FLUG REVUE 03/2017
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<strong>03</strong> <strong>2017</strong><br />
Deutschland € 5,50 www.flugrevue.de<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong><br />
PRODUKTIONSREKORD 2016<br />
Das Luft-<br />
und Raumfahrt-Magazin<br />
Multitalent AW139<br />
Italienisches<br />
Erfolgsmodell<br />
Die größten<br />
Transporter<br />
der Welt<br />
WETTRENNEN<br />
Das deutsche Mondauto<br />
Antonows<br />
Riesen<br />
PHANTOM<br />
Der letzte Flug<br />
der QF-4<br />
SUCHOI SU-30<br />
Kampfjet-Bestseller<br />
aus Russland<br />
X-PLANES DER NASA<br />
Zukunftsjets im Test<br />
REGIONALAIRLINE FLYBE<br />
Expansion in Deutschland<br />
Österreich € 6,30, Schweiz sfr 10, Benelux € 6,40,<br />
Italien € 7,20 Dänemark dkr 60, Tschechien kc 210,<br />
Slowakei € 8,40
SO STARK.<br />
CHINOOK.<br />
Der H-47F Chinook setzt mit einem einzigartigen Leistungs- und Einsatzprofil weltweit den Maßstab für<br />
Mittelschwere bis Schwere Transporthubschrauber. Der H-47F Chinook ist leistungsstärker als je zuvor. Er ist<br />
mit modernster Flugsteuerungstechnik und einem vollintegrierten digitalen Cockpit ausgestattet und ist auch<br />
unter anspruchsvollsten Bedingungen voll einsetzbar: in großer Höhe, bei widriger Witterung, bei Tag oder<br />
Nacht. Ob Truppen- und Materialtransporte, Einsätze von Spezialeinheiten, Such- und Rettungsaktionen oder<br />
Katastrophenhilfe, es gibt nur einen, der alles kann. Der Chinook.
März<br />
Kurs<br />
Boeing soll zwei neue 747-8 zu<br />
„Air Force One“ umbauen – aber billig.<br />
Leben mit dem<br />
Volkstribun<br />
Fluggeräte im Heft<br />
38 AgustaWestland (Leonardo<br />
Helicopters) AW139<br />
14 Antonow An-22 / An-124 /<br />
An-225<br />
8 Antonow An-132D<br />
52 Bell-Boeing MV-22B Osprey<br />
6 Boeing T-X<br />
88 de Havilland Mosquito T.III<br />
82 Fairey IIIF<br />
50 McDonnell Douglas QF-4<br />
Phantom II<br />
64 NASA X-Flugzeuge<br />
44 Suchoi Su-30-Familie<br />
Fotos: Patrick Holland-Moritz, USAF<br />
Neben Autobauern, Mexiko<br />
und der NATO bekamen in<br />
den Wochen vor der Amtseinführung<br />
auch Boeing und Lockheed Martin die<br />
Twitter-Wut von Donald Trump zu spüren. Die<br />
Kosten für eine brandneue 747 „Air Force One“<br />
seien „außer Kontrolle, mehr als vier Milliarden<br />
Dollar. Auftrag stornieren!“, ließ der neue US-<br />
Präsident wissen. Auch das F-35-Programm und<br />
seine Kosten sah Trump „außer Kontrolle“ und<br />
versprach Milliarden Dollar an Einsparungen bei<br />
militärischen Käufen. Weiteres Ungemach könnte<br />
bezüglich des Exports von Verkehrsflugzeugen in<br />
den Iran folgen. Und was passiert eigentlich,<br />
wenn Trump mitbekommt, wo die Teile von Boeing-Flugzeugen<br />
überall herkommen, oder wenn er<br />
einen Handelskrieg mit China entfacht?<br />
Die Firmenbosse waren jedenfalls aufgeschreckt<br />
und mussten eiligst eine Strategie für den<br />
Umgang mit dem Volkstribun finden. Und die haben<br />
sie sich offenbar bei „The Donald“ abgeschaut:<br />
Einfach mal etwas versprechen, um die<br />
Lage zu beruhigen, egal, welchen Sinn die Aussagen<br />
machen. Boeing-Chef Dennis Muilenburg versprach<br />
jedenfalls, man werde die neuen Präsidentenflieger<br />
„für weniger als das (4 Mrd.) fertigbekommen“.<br />
Kein Problem, liegt doch die offizielle<br />
Kostenschätzung bei 3,2 Milliarden Dollar und<br />
der Umfang der Ausstattung ist überhaupt noch<br />
nicht definiert.<br />
Merillyn Hewson, CEO von Lockheed Martin,<br />
pflichtete natürlich bei, man müsse für den Steuerzahler<br />
„den niedrigstmöglichen Preis“ erreichen.<br />
Probates Mittel dabei: einfach die Produktion der<br />
F-35, wie immer schon gewünscht, beschleunigen<br />
und bei der Gelegenheit auch noch erwähnen,<br />
dass dadurch 1800 neue Jobs in Fort Worth und<br />
„tausende“ bei den Zulieferern geschaffen werden.<br />
Ob man die Flugzeuge angesichts längst<br />
nicht abgeschlossener Tests später vielleicht teuer<br />
nachrüsten muss, spielt erst mal keine Rolle.<br />
Karl Schwarz<br />
Stellvertretender Chefredakteur<br />
Zahl<br />
des<br />
Monats325<br />
Zahl der Fluggäste und Crewmitglieder, die 2016 laut Aviation Safety Network bei 19<br />
Unglücken in der zivilen Luftfahrt getötet wurden. Die statistische Wahrscheinlichkeit, bei<br />
einem Unfall mit einem Passagierflugzeug ums Leben zu kommen, lag bei 1 zu 12 847 000.<br />
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www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 3
52<br />
Osprey-Staffeln wie die VMM-363<br />
sind inzwischen regelmäßig in Krisengebieten<br />
im Einsatz.<br />
<strong>03</strong>/<strong>2017</strong><br />
INHALT<br />
TAKE-OFF<br />
14 Antonows Riesen<br />
Frühere Sowjet-Transporter machen sich<br />
mit einmaligen Fähigkeiten und Maßen<br />
als Spezialfrachter auch im Westen<br />
unentbehrlich<br />
50<br />
Die letzten QF-4 der USAF erwartet<br />
nun ihr Schicksal als Bodenziele.<br />
ZIVILLUFTFAHRT<br />
22 Flybe<br />
Europas größte Regionalairline stellt sich<br />
auf den „Brexit“ ein<br />
28 Lieferbilanz bei Airbus und Boeing<br />
Rekorde, aber der Markt schwächt sich ab<br />
32 Watt-Flughafen Barra<br />
In Schottland landen Verkehrsflugzeuge<br />
bei Ebbe einfach in einer Meeresbucht<br />
BUSINESS AVIATION<br />
38 Leonardo Helicopters AW139<br />
Mit der AW139 gelang den Italienern<br />
ein Erfolgsmodell, das inzwischen fast<br />
1000 Mal verkauft wurde<br />
MILITÄRLUFTFAHRT<br />
44 Suchoi Su-30<br />
Das doppelsitzige Mehrzweck-Kampfflugzeug<br />
ist nun auch bei den russischen<br />
Luftstreitkräften im Einsatz<br />
50 McDonnell Douglas QF-4 Phantom II<br />
Die USAF hat die Drohnenversion des<br />
legendären Kampfjets ausgemustert<br />
4 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
28<br />
Ihre Auftragsberge wollen die<br />
Flugzeugbauer schneller abarbeiten.<br />
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MILITÄRLUFTFAHRT<br />
52 Bell Boeing MV-22 Osprey<br />
Die „Red Lion“-Staffel aus Kalifornien war<br />
bereits im Nahen Osten im Einsatz<br />
58 Freundeskreis Luftwaffe<br />
Informationswochen für Jugendliche<br />
TECHNIK<br />
64 X-Flugzeuge der NASA<br />
Eine Reihe neuer Forschungsflugzeuge soll<br />
die Luftfahrt ökologischer machen<br />
70 Big Data in der Luftfahrt<br />
Welche Erkenntnisse Airlines aus Flugzeugund<br />
Passagierdaten gewinnen können<br />
RAUMFAHRT<br />
74 Europäisches Datenrelaissystem<br />
Satellitendaten gelangen über Laserstrahlen<br />
beinahe in Echtzeit zur Erde<br />
78 Private Mondmission<br />
Ein deutsches Forscherteam will bis Jahresende<br />
einen Rover zum Mond schicken<br />
80 Raumfahrt-News<br />
74<br />
Die PTScientists sind als letztes<br />
deutsches Team im Rennen um<br />
den Google Lunar X-Prize.<br />
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UNSERE TITELTHEMEN finden Sie hier<br />
28<br />
38<br />
Die IIIF von Fairey wurde von der RAF<br />
82 und der Royal Navy geflogen.<br />
14<br />
50<br />
44<br />
78<br />
64<br />
22<br />
Bombardiers Q400 gilt bei Flybe als ideales<br />
22 Flugzeugmuster für regionale Routen.<br />
Fotos: Ted Carlson, USAF, Airbus, Archiv Jarrett, PTScientists, Andreas Spaeth<br />
Titelfotos: AirTeamImages/Belyakov, AirTeamImages/Douhaire, Lars Kitschke, Lockheed Martin<br />
HISTORIE<br />
82 Fairey IIIF<br />
Der robuste Doppeldecker war in den<br />
Kolonien und auf Flugzeugträgern im Dienst<br />
RUBRIKEN<br />
3 Kurs im März<br />
6 News<br />
27 Passagier und Kabine<br />
36 AIRSpot<br />
69 Briefing: Luftbremsen<br />
72 Berufe: Einstellungswelle bei Lufthansa<br />
73 Jobbörse<br />
86 Service Modelle, Termine, Impressum<br />
88 Nachbrenner: Eine Mosquito T.III<br />
be reichert die Sammlung von Paul Allen<br />
90 Vorschau<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 5
News ZIVIL- UND MILITÄRLUFTFAHRT<br />
Foto: Boeing<br />
TRAINERWETTBEWERB DER US AIR FORCE<br />
Boeing T-X startet Flugtestprogramm<br />
Der von Boeing zusammen mit Saab entwickelte<br />
Strahltrainer T-X hob am 20. Dezember 2016 in<br />
St. Louis zum Jungfernflug ab. Während des 55-minütigen<br />
Fluges bestätigten der TX-Testpilot Steven Schmidt<br />
und der Chefpilot für Luftwaffenprogramme, Dan Draeger,<br />
der hinter Schmidt saß, die wichtigsten Aspekte des einstrahligen<br />
Flugzeugs und demonstrierten die Leistungen des<br />
Entwurfs. Beide Piloten trainierten für den Flug mit dem T-<br />
X-System, das ein bodengestütztes Training und Simulation<br />
beinhaltet. „Es waren ein reibungsloser Flug und eine erfolgreiche<br />
Testmission“, sagte Draeger. Eine zweite T-X ist<br />
derzeit bei Bodentests und wird voraussichtlich Anfang<br />
<strong>2017</strong> fliegen. Der überschallschnelle Jet wird der US Air<br />
Force im T-X-Wettbewerb angeboten, der Ende 2016 formal<br />
gestartet worden ist. T-X soll die alternden T-38 der US Air<br />
Force ersetzen. Die Inbetriebnahme ist für 2024 geplant.<br />
Zweite A350-1000 im Flugtesteinsatz<br />
Die Testflotte der A350-1000 verstärkt seit dem 10. Januar als zweites fliegendes<br />
Exemplar das Flugzeug mit der Werknummer MSN71. Es ist mit einer Flugtestinstrumentierung<br />
ausgestattet und fliegt ohne Passagierkabine als F-WWXL.<br />
Die zweite fliegende A350-1000 hat ihre leicht ältere Schwester mit der niedrigeren<br />
Werknummer MSN65 überholt. MSN65 wird einmal als F-WLXV registriert<br />
und spielt damit – in römischer Schreibweise „LXV“, auf ihre Werknummer an.<br />
Sie erhält noch eine Test-Passagierkabine, sodass ihre Fertigstellung etwas länger<br />
dauert. Die drei Flugzeuge sollen 1600 Stunden bis zur Zulassung fliegen.<br />
Foto: Airbus<br />
Foto: DLR<br />
Lotsen testen neuen Rollweg virtuell<br />
Der Flughafen Zürich und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt<br />
(DLR) haben in einer Machbarkeitsstudie die Auswirkungen eines geplanten<br />
neuen Rollwegs östlich der Piste 28 auf Fluglotsen und Betriebsverfahren<br />
untersucht. Die Tests fanden im November und Dezember 2016 am Apronund<br />
Tower-Simulator (ATS) am DLR-Institut für Flugführung in Braunschweig<br />
statt. Bis März sollen die Daten ausgewertet sein und dabei helfen, Sicherheits-<br />
und Effizienzverbesserungen des neuen Rollwegs zu optimieren.<br />
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Leonardo ändert Superjet-Anteil<br />
Foto: JFK<br />
Große Ausbaupläne für JFK<br />
Der New Yorker Kennedy-Flughafen (JFK) soll nach einem<br />
Vorschlag von Gouverneur Andrew Cuomo erneuert und wesentlich<br />
erweitert werden. Cuomo stellte Anfang Januar Pläne vor, die dezentralen<br />
Parkplätze und Abfertigungsgebäude in einer ringförmigen<br />
Anlage zusammenzufassen. Der Flughafen JFK nähert sich mit 60<br />
Millionen abgefertigten Passagieren im Jahr seiner Kapazitätsgrenze.<br />
Einen Teilrückzug vom Superjet hat der italienische Luft- und<br />
Raumfahrtkonzern Leonardo vollzogen. Die Italiener gaben ihre<br />
2009 durch ihren Vorläufer Finmeccanica für 183 Mio. Dollar erworbenen<br />
Superjet-Anteile in Höhe von 25 Prozent und einer Aktie an<br />
der Sukhoi Civil Aircraft Company an die zu OAK gehörende Sukhoi<br />
Holding ab. Russland hatte einseitig Mittel nachgeschossen, woraufhin<br />
Italien eigene Mittel hätte nachschießen müssen, um den eigenen<br />
Anteil zu halten. Stattdessen entschloss man sich nun zum<br />
Verkauf. Im übergeordneten Superjet-Konsortium bleibt Leonardo<br />
aber Teilhaber. Damit sind die Italiener weiterhin für westliche SSJ100-<br />
Kunden und deren Training und Flugzeugkonfiguration zuständig.<br />
„Bei den Hubschraubern ...<br />
besteht in wesentlichen Bereichen<br />
nur eine sehr eingeschränkte<br />
Einsatz bereitschaft.“<br />
Hans-Peter Bartels, Wehrbeauftragter des Bundestags<br />
Foto: Suchoi<br />
China erhält seine<br />
ersten Suchoi Su-35<br />
Pentagon testet<br />
Drohnenschwärme<br />
Das Strategic Capability Office des US-Verteidigungsministeriums<br />
hat einen Test mit 1<strong>03</strong> kleinen<br />
Perdix-UAVs durchgeführt, die von drei F/A-18F<br />
Super Hornet abgeworfen wurden. Nach dem Abwurf<br />
aus kleinen Unterflügelbehältern formierten<br />
sich die 290 Gramm schweren Fluggeräte zu einem Schwarm, in dem es keinen Führer gab.<br />
Vielmehr kommunizierten alle Drohnen miteinander, um Formationen einzunehmen, die<br />
der Gruppe von der Bodenstation vorgegeben wurden. So erhielten sie Aufgaben wie die<br />
Überwachung eines größeren Grenzstreifens oder den Befehl, sich im Kreis um ein Zielobjekt<br />
zu bewegen. Das Perdix-Programm läuft bereits seit etwa 2013 und basiert auf Entwicklungen<br />
des Massachusetts Institute of Technology. Die kleinen Fluggeräte sind mit handelsüblicher<br />
Elektronik bestückt und erhalten wie Smartphones ständige neue Upgrades.<br />
Fotos: Pentagon<br />
Am 25. Dezember 2016 sind die ersten<br />
vier Su-35 für die chinesischen Luftstreitkräfte<br />
ausgeliefert worden. Die<br />
Maschinen flogen vom KnAAZ-Werk in<br />
Komsomolsk am Amur zunächst nach<br />
Cangzhou/Cangxian (Flugtestzentrum)<br />
und dann offenbar weiter nach Suixi,<br />
einer Basis, die in der Nähe der umkämpften<br />
Inseln im Südchinesischen<br />
Meer liegt. Insgesamt 24 Su-35 im Wert<br />
von etwa 1,9 Milliarden Euro sollen geliefert<br />
werden. Über die Gründe für den<br />
im November 2015 bestätigten Vertrag<br />
gibt es zahlreiche Spekulationen. So<br />
sollen die Chinesen vor allem an Erkenntnissen<br />
über die Saturn-117S-Triebwerke<br />
und die Schubvektorsteuerung<br />
der Su-35 interessiert sein. Auch als<br />
