärer Zellen kein erhöhter Zelltod der fötalen humanen Neurone<br />
ausgelöst werden konnte. Diese Ergebnisse zeigen deutlich die funktionelle Relevanz der<br />
Aktivierung in der Co-Kultur und stützen somit die „bystander hypothesis“, bei der eine<br />
74
verstärkte Aktivierung durch die Interaktion von Mikroglia und Monozyten postuliert wird<br />
(Gonzalez-Scarano and Martin-Garcia, 2005).<br />
Neben der gezeigten potentiellen Verstärkerfunktion der monozytären Zellen wird besonders<br />
dem HIV-Protein tat eine verstärkende Funktion im Kontext immunologischer Prozesse bei<br />
einer HIV-Infektion zugesprochen. Es wurde postuliert, dass freigesetztes tat unter anderem<br />
auf nicht infizierte Zellen wirkt und dort eine ausgelöste Immunreaktion verstärken kann (Ruiz<br />
and Prasad, 2016). Bei der Herstellung viraler Partikel in unserem System wurde mit tat cotransfiziert.<br />
Das hatte zur Folge, dass das virale Protein ebenfalls in dem verwendeten Modell<br />
vorlag. Bei dem Einsatz der viralen Partikel in der Co-Kultur und in der Mono-Kultur wurden<br />
gleiche Mengen an tat hinzugefügt. Trotzdem konnte ein unterschiedlicher Grad der<br />
Aktivierung in den Kulturen beobachtet werden. Erst die Anwesenheit von monozytären Zellen<br />
in der Co-Kultur sorgte für eine verstärkte Sekretion von Zytokinen und signifikant erhöhtem<br />
Zelltod bei Neuronen durch den korrespondierenden Überstand. Bezüglich der Aktivierung und<br />
der induzierten Neurotoxizität in unserem Modell scheinen somit die transduzierten<br />
monozytären Zellen und nicht das virale Protein tat eine wichtige Verstärkerfunktion<br />
einzunehmen. Der Einfluss von tat auf das entwickelte Co-Kultur Modell kann jedoch nicht<br />
abschließend geklärt werden. Es wurde beschrieben, dass tat einen direkten Einfluss auf<br />
monozytäre Zellen hat und eine Veränderung der Genexpression hervorruft (Lin et al., 2012).<br />
Inwieweit generell ein virales Protein auf die monozytären Zellen wirkt und originär für die<br />
spätere Verstärkerfunktion in der Co-Kultur, beziehungsweise für die ausgelöste Neurotoxizität<br />
durch die Co-Kultur Überstände verantwortlich ist, kann durch diese Arbeit nicht beantwortet<br />
werden.<br />
Ebenfalls bleibt die Frage offen, wie der vermutete Verstärkereffekt, den die monozytären<br />
Zellen einnehmen, auf die mikroglialen Zellen wirkt, beziehungsweise wie die mikroglialen und<br />
monozytären Zellen interagieren. Dabei ist sowohl eine Kommunikation via direktem Zell-<br />
Zellkontakt oder anhand von löslicher Mediatoren denkbar. In einem Model aus HIV infizierten<br />
T-Zellen und dendritischen Zellen ist die Notwendigkeit direkten Zell-Zellkontakts beschrieben,<br />
um eine immunologische Antwort anhand von Interferonen zu detektieren (Bego et al., 2015).<br />
Allerdings konnte in dem hier verwendeten Zellkulturmodell keine erhöhten Mengen an<br />
Interferonen detektiert werden (Daten nicht gezeigt). Virale RNA in Monozyten kann anhand<br />
der LTR`s durch TLR8 erkannt werden und eine Interferon-unabhängige Aktivierung auslösen<br />
(Chattergoon et al., 2014). Für einen Interferon-unabhängigen Aktivierungsweg sprechen auch<br />
eigene vorhergehende Arbeiten, in denen gezeigt werden konnte, dass die Anwesenheit der<br />
viralen RNA, lediglich bestehend aus den LTR`s, in monozytären Zellen ausschlaggebend für<br />
die spätere vollständige Aktivierung der Co-Kultur war (Ambrosius, 2012; Faissner, 2013;<br />
Faissner, Ambrosius et al., 2014). Ebenfalls einhergehend mit der unterschiedlichen Art der<br />
75
Aktivierung, konnte anhand der in dieser Dissertation durchgeführten Versuche gezeigt<br />
werden, dass Co-Kulturen die unter konstantem Schütteln inkubiert wurden, eine höhere<br />
Zytokinsekretion zeigten als nicht geschüttelte Vergleichskulturen. Durch die Inkubation einer<br />
Co-Kultur unter konstantem Schütteln können Zell-Zellkontakte minimiert werden. Das konnte<br />
in Kulturen aus Lymphozyten und dendritischen Zellen beobachtet werden (Sourisseau et al.,<br />
2007; Lepelley et al., 2011). Die in dieser Arbeit durchgeführten Experimente zeigten, dass es<br />
ohne Ausbildung eines statischen Zell-Zellkontakts zu einer erhöhten Aktivierung der Co-<br />
Kultur kam, was anhand der Sekretion der Zytokine CXCL10, CCL5 und IL-6 zu erkennen war.<br />
Diese Daten sollten allerdings eher dahingehend interpretiert werden, dass ein direkter und<br />
statischer Zell-Zellkontakt zwischen mikroglialen Zellen und monozytären Zellen für die<br />
vollständige Aktivierung der Co-Kultur nicht zwingend notwendig war, als dass ausbleibender<br />
Zell-Zellkontakt in diesem Model die Sekretion sogar erhöhen kann. Um dies zu validieren und<br />
potentielle Zellkultur Artefakte auszuschließen, sollten zukünftig Experimente mit einem<br />
Transwell-System durchgeführt werden, durch das es zu einer strikten Trennung zwischen den<br />
Zelltypen kommt.<br />
Generell hat das verwendeten Zellkulturmodells einige Limitationen, wie den Einsatz<br />
mikroglialer und monozytärer Zelllinien. Hierbei ähneln die Zelllinien den primären Zellen zwar<br />
stark, doch handelt es sich um modifizierte primäre Zellen (Etemad et al., 2012; Sundstrom<br />
and Nilsson, 1976). Im Falle der mikroglialen Zellen brachte der Einsatz der Zelllinie HMC3<br />
eine bessere Verfügbarkeit der Zellen und eine höhere Homogenität der Co-Kulturüberstände<br />
