Der Fürst. Der Dieb. Die Daten. - blog.börsennews.de

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10.12.2012 Aufrufe

mitnehmen können. Nur wenn ich vorher meine privaten Dateien rausziehen könnte, sagte ich. Nein, jetzt keine Computerarbeit mehr, sagte der Bankdirektor. Sonst könnte ich ja, na sagen wir mal, Belastendes entfernen, meinte er. Natürlich gebe es nichts belastendes, fügte er schnell hinten nach. Aber es seien nicht seine Ängste, die man hier beruhigen müsste. Ich versuchte ihnen eine andere Idee zu verkaufen: Die LGT Bank könnte doch ihren eigenen Computerexperten jetzt hierher in die Wohnung rufen. Dann könnte dieser die Harddisk ausbauen und ich unter seiner Nase vorher meine Dateien abziehen. Nein, nicht möglich, sagten sie im Chor. Die Bankmitarbeiter wissen nichts und dürfen über die Angelegenheit auf keinen Fall etwas erfahren. Oh, mein Gott, dieses Drama, sagte ich. OK, hier ist mein Vorschlag, sagte ich. Ich steckte den Laptop jetzt in ein grosses A4-Kuvert, klebe dies zu, setzte meine Unterschrift in alle vier Ecken, packe dem Umschlag in eine Stofftasche ein und umrunde die ganze Sache mit Paketklebeband. Gebe alles dem Bankdirektor mit und morgen früh komme ich zur Bank, öffne das versiegelte Kuvert und entferne meine Dateien unter Aufsicht vom Bankdirektor oder wen immer sie dafür abstellen möchten. OK?. OK! Gut! Abgemacht. Dies würde ihnen beweisen, dass ich ja nichts „Dummes‚ im Computer gespeichert hätte, sagten sie. Da dem so war, hatte ich ja keine Bedenken. Aber ich wollte beim Öffnen des Laptops dabei sein. Darum die Verpackungskünste. Vertrauen ist Gut, Kontrolle ist immer besser. Ich wollte der Herr meiner Dateien bleiben. Wir verabredeten uns für den nächsten Tag. Punkt 08:30 beim Personaleingang der LGT am Hauptsitz in der Herrengasse. Der Professor, immer schon ein schlaues Kerlchen, hatte zum Schluss noch Zeit für einen „Wink mit dem Taschentuch‚: Lassen wir die Kirche aus dem Spiel, sagte er. Klassisch, dachte ich nur. Schönen Tag noch, Herr Kieber. Gleichfalls, Herr Bankdirektor und Psycho. „Die Kirche aus dem Spiel lassen‚. Auf diese Weise machte er eine Anspielung auf meinen Kommentar über den Bischof Haas. Ich glaube aber nicht, dass er damit mir nur enthüllen wollte, dass man meine Wohnung abhören würde. Er erahnte, dass ich innerhalb der nächsten Minuten zwischen seinem Wink und meinem eigenem Satz einen Zusammenhang erkennen würde. Und dann darüber grübeln würde, 510

warum er ausgerechnet heute und jetzt die Kirche erwähnt hatte. Oder war er es, der mit den Zettel in den Briefkasten gelegt hatte. Aber er war doch kein Gegner, gemäss meiner aktuellen Definition. Alles war sehr verwirrend. Und gar nicht vertrauensbildend. Apropos Vertrauen. Ich kann festhalten, dass ich seit meiner Ankunft in Vaduz Woche um Woche stärkeres Vertrauen in die beiden hatte. Das Misstrauen, dass ich während meiner Zeit im Ausland hatte, verschwand zusehends. Nicht ganz, aber dennoch beachtlich. Ab jenem Apriltag im 2004 aber, von da an wurde ich gegenüber den zweien auch wieder sehr misstrauisch. Am Ende war ich auch davon überzeugt, dass sie nur deswegen unerwartet bei mir zu Hause auftauchen konnten, weil sie von meinen Selbstgesprächen buchstäblich zeitgleich wussten. Wäre es ihnen wirklich um den Laptop gegangen, so hätten sie den auch ohne mein Wissen anzapfen können. Sie hatte die Wohnungsschlüssel und waren sicher über meinen typischen Tagesablauf bestens im Bild. Ich beschloss daher, keine Experimente mehr mit wilden Gesprächen in meiner Unterkunft zu machen. Sonst könnte ich noch andere Überraschungen erleben. Herauszufinden, ob mein Handy abgehört wurde, strich ich auch von der Liste im Hirn. Für mich stand fest, dass sie es auch abhörten. Von nun an würde ich mich am Handy einfach ultrakurz halten. Am nächsten Morgen war ich schon um 08:00 bei der LGT. Es war nicht das 1. Mal das ich wieder im LGT Bankgebäude war. Einmal hatte ich ein Schreiben an den Bankdirektor persönlich hier abgegeben. Es war erstaunlich, wie er und die Leitung der LGT Gruppe es fertig brachten, die Sache auf hohem Niveau vor anderen Mitarbeitern geheim zu halten. Von der Treuhand hatte ich mich immer noch fern zu halten. Ansonsten wurde mir nicht mehr allzu gross verboten, durch Vaduz zu radeln oder zu laufen. Ich wartete im kleinen Raum, links neben der automatischen Drehtüre. Die nette Sekretärin des Direktor, mit der ich auch schon mehrmals telefoniert hatte, holte mich ab und führte mich ein eines der edlen Kundensitzungszimmer mit den supergrossen Flachbildschirmen. Auf diesen Geräten konnte man den Kunden ihre Bankkonten aufzeigen und in jeder nur erdenklichen Statistik graphisch in Multifarben präsentieren. Einige Minuten später erschien der Bankdirektor. Er hatte mein Laptop unter dem Arm. Verpackt und versiegelt, wie er ihn gestern mitgenommen hatte. Ich entfernte das Klebeband, die Stofftasche und 511