Übergangslösung bis zur vollen Produktion<br />
der J-20 wird der Kauf gesehen. AR<br />
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News ZIVIL- UND MILITÄRLUFTFAHRT<br />
ERNEUERUNG DER IRANISCHEN FLOTTE<br />
Iran Air übernimmt ersten Airbus<br />
Foto: Airbus<br />
Iran Air hat am 11. Januar in Toulouse feierlich das erste<br />
von 100 bei Airbus bestellten Verkehrsflugzeugen übernommen.<br />
Die A321-211 mit CFM-Triebwerken und der<br />
Registrierung EP-IFA flog einen Tag später nach Teheran.<br />
Nach mehrwöchigen Einführungseinsätzen im iranischen<br />
Inlandsflugverkehr sind auch internationale Flüge geplant.<br />
Nach dem Ende des iranischen Atomprogramms und der<br />
Aufhebung der UN-Sanktionen will der Iran mit Großaufträgen<br />
seine völlig veraltete zivile Luftflotte schnellstmöglich<br />
erneuern. Bei Airbus wurden dazu 46 Flugzeuge der<br />
A320-Familie, 38 Airbus A330 und 16 Airbus A350 fest<br />
bestellt. Bei ATR steht die formelle Bestellung von 20 ATR<br />
72-600 bevor, und auch bei Boeing ist der Kauf von 50 Boeing<br />
737 MAX 8, 15 Boeing 777-300ER und 17 Boeing 777-<br />
9 angekündigt. Die neue US-Administration unter Präsident<br />
Trump hat allerdings Einwände gegen die noch unter Präsident<br />
Obama genehmigten Lieferungen erhoben. Boeing<br />
plant, die US-Jets ab 2018 auszuliefern.<br />
Foto: Antonow<br />
Antonow präsentiert An-132D<br />
Am 20. Dezember 2016 wurde in Kiew das Roll-out des<br />
neuen Mehrzwecktransporters Antonow An-132D gefeiert. Die<br />
neue Generation der An-32 entstand mit Hilfe westlicher Zulieferer<br />
und saudischer Finanziers. Die An-132D ist unter anderem mit einem<br />
Glascockpit, neuen PW150A-Triebwerken von Pratt & Whitney<br />
Canada und neuen Propellern von Dowty verbessert worden.<br />
Liebherr liefert das Zapfluftsystem. Durch die neuen Triebwerke<br />
verdoppel sich die Reichweite, und auch die Zuladung steigt.<br />
Die Saudis erhoffen sich von der Beteiligung an dem Programm<br />
einen Technologietransfer an die Taqnia Aeronautics Company.<br />
Der Vertrag wurde im Mai 2015 unterzeichnet.<br />
Erste Beluga XL im Bau<br />
Mit der Endmontage des Spezialtransporters begann Airbus im<br />
Dezember 2016, seit Januar wird die Zelle, die von einer A330-200<br />
stammt, in Toulouse integriert. In den kommenden zwölf Monaten<br />
werden Bugsektion, Rumpfaufbau und Leitwerk hinzugefügt und<br />
die mechanischen und elektrischen Systeme angepasst. Anschließend<br />
wird das Flugzeug zur nächsten Station für Bodentests und Triebwerksinstallation<br />
gebracht. Dafür sind weitere sechs Monate veranschlagt.<br />
Insgesamt will Airbus fünf der neuen Spezialtransporter bauen,<br />
in die jeweils ein komplettes A350-XWB-Flügelpaar passt. Der<br />
Erstflug der ersten Beluga XL, MSN1824, soll 2018 erfolgen.<br />
Foto: Airbus<br />
8 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong>
Foto: Lockheed Martin<br />
200. F-35 Lightning II ausgeliefert<br />
Die erste Lieferung des neuen Jahres war gleichzeitig die 200.<br />
F-35 aus der Serienproduktion, die an einen Kunden ging. Bei der<br />
AX-2 handelte es sich um die zweite Maschine für Japan. Lockheed<br />
Martin flog die F-35A vom Werk in Fort Worth zur Luke AFB in<br />
Arizona, wo die Pilotenausbildung auf dem Joint Strike Fighter für<br />
internationale Käufer durchgeführt wird. Luke hat nun 46 F-35A im<br />
Bestand und ist damit derzeit die größte Basis mit der Lightning II.<br />
Unterdessen verlegte das US Marine Corps die Staffel VMFA-121<br />
von Yuma in Arizona nach Iwakuni in Japan.<br />
Zulassung für LEAP-1C<br />
Das Triebwerk von CFM International für die chinesische<br />
Comac C919 hat vor Weihnachten von der europäischen<br />
Flugsicherheitsagentur EASA und der US-Luftfahrtbehörde<br />
FAA die Musterzulassung erhalten. Laut Medienberichten<br />
plant Comac den Erstflug seines Zweistrahlers für Ende März.<br />
Das LEAP-Triebwerk gibt es auch in den Varianten 1A für den<br />
Airbus A320neo und 1B für die Boeing 737 MAX. Durch den<br />
Einsatz von leichten und hitzeresistenten Verbundwerkstoffen<br />
sowie 3D-gedruckten Einspritzdüsen verspricht CFM Kerosinund<br />
CO 2 -Einsparungen im zweistelligen Prozentbereich.<br />
Foto: Antonio Gomez/Safran<br />
❱❱❱ kurz notiert<br />
Ab 2018 wird eine gebrauchte A321 die Regierungsflotte der<br />
Flugbereitschaft ergänzen. Ein entsprechender Vertrag, der<br />
die Umrüstung bei Lufthansa Technik vorsieht, wurde am 5.<br />
Januar unterzeichnet. Die Kosten liegen bei 90 Millionen Euro<br />
(einschließlich Ersatzteile).<br />
Bells neuer Leichthubschrauber 505 Jet Ranger X hat vor<br />
Weihnachten die Zulassung durch Transport Canada erhalten.<br />
Mehr als 400 Kaufabsichtserklärungen liegen vor.<br />
Die Etihad Aviation Group löst ihren Präsidenten und Vorstandschef<br />
James Hogan in der zweiten Jahreshälfte <strong>2017</strong> ab.<br />
Er hatte Etihad durch Airline-Zukäufe mit EU-Verkehrsrechten,<br />
darunter airberlin und Alitalia, erweitert. Deren Sanierung<br />
erweist sich aber als unerwartet langwierig und kostspielig.<br />
Italien kauft Jettrainer M-345<br />
Leonardo hat nach dem Jungferflug am 29. Dezember einen<br />
ersten Vertrag für die Beschaffung der M-345 durch Italien unterzeichnet.<br />
Das vom Wirtschaftsministerium finanzierte Programm<br />
sieht zunächst fünf Flugzeuge vor, die ab 2019 geliefert werden sollen.<br />
Insgesamt liegt der Bedarf bei rund 45 M-345 (T-345 in Italien).<br />
Sie werden langfristig die derzeit 137 MB-339 ersetzen und die<br />
M-346 bei der Pilotenausbildung ergänzen. Die M-345 wird als Alternative<br />
zu Hochleistungs-Turboprops vermarktet.<br />
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9
News ZIVIL- UND MILITÄRLUFTFAHRT<br />
Foto: Andreas Zeitler<br />
NEUESTER ZWEISTRAHLER STARTET AB MÜNCHEN<br />
Erste A350 an Lufthansa geliefert<br />
Kurz vor Weihnachten, am 21. Dezember, ist der erste<br />
Airbus A350-900 der Deutschen Lufthansa in München<br />
eingetroffen. Das Flugzeug mit der Registrierung<br />
D-AIXA wird bis Februar für Pilotenschulungsflüge<br />
und Streckenerprobungsflüge eingesetzt, bevor ab dem 10.<br />
Februar die regulären Passagierflüge beginnen. Bis dahin<br />
soll Lufthansa Technik noch die Sitze der Premium Economy<br />
Class einrüsten und letzte technische Arbeiten ausführen.<br />
Lufthansa hat 25 Airbus A350 fest bestellt. An Bord<br />
sind 48 Schlafsessel der Business Class, 21 Sitze der Premium<br />
Economy Class und 293 Plätze der Economy Class eingebaut.<br />
Eine First Class gibt es nicht. Als erste Ziele sind<br />
Delhi und Boston angekündigt. Die ersten zehn Flugzeuge<br />
werden in München stationiert. Der neue Zweistrahler aus<br />
Verbundwerkstoff ist 50 Prozent leiser als die Vorgängergenerationen<br />
und spart 25 Prozent Kerosin.<br />
Foto: Lockheed Martin<br />
ALIAS hilft Piloten<br />
Im Auftrag der Forschungsbehörde DARPA wird Sikorsky weiter<br />
am Aircrew Labor In-Cockpit Automation System (ALIAS) arbeiten.<br />
Dabei geht es darum, ALIAS als Einbaukit in bis zu sieben verschiedenen<br />
Flugzeug- und Hubschraubermustern zu testen. In den bisherigen<br />
zwei Programmphasen wurden für die Flugversuche die<br />
Diamond DA42, die Cessna 208 und die Sikorsky S-76 (Testträger-<br />
Matrix von Sikorsky) verwendet. ALIAS ist laut DARPA modular<br />
aufgebaut und kann je nach Bedarf dem Piloten in schwierigen<br />
Situa tionen helfen. Die Bedienung soll möglichst einfach sein und<br />
auch über Tabletcomputer mit bekannten Gesten erfolgen.<br />
IAI liefert G550 CAEW an Italien<br />
Israel Aerospace Industries hat das erste von zwei Conformal<br />
Airborne Early Warning & Control Systems an Italien übergeben. Sie<br />
sind Teil eines 2012 beschlossenen Gegengeschäfts. Das auf dem<br />
Gulfstream-Business-Jet G550 basierende CAEW-System ist bereits<br />
bei den israelischen Luftstreitkräften und in Singapur im Einsatz (je<br />
vier Flugzeuge). Es bietet mit an den Rumpfseiten montierten Antennen<br />
mit elektronischer Strahlschwenkung eine 360-Grad-Abdeckung<br />
gegen Luft- und Seeziele. Außerdem sind Systeme für die passive<br />
Überwachung von elektronischen Emissionen installiert. Im Falle von<br />
Italien kommen NATO-kompatible Kommunikationssysteme von ELTA<br />
und Leonardo hinzu. Auch ein Selbstschutzsystem ist an Bord.<br />
Foto: IAI<br />
10 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> www.flugrevue.de
Foto: TU München Foto: China Internet<br />
Zweite FC-31 fliegt<br />
Die Shenyang Aircraft Corporation hat am 23. Dezember 2016<br />
eine zweite FC-31 in die Luft gebracht. Die neue Maschine unterscheidet<br />
sich in vielen Details vom ersten Prototyp (Erstflug Oktober<br />
2012). Unter anderem sollen nun auch die chinesischen Triebwerke<br />
WS-13E eingebaut sein. Nach wie vor ist unklar, ob die chinesischen<br />
Streitkräfte als Ergänzung der schweren J-20 an der FC-31 interessiert<br />
sind oder ob Shenyang (Teil des AVIC-Konzerns) auf Exportkunden<br />
für den Fighter mit Stealth-Eigenschaften angewiesen ist.<br />
Näher an der Realität<br />
Forscher der TU München haben eine neue Software für<br />
Hubschrauber-Flugsimulatoren entwickelt, die komplexe<br />
Wirbel in Echtzeit berechnen kann und sie damit viel realitätsnäher<br />
abbildet. So soll die Ausbildung von Piloten, vor<br />
allem unter Extrembedingungen, verbessert werden. Einsätze<br />
auf See, im Gebirge oder in der Nähe hoher Gebäude<br />
sind für Hubschrauberpiloten riskant: Luftwirbel, die hinter<br />
Bohrinseln, Schiffen, Felswänden und Häusern entstehen,<br />
können den Helikopter aus dem Gleichgewicht bringen.<br />
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April 05 – 08, <strong>2017</strong><br />
www.aero-expo.com<br />
Vorbereitung auf den Erstflug<br />
Der erste Prototyp der MS-21-300 des russischen Flugzeugherstellers<br />
Irkut macht Fortschritte auf dem Weg zu seiner Premiere<br />
in der Luft. In einem Programm-Update gab Irkut Ende Dezember<br />
bekannt, dass zahlreiche Bodentests abgeschlossen seien. Der<br />
Strom an Bord ist angeschaltet, der Rumpf wurde auf Luftdichtheit<br />
geprüft und Messsysteme an Bord installiert. Die Flugzeugsysteme<br />
durchlaufen laut Irkut noch Anpassungen. Der Erstflug des Konkurrenzmodells<br />
zu A320 und Boeing 737 ist für das Frühjahr geplant.<br />
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News ZIVIL- UND MILITÄRLUFTFAHRT<br />
FOMEDEC-BETREIBERVERTRAG<br />
Pilatus PC-21 als<br />
Trainer für Frankreich<br />
Frankreich wird ab März 2018 die Pilatus<br />
PC-21 im Rahmen der Pilotenausbildung<br />
einsetzen. Der auf elf Jahre angelegte Vertrag<br />
mit Hauptauftragnehmer Babcock sieht<br />
den Betrieb von 17 Maschinen auf der Basis in<br />
Cognac vor. Der Schweizer Hersteller fungiert<br />
ebenso wie Dassault Aviation und CAE (Simulatoren)<br />
als Zulieferer. Durch den Einsatz der<br />
PC-21 ist es möglich, einen Teil der Alpha Jets<br />
außer Dienst zu stellen. Die Cockpitsymbologie<br />
soll an jene in der Rafale angepasst werden, um<br />
einen einfachen Übergang zu ermöglichen.<br />
Foto: Pilatus<br />
Frankfurt<br />
leicht im Minus<br />
15 000 Flugdatenschreiber<br />
gewartet<br />
Mit 60,8 Millionen Passagieren meldet<br />
Deutschlands wichtigster Drehkreuzflughafen<br />
in Frankfurt für das Jahr 2016 leicht<br />
gesunkene Passagierzahlen (minus 0,4 Prozent).<br />
Die Zahl der Flugbewegungen sank<br />
um 1,1 Prozent. Dafür stieg das Frachtaufkommen<br />
um 1,8 Prozent auf 2,15 Millionen<br />
Tonnen. Zum Jahresende zog der<br />
Passagierverkehr deutlich an und erreichte<br />
einen neuen Dezember-Rekordwert.<br />
Foto: Fraport<br />
Erste A330neo<br />
Foto: Airbus<br />
Der erste Prototyp des Airbus A330neo,<br />
MSN1795, verließ vor Weihnachten die<br />
Lackierhalle in Toulouse. Noch fehlen aber<br />
die neuen Trent-7000-Triebwerke von<br />
Rolls-Royce. Der Erstflug des überarbeiteten<br />
Zweistrahlers soll, etwas später als<br />
ursprünglich geplant, in der ersten Jahreshälfte<br />
stattfinden. Den Langstreckenjet soll<br />
es in den Varianten A330-800 und A330-<br />
900 geben. Neu sind neben den Triebwerken<br />
Sharklets aus Verbundwerkstoffen<br />
sowie einige Technologien aus dem A350-<br />
Programm wie LED-Beleuchtung und<br />
WLAN in der Kabine. Die Indienststellung<br />
wird für Anfang 2018 anvisiert.<br />
Der Luftfahrtzulieferer RUAG Aviation<br />
überprüft jährlich in seinem Komponenten-<br />
Shop in München rund 700 Flugschreiber<br />
und liest die Daten aus. Das ist für den<br />
Erhalt der Lufttüchtigkeit vorgeschrieben.<br />
Im vierten Quartal 2016 verließ das<br />
15 000. Gerät die Wartungswerkstatt. Die<br />
Durchlaufzeit der Komponenten beträgt<br />
laut RUAG drei Tage. Die Black Boxes<br />
zeichnen Flugdaten- und Flugzeugparameter<br />
während des Fluges auf, was vor<br />
allem nach Unfällen eine Rolle spielt.<br />
Foto: RUAG<br />
12 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> www.flugrevue.de
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<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 13
DIE OST-<br />
Take-Off<br />
Antonows größte Frachter<br />
14 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> MÄRZ <strong>2017</strong> www.flugrevue.de
RIESEN<br />
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Von SEBASTIAN STEINKE<br />
Schwerste Lasten und schlechteste Pisten?<br />
Wenn es beim eiligen Frachttransport in<br />
Krisengebiete ums Ganze geht, springen<br />
Spezialairlines aus der Ukraine und<br />
Russland mit ihren Antonow-Frachtern<br />
