KURT 02/2017
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brauchte, die Produkte über den Pieper zu ziehen,<br />
war die Stimmung aufgeheitert bis lebensbejahend.<br />
Wow! Supermarkt kann ja Spaß machen...<br />
Den zwei „Damen“ hinter mir gefiel das aber gar<br />
nicht: Es ginge zu langsam voran, abfällige Bemerkungen<br />
über die falschen Buchungen wurden gemacht,<br />
es wurde sich ins Fäustchen gelacht, ein „Habe ich<br />
doch gleich gesagt“ folgte dem „Na, wohl noch ganz<br />
schön grün hinter den Ohren“. Sie, Nummer 1, schien<br />
offensichtlich die Mutter von ihr, Nummer 2, zu<br />
sein – und doch konnte man nur schwer und mit<br />
fachkundigem Blick unterscheiden, wer von<br />
beiden jetzt die 30- und wer die 50-Jährige<br />
war: Der Jogging-Overall passte<br />
genauso ins Bild wie die herausgewaschene<br />
Tönung, die man trotz<br />
Pferdeschwanz klar erkennen<br />
konnte. Dann kam: „Hätten wir<br />
uns doch an der anderen Kasse<br />
angestellt.“ JA! Hättet Ihr das mal<br />
getan. Dann bräuchte ich Euer<br />
Nörgeln jetzt nicht zu ertragen.<br />
Die pockennarbigen Gesichter<br />
und gichtigen Hände brachten mir<br />
den Einfall, dass die beiden „Damen“<br />
vor einiger Zeit wohl ein Fall für die Inquisition<br />
gewesen wären. Schön, dass unsere liberale<br />
Gesellschaft aber auch die Minderheit der Hexen<br />
schützt. Als Einkauf legten sie übrigens eine Box mit<br />
200 Zigarettenfiltern aufs Band. Im Gegensatz zum<br />
Fuchs spart die Hexe halt am falschen Ende.<br />
Ich zumindest fühlte mich angeekelt. Die junge<br />
Kassiererin tat mir leid – sie gab sich Mühe, und Anfängerfehler<br />
sind doch das Normalste auf der Welt.<br />
Da nimmt sich jemand mal Zeit für Offenherzigkeit<br />
und Freundlichkeit im hektischen und damit zur<br />
Anonymität verkommenen Alltag; und das einzige,<br />
was ich mitbekomme, ist diese exaltierte Larmoyanz.<br />
Hallo, noch jemand da? Euretwegen kräht kein<br />
Hahn dieser Welt. Also dreht Eure 200 Zigaretten und<br />
dampft (!) ab. Und an all diejenigen, die jetzt beim<br />
Lesen schon aufschnauben: Ja, ich bin vielleicht doch<br />
nachtragend. Aber wirklich nur bei Hexen... und bei<br />
Menschen, die beim Umblättern des Stern-Magazins<br />
die Seiten ansabbern.<br />
Ich bin ja wirklich nicht nachtragend. Ehrlich, keinesfalls.<br />
Denn das führt immer dazu, dass man im Alter<br />
ein verbissener Querulant wird, vor dem jedes Kindergartenkind<br />
Angst hat – und man mault irgendwann<br />
nur noch aus Gewohnheit, gar nicht mal mehr aus<br />
Zorn oder Erregung. Dann formt man permanent die<br />
Augen zu Schlitzen und die Brauen bauschen sich<br />
theowaigelmäßig auf, den Kaffee trinkt man stark,<br />
dafür aber mit zwei Mini-Pillen Süßstoff. Beim Gehen<br />
hält man sich schmerzverzerrt den Rücken, es geht<br />
einem ja so schlecht und auch die andere Straßenseite<br />
sollte das wissen. Und dann sitzt man<br />
im Wartezimmer des Doktors und leckt<br />
so beim Umblättern des Stern-Magazins<br />
für jede Seite die Fingerkuppen<br />
