Integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung

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Kapitel 4 4.1.6.3 Schritt 3: Bewertung von Zielsetzungen Die Zielsetzungen des Vermeidungs- und Verminderungsprogramms werden auf der Basis der in Schritt 2 erstellten Analyse bewertet. Zu diesen Zielsetzungen zählen Reduktionszielwerte, Grenzen und Zeitrahmen. Die Zielsetzungen müssen messbar und in einem Programmplan zeitlich festgelegt sein, sodass sie dazu verwendet werden können, den planmäßigen Verlauf des Programms zu überwachen. Im weiteren Verlauf des Verfahrens können diese Zielsetzungen überarbeitet werden, wenn das eigentliche Vermeidungs- und Verminderungsprogramm implementiert wird (siehe Schritt 6). 4.1.6.4 Schritt 4: Aufzeigen von Möglichkeiten zur Vermeidung und Verminderung Zum Aufzeigen von Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung von Wasser- und Energieverbrauch sowie Abfallerzeugung können verschiedene Ansätze verwendet werden, z. B. Brainstorming, interne Untersuchungen, externe Beratung und Pinch-Technologie (siehe Abschnitt 4.1.6.4.1). Die Identifizierung von Möglichkeiten zur Vermeidung und Verminderung hängt von Wissen und Kreativität der Mitglieder des Projektteams und anderer Mitarbeiter ab, was natürlich wiederum im Wesentlichen aus deren eigener Erfahrung kommt. Durch die sorgfältige Analyse der Ursachen eines Problems lassen sich oft mehrere Möglichkeiten finden. Alternativ können sich auch Personen aus verschiedenen Teilen der Organisation treffen, um Lösungen für spezifische Probleme in einer offenen, nicht einschüchternden Atmosphäre in Brainstorming-Sitzungen zu besprechen. Zusätzliche Ideen lassen sich durch das Hinzuziehen eines Beraters mit speziellem Expertenwissen gewinnen, der eine Besichtigung des Betriebs vornimmt. So gibt es in der Nahrungsmittelproduktion beispielsweise viele Maßnahmen, die zur Verringerung der verwendeten Wassermenge eingesetzt werden können, wie z. B. die Vermeidung von Wasserverbrauch, die Optimierung der Prozesssteuerung (siehe Abschnitt 4.1.8), die Kreislaufführung und Wiederverwendung von Wasser, gute handwerkliche Praxis und Wartung (siehe Abschnitt 4.1.5). In Tabelle 4.6 werden Beispiele möglicher Wassersparmaßnahmen aufgezeigt. Wassersparmaßnahme Typische Reduzierung des Prozessverbrauchs (%) Wasserwiederverwertung im bis zu 90 geschlossenen Kreislauf CIP (neu) bis zu 60 Wiederverwendung von bis zu 50 Waschwasser Gegenstromspülen, z. B. in CIP bis zu 40 Gute handwerkliche Praxis bis zu 30 CIP-Optimierung bis zu 30 Aufrüstung von Sprüh-/ bis zu 20 Spritzdüsen Bürsten/Abzieher bis zu 20 Automatische Abschaltung bis zu 15 Tabelle 4.6: Normalerweise erzielbare Reduzierung des Wasserverbrauchs [23, Envirowise (UK) and Dames & Moore Ltd, 1998] Angaben zufolge ist es nötig, dass bei der Identifizierung von Energieeffizienzmaßnahmen Produktionsprozesse, Versorgungsleistungen und Gebäude getrennt betrachtet werden. Verschiedene öffentlich zugängliche Quellen liefern reichhaltige Informationen zu Energieeffizienztechniken. Die verfügbaren Techniken sind jedoch stark vom jeweiligen Standort und der Art des angewandten Verfahrens abhängig. Im Endeffekt sind die Gesamtenergieeinsparungen normalerweise das Ergebnis kleiner Einsparungen in mehreren Bereichen. So sind beispielsweise durch verbesserte Haushaltung (siehe Abschnitt 4.1.7.11) und Feineinstellungen Einsparungen von bis zu 25 % möglich. Zusätzliche Einsparungen lassen sich durch den Einsatz energieeffizienterer Geräte, Wärmerückgewinnung und die Anwendung kombinierter Erzeugung von Wärme und Strom (KWK) erzielen 238 Januar 2006 RHC/EIPPCB/FDM_BREF_FINAL