mit sich, verglichen mit der ursprünglich verwendeten und schwer zu bekommenden<br />
embryonalen humanen Mikroglia (Ambrosius, 2012; Faissner, 2013; Faissner, Ambrosius et<br />
al., 2014). Um die anhand der mikroglialen Zelllinie gewonnenen Ergebnisse zu validieren,<br />
wurden Schlüsselexperimente in dieser Arbeit mit isolierter adulter Mikroglia wiederholt. Dabei<br />
konnte der bystander hypothesis folgend, eine sich ähnelnde Antwort beider Zelltypen in dem<br />
entwickelten Model beobachtet werden. Diese Validierung anhand ex vivo gewonnener<br />
Mikroglia war notwendig, da bereits kleine Veränderungen in den Bedingungen der Zellkultur<br />
zu unterschiedlichem Verhalten der Mikroglia führen kann (Tam et al., 2016). Die Verfügbarkeit<br />
der adulten Mikroglia war allerdings sehr gering, weshalb nur MMF und nicht Teriflunomid an<br />
diesen Zellen getestet werden konnte. Hier bedarf es weiterer Versuche um dies in Zukunft<br />
nachzuholen.<br />
Trotz der Schwächen des Zellkulturmodels bleiben wenig Alternativen zur Erforschung der hier<br />
untersuchten Zell-Zellinteraktionen. Zwar bieten sich zur Erforschung der HIV Pathogenese<br />
und der zellulären Abläufe bei HAND besonders Primatenmodelle an, in denen das HIVähnliche<br />
SIV verwendet wird (Sharer et al., 1988; Zink et al., 2010), jedoch gehen diese<br />
Versuche mit großem logistischen Aufwand einher und bergen die Schwierigkeit der ethischen<br />
76
Beurteilung von Primatenversuchen. Zur Erforschung von HAND werden ebenfalls<br />
Nagermodelle verwendet, die allerdings deutliche Limitationen mit sich bringen. Diese Modelle<br />
basieren auf transgenen Tieren, die meist unter einem ZNS spezifischen Promotor HIV<br />
Proteine exprimieren (Toggas et al., 1994; Kim et al., 2003). Diese Modelle zeigen allerdings<br />
nur die Auswirkungen der Expression bestimmter viraler Proteine und nicht molekulare und<br />
zelluläre Abläufe, wie sie sich bei HAND ereignen. Um dies abzubilden, erhalten immer mehr<br />
humanisierte Mausmodelle Einzug in die HIV-Forschung. Dabei wurde das tiereigene<br />
Immunsystem durch humane Zellen ersetzt, so dass eine HIV-Infektion der Tiere möglich wird<br />
(Marsden and Zack, 2015; Akkina et al., 2016). In diesen Tieren kann es zu<br />
Abstoßungsprozessen der Immunzellen kommen und somit zu artifiziellen Immunprozessen,<br />
was zu Limitationen des Modells führt. Nur die Kombination verschiedener Modelle scheint<br />
eine gute Grundlage zur Erforschung der komplexen Prozesse bei HAND zu sein. Die<br />
humanisierten Mausmodelle bieten sich zukünftig an, die in unserem Zellkulturmodell<br />
postulierten isolierten Interaktionen zwischen Mikroglia und HIV transduzierten monozytären<br />
Zellen und der daraus resultierenden Neurotoxizität im Tiermodel zu untersuchen und zu<br />
validieren.<br />
5.2 Molekulare Abläufe in monozytären durch eine Transduktion mit HIV-Vektor<br />
Im Gehirn von HIV + Patienten konnten post-mortem 1-12% HIV-infizierte Monozyten<br />
nachgewiesen werden (Bagasra et al., 1996). Das deckt sich mit den erzielten<br />
Transduktionsergebnissen in dieser Arbeit, die ungefähr 4 % transduzierte monozytäre Zellen<br />
zeigten. Wie vorherig berichtet, konnte anhand der p24 gag-Menge davon ausgegangen<br />
werden, dass die monozytären Zellen mit homogenen Mengen an viralen Partikeln transduziert<br />
wurden (Logan et al., 2004) und die Partikel die postulierten Eigenschaften, wie z.B. enthaltene<br />
RNA, besaßen. Neben der Detektion des Reportergenprodukts GFP konnten ebenfalls die<br />
LTR`s im Erbgut der monozytären Zellen nachgewiesen werden. Das zeigt, dass sowohl die<br />
reverse Transkription der viralen RNA, als auch deren Integration in das Wirtszell-Genom mit<br />
anschließender Genexpression und Translation funktionierte. Neben dem Nachweis viraler<br />
RNA / DNA in den monozytären Zellen und der Expression des Reportergens GFP, konnte<br />
anhand der unmarkierten Proteomanalyse verdeutlicht werden, dass es durch die<br />
Transduktion mit HIV zu signifikanten Veränderungen in der Proteinexpression der Zellen kam.<br />
Die stärkste Hochregulation nach der Transduktion zeigte die Superoxid Dismutase (SOD),<br />
welche in der Zelle eine Schutzfunktion vor oxidativem Stress ausübt. Im Kontext von HAND<br />
ist bekannt, dass es zu einer Hochregulation von ROS (reactive oxygen species) durch eine<br />
Vielzahl an Zellen kommt und diese in Zusammenhang mit Neurotoxizität steht (Zayyad and<br />
Spudich, 2015). Eine pharmakologische Hemmung der SOD resultierte ebenfalls in erhöhter<br />
77
ROS Produktion und folglich in erhöhtem oxidativen Stress (Riera et al., 2015). Andersherum<br />
konnte gezeigt werden, dass durch Transduktion von Zellen des ZNS mit einem für SOD<br />
kodierenden Vektor in einem Tiermodell besagtes Enzym hochreguliert werden konnte, was<br />
die durch ROS ausgelöste Apoptose von Neuronen signifikant verringerte (Louboutin et al.,<br />
2012; Agrawal et al., 2012). Es klingt kontrovers, dass in Folge einer HIV-Infektion monozytäre<br />
Zellen mit der Hochregulation des anti-oxidativen Enzyms SOD beginnen, das im ZNS eine<br />
protektive Rolle einzunehmen scheint. Dieser Effekt konnte jedoch im Liquor von Patienten mit<br />
kognitiven Beeinträchtigungen bestätigt werden, in dem die SOD Expression noch zusätzlich<br />