an und rotzt wochenlang in<br />
dasselbe Stofftaschentuch, das<br />
natürlich ein Erbstück ist von<br />
Onkel Klaus, der sich das damals<br />
kurz vor Kairo als Schutz vor den<br />
Sandstürmen oft vor das Gesicht<br />
geschnallt hat. Naja, jedenfalls<br />
bin ich nicht nachtragend, aber<br />
eine Sache werde ich einfach nicht<br />
mehr los: das Nörgeln.<br />
Voller guter Dinge habe ich mich zum<br />
Rewe meines Vertrauens aufgemacht, ein Festmahl<br />
sollte es werden: Billig-Penne, Marken-Pesto. Der<br />
Fuchs spart am richtigen Ende. Jedenfalls schlenderte<br />
ich so durch den Markt und sah mich vor dem geistigen<br />
Auge eigentlich schon in der Küche stehen und<br />
in tiefster Entspannung abwaschen, gewärmt durch<br />
das heiße Spüli-Wasser mit dem Geruch „Rosa Orchidee“<br />
und nebenbei von Spotify den UFO-Podcast<br />
hörend. Und so tapste ich durch die Gänge, fischte<br />
mir kurz meine Einkäufe und marschierte direkt Richtung<br />
Kasse, wo ich etwas überraschend eine neue<br />
Kassiererin sah. Sie war vielleicht 17 oder 18 Jahre –<br />
und sie begrüßte jeden Kunden mit den glänzenden<br />
Augen und der Sonnenscheinigkeit<br />
einer<br />
„Ich-habe-heute-meinen-ersten-Tag“-Mitarbeiterin.<br />
Auch wenn<br />
sie etwas lange dafür<br />
Zerbrecht Ihr Euch<br />
auch manchmal den<br />
Kopf über irgendetwas?<br />
Oder findet Ihr Maltes<br />
Nörgeln über anderer<br />
Leute Nörgeleien einfach<br />
nur voll daneben? Mailt an<br />
redaktion@kurt-gifhorn.de!<br />
10.03. Das Künstlerkarussell der Kulturschmiede<br />
Sassenburg (KusS) dreht<br />
sich wieder: Zum vierten Mal gibt‘s drei<br />
Events an drei Orten – und das zur selben<br />
Zeit. Das Besondere daran: Die Künstler<br />
touren, während die Zuschauer verweilen.<br />
Los geht‘s am Freitag, 10. März, um 19 Uhr<br />
gleichzeitig im Landhaus, Allerstraße 4,<br />
in Dannenbüttel, in der Alten Schmiede,<br />
Gutshof 12, in Triangel und im Hotel<br />
am Bernsteinsee, Bernsteinallee 5-7, in<br />
Stüde. Einlass ist überall ab 18.30 Uhr.<br />
kunst & kultur<br />
Auch die A-cappella-Gruppe Vocatonics ist beim Künstlerkarussell dabei.<br />
Künstlerkarussell<br />
der Kulturschmiede<br />
Drei Events an drei Orten: Die Künstler touren durch die Sassenburg<br />
Lisa<br />
Pit vom Niederrhein<br />
Von Malte Schönfeld<br />
Über das Nörgeln<br />
Kopfüber<br />
Auf dem Programm stehen das A-cappella-<br />
Sextett Vocatonics mit vier Frauen und zwei<br />
Männern – allesamt aus unserem Landkreis.<br />
Ihr Repertoire reicht von Pop bis Jazz mit<br />
Titeln wie „Say a little Prayer“ und „Nobody<br />
Fault“. Außerdem dabei ist die 25-jährige Sängerin<br />
Lisa Meinecke aus Neudorf-Platendorf<br />
mit eigenen Stücken und Cover-Songs sowie<br />
Pit vom Niederrhein alias Peter Chavier, der<br />
den Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch wieder<br />
lebendig werden lässt. Tickets gibt‘s im Vorverkauf<br />
für 9 Euro im Rathaus in Westerbeck<br />
sowie in den Big-Durst-Filialen in Grußendorf<br />
und Triangel. Abendkasse: 11 Euro.