warum er ausgerechnet heute und jetzt die Kirche erwähnt hatte. O<strong>de</strong>r<br />

war er es, <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>n Zettel in <strong>de</strong>n Briefkasten gelegt hatte. Aber er war<br />

doch kein Gegner, gemäss meiner aktuellen Definition. Alles war sehr<br />

verwirrend. Und gar nicht vertrauensbil<strong>de</strong>nd.<br />

Apropos Vertrauen. Ich kann festhalten, dass ich seit meiner Ankunft in<br />

Vaduz Woche um Woche stärkeres Vertrauen in die bei<strong>de</strong>n hatte. Das<br />

Misstrauen, dass ich während meiner Zeit im Ausland hatte,<br />

verschwand zusehends. Nicht ganz, aber <strong>de</strong>nnoch beachtlich. Ab jenem<br />

Apriltag im 2004 aber, von da an wur<strong>de</strong> ich gegenüber <strong>de</strong>n zweien auch<br />

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sie von meinen Selbstgesprächen buchstäblich zeitgleich wussten. Wäre<br />

es ihnen wirklich um <strong>de</strong>n Laptop gegangen, so hätten sie <strong>de</strong>n auch ohne<br />

mein Wissen anzapfen können. Sie hatte die Wohnungsschlüssel und<br />

waren sicher über meinen typischen Tagesablauf bestens im Bild.<br />

Ich beschloss daher, keine Experimente mehr mit wil<strong>de</strong>n Gesprächen in<br />

meiner Unterkunft zu machen. Sonst könnte ich noch an<strong>de</strong>re<br />

Überraschungen erleben. Herauszufin<strong>de</strong>n, ob mein Handy abgehört<br />

wur<strong>de</strong>, strich ich auch von <strong>de</strong>r Liste im Hirn. Für mich stand fest, dass<br />

sie es auch abhörten. Von nun an wür<strong>de</strong> ich mich am Handy einfach<br />

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Am nächsten Morgen war ich schon um 08:00 bei <strong>de</strong>r LGT. Es war nicht<br />

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ein Schreiben an <strong>de</strong>n Bankdirektor persönlich hier abgegeben. Es war<br />

erstaunlich, wie er und die Leitung <strong>de</strong>r LGT Gruppe es fertig brachten,<br />

die Sache auf hohem Niveau vor an<strong>de</strong>ren Mitarbeitern geheim zu halten.<br />

Von <strong>de</strong>r Treuhand hatte ich mich immer noch fern zu halten. Ansonsten<br />

wur<strong>de</strong> mir nicht mehr allzu gross verboten, durch Vaduz zu ra<strong>de</strong>ln o<strong>de</strong>r<br />

zu laufen. Ich wartete im kleinen Raum, links neben <strong>de</strong>r automatischen<br />

Drehtüre. <strong>Die</strong> nette Sekretärin <strong>de</strong>s Direktor, mit <strong>de</strong>r ich auch schon<br />

mehrmals telefoniert hatte, holte mich ab und führte mich ein eines <strong>de</strong>r<br />

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Auf diesen Geräten konnte man <strong>de</strong>n Kun<strong>de</strong>n ihre Bankkonten aufzeigen<br />

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mein Laptop unter <strong>de</strong>m Arm. Verpackt und versiegelt, wie er ihn gestern<br />

mitgenommen hatte. Ich entfernte das Klebeband, die Stofftasche und<br />

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