erhöht war (Laspiur et al., 2007). Boven und Kollegen konnten zeigen, dass eine HIV-Infektion<br />
in Monozyten zu einer erhöhten Expression von SOD und somit zu anti-oxidativen<br />
Eigenschaften führte (La Boven et al., 1999). In anderen Zellen des ZNS, nämlich Astrozyten,<br />
wurde beschrieben, dass HIV eine Erhöhung von SOD bewirkte, was eine stärkere<br />
Widerstandskraft gegenüber der durch HIV ausgelösten ROS Produktion auslöste. Diese<br />
Erkenntnisse eingeordnet in den Kontext der „bystander hypothesis“ lassen vermuten, dass<br />
die Hochregulation von SOD in infizierten Monozyten ein Schutzmechanismus des Virus bei<br />
der Infektion darstellen kann und somit der Verbreitung im ZNS dient. Auch an diesem Prozess<br />
wurde bereits eine Beteiligung des viralen Proteins tat gezeigt. Es aktiviert den nuclear factor<br />
erythroid 2-related factor 2 (Nrf2)-Signalweg, in dessen Folge es zu einer verstärkten<br />
Expression von SOD und der daraus resultierenden anti-oxidativen Eigenschaften kommt<br />
(Mastrantonio et al., 2016). Wie vorhergehend bereits diskutiert, kann der isolierte Einfluss der<br />
viralen Proteine auf die monozytären Zellen und somit auf die Veränderungen des Proteoms<br />
nicht abschließend geklärt werden. Bereits publizierte Ergebnisse zeigen, dass eine<br />
vollständige Aktivierung in dem entwickelten Zellkultursystem nur bei der Verwendung von<br />
viralen Partikeln beobachtet werden konnte, die mit der Zielzelle fusionierten und virale RNA<br />
enthielten (Ambrosius, 2012; Faissner, 2013; Faissner, Ambrosius et al., 2014). Dies spricht<br />
gegen eine hervorgehobene Rolle eines isolierten viralen Proteins, kann aber nicht<br />
beantworten, ob tat diese potentiellen Schutzmechanismen in den Zellen induziert.<br />
Eine deutliche Hochregulation zeigte auch das Protein Transgelin-2 in HIV-Vektor<br />
transduzierten monozytären Zellen. Bisher ist wenig über die Funktion dieses Proteins bei<br />
einer HIV-Infektion bekannt. Allerdings stehen die hier erhobenen Daten im Einklang mit denen<br />
einer anderen Forschergruppe, die ebenfalls eine Hochregulation im Kontext einer HIV-<br />
Infektion detektieren konnte (Perez et al., 2010). Im Zusammenhang mit einer Hepatitis B<br />
Infektion konnte gezeigt werden, dass eine Erhöhung des Proteins Transgelin-2 zu einer<br />
Erhöhung der Transkription viraler Gene führte und eine Replikation des Virus verstärkte (Yu<br />
et al., 2016). Es liegt nahe, dass die Regulation von Transgelin-2 im Kontext einer HIV-<br />
Infektion ebenfalls der Verstärkung der Transkription HIV-eigener Gene dient. Daran<br />
anschließend konnte eine Hochregulation von Calreticulin beobachtet werden, das in der Zelle<br />
78
membrangebunden vorliegt und dem die Funktion eines Chaperons zu kommt. Es wurde<br />
beschrieben, dass im Kontext einer HIV-Infektion dieses Enzym verwendet wird, um virale<br />
Proteine zu prozessieren (Otteken and Moss, 1996).<br />
Neben den vorher beschriebenen hochregulierten Proteinen konnte in HIV-Vektor<br />
transduzierten monozytären Zellen eine deutliche Herunterregulation von Proteinen<br />
beobachtet werden, die ribosomalen Ursprungs waren. Dies wird gestützt durch Ergebnisse,<br />
in denen eine Herunterregulation von Genen durch HIV beschrieben wurde, die im<br />
Zusammenhang mit der Biogenese von Ribosomen stehen (Kleinman et al., 2014). Ebenfalls<br />
konnte in Drosophila melanogaster gezeigt werden, dass die Expression von dem viralen<br />
Protein tat zu signifikant weniger zytoplasmatischen Ribosomen führte (Ponti et al., 2008). In<br />
einer T-Zelllinie führte eine Infektion mit HIV zu einer Unterdrückung der Translation von<br />
Wirtszellen mRNA, wohingegen die Translation von strukturellen Proteinen des Virus<br />
unbeeinflusst blieb. Diese Ergebnisse konnten ebenfalls mit reduzierten Mengen an<br />
Ribosomen in Verbindung gebracht werden (Xiao et al., 1998). Es wird ein neuer, noch<br />
unverstandener komplexer Mechanismus beschrieben, durch den das Virus die<br />
Genexpression der Wirtszelle beeinflusst (Kleinman et al., 2014). Die hier beschriebenen<br />
regulierten Proteine in monozytären Zellen lassen vermuten, dass es im Zuge einer<br />
Transduktion mit HIV-Vektor zu Prozessen in der Zielzelle kommt, die eine Expression viraler<br />
Proteine fördern und dabei die Expression von zelleigenen Proteinen deutlich einschränken.<br />
An diesen Ergebnissen anknüpfend lässt die Hochregulation anti-oxidativer Enzyme in den<br />
Zellen vermuten, dass diese während der intensiven Virusproduktion geschützt werden sollen.<br />
Interessanterweise konnte hier beobachtet werden, dass bereits virale Partikel, beruhend auf<br />
dem minimalen HIV-Konstrukt CS-CG, in der Lage waren, diese modulatorischen Prozesse<br />
bei der Translation in den Wirtszellen zu induzieren. Um diese aufgestellte Hypothesen zu<br />
untersuchen, müssen die hier gesammelten Ergebnisse zukünftig anhand von unabhängigen<br />
Methode validiert werden. So kann beispielsweise anhand von Western Blots auf<br />
Proteinebene und rtPCR auf Genexpressionsebene überprüft werden, ob die hier beobachtete<br />
Regulation reproduziert werden kann. Ebenfalls muss einschränkend erwähnt werden, dass<br />
eine unmarkierte Proteomanalyse, wie sie hier durchgeführt wurde, einige Limitationen birgt.<br />
Durch den Vergleich der relativen Expression des Gesamtproteoms der unterschiedlichen<br />