Kapitel 4 (siehe Abschnitt 4.2.13.1.1). Ein als Beispiel angeführter Nudelhersteller gab an, dass die Verbesserung der Energieeffizienz eines seiner Heizkessel von 85 % auf 90 % zu einer Verringerung der CO2-Emissionen um 5,56 % (bei Verwendung eines Umrechnungsfaktors von 84,6 kg CO2/GJ) führen könnte. Viele Maßnahmen, die zur Reduzierung der Umweltauswirkungen angewendet werden können, z. B. die Verringerung des Energieverbrauchs, haben keinerlei Auswirkungen auf andere verschmutzende Emissionen der Anlage. Solche Maßnahmen können als „eigenständig“ betrachtet und entsprechend ihrem jeweiligen wirtschaftlichen Nutzen und Umweltnutzen bewertet werden. Andererseits können manche Maßnahmen zu positiven oder negativen Auswirkungen auf andere Umweltaspekte führen, und in diesen Fällen müssen die umfassenderen Umweltauswirkungen berücksichtigt werden. Im Fall von Kompromissen, z. B. zwischen Energieverbrauch und anderen Umweltzielsetzungen, muss eine Bewertung unter Berücksichtigung der Kosten und der Umweltvorteile durchgeführt werden, damit die Umsetzung angemessener Maßnahmen begründet werden kann. 4.1.6.4.1 Pinch-Technologie Beschreibung Die Bezeichnung Pinch-Technologie wurde als Methodik in Prozessdesign und Energieeinsparung eingeführt. Ursprünglich entwickelt wurde sie jedoch für den Einsatz in den Bereichen Wasserverbrauch und Abfallreduzierung. Die Energie-Pinch-Technologie ist ein Analysenverfahren, das die beste Nutzung der Wärmeübertragung von warmen Strömen, die Kühlung erfordern, auf kühle Ströme, die Erwärmung erfordern, untersucht. Eine Pinch- Analyse bietet einen systematischen Ansatz zur Untersuchung von Energienetzen und zur Verbesserung der Energieeffizienz von Industrieprozessen. Die Analyse verwendet die grafische Darstellung der Energieströme in den Prozess- und Versorgungsströmen, um die für die Erfüllung der Prozessanforderungen benötigten Mindestbedarf an Energie und Energiesystemen zu ermitteln. Bei der Methode werden Temperatur-Enthalpie- Diagramme zur Beschreibung der für eine Wärmeübertragung zur Verfügung stehenden warmen und kalten Ströme verwendet. Die Summe der warmen und kalten Ströme in einem Prozess können in ein ähnliches Diagramm eingezeichnet werden, aus dem sich die Pinch-Temperatur bestimmen lässt. Anhand dieser Informationen lässt sich herausfinden, wo und in welchem Ausmaß Wärmerückgewinnung in dem Prozess möglich ist. Außerdem lassen sich so die Minimalanforderungen für die Wärme- und für die Kälteversorgung bestimmen. Zur Erfüllung dieses Mindestenergiebedarfs wird ein Wärmetauschernetz installiert. Die Pinch- Analyse liefert das optimale Design dafür. Die Wasser-Pinch-Technologie kann ein leistungsstarkes Werkzeug zur Erkennung von Möglichkeiten für die Wiederverwendung, Wiederverwertung und Regenerierung innerhalb einer Anlage oder eines Prozesses sein. Sie verwendet komplexe Algorithmen zur Identifizierung und Optimierung der besten Möglichkeiten für die Wiederverwendung und Regenerierung von Wasser sowie für die Abwasserbehandlung. Die Grundkonzepte für die Wärmerückgewinnung gelten analog auch hier. Wasserströme und deren Gehalt an wasserverschmutzenden Stoffen werden berücksichtigt, woraus sich sogenannte Quellen und Senken ergeben. Erreichbare Umweltvorteile Geringerer Energieverbrauch und damit geringere Abluftemissionen. Weniger an die Umgebungsluft oder an das Wasser abgegebene Abwärme. Maximierung der Wiederverwendung von Wasser unter Berücksichtigung der Qualitätserfordernisse der jeweiligen Anwendung. Minimierung des Zusatzes von Frischwasser und der Abgabe von Abwasser. Minimierung von Abfällen. Betriebsdaten In einer als Beispiel genannten Raffinerie für Speiseöle wurde die Pinch-Technologie eingesetzt, um zu untersuchen, ob ein neues Raffinierverfahren energieeffizienter wäre als das Vorgängerverfahren, bei dem für die Prozesswärme Dampf und für die Kühlung Flusswasser verwendet wurde. Die Analyse ergab, dass der Pinch-Punkt bei 55 °C lag; daraus ließ sich eine Strategie zur Wärmerückgewinnung formulieren. Sie zeigte ferner, dass die bestehenden Chargenprozesse dazu führen würden, dass Wärmeverfügbarkeit und Wärmebedarf zu unterschiedlichen Zeitpunkten auftreten, was einen direkten Wärmeaustausch zwischen vielen der warmen und kalten Prozessströme unpraktisch machte. Vor der Durchführung von Prozessintegrationsprojekten war also ein Medium für die Wärmeübertragung bzw. -speicherung erforderlich. Es wurde ein Wärmerückgewinnungsnetz entwickelt, das Wasser für die Übertragung und Speicherung von Wärme nutzte. Diese Vorgehensweise RHC/EIPPCB/FDM_BREF_FINAL Januar 2006 239