ein. Die bringt so schnell nichts aus der<br />
Fassung.<br />
Foto: AirTeamImages / Sandro Koster<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> MÄRZ <strong>2017</strong> 15
Take-Off<br />
Antonows größte Frachter<br />
Antonov Airlines, eine<br />
Tochter des ukrainischen<br />
Flugzeugbauers,<br />
hat ihre Heimatbasis in<br />
Kiew. Hier landet eine<br />
frisch lackierte An-22A.<br />
Die Frachter, hier die<br />
An-225, können<br />
jegliche Bodengeräte<br />
und Abfertigungswerkzeuge<br />
mitführen,<br />
sodass am Ziel ohne<br />
externe Helfer be- und<br />
entladen werden kann.<br />
16 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> MÄRZ <strong>2017</strong><br />
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DICKSTE<br />
Fotos: AirTeamImages / Oleg Belyakov (2) / Lucio Daou / Alex Snow<br />
BRUMMER DER WELT<br />
Das großzügig verglaste Cockpit der Antonow An-22<br />
stammt erkennbar aus früheren Zeiten. Elektromechanische<br />
Instrumente werden hier noch klassisch abgelesen.<br />
Die frisch grundüberholte An-22A, noch unlackiert, bei<br />
einem Probeflug. Die grünen Flächen verraten umfangreiche<br />
Strukturarbeiten am zuvor jahrelang abgestellten Oldie.<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> MÄRZ <strong>2017</strong> 17
Take-Off<br />
Antonows größte Frachter<br />
Sechs Mann fliegen im Cockpit der Antonow An-124 mit. Das sind neben den<br />
beiden Piloten zwei Bordingenieure, der Navigator und ein Funker.<br />
Der Himmel über der<br />
staubigen Piste des<br />
Flughafens von Gao<br />
in Mali füllt sich mit einem tiefen Brummen,<br />
noch bevor man die Antonow An-<br />
22A sieht. Erst dann erkennt man im<br />
Hitzeflimmern den anfliegenden Frachter<br />
an seinen vier Landescheinwerfern in<br />
den Fahrwerkswülsten und in den Flügelvorderkanten.<br />
Sanft setzt der viermotorige<br />
Riese, der über eine maximale<br />
Startmasse von 250 Tonnen verfügt, mit<br />
seinen acht gegenläufigen Propellern auf<br />
dem Sandboden nahe des Flusses Niger<br />
auf und wirbelt hinter sich eine turmhohe,<br />
rötliche Staubwand auf. Wie ein gewaltiger<br />
Jeep rollt das größte Turbopropflugzeug<br />
der Welt hochbeinig auf der afrikanischen<br />
Buckelpiste aus. Springend,<br />
nickend und mit imposant federndem<br />
Fahrwerk pariert der nun ohne den aerodynamischen<br />
Auftrieb seiner Flügel immer<br />
träger werdende Gigant Bodenwellen<br />
und Erdlöcher und kommt schließlich<br />
am Wendekopf der Behelfslandebahn<br />
zum Stehen. Mit einseitigem Schub<br />
auf dem rechten Triebwerk Nummer<br />
vier wendet der 42 Jahre alte Oldie auf<br />
seinen 14 Rädern mit tiefem Dröhnen<br />
und schrillem Triebwerkspeiffen, bevor<br />
ihn das enge Rollmanöver bald in seine<br />
eigenen Staubwolke einhüllt. Willkommen<br />
in Gao!<br />
Alleine am Gao International Airport<br />
landete das größte Propellerflugzeug der<br />
Welt, die Antonow An-22A Antei, seit<br />
Dezember sieben Mal. Bei Hilfsflügen<br />
aus Europa für die UN-Stabilisierungsmission<br />
MINUSMA und bei unterstützenden<br />
Flügen wurden mit der Ukrainerin<br />
UR 09307 von Antonov Airlines bei<br />
insgesamt 39 Flügen und in 141 Flugstunden<br />
246 Tonnen Fracht nach Mali<br />
gebracht, mehrfach – wie heute beim<br />
Flug aus Leipzig – mit Tankstopp in Algier.<br />
Die Antonow An-22A ist, wie nur<br />
wenige Flugzeugmuster, für die extrem<br />
rauen Bedingungen Malis geeignet, denn<br />
Staub und aufgewirbelte Erdbrocken<br />
werden den meisten Jets und auch modernen<br />
Turboprops mit weniger Bodenfreiheit<br />
leicht gefährlich. Bei Antonow<br />
spottet man, gegen den robusten Sowjet-<br />
Oldie seien westliche Transporter nur<br />
„Paketfrachter“. In der Tat mieden französische<br />
und deutsche Airbus A400M<br />
nach ersten Probeflügen wegen der Gefahr<br />
von Propellerbeschädigungen Gaos<br />
holprige Staubpiste. Laut Antonow<br />
könnte keine An-12, C-130 oder Il-76<br />
auf Landepisten dieser Qualität mehr<br />
Fracht auf einmal anliefern.<br />
ANTONOW REAKTIVIERTE<br />
SEINE ABGESTELLTE AN-22A<br />
Für die harte Arbeit in Westafrika mottete<br />
Flugzeughersteller Antonow deshalb<br />
eigens seinen werkseigenen Oldie An-<br />
22A aus, um ihn nach achtjähriger Betriebspause<br />
und einer aufwendigen<br />
Grundüberholung samt Neulackierung<br />
ab Sommer 2016 wieder bei der unternehmenseigenen<br />
Spezialfracht-Airline<br />
Antonov Airlines einzusetzen.<br />
Insgesamt 68 der 57,80 Meter langen<br />
Schwertransporter mit den auch aus dem<br />
Bomber Tupolew Tu-95 bekannten, jeweils<br />
11200 Kilowatt starken Kusnet-<br />
18 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> MÄRZ <strong>2017</strong><br />
www.flugrevue.de
Die mittlere Flügelsektion<br />
der An-225<br />
hat keine Vorflügel.<br />
Arbeitsplatz des<br />
Navigators mit<br />
Radarsichtgerät und<br />
VOR-Empfängern<br />
Spektakuläre<br />
Autobahnüberquerung<br />
in Leipzig<br />
Computer errechnen an Bord die korrekte<br />
Schwerpunktlage. Das An-225-Cockpit ist<br />
eine Mischung aus alt und neu.<br />
zow-NK12MA-Triebwerken, wurden bis<br />
1976 in Kiew und Taschkent für das Militär<br />
der Sowjetunion und für Aeroflot<br />
gebaut. Bis heute ist die An-22, die 1965<br />
zum ersten Mal abhob, das größte<br />
(Land-)Propellerflugzeug der Welt. Ihr<br />
gewaltiger Frachtraum ist 33 Meter lang<br />
und 4,40 Meter breit und hoch. Bordeigene<br />
Deckenkräne hieven das mitgeführte<br />
Ladegut nach der Landung ohne<br />
weitere Infrastruktur am Boden bequem<br />
zum Weitertransport auf Lastwagen oder<br />
Tieflader. Im Cockpit, das hier noch eine<br />
echte Kanzel ist, arbeiten zwei Piloten<br />
sowie Bordingenieure, Navigator und<br />
Funker. Die mitfliegenden Lademeister<br />
haben innerhalb der gewaltigen Fahrwerkswülste<br />
auf beiden Seiten des Laderaums<br />
eigene „Büros“.<br />
Das Fliegen ist für die Piloten hier<br />
noch richtige Arbeit. Man sieht es schon<br />
an ihrer ungewöhnlich aufrechten Sitzposition,<br />
aus der sie, weit vorgebeugt<br />
und beide zugleich, die massiven Steuerhörner<br />
in der Größe von Motorradlenkern<br />
am kraftvollsten umfassen können.<br />
Der Bordingenieur übernimmt, wie in<br />
der östlichen Luftfahrt üblich, beim Landeanflug<br />
die Bedienung der Triebwerkshebel<br />
in der Mitte. Bis zu 100 Tonnen<br />
Nutzlast nimmt die An-22A auf.<br />
Selbst wenn es noch deutlich mehr<br />
zu transportieren gibt, hat Antonow das<br />
passende Produkt: die Antonow An-124<br />
Ruslan, die sowjetische Antwort auf die<br />
Lockheed C-5A Galaxy. Der vierstrahlige<br />
Transporter ist zwar fünf Meter kürzer<br />
als die Amerikanerin, schafft aber<br />
dafür bis zu 150 Tonnen Nutzlast. 56<br />
der mit je vier D-18T-Turbofans von<br />
Progress ausgestatteten Großraumjets<br />
wurden zu Sowjetzeiten gebaut. Sieben<br />
Flugzeuge betreiben die russischen Luftstreitkräfte<br />
noch heute, sieben weitere<br />
sind zivil bei Antonov Airlines aus der<br />
Ukraine und zehn bei der russischen<br />
Volga-Dnepr Airlines im Einsatz, ein Exemplar<br />
fliegt in den Vereinigten Arabischen<br />
Emiraten.<br />
Die An-124 hat sich weltweit als Spezialfrachter<br />
einen eigenen Markt geschaffen.<br />
Ob klobige Mantelstromtriebwerke<br />
oder unzerlegte Hubschrauber, komplette<br />
Flugsimulatorkabinen, schwere Maschinenteile,<br />
Panzer oder ganze Lokomotiven<br />
– für die An-124 ist nichts zu<br />
schwer oder zu sperrig.<br />
Nach dem Ende der Sowjetunion<br />
wechselten die meisten, heute zivilen Exemplare<br />
aus Militärdiensten in die freie<br />
Wirtschaft – mitsamt ihrer alten Beschaffungsoffiziere<br />
und Flugzeugbauer. Crews<br />
und Lademannschaften, die oft ein Ingenieurstudium<br />
absolviert haben, verfügen<br />
Fotos: AirTeamImages / Roman Becker (2) / Oleg Belyakov / Kevin Boydston, Flughafen Leipzig Halle / Uwe Schossig (2)<br />
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<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> MÄRZ <strong>2017</strong> 19
Take-Off<br />
Antonows größte Frachter<br />
Aus der An-22-Glaskanzel kann<br />
der Navigator Bodenmerkmale<br />
beobachten und „mitkoppeln“.<br />
Fotos: AirTeamImages / Jorge Guardia Aguil Ha,<br />
Flughafen Leipzig/Halle / Uwe Schossig (3)<br />
über entsprechend geballten Sachverstand.<br />
Sie können aus einem Baukastensystem<br />
Laderampen und Gleitbahnen<br />
bauen, um auch schwerste und sperrigste<br />
Ladegüter zu bewegen.<br />
Während die Antonow An-22 am Boden<br />
keinerlei Probleme kennt, bekommt<br />
ihre größte Schwester, die Antonow An-<br />
225 Mrija gerade hier Schwierigkeiten.<br />
Sie ist das größte Flugzeug der Welt, ein<br />
gewaltiges Einzelstück mit 84 Metern<br />
Länge und 88,4 Metern Spannweite. Damit<br />
passt sie nur auf wenige Flughäfen,<br />
wo Rollwege, Lichtmasten und Abstellflächen<br />
ausreichend groß dimensioniert<br />
sind. Nur Howard Hughes’ achtmotoriges<br />
Wasserflugzeug H-4, genannt „Spruce<br />
Goose“, hatte mit 97,5 Metern noch<br />
mehr Spannweite. Oft kommt der exotische<br />
Gigant An-225 nur zu nächtlichen<br />
Stippvisiten, nimmt schnell sein Ladegut<br />
auf und ist im Morgengrauen schon wieder<br />
verschwunden, bevor der normale<br />
Flugbetrieb beginnt. Die An-225 entstand<br />
auf Basis der An-124; ein mittleres<br />
Flügelstück und zwei Triebwerke kamen<br />
hinzu. Gebaut wurde sie als Spezialtransporter,<br />
um auf ihrem Rücken die russische<br />
Raumfähre Buran zu befördern.<br />
Deshalb gibt es nur ein flugfähiges Exemplar<br />
und einen unfertigen Reserverumpf.<br />
Bis zu 250 Tonnen Fracht kann der<br />
sechsstrahlige Riese befördern. Er hält<br />
auch den Rekord für das schwerste Luftfracht-Einzelstück,<br />
einen 190 Tonnen<br />
schweren Generator.<br />
DREHKREUZ LEIPZIG SPIELT<br />
DIE SCHLÜSSELROLLE<br />
Das wichtigste „Nest“ der Riesen ist die<br />
deutsche Frachtdrehscheibe Halle/Leipzig.<br />
Hier hat das Unternehmen Ruslan<br />
SALIS GmbH seinen Sitz. SALIS steht<br />
für „Strategic Airlift Interim Solution“<br />
(Zwischenlösung für den strategischen<br />
Lufttransport). Das vormals russisch-ukrainische<br />
Luftfrachtunternehmen stellte<br />
20 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> MÄRZ <strong>2017</strong><br />
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RIESENNEST<br />
IN LEIPZIG<br />
Winterstimmung in Leipzig.<br />
Alle drei Antonow-Muster<br />
warten auf den nächsten Einsatz.<br />
seit 2006 für verschiedene NATO-Länder<br />
ständig zwei An-124-100-Schwerlasttransporter<br />
bereit und garantierte den<br />
bevorzugten Zugriff auf vier weitere innerhalb<br />
von neun Tagen.<br />
Wegen des Konflikts zwischen Russland<br />
und der Ukraine haben sich die beiden<br />
SALIS-Teilhaber jedoch überworfen<br />
und gehen seit dem Jahreswechsel getrennte<br />
Wege. So blieb der NATO Support<br />
and Procurement Agency nichts anderes<br />
übrig, als für <strong>2017</strong>/18 nun zwei<br />
Verträge abzuschließen. Für <strong>2017</strong> wurden<br />
1600 Flugstunden vereinbart, wobei<br />
die Russen knapp 1000 und die neu gegründete<br />
Antonov SALIS rund 600 bekommen.<br />
Dies ist etwa proportional zu<br />
den An-124-Flotten von Wolga-Dnepr<br />
(10) und Antonov Airlines (7). Wichtigster<br />
Nutzer von SALIS bleibt Deutschland<br />
mit voraussichtlich 1080 Stunden<br />
in diesem Jahr. Frankreich hat für seine<br />
Einsätze in Afrika ebenfalls einen erheblichen<br />
Bedarf. Gute Aussichten also auch<br />
weiterhin für die robusten Riesen aus<br />
6 x 230 kN Schub bringen die Antonow An-225 auch bei 600 Tonnen<br />
maximaler Startmasse sicher in die Luft.<br />
dem Osten. FR Triebwerkslauf in der Leipziger Lärmschutzhalle. Die Triebwerke aus östlicher<br />
Produktion sind zuverlässiger und leiser geworden als zu Sowjetzeiten.<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> MÄRZ <strong>2017</strong> 21
Zivilluftfahrt<br />
Europas größte Regionalairline<br />
Britischer<br />
Fotos: AirTeamImages / Matthieu Douhaire<br />
Es ist nicht leicht, vom Kontinent<br />
nach Exeter in Südwest-England<br />
zu gelangen,<br />
wo Europas größte Regionalfluggesellschaft<br />
ihren Sitz hat. An diesem Morgen<br />
ist es noch schwerer, denn der Flybe-<br />
Flug von Paris-Charles de Gaulle in die<br />
britische Provinz verspätet sich immer<br />
mehr. Am Ende hebt die Bombardier<br />
Q400 fast zwei Stunden zu spät ab, die<br />
Passagiere erhalten nicht einmal eine Erklärung.<br />
Die liefert Luke Farajallah,<br />
COO von Flybe, die derzeit am schnells-<br />
ten wachsende unter Europas 20 größten<br />
Airlines. Und genau da liegt das Problem:<br />
„Wir haben Pilotenknappheit.<br />
Wenn jemand krank ist, führt das manchmal<br />
zu einem Dominoeffekt wie heute<br />
morgen auf dem Paris-Flug“, erklärt<br />
Fara jallah im Interview mit der <strong>FLUG</strong><br />
<strong>REVUE</strong>. „Wir haben derzeit 700 Piloten,<br />
wir brauchen 18 pro Flugzeug, und bei<br />
unserem Wachstum ist es eine Herausforderung,<br />
genügend Cockpitcrews zu<br />
finden. Da gibt es immer einen Absaugeffekt<br />
größerer Airlines“, so Farajallah.<br />
Flybe ist Europas größte<br />
Regionalfluggesellschaft<br />
und expandiert massiv,<br />
bald mit der ersten Basis<br />
auf dem Kontinent in<br />
Düsseldorf.<br />
Von ANDREAS SPAETH<br />
22 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong>
„Faster than road or rail“ –<br />
schneller als Auto oder Bahn, ist<br />
der Werbeslogan von Flybe.<br />