Konditionen können Veränderungen detektiert werden. Diese setzen im Probenvergleich eine<br />
äußerst niedrige Varianz voraus, da andernfalls ein Teil der Expressionsänderungen, die nicht<br />
dominant ausfallen, sich nicht auflösen lassen. Um zukünftig eine bessere Auflösung der<br />
Proteinexpressionsänderungen zu gewährleisten, kann eine SILAC (stable-isotope labeling by<br />
amino acids in cell culture)-Methode verwendet werden. Bei der Methode werden durch<br />
Einsatz schwerer und leichter Aminosäuren, die während der Transduktion der Zellen<br />
hinzugegeben werden, spezifischere Veränderungen detektiert. In einer so durchgeführten<br />
79
Studie über den Einfluss des viralen Proteins vpr auf monozytäre Zellen und anschließender<br />
Validierung anhand eines Western Blots, konnte unter anderem eine Verstärkung des viralen<br />
Expressionsapparats aufgezeigt werden (Barrero et al., 2013). In dieser Arbeit wurde das<br />
virale Protein vpr nicht co-transfiziert, beziehungsweise verwendet. Dennoch kann auch durch<br />
die hier eingesetzten viralen Partikel eine Verstärkung des viralen Expressionsapparts<br />
vermutet werden. Das spricht für die hier gezeigten Ergebnisse und lässt die Hypothese<br />
entstehen, dass dieser Prozess durch mehrere virale Proteine unterschiedlich orchestriert<br />
wird.<br />
5.3 Pharmakologische Manipulation der Abläufe bei HAND<br />
Durch Einführung der cART wurde die Lebenserwartung von HIV + Patienten deutlich<br />
verlängert. Die Behandlung von HIV + Patienten mit cART ist unerlässlich, doch scheinbar nicht<br />
ausreichend zur Bekämpfung von HAND. Im Gegensatz zu der durch cART beeinflussten<br />
Viruslast in den Patienten korrelieren proinflammatorische Zytokine als Indikatoren einer<br />
fortschreitenden Neuroinflammation mit den Anzeichen einer Neurodegeneration. Die in dieser<br />
Arbeit gemessenen Zytokine CXCL10, CCL2 und IL-6 korrelieren mit beginnender und<br />
fortschreitender Neurodegeneration in HIV + Patienten (Ambrosius, 2012; Faissner, 2013;<br />
Dhillon et al., 2008; Thames et al., 2015). Es konnte gezeigt werden, dass sowohl Level von<br />
CCL2 als auch von IL-6 durch Behandlung mit cART nicht beeinflusst wurden (Yuan et al.,<br />
2013; Lake et al., 2015b). CCL5 hingegen wird mit HAND assoziiert. Allerdings kommt diesem<br />
natürlichen Antagonisten des HIV-Proteins gp120 neben einer chemotaktischen Funktion auch<br />
eine neuroprotektive Rolle zu (La Campbell et al., 2015a; Rozzi et al., 2014). Anhand der trotz<br />
cART nach wie vor hohen Konzentration an proinflammatorischen Mediatoren in HIV +<br />
Patienten wird die Notwendigkeit deutlich, das therapeutische Spektrum zur Behandlung von<br />
HAND weiter auszudehnen. In dieser Arbeit wurden die pharmakologischen Substanzen<br />
Teriflunomid und MMF auf ihren Einfluss bei HAND getestet. Die Fähigkeit der Substanzen,<br />
die Sekretion der vorher genannten Zytokine zu senken, wurde untersucht. Sowohl<br />
Teriflunomid als auch MMF inhibieren den nuclear factor kappa-light-chain-enhancer (NF-κβ)<br />
– Signalweg, jedoch mit unterschiedlichen Auswirkungen (Breedveld and Dayer, 2000;<br />
Tsubaki et al., 2014). Die unterschiedliche Wirkweise konnte bei den hier durchgeführten<br />
Ergebnissen beobachtet werden. Teriflunomid wirkte primär auf die Aktivierung der Co-Kultur,<br />
wohin MMF hauptsächlich auf die Aktivierung der mikroglialen Zellen wirkte, wie aus den<br />
sezernierten Mengen an Zytokinen geschlossen werden konnte. Es ist bekannt, dass<br />
Teriflunomid auf die Matrix-Metalloproteinase (MMP) 2 und MMP9 wirkt, was eine Reduktion<br />
der mRNA proinflammatorischer Zytokine zur Folge hat (Huang et al., 2011). Eine Reduktion<br />
von sezernierten proinflammatorischen Zytokinen durch die Co-Kultur nach Behandlung mit<br />
Teriflunomid konnte in dieser Arbeit bestätigt werden. Ein Einfluss von MMP2 und MMP9 bei<br />
80
HAND ist ebenfalls schon lange postuliert. So zeigen sich in cART behandelten HIV + Patienten<br />
erhöhte Spiegel an MMP2 und MMP9 im Liquor, die mit fortschreitender Neurodegeneration<br />
korrelierten (Li et al., 2013; Liuzzi et al., 2000). MMPs sind in dem hier verwendeten Modell<br />
ein denkbarer Mediator für die Aktivierung in der Zellkultur, beziehungsweise für das<br />
neurotoxische Potential der Co-Kultur Überstande, da auch MMPs die Fähigkeit besitzen,<br />
vermehrt Zelltod auslösen zu können (Johnston et al., 2001). Es wurde postuliert, dass MMPs<br />
für die Informationsweiterleitung zwischen Monozyten und Astrozyten bei einer HIV-<br />
Infektionen verantwortlich sein können und der Bildung proinflammatorischer mRNA dienen<br />
(Okamoto et al., 2005). Ein Einfluss von Teriflunomid auf MMPs kann sowohl die beobachtete<br />
verringerte Aktivierung der Co-Kultur, als auch das verminderte neurotoxische Potential des<br />
korrespondieren Überstandes erklären. Um die Wirkweise von Teriflunomid besser zu<br />
verstehen und einen möglichen Einfluss auf MMPs oder andere Mediatoren zu validieren,<br />
bedarf es zukünftig weiterer Versuche.<br />
In den hier gezeigten Ergebnissen konnte ein Einfluss von MMF primär auf mikrogliale Zellen<br />
und adulte Mikroglia gezeigt werden. MMF wirkt speziell auf Mikroglia über die Aktivierung des<br />
„hydroxycarboxylic acid receptor 2“ (HCAR2), der eine Modulation des proinflammatorischen<br />