Kapitel 4<br />

(siehe Abschnitt 4.2.13.1.1). Ein als Beispiel angeführter Nudelhersteller gab an, dass die Verbesserung <strong>der</strong><br />

Energieeffizienz eines seiner Heizkessel von 85 % auf 90 % zu einer Verringerung <strong>der</strong> CO2-Emissionen um<br />

5,56 % (bei Verwendung eines Umrechnungsfaktors von 84,6 kg CO2/GJ) führen könnte.<br />

Viele Maßnahmen, die zur Reduzierung <strong>der</strong> Umweltauswirkungen angewendet werden können, z. B. die Verringerung<br />

des Energieverbrauchs, haben keinerlei Auswirkungen auf an<strong>der</strong>e verschmutzende Emissionen <strong>der</strong><br />

Anlage. Solche Maßnahmen können als „eigenständig“ betrachtet <strong>und</strong> entsprechend ihrem jeweiligen<br />

wirtschaftlichen Nutzen <strong>und</strong> Umweltnutzen bewertet werden.<br />

An<strong>der</strong>erseits können manche Maßnahmen zu positiven o<strong>der</strong> negativen Auswirkungen auf an<strong>der</strong>e Umweltaspekte<br />

führen, <strong>und</strong> in diesen Fällen müssen die umfassen<strong>der</strong>en Umweltauswirkungen berücksichtigt werden.<br />

Im Fall von Kompromissen, z. B. zwischen Energieverbrauch <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Umweltzielsetzungen, muss eine<br />

Bewertung unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Kosten <strong>und</strong> <strong>der</strong> Umweltvorteile durchgeführt werden, damit die<br />

Umsetzung angemessener Maßnahmen begründet werden kann.<br />

4.1.6.4.1 Pinch-Technologie<br />

Beschreibung<br />

Die Bezeichnung Pinch-Technologie wurde als Methodik in Prozessdesign <strong>und</strong> Energieeinsparung eingeführt.<br />

Ursprünglich entwickelt wurde sie jedoch für den Einsatz in den Bereichen Wasserverbrauch <strong>und</strong> Abfallreduzierung.<br />

Die Energie-Pinch-Technologie ist ein Analysenverfahren, das die beste Nutzung <strong>der</strong> Wärmeübertragung von<br />

warmen Strömen, die Kühlung erfor<strong>der</strong>n, auf kühle Ströme, die Erwärmung erfor<strong>der</strong>n, untersucht. Eine Pinch-<br />

Analyse bietet einen systematischen Ansatz zur Untersuchung von Energienetzen <strong>und</strong> zur Verbesserung <strong>der</strong><br />

Energieeffizienz von Industrieprozessen. Die Analyse verwendet die grafische Darstellung <strong>der</strong> Energieströme in<br />

den Prozess- <strong>und</strong> Versorgungsströmen, um die für die Erfüllung <strong>der</strong> Prozessanfor<strong>der</strong>ungen benötigten<br />