Regionalflugkönig<br />
Flybe nutzt eine ungewöhnliche, dezentrale<br />
Struktur mit zehn Standorten<br />
neben Exeter. Größte Basis ist Birmingham,<br />
wo elf von 76 Flugzeugen stationiert<br />
sind, gefolgt von Southampton mit<br />
neun und Belfast mit acht Maschinen.<br />
Insgesamt 40 britische Flughäfen bedient<br />
Flybe und hat damit das bei weitem<br />
dichteste Inlandsflugnetz. Jeder<br />
zweite Passagier innerhalb Großbritanniens,<br />
der nicht London berührt,<br />
ist ein Flybe-Kunde. Gut die Hälfte der<br />
Inlandsflüge entfällt auf Flybe. Ihre Botschaft<br />
hat die Fluggesellschaft seit ihrem<br />
Re branding 2014 mit auffällig lilafarbener<br />
Bemalung auf ihre Flugzeuge geschrieben:<br />
„Faster than road or rail“<br />
(Schneller als Straße oder Schiene) und<br />
„Think in minutes, not miles“, es geht<br />
beim Fliegen um Minuten anstatt ums<br />
Meilenfressen. „Wir können von Glück<br />
sagen, dass unsere Bahn in Großbritannien<br />
nicht so gut wie die im Rest Europas<br />
ist“, lacht Luke Farajallah. „Wir haben<br />
ja ein Hochgeschwindigkeitssystem<br />
hier – und das heißt Flybe. Unsere<br />
durchschnittliche Flugdauer liegt bei 53<br />
Minuten, mit Auto, Bahn oder Fähre<br />
dauert die gleiche Reise zwischen drei<br />
und neun Stunden.“<br />
Die Airline drängt verstärkt auf das<br />
europäische Festland. Dabei war die<br />
1979 ursprünglich als Jersey European<br />
Airlines gegründete Gesellschaft, ab<br />
2000 unter dem Namen British European<br />
unterwegs und seit 2002 unter ihrem<br />
heutigen Namen, noch vor wenigen<br />
Jahren der Pleite nahe. Dem 2013 gekommenen<br />
CEO Saad Hammad gelang<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 23
Zivilluftfahrt<br />
Europas größte Regionalairline<br />
(Links) Premierenflug<br />
Hannover –<br />
Lyon.(Mitte) Flybe-<br />
Farben auf<br />
einer Saab 340B<br />
von Loganair.<br />
(Unten) Die Q400<br />
kann auch auf<br />
Regionalstrecken<br />
Geld verdienen.<br />
BREXIT VERUNSICHERT DEN MARKT<br />
der Turnaround, im Geschäftsjahr<br />
2015/16 flog man erstmals wieder Profit<br />
ein. Im ersten Halbjahr 2016/17 allerdings<br />
halbierte sich der Unternehmensgewinn;<br />
kurz vor Bekanntgabe gab Saad<br />
Hammad völlig überraschend seinen Job<br />
als CEO auf. Derzeit herrscht unter britischen<br />
Airlines große Verunsicherung,<br />
weil unklar ist, welche Auswirkungen<br />
der „Brexit“ auf ihre Verkehrsrechte auf<br />
dem Kontinent und innerhalb der EU<br />
hat. Gleichzeitig verfällt das britische<br />
Pfund, bei verhaltener Passagiernachfrage<br />
und Überkapazitäten im europäischen<br />
Kurzstreckenmarkt. Im ersten Halbjahr<br />
2016/17 stieg die angebotene Kapazität<br />
um 13,5 Prozent, während die Passagierzahl<br />
nur um gut 7 Prozent zunahm und<br />
die Auslastung daher auf 72 Prozent fiel.<br />
Viel Arbeit für die neue Frau an der Spit-<br />
ze: Christine Ourmières-Widener, früher<br />
bei Air France und fünf Jahre an der<br />
Spitze von CityJet, übernahm im Januar<br />
als Flybe-Chefin. „Eine Kernfrage für sie<br />
muss es sein, ob die aggressive Kapazitätsausweitung<br />
anhalten soll angesichts<br />
fallender Flugpreise“, warnen die Analysten<br />
von CAPA. „Turbulent mit unklaren<br />
Aussichten“, lautet denn auch die<br />
aktuelle Markteinschätzung des Unternehmens<br />
selbst. Und das zu einer Zeit,<br />
wo sich Flybe zunehmend außerhalb der<br />
Insel zu positionieren versucht.<br />
Im August nahm sie ihre ersten beiden<br />
Routen auf, die nicht Großbritannien<br />
berühren: von Hannover nach Mailand-Malpensa<br />
sowie nach Lyon. Während<br />
die Italienroute weiter bedient<br />
wird, erwies sich Lyon als Flop und wurde<br />
im Januar eingestellt.<br />
Die Briten sehen auf dem Kontinent<br />
enorme Wachstumschancen. „Derzeit<br />
gibt es dort etwa 13 Millionen Passagiere,<br />
die auf Routen ohne Low-Cost Carrier<br />
oder nur mit sehr geringem Wettbewerb<br />
durch Billigflieger unterwegs sind.<br />
Wir fliegen unterhalb des Radars der Billigflieger.<br />
Darin liegt eine große Chance“,<br />
sagt Finanzchef Vincent Hodder. 80 Prozent<br />
ihrer über 218 Routen in zehn Staaten<br />
bedient die Airline ohne Konkurrenz.<br />
Auf gerade zehn Strecken sieht sie sich<br />
dem Wettbewerb von easyJet ausgesetzt.<br />
Vor allem dank ihrer effizienten Flotte<br />
von 54 Bombardier Q400 kann sie hier<br />
bestehen. Sie ist zweitgrößter Q400-Betreiber<br />
weltweit. Mit 78 Sitzen ermöglicht<br />
die Turboprop, eine Route bei einem<br />
Aufkommen von nur 40 000 Passagieren<br />
im Jahr profitabel zu betreiben.<br />
Eine mit dem Airbus A319, dem kleinsten<br />
Flugzeug von easyJet, bediente Strecke<br />
benötigt dagegen rund 100 000 Fluggäste<br />
pro Jahr. Flybe sieht 39 Millionen<br />
24 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
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Flybe – Daten und Fakten<br />
IATA-Code: BE<br />
ICAO-Code: BEE<br />
Eigentümer:<br />
100 Prozent börsennotierter Streubesitz<br />
Betriebsaufnahme: 1. November 1979<br />
(als Jersey European Airways),<br />
1. Juni 2000 (als British European),<br />
18. Juli 2002 (als Flybe)<br />
Mitarbeiter: 2262<br />
Beförderte Passagiere:<br />
2015/16: 8,2 Mio.<br />
2014/15: 7,7 Mio.<br />
2013/14: 7,7 Mio.<br />
Flotte (November 2016):<br />
54 Bombardier Q400<br />
11 Embraer E175<br />
9 Embraer E195<br />
5 ATR 72-600<br />
(Links) Das Flybe-Simulatorzentrum in Exeter. (Rechts) Die Werft in Exeter betreut<br />
auf sieben Liegeplätzen fast 200 Flugzeuge unterschiedlicher Kunden. (Unten) Das<br />
Archivbild zeigt Flybe-Hochbetrieb in Birmingham mit Flugzeugen in alter Lackierung.<br />
Fotos: AirTeamImages / Ray McFadyen, Flybe, Andreas Spaeth<br />
Flugzeugbestellungen:<br />
2 ATR 72-600<br />
6 Bombardier Q400<br />
4 Embraer E175<br />
Drehkreuze: Birmingham, Manchester<br />
Streckennetz: Flybe fliegt 40 Ziele in<br />
Großbritannien und 35 in weiteren neun<br />
europäischen Ländern an und bietet insgesamt<br />
218 Verbindungen. Nur zwei berühren<br />
Großbritannien nicht – die von Hannover<br />
nach Lyon bzw. nach Mailand-Malpensa.<br />
In Deutschland bedient Flybe Berlin-Tegel,<br />
Hannover, Düsseldorf (ab <strong>2017</strong> Basis), Stuttgart<br />
und München.<br />
Gewinn/Verlust (vor Steuern):<br />
2015/16: + 2,7 Mio. Pfund<br />
2014/15: – 35,6 Mio. Pfund<br />
2013/14: + 8,1 Mio. Pfund<br />
www.flybe.com<br />
bezüglich regionaler Anbindungen unterversorgte<br />
Bürger in Westeuropa.<br />
„Wenn wir davon nur zehn Prozent befördern<br />
würden, könnten wir unsere<br />
Größe verdoppeln“, rechnet Vincent<br />
Hodder vor. Solch kühne Visionen könnten<br />
allerdings akut durch den „Brexit“<br />
bedroht sein. Hodder entgegnet: „Ich<br />
glaube nicht, dass der ‘Brexit’ uns zwingen<br />
wird, Routen wie Hannover – Mailand<br />
aufzugeben. Wir werden immer eine<br />
Lösung finden, die Restriktionen zu<br />
umgehen, die von Regierungen verhängt<br />
werden könnten. Einer unserer großen<br />
Vorteile ist es, flexibel zu sein und sich<br />
Veränderungen anzupassen, und das<br />
sehr schnell.“ Flybe versucht, die besten<br />
Elemente von Netzwerk-Carriern und<br />
Billigfliegern zu kombinieren. „Wir haben<br />
ein Angebot an Frequenzen und eine<br />
Flugplandichte, wie sie einer Netzwerk-<br />
Airline entsprechen, und eine Kostenbasis<br />
wie ein Billigflieger. Wir verkaufen 80<br />
Prozent unserer Tickets über unsere<br />
Website – auch ein Billigflug-Element.<br />
Gleichzeitig setzen wir, eher wie eine<br />
Netzwerk-Airline, stark auf Codesharing-Abkommen<br />
und Interlining, etwa<br />
mit Air France, Etihad, Emirates oder<br />
Virgin Atlantic, in Europa auch neu mit<br />
airberlin“, erklärt Vincent Hodder.<br />
Vor allem Deutschland hat Flybe im<br />
Fokus und weitet ihr Streckennetz hierzulande<br />
deutlich aus. Zuletzt mit Flügen<br />
von Berlin nach Cardiff in Wales und<br />
von Düsseldorf nach London-City und<br />
Doncaster/Sheffield. London spielte zuletzt<br />
eine vergleichsweise kleine Rolle,<br />
nachdem sich die Fluggesellschaft 2013<br />
nach 23 Jahren aus Gatwick zurückgezogen<br />
hat und ihre 25 Slot-Paare für 20<br />
Millionen Pfund an easyJet verkaufte.<br />
Seitdem hat sie fünf Flugzeuge am London<br />
City Airport stationiert und vergeblich<br />
versucht, Zugang zum vor allem von<br />
Business Jets genutzten Fliegerhorst<br />
Northolt zu erhalten. Nun aber verkündete<br />
Flybe überraschend, ab März sieben<br />
werktägliche Flüge von Heathrow nach<br />
Aberdeen und Edinburgh zu bedienen –<br />
mit Slots, die IAG bereits 2012 im Zuge<br />
der BMI-Übernahme abgeben musste.<br />
Und Düsseldorf kommt bald bei Flybe<br />
groß raus, hat die Airline doch jetzt angekündigt,<br />
hier bis Herbst <strong>2017</strong> eine Basis<br />
– ihre erste außerhalb Großbritanniens<br />
– einzurichten. „Dort wollen wir zunächst<br />
drei Q400 stationieren und deutsche<br />
Besatzungen für Cockpit und<br />
Kabine einstellen“, sagt Farajallah, der<br />
auch in Holland oder Belgien Piloten zu<br />
finden hofft. Flybe bietet ab dem Rhein/<br />
Ruhr-Flughafen bereits fünf britische<br />
Ziele mit bis zu 77 Flügen pro Woche an.<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 25
Zivilluftfahrt<br />
Europas größte Regionalairline<br />
(Oben) Regionaljets<br />
nutzt Flybe für<br />
längere Strecken.<br />
(Mitte) Kurze<br />
Umkehrzeiten und<br />
Vorfeld-Boarding<br />
– ganz wie bei<br />
Low-Cost-Airlines.<br />
(Unten) Mit<br />
spiralförmigen<br />
Kondensstreifen an<br />
den Blattspitzen<br />
startet eine Q400.<br />
Fotos: AirTeamImages / Daniel Alaerts, Flybe, Andreas Spaeth<br />
Einschneidende Maßnahmen bei<br />
Flybe sind die Flottenrationalisierung<br />
und das Ausbügeln kostspieliger Fehlentscheidungen<br />
früherer Firmenchefs.<br />
Eine wesentliche war die Bestellung von<br />
14 Embraer-Regionaljets der Reihe<br />
E195 als Launch Customer. Die Jets stießen<br />
ab 2006 zur Flotte. Das sei eine<br />
„verrückte“ Bestellung gewesen, so Saad<br />
Hammad im Interview kurz vor seinem<br />
Rücktritt. Mit den 118-sitzigen E195<br />
wollte man mit den Billigairlines konkurrieren,<br />
aber die Jets seien „viel zu<br />
teuer im Betrieb“, so Hammad. Bis<br />
2019/20 werden die neun E195 die Flotte<br />
verlassen haben. Während bisher nur<br />
etwa 20 Prozent der Flotte Eigentum der<br />
börsennotierten Airline waren, sind es<br />
jetzt bereits 34 Prozent, Tendenz steigend.<br />
Das Ziel sind 50 Prozent. Von den<br />
elf kleineren, 88-sitzigen E175 besitzt<br />
Flybe sieben und will sie auch behalten,<br />
vor allem, um von ihren Drehkreuzen<br />
aus deren volle Reichweite zu nutzen.<br />
Vier weitere E175 stehen noch bei Embraer<br />
in den Bestelllisten; deren Auslieferung<br />
wurde aber schon auf Anfang<br />
2019 verschoben.<br />
Das wichtigste Werkzeug für das<br />
Wachstum bleibt die Bombardier Q400,<br />
hier hat die Airline ein Abkommen mit<br />
Republic Airways aus den USA geschlossen.<br />
United-Zubringer Republic gibt<br />
DIE Q400 GILT ALS IDEALES MUSTER<br />
demnach 15 ihrer gebrauchten Q400 an<br />
Flybe ab. „Bereits im Sommer werden<br />
wir acht davon im Einsatz haben“, sagt<br />
Luke Farajallah. Praktischerweise besitzt<br />
das Unternehmen eine Tochtergesellschaft,<br />
Flybe Aviation Services, die am<br />
Flughafen Exeter einen florierenden<br />
Wartungsbetrieb unterhält. Vor Ort finden<br />
alle Überholungen der eigenen Flotte<br />
statt, aber auch Wartungen für viele<br />
andere Kunden, wie Finnair, Aegean Airlines<br />
oder Air Greenland. Hier werden<br />
auch jene fünf geleasten ATR 72-600<br />
überholt, die Flybe in Stockholm-Arlanda<br />
für SAS betreibt. Bis Ende März <strong>2017</strong><br />
wird die Flybe-Flotte aus 85 Flugzeugen<br />
bestehen, elf mehr als im Vorjahr, darunter<br />
60 Bombardier Q400.<br />
Während im dann ablaufenden Geschäftsjahr<br />
die Kapazität um 15 Prozent<br />
anstieg, sollen es <strong>2017</strong>/18 nur noch<br />
sechs Prozent sein. Doch ihre Ambitionen<br />
hat Flybe nicht heruntergeschraubt.<br />
„Wir haben einen Drang, Europäer zu<br />
sein“, sagt Vincent Hodder. „Es gibt keine<br />
bessere Zeit als jetzt, um diese Reise<br />
in die Zukunft zu starten! Man muss unterscheiden<br />
zwischen kurzfristiger Unsicherheit<br />
und dem langfristigen Erfolg<br />
des Flybe-Geschäftsmodells“, bleibt der<br />
Finanzchef zuversichtlich.<br />
FR<br />
26 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
www.flugrevue.de
News PASSAGIER UND KABINE<br />
Foto: British Airways Foto: Flughafen Berlin Brandenburg<br />
Neuer Passagierrekord in Berlin<br />
Die Flughäfen der Hauptstadtregion Berlin/Brandenburg haben 2016 mit<br />
32,9 Millionen Fluggästen einen neuen Rekord aufgestellt. Neu ist, dass Schönefeld als<br />
„Überlauf“ eine substanzielle Rolle übernimmt und extrem stark zulegt. Insgesamt sind<br />
an den Flughäfen Tegel und Schönefeld 11,4 Prozent mehr Passagiere als 2015 abgefertigt<br />
worden. In Schönefeld allein stieg die Zahl der Fluggäste, nicht zuletzt wegen der<br />
dort stark wachsenden Ryanair, sogar um 36,7 Prozent auf 11,6 Millionen. Auch für<br />
dieses Jahr rechnet die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH mit anhaltendem Wachstum.<br />
Ende der kostenlosen<br />
Bordverpflegung<br />
Bei British Airways müssen Passagiere<br />
der Economy-Klasse auf Kurz- und Mittelstreckenflügen<br />
in Europa seit Kurzem für<br />
Essen und Getränke extra bezahlen. Der<br />
Schritt, mit dem die Fluggesellschaft<br />