Status hin zu einem neuroprotektiven Status vermittelt (Parodi et al., 2015). Ob durch den<br />
Statuswechsel induziert oder unabhängig von diesem Prozess, reduziert die Behandlung mit<br />
MMF die Freisetzung proinflammatorischer Zytokine, reduziert die Freisetzung von Glutamat<br />
und erhöht die Regulation des anti-oxidativen Enzyms Hämoxygenase-1 (Gill et al., 2014).<br />
Hämoxygenase-1 ist im ZNS von HIV + Patienten reduziert und korreliert mit<br />
Aktivierungsmarkern von Monozyten (Gill et al., 2015). Neben der Erhöhung von<br />
Hämoxygenase-1 wird durch die Behandlung mit MMF auch über eine verringerte Freisetzung<br />
von Glutamat durch infizierte Zellen berichtet (Gill et al., 2014). Im Zuge einer HIV-Erkrankung<br />
wurde die erhöhte Freisetzung von Glutamat durch infizierte Zellen detektiert, das im<br />
Kompartiment des ZNS Neurotoxizität auslöste (Wu et al., 2015). Im Gegensatz zu dem in der<br />
Literatur beschriebenen Einfluss von MMF auf Monozyten oder Makrophagen wurde in dieser<br />
Arbeit der Einfluss von MMF auf eine Co-Kultur von monozytären und mikroglialen Zellen<br />
beschrieben. Dabei wurde deutlich, dass eine verringerte Aktivierung zwar vornehmlich in<br />
mikroglialen Zellen zu beobachten war, jedoch die Überstände der Co-Kultur weniger<br />
neuronalen Zelltod induzierten. Ob somit eine Hochregulation des anti-oxidativen Enzyms<br />
Hämoxygenase-1, eine verminderte Freisetzung von potentiell neurotoxischem Glutamat oder<br />
die Regulation eines unbekannten Mediators durch die Behandlung der Co-Kultur mit MMF<br />
der entscheidende Faktor ist, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden.<br />
Nach wie vor kontrovers diskutiert wird der potentiell neurotoxische Einfluss von cART. Sowohl<br />
der direkte negative Einfluss von cART auf Neurone wurde beschrieben (Abers et al., 2014)<br />
81
als auch die These, dass durch cART keine neurotoxischen Effekte zu verzeichnen sind und<br />
diese auf verbleibende virale Reservoirs zurückzuführen sind (Brier et al., 2015). Es konnte<br />
jedoch sowohl in Affen als auch in Ratten gezeigt werden, dass die Behandlung mit cART zu<br />
vermehrten oxidativen Stress führte, was in neurotoxischen Prozessen resultiert. Die<br />
Behandlung mit MMF führte zu einer Abschwächung dieser zellschädigenden Prozesse (Akay<br />
et al., 2014). Die Ergebnisse lassen vermuten, dass MMF ein geeigneter Kandidat ist, um<br />
zusätzlich zu einer notwendigen cART verabreicht zu werden. Anhand der in dieser Arbeit<br />
gewonnen Erkenntnisse kann keine Aussage über den direkten Einfluss von MMF auf<br />
Neurone, beziehungsweise den zusätzlichen Einfluss von MMF bei cART, getroffen werden.<br />
Dennoch deuten die hier erhobenen Daten darauf hin, dass MMF im Kontext von HAND einen<br />
positiven Einfluss besitzt.<br />
5.4 Indikatoren der Immunaktivierung im Kontext von HAND<br />
In dieser Arbeit wurde das Expressionsniveau proinflammatorischer Zytokine als Indikator für<br />
eine ausgelöste Immunreaktion verwendet. Die gemessenen Zytokine katalysieren allerdings<br />
auch selber mannigfaltige Prozesse. So zeigt CXCL10, das in der Co-Kultur von HIV-Vektor<br />
transduzierten monozytären Zellen und Mikroglia stark erhöht war, ein neurotoxisches<br />
Potential. Es wurde beschrieben, dass erhöhte Mengen an CXCL10 zu einer Kalzium-<br />
Dysregulation im ZNS führen, was Neurodegeneration hervorruft (Sui et al., 2006). CXCL10<br />
wirkt als starkes Chemoattraktant und rekrutiert vornehmlich Monozyten und T-Zellen zum Ort<br />
der Sekretion hin (Kolb et al., 1999; Sorensen et al., 2002). Eine ebenfalls stark induzierende<br />
chemotaktische Funktion für Monozyten und T-Zellen besitzt CCL2 (Conductier et al., 2010).<br />
Im Kontext von HAND konnte gezeigt werden, dass speziell CCL2 eine Rekrutierung von<br />
Leukozyten über die BHS ermöglicht, welche durch CXCL10 oder CCL5 allerdings nicht<br />
ausgelöst werden konnte (Eugenin et al., 2006). CCL5 wirkt chemoattraktiv auf Monozyten<br />
und fördert deren Rekrutierung zum Ort der Sekretion hin (Slimani et al., 2003). In einem<br />
Mausmodell konnte neben der chemoattraktiven Funktion noch die Fähigkeit beschrieben<br />
werden, die durch das virale Protein gp120 in Neuronen ausgelöste Apoptose zu verhindern<br />
(La Campbell et al., 2015b). In dem in dieser Arbeit verwendeten Modell wurden virale Partikel<br />
verwendet, die kein gp120 exprimierten, sodass diese Eigenschaft hier vernachlässigt werden<br />
kann. Das neben CXCL10, CCL2 und CCL5 gemessene IL-6 orchestriert einen Wechsel der<br />
Rekrutierung von Neutrophilen zu Monozyten anhand von Chemokinen (Hurst et al., 2001). IL-<br />
6 ist bei einer HAND in hohen Konzentrationen im ZNS zu detektieren (Nixon and Landay,<br />
2010). Die Erkennung von infizierten Monozyten und T-Zellen im ZNS von HIV + Patienten<br />
durch residente Immunzellen führt zu einer verstärkten Sekretion der vorher genannten<br />
Zytokine, die in dem hier modifizierten Zellkulturmodell ebenfalls stark reguliert waren. Im HIV +<br />
82
Patienten führen diese chemotaktischen Zytokine dazu, dass vermehrt Immunzellen und somit<br />
auch infizierte Zellen ins ZNS rekrutiert werden. Bei diesem Vorgang spricht man von dem<br />
sogenannten „push and pull“ Mechanismus (Yadav and Collman, 2009).<br />
Neben den immunologischen Aspekten deuten aktuelle Forschungsansätze auf einen<br />
