Der Fürst. Der Dieb. Die Daten. - blog.börsennews.de

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10.12.2012 Aufrufe

diversen Ausweise (Pass, ID-Karte und Führerschein) - alles was natürlich auf Heinrich Kieber lautete – hatte ich für die Reise von Feldkirch nach Berlin umsichtig tief in meinen Taschen vergraben. Am späteren Nachmittag war ich also dann bei Daniela mit Sack und Pack eingezogen. Sie wohnte in einer klassischen Altbauwohnung an der Ansbacherstrasse (um die Hausnummer 60/62/64 rum), Ecke Geisbergstrasse, im 2. oder 3. Stock. In einem alten, aber gut erhaltenem typischem Berliner Mehrfamilienhaus mit kleinen Balkonen nach vorne, sowie noch kleineren nach hinten raus und einem grünen, etwas verwildertem Innenhof. Vom Wittenbergplatz, in der Nähe des berühmten KaDeWe Kaufhaus, her kommend war das Haus auf der rechten Strassenseite. Daniela war eine etwas verrückte Henne, wie sich rasch herausstellte. Ich hatte ja schon einmal davon gehört, wie sich Langzeitarbeitslose in Deutschland den Lebensinhalt speziell danach ausgerichtet hatten. Sie war schon fast 10 Jahre in dieser Endlosschleife. Sie war eine derjenigen Glücklichen in Berlin, die eine relative günstige Mietwohnung ihr "eigen" nennen konnte. Jeweils in den Wintermonaten, wenn es bitter kalt in Berlin wird und die Kosten wegen der Heizung steigen, vermietete sie das zweite, kleinere Schlafzimmer. In all den Jahren „auf Arbeitssuche‚ hatte sie sich aus Kostengründen eine extreme Art von Knauserigkeit angeeignet. So zählte sie wahrhaftig die Cornflakes fürs Frühstück ab. Oder sie wog den offenen Tee aufs Gramm genau ab. Mein Zimmer war sehr sauber und kostete mich 300 Euro pro Monat. Was ich auch gleich am 1. Tag, wie abgemacht, bar bezahlt hatte. Wir hatten ja zuvor nur 2, 3 Mal per Email und mittels eines einzigen Telefonanruf Kontakt. Sie stellte viele Fragen über die Schweiz, woher ich komme, was ich tue, warum Berlin, warum im Winter? Berlin, das schöne Berlin. Nun gut, es hiess, es sei sehr schön dort im Sommer. Im Winter, vor allem in diesem Winter war Berlin grausig anzusehen. Nervös über alles was jetzt passieren würde, schlief ich in meiner ersten Nacht in Berlin in einem grossen Bett mit fein duftender Wäsche ein. Es war eine bedeutende Nacht: meine erste Nacht seit 5 Jahren und 261 Tagen ausserhalb Liechtensteins. 198

VADUZ 7. Januar 2003 Kiebers dicker Brief war auf Schloss Vaduz am Nachmittag angekommen. Eine der zwei Sekretärinnen von Hans-Adam öffnete den Brief und konnte sich keinen Reim daraus machen. Hans-Adam, zusammen mit seinem Erstgeborenen, Alois war nicht nur sehr stark mit dem Endkampf der im März 2003 bevorstehenden Volksabstimmung um die neue Verfassung beschäftigt, sondern auch mit den Vorbereitungen für die in den nächsten Tagen alljährlichen stattfindenden Empfang des ausländischen Diplomatischen Korps auf Schloss Vaduz. Da der Brief ausgiebige Schriftstücke enthielt, waren dies für Hans-Adam und seinen Sohn mehr verwirrend als aufklärend. Sie beiden kannten Kieber ja persönlich und wussten daher wer der Absender war. Dass er ihnen einen wilden Brandbrief schreiben würde, erschien als total undenkbar. Die ganze Nacht hindurch wurde über dem Brief gebrütet und sie versuchten sich einzureden, dass dies alles entweder ein Dummer Streich oder ein Irrtum von Kieber sein musste. VADUZ 8. Januar 2003 Wie von Kieber beauftragt, fuhr das Taxiunternehmen Gabor mit dem rissen Paket um 11:35 beim Schlosstor vor. Der Diener nahm das Paket an und übergab es Hans-Adam: obwohl dieser lesen konnte, dass das 3- D-Modell für das Gericht hergestellt worden war, riss er die angeklebte Schuhschachtel voll mit Gerichtspapieren weg und lies das 3-D-Modell ohne Hemmungen im Schlossabfall-Container entsorgen. Für die nächsten 24 Stunden wurde das Kuriosum „Heinrich Kieber‚ wiederum unter den ranghöchsten Mitgliedern des Hauses Liechtenstein im Schloss diskutiert. Da im Brief erwähnt war, dass nun nur zwei Personen, Hans- Adam und Kieber von der Sache wussten, entschied sich der Schlossherr vorerst niemanden ausserhalb der Familie zu informieren. VADUZ 9. Januar 2003 Mangels steigender Unklarheit was Kieber mit all dem meinte und da Hans-Adam als Staatsoberhaupt ja immer auf seine eigene Polizei zurückgreifen konnte, entschloss er sich doch die Landespolizei zu 199