Kosten einsparen will, wurde bereits im<br />
September 2016 angekündigt. Allerdings<br />
verlief die Einführung nicht reibungslos:<br />
Von verärgerten Passagieren abgesehen,<br />
gab es unter anderem Probleme mit den<br />
Zahlungsgeräten. Fluggäste berichteten zudem<br />
von zu wenigen oder gar keinen Sand -<br />
wiches und Snacks an Bord und teilweise<br />
ausbleibendem Essens-Servicedurchgang.<br />
Gratis-Netzzugang<br />
bei JetBlue<br />
Die US-Billigairline JetBlue hat ihre komplette<br />
Flotte, bestehend aus 227 Airbus<br />
A320, A321 und Embraer 190, mit Internet<br />
an Bord ausgestattet. Auf Flügen innerhalb<br />
der USA ist der Zugang zu dem Breitbandnetz<br />
für die Passagiere kostenlos. Das System<br />
namens Fly-Fi soll nach Angaben der<br />
Airline eine ähnliche Qualität wie Internet<br />
am Boden bieten und auch Videostreaming<br />
ermöglichen. Die Internetverbindung von<br />
und zum Flugzeug läuft dabei über einen<br />
Ka-Band-Satelliten des Telekommunikationsdienstleisters<br />
ViaSat und wird an Bord<br />
über WLAN an die Nutzer ausgespielt.<br />
Laut ViaSat sind Datenübertragungsraten<br />
von 12 Mbit/s und mehr möglich.<br />
Foto: JetBlue<br />
Asiana kommt mit<br />
A380 nach Frankfurt<br />
Die südkoreanische Airline setzt ab dem<br />
5. März einen Airbus A380 auf der Strecke<br />
Frankfurt – Seoul ein. Das größte Passagierflugzeug<br />
der Welt ist in der Konfiguration<br />
für Asiana mit 495 Sitzen ausgestattet.<br />
Vorne auf dem Hauptdeck befinden sich<br />
zwölf Suiten der First Class (Foto), dahinter<br />
sind 311 Economy-Sitze untergebracht. Auf<br />
dem Oberdeck gibt es 66 Business-Classsowie<br />
weitere 106 Economy-Sitze.<br />
❱❱❱ kurz notiert<br />
Ihr Internetangebot auf der Kurzund<br />
Mittelstrecke will Lufthansa<br />
noch im ersten Quartal kommerziell<br />
starten. Dabei gibt es drei Tarife:<br />
FlyNet Message (Nutzung von<br />
Messengerdiensten) für 3 Euro,<br />
FlyNet Surf (Messengerdienste und<br />
surfen) für 7 Euro und FlyNet Stream<br />
(Messengerdienste, surfen und<br />
streamen) für 12 Euro pro Strecke.<br />
Das Landgericht Frankfurt hat<br />
entschieden, dass Airlines eine<br />
Ticketpreiserstattung im Falle eines<br />
Rücktritts vom Flug nicht grundsätzlich<br />
verweigern dürfen. Die Airline<br />
muss nachweisen, dass sie den Sitz<br />
nicht noch anderweitig verkaufen<br />
konnte. Bisher werden oft nur<br />
Steuern und Gebühren erstattet.<br />
AirAsia X bietet ihren Passagieren<br />
Tablet-Computer als Bordunterhaltungssystem.<br />
Economy-Passagiere<br />
können die Tablets mieten, Gäste der<br />
Flatbed-Sitze erhalten sie gratis.<br />
Foto: Asiana Airlines<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 27
Zivilluftfahrt<br />
Lieferbilanz 2016<br />
Airbus und Boeing<br />
mit guter Bilanz<br />
Es war wieder ein gutes Jahr für Airbus und Boeing: 731<br />
Bestellungen für 2016 und 688 ausgelieferte Flugzeuge<br />
meldete Airbus, Boeing gab 668 Bestellungen und 748<br />
Auslieferungen bekannt.<br />
Das Jahr 2016 hat die Erwartungen<br />
übertroffen“, sagte Fabrice<br />
Brégier, Chef von Airbus Commercial<br />
Aircraft, wie sich die Verkehrsflugzeugsparte<br />
der Airbus Group nun<br />
offiziell nennt, bei seiner Pressekonferenz<br />
am 11. Januar in Toulouse. Mit einem<br />
furiosen Auslieferungsfeuerwerk<br />
von 111 Flugzeugen alleine im Monat<br />
Dezember trieb Airbus die Lieferbilanz<br />
zum Jahresende noch in unerwartete Rekordhöhen.<br />
Ursprünglich hatte Airbus<br />
nur 650, dann 670 Auslieferungen für<br />
2016 zum Ziel erklärt. Schließlich wurden<br />
es 688. Noch im Dezember war das<br />
Toulouser Werksvorfeld in langen Reihen<br />
mit Neuflugzeugen vollgeparkt, im<br />
Januar ging der Blick dort über deutlich<br />
geleerte Betonflächen. Zum 14. Mal in<br />
Folge konnte Airbus damit die Auslieferungen<br />
steigern.<br />
Bereinigt wurde dagegen der Auftragsbestand<br />
von 6871 Jets um 82 Flugzeugbestellungen<br />
für Kingfisher aus Indien.<br />
„Es gab dort sehr ernsthafte Anläufe,<br />
das Unternehmen doch noch zu retten,<br />
aber jetzt haben die Investoren das<br />
Handtuch geworfen. Deshalb streichen<br />
wir diese Bestellung erst jetzt aus den<br />
Büchern“, erläuterte Airbus-Verkaufsgeschäftsführer<br />
John Leahy. Auch Aeroflot<br />
cancelte eine Bestellung für acht Airbus<br />
A350-800. „Diese Version wollen wir<br />
möglichst gar nicht mehr bauen“, verriet<br />
John Leahy über das kleinste Familienmitglied,<br />
in dessen Marktsegment der<br />
Hersteller mittlerweile lieber mit der<br />
A330neo antritt.<br />
ERBITTERTER KAMPF UM DIE<br />
„MITTE DES MARKTES“<br />
Damit hat nur noch Asiana Bestellungen<br />
für acht kurze A350-800 offen. Mit 49<br />
im Jahr 2016 ausgelieferten A350 konnte<br />
Airbus die Schlagzahl der Produktion<br />
seit Jahresmitte deutlich erhöhen. Nach<br />
den ersten sechs Monaten hatte man erst<br />
zwölf Flugzeuge geschafft – weniger als<br />
allein im Dezember. Ab Ende 2018 will<br />
Airbus zehn A350 im Monat bauen. Bei<br />
den Kabinenausstattungsproblemen habe<br />
man einen Durchbruch erreicht, sagte<br />
Brégier: „Bis zum Sommer hatten wir<br />
Probleme mit den Zulieferungen für die<br />
Kabine. Dann stieg die Stückzahl, aber<br />
wir bekamen Qualitätsprobleme, was<br />
die Kunden unzufrieden machte. Das<br />
haben wir geklärt mit strikten Qualitätskontrollen<br />
und einer Übereinkunft mit<br />
den Lieferanten. Jetzt läuft es richtig.“<br />
28 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
www.flugrevue.de
Ab dem zweiten Halbjahr <strong>2017</strong> will<br />
Airbus die gestreckte A350-1000 an<br />
die Kunden ausliefern.<br />
Auslieferungen und Bestellungen<br />
von Boeing und Airbus 2016<br />
Der „Netto“-Auftragseingang bezeichnet den Auftragseingang im Jahr<br />
2016, bereinigt um Abbestellungen und Änderungen.<br />
Muster geliefert neu bestellt noch zu liefern<br />
Boeing 737 490 550 4452<br />
Boeing 747 9 17 28<br />
Boeing 767 13 26 93<br />
Boeing 777 99 17 442<br />
Boeing 787 137 58 700<br />
gesamt Boeing 748 668 5715<br />
Airbus A320 545 607 5645<br />
Airbus A330 66 83 363<br />
Airbus A350 49 41 754<br />
Airbus A380 28 0 112<br />
gesamt Airbus 688 731 6874<br />
Neue Listenpreise bei Airbus für <strong>2017</strong><br />
Mit Jahresbeginn hat Airbus die Flugzeug-Listenpreise um etwa ein<br />
Prozent erhöht. Boeing hat dagegen die Preise bisher nicht verändert.<br />
Die Preisangaben erfolgen in Millionen Dollar.<br />
Foto: Airbus<br />
Muster Listenpreis<br />
A318 75,9<br />
A319 90,5<br />
A320 99,0<br />
A321 116,0<br />
A319neo 99,5<br />
A320neo 108,4<br />
A321neo 127,0<br />
A330-200 233,8<br />
Muster Listenpreis<br />
A330-800 (neo) 254,8<br />
A330-200 Freighter 237,0<br />
A330-300 259,0<br />
A330-900 (neo) 290,6<br />
A350-800 275,1<br />
A350-900 311,2<br />
A350-1000 359,3<br />
A380 436,9<br />
Unter den Standardrumpfflugzeugen<br />
der A320-Familie ist die A321 vom einstigen<br />
Exoten zum Star avanciert. 40 Prozent<br />
der Lieferungen entfallen bereits<br />
auf das größte Familienmitglied, Tendenz<br />
weiter steigend. Laut Airbus hat<br />
die A321neo gegenüber der Boeing 737-<br />
900 beziehungsweise 737 MAX 9 einen<br />
Marktanteil von 84 Prozent erobert.<br />
„Wir beherrschen diesen Markt“, sagte<br />
Fabrice Brégier. Boeing erwägt aber<br />
schon, die 737 MAX 9 zur 737 MAX 10<br />
zu strecken, um der gegenüber der MAX<br />
bisher unerreicht großen A321neo mit<br />
ihren 240 Sitzen Paroli bieten zu können.<br />
Will Airbus die A321neo dann vielleicht<br />
auch vergrößern, um den Vorsprung<br />
zu wahren – zu einer Art A322?<br />
„Nein, unsere 240 Sitze sind ideal“, entgegnet<br />
John Leahy auf die Frage der<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong>. Es werde keine A322<br />
geben. Leahy bestätigte aber Studien,<br />
die Reichweite der A321neo um rund<br />
200 Kilometer zu erhöhen. Außerdem<br />
habe eine Airline angefragt, ob man<br />
nicht auch 243 Sitze an Bord installieren<br />
könne.<br />
Deutlich schwächer nachgefragt sind<br />
die kleineren Typen der A320-Familie.<br />
Trotzdem bekräftigte Airbus, auch die<br />
A319neo – nach A320neo und A321neo<br />
– auf jeden Fall entwickeln zu wollen,<br />
und selbst die klassische, kleine A318<br />
steht noch in der neuesten Preisliste. Ab<br />
Mitte 2019 will Airbus die A320-Produktionsrate<br />
von 50 auf 60 Flugzeuge<br />
im Monat steigern.<br />
Ab Sommer <strong>2017</strong> hilft dabei auch<br />
die neue, vierte Endmontagelinie in<br />
Hamburg. Diese nutzt Teile der dort<br />
nicht voll ausgelasteten Infrastruktur der<br />
A380-Halle und ist mit modernsten Industrierobotern<br />
bestückt, die völlig neue<br />
Produktionsabläufe erfordern. Gleichzeitig<br />
entlastet Airbus damit das A380-<br />
Programm in der Bilanz. Von dem sich<br />
nur noch schlecht verkaufenden Riesen,<br />
28 Stück wurden 2016 ausgeliefert, wird<br />
bald nur noch ein einziges Flugzeug pro<br />
Monat produziert. <strong>2017</strong> und 2018 seien<br />
dennoch schwarze Zahlen in der reinen<br />
Produktion gesichert, sagte Fabrice Brégier.<br />
Der Schlüssel hierzu sei die Senkung<br />
der Fixkosten.<br />
BREGIER-BEKENNTNIS<br />
ZUM AIRBUS A380<br />
„Dieses Flugzeug hat eine Zukunft bei<br />
uns“, bekräftigte der Top-Manager. „Wir<br />
müssen den Bau so verbilligen, dass wir<br />
ein paar Jahre mit Rate eins (im Monat)<br />
hinkommen. Ich glaube, wir haben die<br />
Chance, weitere Aufträge zu gewinnen.<br />
Kampagnen laufen bereits, und dann<br />
bauen wir die A380 zur Familie aus.“<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 29
Zivilluftfahrt<br />
Lieferbilanz 2016<br />
Bei Boeing in Everett hat die 787<br />
die Hauptrolle übernommen, bis<br />
nebenan die 777X-Linie hochläuft.<br />
Foto: Boeing<br />
Die Durststrecke beim Verkauf der<br />
sehr großen Flugzeuge ende aber nicht<br />
vor 2018, sagt Airbus voraus. Immerhin<br />
arbeite die Zeit für die A380, denn die<br />
Nachfrage im Luftverkehr verdopple<br />
sich ungebrochen etwa alle 15 Jahre.<br />
Das steigende Aufkommen sei nur noch<br />
mit immer größeren Flugzeugen zu bewältigen,<br />
da sich viele Flughäfen nicht<br />
mehr erweitern ließen.<br />
Bei der Entwicklung einer verbesserten<br />
A380neo entscheide, wie viel die<br />
Kunden für deren neue Triebwerke zu<br />
zahlen bereit seien. Beim aktuellen Ölpreis<br />
um die 50 Dollar seien die Anforderungen<br />
völlig andere als beim früheren<br />
Extrempreis von über 100 Dollar,<br />
sagte John Leahy. Airbus werde künftig<br />
auf jeden Fall mehr Sitze in der A380 installieren,<br />
ohne den Komforteindruck zu<br />
stören. Airlines und Passagiere seien mit<br />
der A380 grundsätzlich zufrieden, und<br />
die Fluggäste seien noch immer bereit,<br />
für einen A380-Flug etwas mehr zu bezahlen<br />
oder sogar Umwege in Kauf zu<br />
nehmen.<br />
BOEING SIEGT BEI DEN<br />
AUSLIEFERUNGEN<br />
Natürlich legte zum Jahreswechsel auch<br />
Boeing Bilanzzahlen vor. Die Amerikaner<br />
übertrumpften Airbus mit 748<br />
Verkehrsflugzeug-Auslieferungen sogar<br />
noch, auch wenn der Rekord des Vorjahres<br />
(762) nicht ganz erreicht wurde. Der<br />
Bestellungen 2016<br />
Bei den Orders für Standardrumpf- und mittlere<br />
Großraumjets ging Airbus leicht in Führung, ganz<br />
oben verkaufte 2016 nur Boeing seine 747-8F.<br />
Airbus A320<br />
607 Stück<br />
Airbus A330<br />
Airbus A350<br />
124 Stück<br />
A380<br />
0 Stück<br />
Die einzigen<br />
Verkäufe bei<br />
den sehr<br />
großen<br />
Flugzeugen<br />
erzielte 2016<br />
Boeing<br />
mit Jumbo-<br />
Frachtern.<br />
52 %<br />
55 %<br />
Single<br />
Aisle<br />
1 157<br />
Widebody<br />
225<br />
48 %<br />
45 %<br />
Very<br />
Large<br />
Aircraft<br />
17<br />
100 %<br />
Boeing 737<br />
550 Stück<br />
Boeing 767<br />
Boeing 777<br />
Boeing 787<br />
101 Stück<br />
Boeing 747-8F<br />
17 Stück<br />
Boeing-Auftragsbestand kletterte auf<br />
5715 Flugzeuge. Mit der 737 MAX, deren<br />
Produktion bereits hochläuft, hat<br />
der Hersteller auch in den kommenden<br />
Jahren einen Verkaufsschlager im Programm.<br />
Den größten Erfolg scheint, wie<br />
schon bei der Vorgängergeneration NG,<br />
die 737 MAX 8 zu haben, die nun 200<br />
Passagiere fasst.<br />
Beide Branchenriesen liegen beim<br />
Wert ihrer Auslieferungen mit jeweils<br />
rund 23 Milliarden Dollar und beim geschätzten<br />
Realpreis ihrer erzielten Neubestellungen<br />
2016 mit jeweils rund 28<br />
Milliarden Dollar fast gleichauf.<br />
MEHRPRODUKTION UND<br />
LEICHTER SPARKURS<br />
Deshalb bleibt auf beiden Seiten des Atlantiks<br />
das Thema Produktion entscheidend.<br />
„Wir sind ausverkauft. Wir müssen<br />
jetzt erst mal bauen, was bestellt<br />
ist“, mahnte John Leahy. Für das Jahr<br />
<strong>2017</strong> sagt Airbus einen erneuten Auslieferungsrekord<br />
voraus. Unterdessen sind<br />
sich beide Hersteller über eine bevorstehende<br />
leichte Abschwächung der Flugzeugnachfrage<br />
einig, die allerdings keine<br />
bedrohliche Flaute zu werden scheint.<br />
Man bleibt aber mit zusätzlichen Großinvestitionen<br />
vorsichtig und versucht,<br />
Strukturen abzuspecken. Airbus hat gerade<br />
die Konzernführung in Toulouse<br />
zusammengeführt und ohne eigenen Unterbau<br />
auf die dortige Flugzeugbauverwaltung<br />
„aufgepfropft“. Boeing machte<br />
dagegen mehreren Hundert Mitarbeitern<br />
der Verkehrsflugzeugsparte Abfindungsangebote.<br />
FR<br />
SEBASTIAN STEINKE<br />