weiteren interessanten Punkt bei HAND hin. So konnten Verhaltensänderungen mit einem<br />
erhöhten Zytokin-Level im ZNS verknüpft werden. Hohe Konzentrationen von IL-6 im ZNS bei<br />
HIV + Patienten stehen in Verbindung mit auftretenden Einschlafstörungen (Gay et al., 2015;<br />
Wirth et al., 2015). Schlafstörungen, die bei HIV + Patienten beschrieben wurden (Byun et al.,<br />
2016) können zumindest teilweise die Konzentrationsdefizite bei HAND Patienten mit ANPD<br />
erklären. Neben dem Einfluss von IL-6 auf das Schlafverhalten konnte auch ein<br />
Zusammenhang von IL-6, sowie dem für das Hungergefühl zuständigen Hormons Adiponectin<br />
mit neurokognitiven Defiziten beobachtet werden (Lake et al., 2015a). Das konnte durch eine<br />
Studie unterstützt werden, nach der Adipositas und hohe IL-6 Konzentrationen bei HIV +<br />
Patienten mit neurokognitiven Defiziten signifikant in Verbindung stehen (Sattler et al., 2015).<br />
Ebenfalls konnten die Zytokine CXCL10 und CCL2 mit Adipositas assoziiert werden (Ishii et<br />
al., 2016). All das kann darauf hindeuten, dass die im Kontext einer HIV-Inflammation erhöhten<br />
Konzentrationen von Zytokinen Verhaltensänderungen wie Schlafstörungen und Adipositas<br />
hervorrufen, die ebenfalls mit neurokognitiven Störungen verknüpft sind und diese vielleicht<br />
sogar fördern. Einschränkend muss gesagt werden, dass eine direkte Kausalität zwischen<br />
diesen Faktoren mit HAND nur schwer zu zeigen ist. So ist durch den bei HAND auftretenden<br />
Verlust der kognitiven Leistungsfähigkeit ein vermehrtes Auftreten von Depressionen<br />
beschrieben (Pinheiro et al., 2016) die mit Schlafstörungen in Verbindung gebracht werden<br />
können (Harris et al., 2009). Ebenfalls darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die<br />
meisten HIV + Patienten in der westlichen Welt mit Medikamenten der cART behandelt werden,<br />
die im Verdacht stehen, Schlafstörungen und Depression zu fördern (Treisman and Soudry,<br />
2016). Vor diesem Hintergrund bleibt die Frage interessant, ob durch eine Behandlung der<br />
Entzündung im ZNS mit immunmodulatorischen Stoffen die neurokognitive Beeinträchtigung,<br />
aber auch die ebenfalls auftretenden Begleiterscheinungen wie Schlafstörungen, Adipositas<br />
und Depressionen verbessert werden können.<br />
5.5 Fazit<br />
Wie eingangs bereits zitiert, handelt es sich bei HAND um ein dynamisches Puzzle<br />
verschiedenster Faktoren (Zayyad and Spudich, 2015), an dessen Ende die<br />
Neurodegeneration und die Beeinträchtigung des HIV + Patienten stehen. In dieser Arbeit<br />
konnten die Wechselwirkungen zwischen HIV transduzierten monozytären Zellen und<br />
mikroglialen Zellen näher charakterisiert werden und eine funktionelle Relevanz im Hinblick<br />
auf daraus entstehende Neurotoxizität aufgezeigt werden. Dabei standen die hier<br />
83
eobachteten Interaktionen zwischen den Zelltypen im Einklang mit der für HAND postulierten<br />
„bystander hypothesis“.<br />
Anhand des entwickelten Zellkulturmodells konnte gezeigt werden, dass den HIVtransduzierten<br />
monozytären Zellen eine Verstärkerfunktion zukommt, die in einer<br />
ausgeprägteren Aktivierung der Co-Kultur resultierte. Dabei wurde deutlich, dass nicht die<br />
viralen Partikel ursächlich für eine vollständige Aktivierung waren, sondern dass HIV<br />
transduzierte monozytäre Zellen vorliegen mussten. Dieser Tatsache, die Anhand einer<br />
verstärkten Sekretion der Zytokine CXCL10, CCL5, CCL2 und IL-6 beobachtet werden konnte,<br />
folgte konsekutiv die Neurodegeneration embryonaler Rattenneurone, beziehungsweise<br />
fötaler humaner Neurone. Der Überstand von Mono-Kulturen mit HIV-Partikeln induzierte<br />
dahingehend keinen Anstieg der Neurotoxizität. Der neurotoxische Effekt des Überstandes<br />
konnte durch die Behandlung der Co-Kultur mit den pharmakologischen Substanzen<br />
Teriflunomid und MMF vermindert werden. Dabei wurde deutlich, dass die Behandlung mit<br />
beiden Substanzen einen positiven Effekt auf das Überleben der Neurone mit sich brachte<br />
(Abbildung 21). Anhand der unterschiedlich abgeschwächten Aktivierung der Co-Kultur nach<br />
Zugabe von Teriflunomid oder MMF kann vermutet werden, dass die Wirkweise über<br />
verschiedene Signalwege orchestriert wurde. Der genaue Wirkmechanismus beider<br />
Substanzen bleibt unverstanden. Ein Einfluss auf die Regulation von MMPs, Hämoxygenase-<br />
1 und proinflammatorischer Zytokine ist hierbei denkbar. Zukünftige Experimente sind nötig,<br />
um den genauen Einfluss beider pharmakologischer Substanzen in diesem Zusammenhang<br />
näher zu beleuchten. Dabei muss beachtet werden, dass die hier erhobenen Daten einem<br />
Zellkulturmodell entstammen, dass sich von der in vivo Situation unterscheidet,<br />
beziehungsweise dies nur nachbildet.<br />
In dieser Arbeit wurden ebenfalls die molekularen Abläufe bei HAND betrachtet. Es wurde<br />
deutlich, dass es durch eine HIV Transduktion von monozytären Zellen zu vielschichtigen<br />
Veränderungen in den Zellen kommt, die unter anderem zu einer veränderten Expression des<br />
Proteoms in der Zelle führten. Dabei legen die Daten den Schluss nahe, dass es durch die<br />
Infektion mit HIV zu einer „Kaperung“ des Proteinproduktionsapparates der Zelle kommt, in<br />
dessen Verlauf die Produktion viraler Proteine hochgefahren wird und zelleigene Proteine<br />