diversen Ausweise (Pass, ID-Karte und Führerschein) - alles was<br />

natürlich auf Heinrich Kieber lautete – hatte ich für die Reise von<br />

Feldkirch nach Berlin umsichtig tief in meinen Taschen vergraben.<br />

Am späteren Nachmittag war ich also dann bei Daniela mit Sack und<br />

Pack eingezogen. Sie wohnte in einer klassischen Altbauwohnung an <strong>de</strong>r<br />

Ansbacherstrasse (um die Hausnummer 60/62/64 rum), Ecke<br />

Geisbergstrasse, im 2. o<strong>de</strong>r 3. Stock. In einem alten, aber gut erhaltenem<br />

typischem Berliner Mehrfamilienhaus mit kleinen Balkonen nach vorne,<br />

sowie noch kleineren nach hinten raus und einem grünen, etwas<br />

verwil<strong>de</strong>rtem Innenhof. Vom Wittenbergplatz, in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>s<br />

berühmten KaDeWe Kaufhaus, her kommend war das Haus auf <strong>de</strong>r<br />

rechten Strassenseite.<br />

Daniela war eine etwas verrückte Henne, wie sich rasch herausstellte. Ich<br />

hatte ja schon einmal davon gehört, wie sich Langzeitarbeitslose in<br />

Deutschland <strong>de</strong>n Lebensinhalt speziell danach ausgerichtet hatten. Sie<br />

war schon fast 10 Jahre in dieser Endlosschleife. Sie war eine <strong>de</strong>rjenigen<br />

Glücklichen in Berlin, die eine relative günstige Mietwohnung ihr<br />

"eigen" nennen konnte. Jeweils in <strong>de</strong>n Wintermonaten, wenn es bitter<br />

kalt in Berlin wird und die Kosten wegen <strong>de</strong>r Heizung steigen,<br />

vermietete sie das zweite, kleinere Schlafzimmer.<br />

In all <strong>de</strong>n Jahren „auf Arbeitssuche‚ hatte sie sich aus Kostengrün<strong>de</strong>n<br />

eine extreme Art von Knauserigkeit angeeignet. So zählte sie wahrhaftig<br />

die Cornflakes fürs Frühstück ab. O<strong>de</strong>r sie wog <strong>de</strong>n offenen Tee aufs<br />

Gramm genau ab. Mein Zimmer war sehr sauber und kostete mich 300<br />

Euro pro Monat. Was ich auch gleich am 1. Tag, wie abgemacht, bar<br />

bezahlt hatte. Wir hatten ja zuvor nur 2, 3 Mal per Email und mittels<br />

eines einzigen Telefonanruf Kontakt. Sie stellte viele Fragen über die<br />

Schweiz, woher ich komme, was ich tue, warum Berlin, warum im<br />

Winter? Berlin, das schöne Berlin. Nun gut, es hiess, es sei sehr schön<br />

dort im Sommer. Im Winter, vor allem in diesem Winter war Berlin<br />

grausig anzusehen. Nervös über alles was jetzt passieren wür<strong>de</strong>, schlief<br />

ich in meiner ersten Nacht in Berlin in einem grossen Bett mit fein<br />

duften<strong>de</strong>r Wäsche ein. Es war eine be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Nacht: meine erste Nacht<br />

seit 5 Jahren und 261 Tagen ausserhalb Liechtensteins.<br />

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