30 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
www.flugrevue.de
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong>-Leserreisen<br />
Top-Touren <strong>2017</strong><br />
Fotos: Butowski (2), IWM, Schwarz, Slocum<br />
Jetzt Frühbucher-<br />
Rabatte sichern! *<br />
Rasanter Warbird-Flugtag,<br />
Top-Fighter-Show oder<br />
berühmte Museen – unsere<br />
Leserreisen <strong>2017</strong> lassen das<br />
Herz eines jeden Flugzeugfans<br />
wieder höherschlagen.<br />
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Royal International<br />
Air Tattoo in Fairford<br />
14. – 17. Juli <strong>2017</strong><br />
MAKS in Shukowski<br />
und Monino<br />
16. – 20. August <strong>2017</strong><br />
Große USA-Tour<br />
nach Texas<br />
19. – 26. Oktober <strong>2017</strong><br />
Bei der Flying-Legends-Show<br />
auf dem historischen Platz in<br />
Duxford werden jede Menge<br />
Spitfires, Mustangs und andere<br />
Warbirds aus ganz Europa<br />
wieder für Action sorgen.<br />
Zudem schauen wir bei der<br />
nahe gelegenen Shuttleworth<br />
Collection mit ihren raren<br />
Oldies vorbei.<br />
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*bis 31. März nur 1049 Euro<br />
Der größte Militärflugtag der<br />
Welt steht diesmal im Zeichen<br />
von 70 Jahre US Air Force. Unter<br />
anderem haben die Thunderbirds<br />
ihr Kommen angekündigt. Auch<br />
sonst sind spektakuläre Flugvorführungen<br />
und seltene Besucher<br />
zu erwarten. Neben zwei Tagen<br />
in Fairford sind Museumsbesuche<br />
in Duxford und bei der Royal<br />
Navy in Yeovilton eingeplant.<br />
Doppelzimmer pro Person 1199 Euro<br />
*bis 31. März nur 1149 Euro<br />
Einen interessanten Einblick<br />
in die neuesten russischen Entwicklungen<br />
gibt alle zwei Jahre<br />
die MAKS im Testzentrum<br />
Shukowski. Wir sind an zwei<br />
Tagen dort und sehen uns zudem<br />
das legendäre Museum der<br />
Luftstreitkräfte in Monino an.<br />
Sightseeing in Moskau rundet<br />
die Reise ab.<br />
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*bis 31. März nur 1249 Euro<br />
Höhepunkt ist diesmal unsere Reise<br />
nach Texas, wo Sie die Gelegenheit<br />
haben, in einem Warbird selbst mitzufliegen!<br />
In Houston und Dallas<br />
sehen wir uns einige Museen an.<br />
Dazu kommt ein Abstecher zum<br />
Flugzeugträger „Lexington“, und natürlich<br />
darf ein Besuch beim NASA-<br />
Zentrum in Houston nicht fehlen. Bei<br />
den „Wings over Houston“ mit ihren<br />
umfangreichen Warbird-Vorführungen<br />
und dem Auftritt der Thunderbirds<br />
schnuppern wir Airshow-Luft.<br />
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Zivilluftfahrt<br />
Watt-Flughafen Barra<br />
Das da unten könnte die Südsee<br />
sein. Tiefblaues Wasser, breite,<br />
schneeweiße Strände, üppiges<br />
Grün dahinter. Und das nicht einmal eine<br />
Flugstunde von Glasgow.<br />
Annag Bagley senkt die Nase der<br />
19-sitzigen Turboprop, legt sie in eine<br />
Linkskurve. Die neue Series 400 Twin<br />
Otter ist eine von zwei erst im Sommer<br />
2015 von Viking in Kanada gelieferten<br />
Neuflugzeugen, bestellt vom staatlichen<br />
schottischen Flughafenbetreiber Highland<br />
& Islands Airports Ltd. (HIAL) und<br />
betrieben von Loganair. Sie kommen auf<br />
drei subventionierten, sogenannten Public-Service-Obligation-(PSO-)Routen<br />
in<br />
Schottland zum Einsatz. Annag Bagley,<br />
die 35-jährige Pilotin mit schwarzer Brille<br />
und hochgesteckter Frisur, sitzt auf<br />
dem linken Sitz im Cockpit und hat ihre<br />
rechte Hand über der Instrumentenkonsole<br />
an den Leistungshebeln. Langsam<br />
drosselt sie die Kraft der beiden Pratt &<br />
Whitney-Motoren, das Dröhnen der Propeller<br />
wird leiser. Annag Bagley ist in<br />
Barra geboren und aufgewachsen, dieser<br />
kleinen Insel der Äußeren Hebriden<br />
westlich von Schottland, 90 Meilen<br />
übers Wasser von Oban entfernt. Rund<br />
1200 Menschen leben hier.<br />
Heute morgen sitzen nur sieben Passagiere<br />
in der kleinen Kabine. Wer noch<br />
nie hier war, könnte jetzt erschrecken:<br />
Wo sollen wir hier eigentlich landen?<br />
Die Twin Otter überfliegt einen endlos<br />
breit scheinenden Strand, sinkt weiter.<br />
In Barra auf den Äußeren Hebriden in Schottland<br />
landen seit 80 Jahren Linienflüge auf dem Strand –<br />
weltweit einmalig.<br />
Rechts huscht ein kleines Abfertigungsgebäude<br />
unter der Tragfläche vorbei,<br />
doch durch die Cockpitscheibe sieht<br />
man nur Wasserlachen und Watt voraus.<br />
Eine Tür zwischen Piloten und Passagieren<br />
gibt es hier nicht. Und dann ist es so<br />
weit – manche Besucher kommen bis<br />
aus Australien her, um das zu erleben:<br />
die weltweit einzige Landung eines Linienfluges<br />
auf einem Strand!<br />
Mit einem kleinen Hüpfer setzt die<br />
blau-weiße Turboprop auf dem Sand<br />
auf. Es rüttelt ein wenig, die vom Wasser<br />
gleichmäßig geformten Riffeln am<br />
Strand sind in der Kabine zu spüren.<br />
Trotz Ebbe steht noch ein wenig Wasser<br />
auf der „Landebahn“ – auch wenn von<br />
einer Piste nichts zu sehen ist. Hüfthoch<br />
spritzt es an den beiden Rädern des<br />
Hauptfahrwerks hoch; wie ein Geländewagen<br />
pflügt das Flugzeug durch Wasser<br />
und Sand und bremst schnell ab. Dann<br />
stellen Annag Bagley und ihr Copilot die<br />
Maschine auf trockenem Sand nahe dem<br />
Terminal ab. Flug BE6851 aus Glasgow<br />
Schottlands Strand–<br />
In Schottland kann man „Wasserstarts“<br />
auch von Land aus erleben.<br />
Im Flughafencafé warten die Passagiere<br />
geduldig auf das Eintreffen ihres Fluges.<br />
Die Twin Otter ist dank ihrer<br />
Robustheit perfekt für die<br />
schottische Extrempiste geeignet.<br />
32 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
www.flugrevue.de
Landebahn<br />
Die Twin Otter verträgt Sandpisten<br />
und salziges Spritzwasser. Nach dem Flug<br />
wird sie mit Süßwasser abgespült.<br />
Fotos: Andreas Spaeth<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 33
Zivilluftfahrt<br />
Watt-Flughafen Barra<br />
Annag Bagley steuert<br />
als Kapitänin ihre<br />
Heimat Barra an.<br />
Ein feuchtes Vergnügen ist der Start<br />
durch Wasserlachen und nassen Sand.<br />
Die „Vorfeldarbeiter“<br />
tragen auch auf dem<br />
Strand Leuchtwesten.<br />
Das Glascockpit der<br />
neuen Twin Otter<br />
beim Rollen zum Start.<br />
Flughafenchef<br />
Galbraith blickt<br />
von seinem<br />
Tower direkt<br />
aufs Meer.<br />
Bis zur nächsten Flut<br />
muss das Flugzeug<br />
wieder in der Luft sein.<br />
ist pünktlich am Ziel. „Willkommen in<br />
An Tràigh Mhòr auf meiner Heimatinsel<br />
Barra!“, sagt die Pilotin zum Abschied.<br />
Das heißt so viel wie „großer Strand“.<br />
Annag Bagley läuft die paar Meter über<br />
Muschelreste und getrocknete Algen<br />
zum Gebäude. „Ich habe schon als Kind<br />
hier den Flugzeugen zugesehen. Dass<br />
ich die jetzt selbst fliege, war immer<br />
mein Traum. Diese Flüge sind die Lebensader<br />
für die Insel!“ Wenn sie Dienst<br />
hat, ist sie meist einmal am Tag hier, allerdings<br />
kaum eine halbe Stunde lang,<br />
bis der Rückflug ansteht. „Unser Flugplan<br />
richtet sich natürlich nach den Gezeiten,<br />
bei Flut kann man nicht landen.<br />
Daher finden unsere zwei täglichen Flüge<br />
nach Glasgow innerhalb von zwei<br />
Stunden statt.“<br />
In dem kleinen Café im Terminal ist<br />
es brechend voll. Schulferien in Schottland,<br />
viele Insulaner wollen aufs Festland.<br />
An der Wand hängen historische<br />
Fotos, im August 2016 feierte der Flughafen<br />
von Barra seinen 80. Geburtstag.<br />
„Im August 1936 hat das hier angefangen<br />
mit der de Havilland Dragon Rapide.<br />
Damals wurde nur geflogen, wenn<br />
genügend Buchungen eingegangen waren“,<br />
sagt Michael Galbraith. Danach<br />
folgten die viermotorige de Havilland<br />
Heron, die kastenförmige Shorts Skyvan<br />
oder 1994 für kurze Zeit deren große<br />
Schwester Shorts 360 mit 36 Sitzen. Die<br />
konnte allerdings auf der Barra-Strecke<br />
nur 23 Passagiere mitnehmen. Ihr Einziehfahrwerk<br />
bekam immer wieder Probleme<br />
mit Fehlermeldungen, die der feine<br />
Sand auslöste. Der Flug nach Barra<br />
blieb die perfekte Strecke für die unverwüstliche<br />
Twin Otter. „Es hat nie einen<br />
Unfall gegeben, aber es bleibt schon mal<br />
ein Flieger im losen Sand stecken“, berichtet<br />
der Flughafenchef. Er sitzt auf<br />
dem Tower und nimmt plötzlich eilig<br />
sein Fernglas ans Auge, zückt sein Funkmikrofon:<br />
„Scott, kannst du mal eben<br />
rausfahren und die Muschelsammler da<br />
vorne wegschicken, wir haben gleich einen<br />
Start“, weist der Manager seinen<br />
Feuerwehrchef an. Der besteigt darauf-<br />
34 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
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hin einen Golfkarren und saust ins Watt<br />
hinaus, um uneinsichtige Touristen aus<br />
der Gefahrenzone zu bringen.<br />
„Wir schalten ein Blinklicht auf dem<br />
Tower an, wenn eine Landung bevorsteht.<br />
Der Windsack draußen weht auch<br />
nur, wenn aktiver Flugbetrieb herrscht,<br />
aber das ignorieren manche Leute oder<br />
wissen es nicht“, sagt Galbraith. Seit 22<br />
Jahren arbeitet der Schotte auf dem<br />
Flughafen Barra. „Am Anfang hatten wir<br />
nur einen provisorischen Container“, erinnert<br />
er sich. Vor 20 Jahren entstand<br />
das Gebäude. Genau 10 658 Passagiere<br />
wurden hier 2015 abgefertigt, verteilt<br />
auf 947 Linienflüge. „Im Sommer platzen<br />
wir hier aus allen Nähten. Da sind<br />
die Flüge ausgebucht, aber wir können<br />
wegen des Gewichts keine größeren<br />
Muster als die Twin Otter einsetzen, und<br />
das enge Zeitfenster der Gezeiten erlaubt<br />
auch nicht mehr Flüge.“ Zumal<br />
eben auch nur zwei Flugzeuge bereit stehen.<br />
Sie sind im Besitz der schottischen<br />
Regierung, die auch die Tickets subven-<br />
tioniert. Ab 36 Britischen Pfund (40 Euro)<br />
ist der einfache Flug ab Glasgow<br />
schon zu haben.<br />
Heute scheint die Sonne, und auch<br />
sonst ist das Wetter kein großes Problem<br />
für den Flugbetrieb. „Die Fähre von hier<br />
nach Oban ist viel anfälliger bei Wind<br />
oder Nebel als die Flüge“, sagt Galbraith,<br />
trotzdem gibt es an bis zu 60 Tagen<br />
im Jahr Flugstreichungen. „Das liegt<br />
aber viel häufiger an technischen Problemen<br />
mit den Flugzeugen als am Wetter.“<br />
Um Barra anfliegen zu können, dürfen<br />
maximal 50 Knoten Wind herrschen,<br />
1500 Fuß Mindestsichtweite sind Pflicht<br />
wegen der umliegenden Berge.<br />
Auch wenn man es selbst vom Tower<br />
aus nicht sehen kann: Barra verfügt über<br />
drei ausgewiesene Start- und Landebahnen,<br />
zwischen 670 und 850 Meter lang,<br />
damit die Flugzeuge immer gegen den<br />
Wind anfliegen können. „Markiert sind<br />
die nur mit jeweils einer Holzbake an<br />
beiden Enden“, erklärt Galbraith und<br />
verrät, dass auch Pisten, die man gar<br />
nicht sehen kann, eine Menge Arbeit<br />
machen: „Wir müssen die Bahnen ständig<br />
glätten und mit Traktoren Sandbänke<br />
abtragen, weil das sonst zu uneben<br />
wird für die Flugzeuge. Zweimal am Tag<br />
fahren wir alles ab.“ Das ist wichtig, weil<br />
die Atlantikwellen, die den Flughafen<br />
von Barra regelmäßig zwischen 60 Zentimetern<br />
und 1,50 Meter hoch überfluten,<br />
oft auch Dinge mitbringen, die auf<br />
einer Flugpiste wahrlich nichts verloren<br />
haben: Ansammlungen von Seetang oder<br />
Algen müssen die Mitarbeiter aufsammeln,<br />
aber auch Treibholz oder Plastikmüll<br />
werden entfernt.<br />
„Man muss wirklich auf alles gefasst<br />
sein hier“, sagt der Flughafenchef, den<br />
nichts mehr überrascht in Barra. „Vor<br />
Kurzem haben wir hier einen zwei Meter<br />
langen toten Hai auf der Piste gefunden.<br />
Auch ein verendeter Delfin lag schon<br />
mal auf der Bahn.“ Das dürften Premieren<br />
in der Geschichte der Luftfahrt gewesen<br />
sein.<br />
FR<br />
ANDREAS SPAETH<br />
Nur bei Ebbe gibt das<br />
ablaufende Wasser kurz<br />
eine Landefläche frei.<br />
Im Netz<br />
www.hial.co.uk/barra-airport/<br />
Fotos: Andreas Spaeth<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 35
AirSpot<br />
In unseren AirSpot-Highlights des Monats finden Sie Fotos von besonderen<br />
Flugzeugmustern, exotischen Einsätzen an ungewöhnlichen Orten, seltenen<br />
Lackierungen und fliegenden Raritäten aus der Welt der Flugzeug-Spotter.<br />
Rainer Spoddig,<br />
Düsseldorf<br />
Für das von Germanwings übernommene<br />
Vielfliegerprogramm „Boomerang<br />
Club“ wirbt neuerdings der Airbus<br />
A320-214, D-AEWM von Eurowings mit<br />
großen Aufschriften und Boomerang-<br />
Signets. Hier startete der Zweistrahler<br />
am 21. Dezember in Düsseldorf.<br />
Robert Hahn,<br />
Singapur<br />
Trotz ihres modernen Erscheinungsbilds<br />
ist die Boeing 737-800, XY-ALC<br />
von Myanmar National Airlines auf<br />
Leitwerk, Rumpf, Winglets und Triebwerksver<br />
klei dungen mit Ethno-Mustern<br />
geschmückt. Am 8. Januar schwebte<br />
die Boeing aus Rangun in Singapur-<br />
Changi zur Landung ein. Myanmar<br />
National Airlines unterstehen dem<br />
Verkehrsministerium von Myanmar.<br />
Dirk Grothe,<br />
Hamburg-Finkenwerder<br />
Nach einem ersten, bei Tibet Airlines<br />
geleasten Airbus A320 hat Himalaya<br />
Airlines ihre erste eigene A320 (9N-ALV,<br />
MSN75<strong>03</strong>) bei Airbus bestellt. Hier<br />
unternahm die fabrikneue und noch<br />
übergangsweise als D-AVVU registrierte<br />
Neuerwerbung am 5. Januar Rolltests<br />
bei Airbus in Hamburg-Finkenwerder.<br />