zurückgefahren werden (Abbildung 21). Diese Ergebnisse decken sich mit postulierten<br />
Ergebnissen in der Literatur, in denen ähnliche Prozesse durch eine HIV-Infektion von Zellen<br />
beschrieben wurden. Es bedarf weiterer Versuche um die genauen Veränderungen am<br />
Proteom durch die Transduktion mit den eingesetzten viralen Partikeln weiter zu verstehen.<br />
84
Abbildung 21: Modifizierte schematische Darstellung von HIV im ZNS unter Berücksichtigung der Ergebnisse dieser<br />
Dissertation. Eine Infektion von monozytären Zellen mit HIV führt zu Veränderungen im Proteom. Infizierten<br />
monozytären Zellen kommt ein Verstärkereffekt in Co-Kultur mit mikroglialen Zellen zu (gelber Feil). Teriflunomid<br />
(grüner Feil) und MMF (blauer Feil) schwächen die inflammatorischen Prozesse in der Co-Kultur ab, was konsekutiv<br />
zu weniger Neurodegeneration führt.<br />
Zusammenfassend tragen die durch das entwickelte und modifizierte Zellkulturmodell<br />
vorgestellten Ergebnisse zum besseren Verständnis der monozytären und mikroglialen<br />
Interaktion sowie zu den Erkenntnissen über die molekularen Abläufe im Monozyten nach HIV-<br />
Infektion bei. Dabei konnte gezeigt werden, dass eine Behandlung mit Teriflunomid oder MMF<br />
einen positiven Einfluss auf das Überleben von Neuronen im Kontext von HAND hatte. Diese<br />
Ergebnisse sprechen für die Möglichkeit, bei HIV + Patienten neben der obligatorischen<br />
Behandlung mit cART auch immunmodulatorisch zu intervenieren, um HAND weiter<br />
abzumildern.<br />
85
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99
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human embryonic kidney cells. Journal of virology 1967; 1: 1174–1185.<br />
100
7. Danksagung<br />
Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater und Betreuer Prof. Andrew Chan, der mir mit<br />
seiner Erfahrung und seinem Wissen zur Seite stand. Dabei bleiben mir die<br />
wissenschaftlichen Diskussionen, genauso wie die Abende am Napoleon-Grill stets in bester<br />
Erinnerung.<br />
Ebenfalls möchte ich mich bei meinem 2. Betreuer Prof. Stefan Wiese bedanken, der mir mit<br />
seiner Expertise und seinem Rat während des Projekts zur Verfügung stand.<br />
Mein Dank gilt Prof. Ralf Gold für die Möglichkeit, in seinem Labor meine Doktorarbeit<br />
anzufertigen und für das frühe Vertrauen in meine Person, sowie die stetige Unterstützung.<br />
Dr. Simon Faissner und Kirsten Schanzmann, die mit mir das HIV-Trio komplimentiert haben,<br />
gilt mein Dank für enge, freundschaftliche und gute Zusammenarbeit an diesem Projekt und<br />
darüber hinaus.<br />
Lisa Schrewe gilt mein besonderer Dank als gute Freundin und Mit-Promovendin mit der ich<br />
viel im und neben dem Labor erlebt habe.<br />
Dr. Seray Demir, Dr. Anke Salmen, Kerstin Tuß-Silczak und Fatima Arakrak aus meiner<br />
Arbeitsgruppe danke ich für den Rat, die Hilfe und die gemeinsam verbrachte Zeit.<br />
Der gesamten Arbeitsgruppe von Professor Gold möchte ich für die schöne Zeit, die Hilfe<br />
und die gute Zusammenarbeit im Labor während meiner Doktorarbeit danken.<br />
Ein weiterer spannender Aspekt des Dissertationsprojekts war die produktive<br />
Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern. Dabei möchte ich mich besonders bei Dr.<br />
Thomas Grunwald, Dr. Bastian Grewe, Bettina Tippler und der ganzen Arbeitsgruppe der<br />
molekularen und medizinischen Virologie im Zentrum für klinische Forschung an der Ruhr-<br />
Universität Bochum bedanken. Ebenfalls gilt mein Dank Dr. Claudia Lindemann, Dr. Katja<br />
Kuhlmann und den Mitarbeitern des Medizinischen Proteom-Centers Bochum für die<br />
Zusammenarbeit und die Expertise im Bereich der großen Welt der Proteine.<br />
Der Friedrich-Ebert-Stiftung danke ich für die finanzielle und ideelle Förderung während<br />
meiner Doktorarbeit.<br />
Am Ende möchte ich nun die Menschen erwähnen, die auf privater Ebene großen Anteil an<br />
dieser Doktorarbeit hatten. Sie gaben mir Zuspruch und vertrauten in meine Person. Mein<br />
besonderer Dank gilt meinen Eltern Jens und Isabell, meiner Schwester Friederike mit Jan-<br />
Peter Bernhard, Sebastian, Samuel und meinen Freunden.<br />
101
8. Lebenslauf<br />
geboren am 31.10.1985 in Unna<br />
ledig<br />
Beruflicher Werdegang<br />
09/2012 – heute Wiss. Mitarbeiter, Lehrstuhl für Neurologie (Professor R. Gold)<br />
St. Josef Hospital Bochum, Ruhr-Universität Bochum<br />
09/2008 – 09/2010 Student. Hilfskraft, Lehrstuhl für „Allgemeine Zooloie und<br />
Neurobiologie“ (Professor P. Wahle)<br />
Hochschulausbildung<br />
09/2012 – heute Promotionsstudium, Neuroimmunologie, Thema: „Molekulare<br />
und virale Determinanten bei HIV-assoziierten neurokognitiven<br />
Störungen“ (Prof. A. Chan), Ruhr-Universität Bochum,<br />
09/2010 – 08/2012 Master of Science in Biologie, Fakultät für Biologie und<br />
Biotechnologie, Ruhr Universität Bochum, Abschluss: 1,0 mit<br />
Auszeichnung<br />
10/2007 – 08/2010 Bachelor of Science in Biologie, Fakultät für Biologie und<br />
Biotechnologie, Ruhr Universität Bochum, Abschluss 1,7<br />
Stipendien / Förderung<br />
12/2015 – heute Anschubsfinanzierung FoRUM der medizinischen Fakultät der<br />
Ruhr Universität Bochum (FörderkennzeichenF859-15)<br />
08/2013 – 07/2016 Stipendiat (Promotionsförderung) der Friedrich-Ebert-Stiftung<br />
03/2009 – 08/2012 Stipendiat (Grundförderung) der Friedrich-Ebert-Stiftung<br />