Mindestbedarf an Energie <strong>und</strong> Energiesystemen zu ermitteln. Bei <strong>der</strong> Methode werden Temperatur-Enthalpie-<br />

Diagramme zur Beschreibung <strong>der</strong> für eine Wärmeübertragung zur Verfügung stehenden warmen <strong>und</strong> kalten<br />

Ströme verwendet. Die Summe <strong>der</strong> warmen <strong>und</strong> kalten Ströme in einem Prozess können in ein ähnliches<br />

Diagramm eingezeichnet werden, aus dem sich die Pinch-Temperatur bestimmen lässt. Anhand dieser<br />

Informationen lässt sich herausfinden, wo <strong>und</strong> in welchem Ausmaß Wärmerückgewinnung in dem Prozess<br />

möglich ist. Außerdem lassen sich so die Minimalanfor<strong>der</strong>ungen für die Wärme- <strong>und</strong> für die Kälteversorgung<br />

bestimmen. Zur Erfüllung dieses Mindestenergiebedarfs wird ein Wärmetauschernetz installiert. Die Pinch-<br />

Analyse liefert das optimale Design dafür.<br />

Die Wasser-Pinch-Technologie kann ein leistungsstarkes Werkzeug zur Erkennung von Möglichkeiten für die<br />

Wie<strong>der</strong>verwendung, Wie<strong>der</strong>verwertung <strong>und</strong> Regenerierung innerhalb einer Anlage o<strong>der</strong> eines Prozesses sein.<br />

Sie verwendet komplexe Algorithmen zur Identifizierung <strong>und</strong> Optimierung <strong>der</strong> besten Möglichkeiten für die<br />

Wie<strong>der</strong>verwendung <strong>und</strong> Regenerierung von Wasser sowie für die Abwasserbehandlung. Die Gr<strong>und</strong>konzepte für<br />

die Wärmerückgewinnung gelten analog auch hier. Wasserströme <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Gehalt an wasserverschmutzenden<br />

Stoffen werden berücksichtigt, woraus sich sogenannte Quellen <strong>und</strong> Senken ergeben.<br />

Erreichbare Umweltvorteile<br />

Geringerer Energieverbrauch <strong>und</strong> damit geringere Abluftemissionen. Weniger an die Umgebungsluft o<strong>der</strong> an<br />

das Wasser abgegebene Abwärme. Maximierung <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>verwendung von Wasser unter Berücksichtigung<br />

<strong>der</strong> Qualitätserfor<strong>der</strong>nisse <strong>der</strong> jeweiligen Anwendung. Minimierung des Zusatzes von Frischwasser <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Abgabe von Abwasser. Minimierung von Abfällen.<br />

Betriebsdaten<br />

In einer als Beispiel genannten Raffinerie für Speiseöle wurde die Pinch-Technologie eingesetzt, um zu<br />

untersuchen, ob ein neues Raffinierverfahren energieeffizienter wäre als das Vorgängerverfahren, bei dem für<br />

die Prozesswärme Dampf <strong>und</strong> für die Kühlung Flusswasser verwendet wurde. Die Analyse ergab, dass <strong>der</strong><br />

Pinch-Punkt bei 55 °C lag; daraus ließ sich eine Strategie zur Wärmerückgewinnung formulieren. Sie zeigte<br />

ferner, dass die bestehenden Chargenprozesse dazu führen würden, dass Wärmeverfügbarkeit <strong>und</strong> Wärmebedarf<br />

zu unterschiedlichen Zeitpunkten auftreten, was einen direkten Wärmeaustausch zwischen vielen <strong>der</strong> warmen<br />

<strong>und</strong> kalten Prozessströme unpraktisch machte. Vor <strong>der</strong> Durchführung von Prozessintegrationsprojekten war also<br />

ein Medium für die Wärmeübertragung bzw. -speicherung erfor<strong>der</strong>lich. Es wurde ein Wärmerückgewinnungsnetz<br />

entwickelt, das Wasser für die Übertragung <strong>und</strong> Speicherung von Wärme nutzte. Diese Vorgehensweise<br />

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