Markus Altmann,<br />
Köln Bonn Airport<br />
Mit Werbung für Fotobücher hat<br />
TUIfly ihre Boeing 737-800, D-ATUH<br />
im britischen Norwich versehen lassen.<br />
Am 16. Januar rollte der mit modernen<br />
„Split Scimitar Winglets“ nachgerüstete<br />
Jet in Köln bei winterlichem Sonnenschein<br />
zur Startbahn 14L, um für<br />
airberlin nach Berlin-Tegel zu starten.<br />
36 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
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Business Aviation<br />
Leonardo Helicopters AW139<br />
Tausendsassa<br />
Geräumige Kabine und große Türen<br />
erleichtern den Krankentransport.<br />
38 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong>
Ambulance Victoria<br />
in Melbourne gehört<br />
zu den Luftrettungsorganisationen,<br />
die<br />
die AW139 nutzen.<br />
Bald 1000 Verkäufe kann Leonardo Helicopters<br />
für seine AW139 verbuchen. Das bis zu sieben<br />
Tonnen schwere Erfolgsmodell deckt ein großes<br />
Einsatzspektrum ab.<br />
Von KARL SCHWARZ<br />
Flüge zu Ölförderplattformen<br />
auf dem Meer, Einsätze für<br />
Sicherheitsbehörden, Suchund<br />
Rettungsdienst oder Krankentransporte,<br />
Löschflüge oder Geschäftsreisen<br />
– es gibt kaum eine Aufgabe, die die<br />
AW139 von Agusta (heute Leonardo<br />
Helicopters) nicht erledigen kann. Der<br />
mittelschwere Mehrzweckhubschrauber<br />
hat sich seit seinem Erstflug im Februar<br />
2001 zum Bestseller des italienischen<br />
Herstellers entwickelt. Bis Ende letzten<br />
Jahres hatten fast 240 Kunden aus mehr<br />
als 70 Ländern über 970 Maschinen bestellt.<br />
An die 850 wurden ausgeliefert.<br />
Die Erfolgsgeschichte basiert auf einer<br />
treffenden Markteinschätzung und<br />
dem Mut, für die absehbaren Anforderungen<br />
ein Muster von Grund auf neu zu<br />
entwickeln. Die Zielsetzungen dabei waren<br />
eine Verringerung der Betriebskosten<br />
gegenüber älteren Modellen,<br />
Category-A-Leistungen auch bei voller<br />
Zuladung, Zuverlässigkeit und eine Mischung<br />
aus bewährten und neuen Technologien.<br />
So bietet die AW139 ein Kabinenvolumen<br />
von acht Kubikmetern mit einem<br />
einfachen Zugang über zwei große<br />
Schiebetüren. Dazu kommt ein 3,4 Kubikmeter<br />
großer Gepäckraum im Übergangsbereich<br />
von Rumpf und Heckausleger.<br />
Diese Räume können ohne Probleme<br />
in vielfältiger Weise ausgestattet werden.<br />
Eine VIP-Konfiguration mit nur<br />
vier Sitzen ist genauso möglich wie die<br />
Installation von 15 Sitzen für den Personentransport.<br />
Auch Tragen lassen sich<br />
Fotos: AgustaWestland<br />
Die Streitkräfte Maltas fliegen die<br />
AW139 für die Seeüberwachung.<br />
Private Nutzer können eine VIP-<br />
Ausstattung installieren lassen.<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 39
Business Aviation<br />
Leonardo Helicopters AW139<br />
Shuttledienste zu Ölplattformen sind<br />
ein wichtiges Einsatzgebiet.<br />
Fotos: AgustaWestland<br />
leicht laden. Zwei bis vier sind möglich,<br />
dazu kommen bis zu fünf Sanitäter. Für<br />
militärische Einsätze ist die AW139<br />
ebenfalls geeignet, ausgestattet zum Beispiel<br />
mit Rettungswinde, Seil für das<br />
Fast-Roping, Außenlasthaken oder MG.<br />
Zur Avionikausstattung, die auf dem<br />
Honeywell Primus Epic mit fünf Farbdisplays<br />
im Cockpit basiert, gehört ein<br />
Vierachsen-Autopilot, der zum Beispiel<br />
Suchrouten automatisch abfliegen kann.<br />
Je nach Wunsch lassen sich Systeme wie<br />
Wetterradar, TCAS (Kollisionswarnung)<br />
oder HUMS (Zustandsverfolgung) installieren.<br />
Als Antrieb werden zwei PT6C-67C<br />
von Pratt & Whitney Canada verwendet,<br />
die der AW139 eine Höchstgeschwindigkeit<br />
von 310 km/h ermöglichen. Die<br />
Schwebeflughöhe ohne Bodeneffekt liegt<br />
bei 2475 Metern. Zu den jüngsten Verbesserungen<br />
zählt eine Anhebung der<br />
maximalen Startmasse auf 7000 Kilogramm.<br />
Diese Fähigkeit bringt dank einer<br />
optimierten Zelle mit geringerem<br />
Gewicht bis zu 700 Kilogramm mehr<br />
Zuladung. Damit reagiert man auf Konkurrenten<br />
wie die H175, die inzwischen<br />
ihrerseits auf 7800 Kilogramm aufgerüstet<br />
hat. Die optionale Abflugmasse lässt<br />
sich sogar durch Modifikationen an älteren<br />
AW139 erreichen. Nachgerüstet<br />
werden kann auch die Fähigkeit, bei Öl-<br />
Von Macau fliegt Sky Shuttle nach<br />
Hongkong (Foto) und Shenzhen.<br />
40 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong>
Leonardo Helicopters AW139<br />
verlust im Getriebe noch 60 Minuten<br />
weiterfliegen zu können – bisher waren<br />
30 Minuten üblich.<br />
Mit diesen Leistungen hat die<br />
AW139 weltweit Kunden gefunden. Dazu<br />
zählen die großen Firmen im Offshore-Geschäft<br />
wie CHC oder Era. Era<br />
erreichte mit rund 40 Hubschraubern<br />
bereits mehr als 100 000 Flugstunden.<br />
Neben der zuletzt schwächeren Nachfrage<br />
aus der Ölbranche hat sich die<br />
Mit guten Schwebeflugleistungen ist<br />
die AW139 auch im Gebirge zu Hause.<br />
Polizeiflugstaffeln wie die in Maryland<br />
gehören zu den Kunden.<br />
AW139 auch eine gute Position bei den<br />
Rettungsdiensten und der Polizei gesichert.<br />
In den USA fliegen unter anderem<br />
zehn Maschinen bei der Maryland State<br />
Police. In Italien sind inzwischen bei der<br />
Polizei, der Küstenwache, den Luftstreitkräften<br />
und der Guardia di Finanza<br />
(Grenzschutz) rund 40 AW139 im Einsatz.<br />
Im Dezember bestellte die Guardia<br />
di Finanza sechs zusätzliche Helikopter<br />
im Wert von 90 Millionen Euro (ein-<br />
Allgemeine Angaben<br />
Hersteller<br />
Leonardo Helicopters,<br />
21017 Cascina Costa di Samarate, Italien<br />
Besatzung 1 oder 2<br />
Passagiere bis zu 15<br />
Gepäckraum hinter der Kabine 3,4 m³<br />
Antrieb 2 x Pratt & Whitney Canada PT6C-67C<br />
Startleistung je 1250 kW<br />
Dauerleistung je 1140 kW<br />
Notleistung 1396 kW<br />
Getriebelimit 1640 kW<br />
Abmessungen<br />
Länge über drehendem Rotor 16,65 m<br />
Rumpflänge 13,53 m oder 13,73 m<br />
Breite 3,2 m<br />
Höhe<br />
4,98 m<br />
Hauptrotordurchmesser 13,80 m<br />
Heckrotordurchmesser 2,70 m<br />
Kabinenlänge 2,70 m<br />
Kabinenbreite 2,08 m<br />
Kabinenhöhe 1,42 m<br />
Kabinenvolumen 8 m 3<br />
Massen<br />
Leermasse 3945 bis 4040 kg<br />
max. Zuladung 2650 bis 3000 kg<br />
Kraftstoff 1670 l<br />
max. Außenlast 2750 kg<br />
max. Startmasse 6400, 6800 oder 7000 kg<br />
Flugleistungen<br />
Maximalgeschwindigkeit 310 km/h<br />
max. Reisegeschwindigkeit 306 km/h<br />
Reisegeschwindigkeit<br />
für max. Reichweite 278 km/h<br />
max. Steigrate bei 6400 kg 10,9 m/s<br />
Dienstgipfelhöhe 6095 m<br />
Schwebeflughöhe ohne Bodeneffekt 2475 m<br />
Schwebeflughöhe im Bodeneffekt 4680 m<br />
max. Reichweite bei 7000 kg 1250 km<br />
Einsatzradius mit 8 Passagieren,<br />
7000 kg Abflugmasse, Offshore 425 km<br />
Einsatzradius, 12 Passagiere 305 km<br />
Flugdauer mit 1655 kg Kraftstoff 5 h 56 min<br />
Das Cockpit ist mit fünf Bildschirmen<br />
lieferbar (Primus-Epic-Avionik).<br />
Die italienische Küstenwache hat ein<br />
Dutzend AW139 bestellt.<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 41
Business Aviation<br />
Leonardo Helicopters AW139<br />
Die 700. Maschine ging an Samsung<br />
Techwin in Südkorea.<br />
Acht VIPs sitzen bequem, während es<br />
für Arbeiter von Ölplattformen doch<br />
ziemlich eng wird.<br />
Fotos: AgustaWestland, Russian Helicopters (1)<br />
schließlich Ausbildung und Unterstützung).<br />
Das Interesse an der AW139 scheint<br />
also ungebrochen. Zudem diente das<br />
Muster Leonardo Helicopters in den<br />
letzten Jahren als Basis für die Entwicklung<br />
einer ganzen Hubschrauberfamilie<br />
mit ähnlicher Auslegung. Dazu zählt die<br />
In Tomolino bei Moskau wurde eine<br />
neue Endmontagelinie eingerichtet.<br />
etwa einen Meter gestreckte AW149 mit<br />
einer Abflugmasse in der Acht-Tonnen-<br />
Klasse. Sie ist vor allem für militärische<br />
Nutzer gedacht, während die praktisch<br />
identische AW189 speziell für Offshore-<br />
Einsätze angeboten wird. Für sie liegen<br />
derzeit über 150 Bestellungen und<br />
Kaufabsichtserklärungen vor.<br />
FR<br />
Der erste Prototyp der AW139 hob im<br />
Februar 2001 zum Jungfernflug ab.<br />
AW139 – Die Geschichte<br />
1990er Jahre: Agusta und Bell führen gemeinsame<br />
Marktstudien für einen mittelschweren Mehrzweckhubschrauber<br />
durch. Bell konzentriert sich dann<br />
zwischenzeitlich auf sein Kipprotorprogramm.<br />
September 1998: Auf der Farnborough Air Show<br />
wird das Gemeinschaftsunternehmen Bell/Agusta<br />
Aerospace vorgestellt, das die AB139 entwickeln soll.<br />
Juni 1999: Auf der Paris Air Show wird ein<br />
1:1-Modell der AB139 gezeigt. Als Absatzziel<br />
werden 900 Maschinen über 20 Jahre genannt.<br />
Oktober 1999: Bristow Helicopters ist der erste<br />
Kunde (2 Hubschrauber).<br />
3. Februar 2001: Erstflug der AB139 in Cascina<br />
Costa (45 Minuten). Zwei weitere Prototypen folgen<br />
im Laufe des Jahres.<br />
24. Juni 2002: Der erste Serienhubschrauber fliegt.<br />
20. Juni 20<strong>03</strong>: Agusta erhält die italienische<br />
Zulassung für die AB139.<br />
20. Dezember 2004: Zulassung durch die<br />
amerikanische FAA.<br />
Dezember 2005: AgustaWestland übernimmt<br />
den Anteil von Bell am Programm.<br />
Februar 2006: Umbenennung in AW139.<br />
15. Dezember 2006: Der erste Hubschrauber aus<br />
der US-Fertigung in Philadelphia wird ausgeliefert.<br />
2008: Erhöhung der maximalen Startmasse auf<br />
6800 Kilogramm als Option.<br />
Dezember 2008: Auslieferung der 200. Maschine.<br />
Februar 2010: Zulassung der vollen Enteisungsanlage<br />
durch die EASA.<br />
Juni 2010: Für die Fertigung in Russland wird<br />
das Gemeinschaftsunternehmen HeliVert in Tomolino<br />
bei Moskau gegründet.<br />
Juli 2010: Der erste Hubschrauber erreicht<br />
5000 Flugstunden.<br />
12. Juli 2012: Die 500. AW139 wird auf der<br />
Farnborough Air Show an Weststar Aviation Service<br />
übergeben.<br />
Dezember 2012: Die erste in Tomolino bei<br />
Moskau montierte AW139 fliegt.<br />
September 2014: Der 700. Hubschrauber<br />
wird ausgeliefert. Er geht an Samsung Techwin<br />
in Südkorea.<br />
Februar 2015: Erhöhung der maximalen<br />
Abflugmasse auf 7000 kg.<br />
März 2015: Die erste AW139 erreicht<br />
10 000 Flugstunden.<br />
42 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
www.flugrevue.de
Piloten landen hier.<br />
In dieser Ausgabe die<br />
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Militärluftfahrt<br />
Suchoi Su-30-Familie<br />
Der Export der Su-30 hielt jahrelang die russische Kampfflugzeugindustrie<br />
über Wasser. Neuerdings kaufen auch die<br />
russischen Luftstreitkräfte den vielseitigen Fighter.<br />
Russischer<br />
Bestseller<br />
Von PIOTR BUTOWSKI / KS<br />
44 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
www.flugrevue.de
Die russischen Streitkräfte haben bisher<br />
über 100 Su-30SM bestellt. Sie entspricht<br />
weitgehend der MK-I-Version.<br />
Foto: Irkut<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 45
Militärluftfahrt<br />
Suchoi Su-30-Familie<br />
Der Auftrag aus Indien war maßgeblich<br />
für die Entwicklung der Su-30 mit Canards<br />
und Schubvektorsteuerung.<br />
Normalerweise haben Kampfflugzeuge,<br />
die nicht vom<br />
Heimatland des Herstellers<br />
gekauft werden, keine Chance auf dem<br />
Markt. Aber die Zeiten waren nicht<br />
normal, als Anfang der 1990er Jahre<br />
die Sowjetunion zerfiel und auch Suchoi<br />
mit seiner „Flanker“-Familie nicht mehr<br />
auf bedeutende Aufträge der russischen<br />
Luftstreitkräfte zählen konnte. Die<br />
einzige Hoffnung für die Zukunft des<br />
Konstruktionsbüros und der Herstellerwerke<br />
lag im Export. Chefkonstrukteur<br />
Michail Simonow persönlich sorgte für<br />
die Freigabe von Verkäufen an China<br />
und fädelte ein Geschäft mit Indien<br />
ein, das die Entwicklung der doppelsitzigen<br />
Mehrzweckversion Su-30MKI<br />
ermöglichte.<br />
Mit der MKI wurden die bereits beeindruckenden<br />
Fähigkeiten der Su-30<br />
(NATO-Codename „Flanker“) noch einmal<br />
wesentlich gesteigert. Bewegliche<br />
Schubdüsen ermöglichen es dem Fighter<br />
zum Beispiel, ohne Kontrollverlust Anstellwinkel<br />
von 60 bis 70 Grad zu erreichen.<br />
Selbst 100 bis 120 Grad sind kurzzeitig<br />
möglich – was die Su-27 auch<br />
schon konnte, aber Manöver in diesen<br />
Regionen mit Perfektion hat sonst wohl<br />
nur noch die amerikanische F-22 Raptor<br />
zu bieten. Neben den Schubvektordüsen<br />
tragen auch kleine Canards vor den<br />
Tragflächen zur hohen Manövrierfähigkeit<br />
bei. Die komplexe Flugsteuerung<br />
besorgt ein neues digitales Fly-by-Wire-<br />
System.<br />
Nicht nur was die Triebwerke und<br />
Steuerung betrifft, wurde der Fighter<br />
gründlich überarbeitet, auch bei den<br />
Systemen besserte Suchoi nach. So wird<br />
das N011M-Bars-Radar von Tichimirow<br />
mit passiver elektronischer Strahlschwenkung<br />
verwendet. Um den Blickwinkel<br />
zu verbessern, sind die Sende-/<br />
Empfangsmodule auf einer 25 Grad<br />
nach links und rechts beweglichen Plattform<br />
montiert. Die Gesamtmasse liegt<br />
bei 110 Kilogramm. Das Bars ist in der<br />
Lage, bis zu 15 Ziele gleichzeitig zu verfolgen,<br />
von denen vier bis sechs parallel<br />
mit Lenkwaffen angegriffen werden können.<br />
Kampfjets soll es auf 120 bis 140<br />
Kilometer Abstand entdecken können.<br />
Wie bei russischen Kampfflugzeugen üblich,<br />