Schulausbildung<br />
07/1994 – 06/2004 Clara-Schumann-Gymnasium, Holzwickede<br />
Abschluss: Abitur<br />
Ehrenamt<br />
05/2014 – heute Ratsherr im Gemeinderat von Holzwickede<br />
05/2014 – heute stellv. Fraktionsvorsitzender in Holzwickede<br />
102
9. Publikationsliste<br />
Originalpublikationen<br />
Ambrosius B*, Pitarokoili K*, Schrewe L, Pedreiturria X, Motte J, Gold R Fingolimod<br />
attenuates experimental autoimmune neuritis and contributes to Schwann-cell mediated<br />
axonal protection, in preparation Sep 2016<br />
*joined first-authorship<br />
Ambrosius B*, Faissner S*, Schanzmann K, von Lehe M, Grunwald T, Gold R, Grewe B,<br />
Chan A, Teriflunomide and monomethylfumarate reduce HIV-induced microglial/monocytoid<br />
activation and neurotoxicity, submitted Sep 2016.<br />
*joined first-authorship<br />
Pitarokoili K, Ambrosius B, Meyer D, Schrewe L, Gold R, Dimethyl Fumarate Ameliorates<br />
Lewis Rat Experimental Autoimmune Neuritis and Mediates Axonal Protection, PLoS One<br />
2015 Nov; 10:e0143416<br />
Faissner S*, Ambrosius B*, Schanzmann K, Grewe B, Potthoff A, Münch J, Sure U,<br />
Gramberg T, Wittmann S, Brockmeyer N, Überla K, Gold R, Grunwald T, Chan A,<br />
Cytoplasmic HIV-RNA in monocytes determines microglial activation and neuronal cell death<br />
in HIV-associated neurodegeneration, Exp Neurol. 2014 Nov;261:685-97<br />
*joined first-authorship<br />
Pitarokoili K*, Ambrosius B*, Schrewe L, Hayardeny L, Hayden M, Gold R, Laquinimod<br />
exerts strong clinical and immunomodulatory effects in Lewis rat experimental autoimmune<br />
neuritis, J Neuroimmunol. 2014 Sep 15;274(1-2):38-45<br />
*joined first-authorship<br />
Manzel A, Domenig O, Ambrosius B, Kovacs A, Stegbauer J, Poglitsch M, Mueller DN,<br />
Gold R, Linker RA, Angiotensin IV is induced in experimental autoimmune encephalomyelitis<br />
but fails to influence the disease, J Neuroimmune Pharmacol. 2014 Sep;9(4):533-43<br />
103
Vorträge:<br />
- Interaktion von Astrozyten mit HIV-transduzierten Monozyten im zentralen<br />
Nervensystem (Björn Ambrosius, Simon Faissner, Bastian Grewe, Bettina Tippler,<br />
Klaus Überla, Ralf Gold, Thomas Grunwald, Andrew Chan) (26. September 2012,<br />
DGN 2012, Hamburg)<br />
- Neurotoxicity of microglia-derived cytokines in HIV associated neurocognitive<br />
disorders (Björn Ambrosius, Kirsten Schanzmann, Simon Faissner, Bastian Grewe,<br />
Bettina Tippler, Klaus Überla, Ralf Gold, Gabriele Arendt, Thomas Grunwald, Andrew<br />
Chan) (13.September 2013, DGNN 2013, Göttingen)<br />
- Anti-inflammatory and neuroprotective role of Fingolimod in experimental autoimmune<br />
neuritis in Lewis rats (Björn Ambrosius, Kalliopi Pitarokoili, Lisa Schrewe, Ralf Gold)<br />
(19. April 2016, AAN 2016, Vancouver)<br />
Poster:<br />
- Reverse Transcription of HIV-RNA in infected Monocytes is not necessary to activate<br />
human microglia: Investigation of the microglial bystander hypothesis in Neuro-AIDS<br />
(Simon Faissner, Björn Ambrosius, Seray Demir, Klaus Überla, Ralf Gold, Thomas<br />
Grunwald, Andrew Chan) (21. – 28. April 2012, AAN 2012, New Orleans)<br />
- Microglial activation by HIV-infected monocytoid cells in the central nervous system is<br />
no dependent on reverse transcription of HIV-genome (Björn Ambrosius, Simon<br />
Faissner, Bettina Tippler, Bastian Grewe, Klaus Überla, Ralf Gold, Thomas Grunwald,<br />
Andrew Chan) (28. – 29. Juni 2012, Summer Frontiers: Training the innate immunity<br />
2012, Nijmegen)<br />
- Microglia show a different cytokine response pattern compared to astrocytes after<br />
interaction with HIV-infected monocytoid cells: Specifying the bystander hypothesis in<br />
Neuro-AIDS (Björn Ambrosius, Simon Faissner, Bastian Grewe, Bettina Tippler,<br />
Melanie D. Mark, Klaus Überla, Ralf Gold, Thomas Grunwald, Andrew Chan) (13. –<br />
17. Oktober 2012, SFN 2012, New Orleans)<br />
- CXCL10, CCL5 und IL-6 in Liquor cerebrospinalis von neuropsychologisch<br />
unbeeinträchtigten HIV + Patienten korrelieren mit Neurofilament H (Simon Faissner,<br />
Björn Ambrosius, Anja Potthoff, Kirsten Schanzmann, Norbert Brockmeyer,<br />
Gabriele Arendt, Ralf Gold, Thomas Grunwald, Andrew Chan) (20.September.2013,<br />
DGN2013, Dresden)<br />
104
- Neuroprotective effects of laquinimod in Lewis rat experimental autoimmune neuritis<br />
(Kalliopi Pitarokoili, Björn Ambrosius, Lisa Schrewe, Liat Hayardeny, Michael<br />
Hayden, Ralf Gold) (18. – 25. April 2015, AAN 2015, Washington DC)<br />
- Clinical histological and electrophysiological effects of Fingolimod in experimental<br />
autoimmune neuritis (Björn Ambrosius, Kalliopi Pitarokoili, Lisa Schrewe, Ralf Gold)<br />
(28. – 29. Januar 2016, Novartis Research Day, Berlin)<br />
105
10. Eigenständigkeitserklärung<br />
Hiermit erkläre ich, dass ich die Arbeit selbständig verfasst und bei keiner anderen Fakultät<br />
eingereicht und dass ich keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel verwendet habe. Es<br />
handelt sich bei der heute von mir eingereichten Dissertation um fünf in Wort und Bild völlig<br />
übereinstimmende Exemplare.<br />
Weiterhin erkläre ich, dass digitale Abbildungen nur die originalen Daten enthalten und in<br />
keinem Fall inhaltsverändernde Bildbearbeitung vorgenommen wurde.<br />
Bochum, den<br />
_____________________________________<br />
(Unterschrift)<br />
106