verfügt die Su-30MKI auch über<br />
ein Infrarot-Zielsuchsystem (OLS-30<br />
von UOMZ) und ein Helmvisier.<br />
Ein Problem der Entwicklung für die<br />
Indien war, dass auf Wunsch des Kunden<br />
ein Sammelsurium an neuen Geräten<br />
der unterschiedlichsten Hersteller<br />
eingebaut werden musste. So stammt<br />
das Head-up-Display von Elop aus Israel,<br />
während die Bildschirme ebenso wie<br />
das Trägheitsnavigationssystem Sigma<br />
95 von Sagem aus Frankreich beigesteuert<br />
werden. Indische Firmen sind mit<br />
dem Radarwarnempfänger und dem IFF<br />
46 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
www.flugrevue.de
Die Schubdüsen sind leicht versetzt angeordnet und lassen sich je 15 Grad nach oben und unten schwenken. So geben sie Steuerinputs<br />
um die Hoch- und die Querachse. BrahMos-A (Mitte) ist eine russisch-indische Abstandswaffe, die Überschallgeschwindigkeit<br />
erreicht. Die Freiflugtests stehen noch aus. Ansonsten kann die Su-30MKI ein umfangreiches Waffenarsenal tragen.<br />
Fotos: Piotr Butowski<br />
sowie dem Missionscomputer und Funkgeräten<br />
beteiligt. Als Integrator betätigte<br />
sich RPKB aus Ramenskoje.<br />
Bei der Bewaffnung konzentrierten<br />
sich die Inder zunächst auf russische<br />
Systeme wie die Luft-Luft-Lenkwaffen<br />
R-27, die R-73 und die RWW-AE oder<br />
die Lenkwaffen X-59, X-31 und X-29<br />
für den Angriff auf Bodenziele und<br />
Schiffe. Allerdings sollen in Zukunft<br />
auch die Astra (erster Teststart im Mai<br />
2014) sowie die BrahMos-A (erster Flug<br />
im Juni 2016) integriert werden.<br />
Obwohl der Vertrag mit Indien im<br />
November 1996 unterzeichnet wurde<br />
und der erste Prototyp im Juli 1997 zum<br />
Jungfernflug abhob, dauerte es mit dem<br />
Beginn der Lieferung bis zum Juli 2002.<br />
Als erste Einheit wurde die No. 24 Squadron<br />
in Pune mit dem neuen Muster ausgestattet.<br />
Als Interimslösung waren ab<br />
Frühjahr 1997 insgesamt 18 Su-30K geliefert<br />
worden.<br />
Im Laufe der Jahre hat Indien bisher<br />
272 Su-30MKI bestellt. Die ersten 50<br />
davon entstanden im Flugzeugwerk in<br />
Irkutsk, während anschließend schrittweise<br />
die Lizenzfertigung bei Hindustan<br />
Aeronautics aufgebaut wurde. Das erste<br />
in Nasik endmontierte Flugzeug war im<br />
Herbst 2004 fertig. Bisher wurden dort<br />
etwa 180 Su-30MKI mit wachsendem<br />
indischen Eigenanteil gebaut. Derzeit<br />
wird erwartet, dass die indischen Luftstreitkräfte<br />
noch 40 weitere Jets bestellen<br />
werden.<br />
Die Entwicklung der Su-30MKI bildete<br />
die Grundlage für weitere Verkäufe<br />
an Malaysia und Algerien. Malaysia be-<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 47
Militärluftfahrt<br />
Suchoi Su-30-Familie<br />
Zweiter Kunde nach Indien war<br />
Malaysia mit 18 Maschinen der<br />
Su-30MKM-Version.<br />
Die Su-30-Ausführung ohne Canards wurde vor allem für China gebaut. An Uganda wurden sechs Su-30MK2 geliefert (links).<br />
Die „Russischen Ritter“ werden derzeit mit der Su-30SM ausgestattet (Mitte). Erster Exportkunde der Su-30SM war Kasachstan;<br />
das Land hat seit April 2015 sechs der elf bestellten Flugzeuge erhalten.<br />
Fotos: Piotr Butowski, Irkut, Geoff Jones, Lars Kitschke, Suchoi<br />
stellte im August 20<strong>03</strong> insgesamt 18 Su-<br />
30MKM. Bei ihnen wurden die israelischen<br />
Geräte hauptsächlich durch Systeme<br />
aus Frankreich ersetzt, wie den<br />
Damocles-Zielbehälter oder das Thales-<br />
Head-up-Display HUD3022. Der Radarwarnempfänger<br />
stammt nun aus Russland,<br />
und Saab Avitronics aus Südafrika<br />
liefert das Lenkwaffenwarnsystem<br />
MAW-300 auf Basis von UV-Sensoren.<br />
Die Su-30MKM wurden zwischen 2007<br />
und 2009 an die No 11 Squadron in<br />
Gong Kedak geliefert.<br />
Algeriens Flugzeuge entsprechen<br />
weitgehend der indischen Ausführung,<br />
bis auf die Pastel-Radarwarnempfänger<br />
aus Russland. Nach der ersten Bestellung<br />
2006 begannen die Lieferungen daher<br />
schon im Dezember 2007. Weitere<br />
Aufträge folgten 2010 und im April<br />
2015, sodass nun insgesamt 44 Su-<br />
30MKA bestellt sind.<br />
Etwa 15 Jahre nach dem Erstflug der<br />
Su-30MKI konnte die Holding Irkut<br />
auch den ersten Auftrag aus Russland<br />
verbuchen. Die Su-30SM entspricht dabei<br />
weitgehend dem indischen Modell,<br />
allerdings verfügt es über ein modifiziertes<br />
Radar und russische Warn- und<br />
Selbstschutzsysteme sowie Funkgeräte.<br />
Die französischen Systeme wurden sukzessive<br />
durch einheimische ersetzt.<br />
Als erster Verband der russischen<br />
Luft- und Weltraumkräfte erhielt das<br />
120. Verbundene Flugzeugregiment in<br />
Domna an der chinesischen Grenze<br />
2013 die Su-30SM. Es war ab September<br />
2015 in Syrien im Einsatz. Es folgte<br />
das 31. Garderegiment in Millerowo.<br />
48 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
www.flugrevue.de
Daten Suchoi Su-30MKI<br />
Allgemeine Angaben<br />
Hersteller<br />
Korporazija Irkut, HAL<br />
Konstruktion Suchoi, Moskau<br />
Besatzung 2<br />
Antrieb<br />
2 x Saturn/Ljulka<br />
AL-31FP<br />
max. Schub<br />
mit Nachbrenner 2 x 122,6 kN<br />
Abmessungen<br />
Länge<br />
21,94 m<br />
Höhe<br />
6,35 m<br />
Spannweite<br />
14,70 m<br />
Flügelfläche 62 m 2<br />
Massen<br />
max. Kraftstoff<br />
max. Außenlast<br />
normale Startmasse<br />
max. Startmasse<br />
Überlast<br />
9640 kg<br />
8000 kg<br />
24 900 kg<br />
34 500 kg<br />
38 800 kg<br />
Flugleistungen<br />
Höchstgeschwindigkeit Mach 1.9<br />
Geschwindigkeit<br />
in Bodennähe 1350 km/h<br />
Einsatzhöhe<br />
17 300 m<br />
Startrollstrecke 550 m<br />
Landerollstrecke 750 m<br />
Reichweite<br />
interner Kraftstoff 3000 km<br />
im Tiefflug 1270 km<br />
mit einer Luftbet. 5200 km<br />
Bewaffnung<br />
Eine 30-mm-Kanone GSch-301. Zwölf Außenlaststationen<br />
für Luft-Luft-Lenkwaffen wie<br />
R-73E (AA-11 „Archer”), R-27T1, R-27ET,<br />
R-27R1, R-27ER, R-77 (RWW-AE). Luft-Boden-<br />
Lenkwaffen X-29TE, X-31P, X-31A, X-59M,<br />
Raketenbehälter B-8M-1 und B-13L, Bomben<br />
KAB-500KR, KAB-1500KR<br />
SCHWER, ABER EXTREM WENDIG<br />
In der Su-30MKI wird das Bars-<br />
Radar mit passiver elektronischer<br />
Strahlschwenkung verwendet.<br />
Ende 2016 wurde zudem das Kunstflugteam<br />
Russkije Witjasi mit dem neuen<br />
Muster ausgestattet. Bei der russischen<br />
Marine verfügt bisher die 43. Angriffsstaffel<br />
in Saki auf der Krim über die Su-<br />
30SM, später kam sie bei Verbänden in<br />
Tschernjakowsk und in Seweromorsk<br />
zum Einsatz.<br />
Bisher wurden 88 Flugzeuge für die<br />
Luftstreitkräfte und 28 für die Marine in<br />
Auftrag gegeben. Ein weiterer Kunde für<br />
Flugzeuge der SM-Ausführung ist Kasachstan,<br />
das elf Flugzeuge bestellte.<br />
All diese Versionen der „Flanker“<br />
entstehen bei der Korporazija Irkut. Daneben<br />
baut aber auch das KnAAZ-Werk<br />
in Komsomolsk am Amur die Su-30,<br />
und zwar für China und weitere Exportkunden.<br />
Diese Varianten sind allerdings<br />
weder mit Canards noch mit Schubvektorsteuerung<br />
ausgerüstet. Auch haben<br />
sie kein Radar mit elektronischer Strahlschwenkung<br />
und ein traditionelles Avioniksystem,<br />
das die Integration neuer Systeme<br />
erschwert. Sie sind zudem durchweg<br />
mit russischen (und ukrainischen)<br />
Geräten ausgerüstet.<br />
Anfänglich waren die Su-30MKK für<br />
China mit dem N001VE-Radar ausgestattet.<br />
Ein separates Feuerleitsystem ermöglichte<br />
die Nutzung von Lenkwaffen<br />
mit Laser- und TV-Suchkopf. Für die<br />
chinesische Marine wurde dann die Su-<br />
30MK2 entwickelt, deren Radar auch<br />
Bodenziele erkennen kann und Radarkarten<br />
erstellt. Als Bewaffnung kam unter<br />
anderem die X-31A für die Schiffsbekämpfung<br />
dazu. Die Zelle wurde beträchtlich<br />
verstärkt. Insgesamt 76 Su-<br />
30MKK und 24 Su-30MK2 wurden<br />
geliefert, bis die Chinesen – wenig überraschend<br />
– eine Kopie in Form der J-16<br />
entwickelten.<br />
Immerhin gelang der Verkauf von elf<br />
weiteren Su-30MKK und Su-30MK2 an<br />
Indonesien. Auch Vietnam erhielt zwischen<br />
2004 und 2012 zwei Dutzend Su-<br />
30MK2V und bis 2016 noch einmal<br />
zwölf Maschinen. Dazu kommen Venezuela<br />
mit 24 Su-30MK2V und Uganda<br />
mit sechs Su-30MK2. Schließlich kaufte<br />
auch Russland noch 20 Su-30M2. Sie<br />
werden vor allem als Trainer für Verbände<br />
genutzt, die die Su-27SM und die Su-<br />
35 im Dienst haben.<br />
FR<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 49
Militärluftfahrt<br />
USAF stellt QF-4 außer Dienst<br />
Die „AF-349“ in<br />
Traditionsbemalung<br />
landete bei<br />
der Abschiedsfeier<br />
als letzte der QF-4.<br />
Ein grauer Himmel erwartete die<br />
mehreren hundert Gäste, die am<br />
21. Dezember auf die Holloman<br />
AFB gekommen waren, um die letzten<br />
QF-4 des Detachment 1, 82nd Aerial<br />
Target Squadron zu verabschieden.<br />
Sechs der 13 noch vorhandenen Phantoms<br />
waren auf dem Vorfeld neben zwei<br />
ihrer Nachfolger QF-16 geparkt. Noch<br />
einmal heulten die J79-Triebwerke auf,<br />
vier QF-4 rollten zur Bahn. Nach individuellen<br />
Überflügen und einem Formationsüberflug<br />
landeten sie ein letztes Mal,<br />
begrüßt von einem Wassersalut der<br />
Flugplatzfeuerwehr. Lt. Col. Ronald<br />
King, Kommandeur der Einheit und<br />
letzter Phantom-Pilot der US Air Force,<br />
hatte die Ehre, mit der „AF-349“ als<br />
Letzter aufzusetzen.<br />
Damit ging das abschließende Kapitel<br />
der Phantom im Dienst der USAF zu<br />
Ende, knapp 20 Jahre hatte es gedauert.<br />
Seit 1997 waren 314 auf der Davis-<br />
Abschied<br />
von der Phantom<br />
Zwanzig Jahre nach Auflösung der letzten Einsatzstaffel<br />
wurde die Phantom von der US Air Force noch als Zieldrohne<br />
genutzt. Nun hieß es in Holloman AFB endgültig<br />
Abschied nehmen von dem legendären Kampfjet.<br />
Monthan Air Force Base eingelagerte<br />
Flugzeuge bei Tracor (später von BAE<br />
Systems aufgekauft) zu Zieldrohnen umgerüstet<br />
worden. Dafür hatten sie unter<br />
anderem ein Funksystem erhalten, das<br />
die Positionsbestimmung über ein Triangulationsverfahrenermöglichte.<br />
Auch eine<br />
Fernsteuerung wurde installiert, um<br />
die QF-4 von einer Bodenstation aus zu<br />
kontrollieren. Schließlich war bei unbemannten<br />
Flügen der Gefechtskopf einer<br />
AIM-9 Sidewinder im hinteren Cockpit<br />
fixiert, um im Notfall die Selbstzerstörung<br />
zu ermöglichen.<br />
Für unbemannte Flüge wurde die<br />
QF-4 auf die Startbahn geschleppt und<br />
von einem Techniker im Cockpit angelassen.<br />
Dann fuhr der Bediener in der<br />
Kontrollstation den Schub hoch, um das<br />
Triebwerk zu checken, und aktivierte die<br />
Fotos: Masahiro Oishi (1), Schwarz (1), USAF<br />
Die QF-4 wurde mehr bemannt als<br />
unbemannt (links) geflogen. Der letzte<br />
Zieldrohneneinsatz war Mitte August<br />
2016 über White Sands.<br />
50 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
www.flugrevue.de
Oben: Eine Viererformation zum Abschied in Holloman am 21. Dezember.<br />
Unten: Der QF-4-Betrieb auf der Tyndall AFB endete schon im Mai 2015.<br />
Letzter QF-4-Pilot der USAF war Lt.<br />
Col. Ronald King (oben). Die Chance,<br />
eine Phantom zu signieren, wurde in<br />
Holloman ausgiebig genutzt.<br />
Startautomatik. Während des Flugs wurde<br />
die unbemannte Phantom von einer<br />
bemannten QF-4 begleitet, die nach dem<br />
Beschuss zum Beispiel eventuelle Beschädigungen<br />
feststellte. Im Bedarfsfall<br />
konnte die QF-4 auf der langen Shuttle-<br />
Piste in White Sands notlanden, musste<br />
dann aber 21 Meilen zurück zur Basis<br />
geschleppt werden.<br />
Unbemannte Flüge waren aber eher<br />
die Ausnahme für die QF-4. Von Holloman<br />
aus waren es 145, nur 70 Phantoms<br />
wurden dabei zerstört. Oft wurden die<br />
Maschinen mit Lenkwaffen ohne Gefechtskopf<br />
beschossen, und mit einem<br />
System in der QF-4 wurde nur der Vorbeiflug-Abstand<br />
vermessen. Auch den<br />
letzten unbemannten Flug am 17. August<br />
2016, bei dem die Maschine mit der<br />
Kennung 72-166 von einer F-35 Lightning<br />
II mit einer Lenkwaffe angegriffen<br />
wurde, überstand die QF-4. Am 4. August<br />
fand der letzte Abschuss einer QF-<br />
4, Kennung 74-1640 (AF-345), statt.<br />
Ursprünglich wurde die Phantom bei<br />
der 82nd ATS sowohl in Tyndall AFB,<br />
Florida (Übungs- und Testräume über<br />
dem Golf von Mexiko), als auch in Holloman,<br />
New Mexico (nahe der White<br />
Sands Missile Range), verwendet. Auf<br />
der Heimatbasis der 82nd ATS hatte sie<br />
bereits im Mai 2015 ihren letzten Einsatz<br />
als Zieldrohne. Damals wurde die<br />
Phantom von F-15C der Florida ANG<br />
und der 53rd Weapons Evaluation<br />
Group bei einer Übung abgeschossen.<br />
In Holloman beim Detachment 1 waren<br />
zuletzt noch Lt. Col. King als Kommandeur<br />
und einziger USAF-Pilot sowie<br />
drei zivile Piloten beschäftigt, die natürlich<br />
zuvor bei der Air Force gedient hatten.<br />
Die Firma Pacific Architects and Engineers<br />
war für die Wartung zuständig<br />
und musste die Verfügbarkeit der Maschinen<br />
für 400 Flüge pro Jahr sicherstellen.<br />
Das war mangels Ersatzteilen zunehmend<br />
problematisch. Insofern freuen<br />
sich nun alle auf die Einführung der von<br />
Lockheed Martin produzierten QF-16<br />
auch in Holloman. Die Fighting Falcon<br />
ist zuverlässiger und bietet vor allem eine<br />
bessere Wendigkeit, um aktuelle Bedrohungen<br />
realitätsnäher darzustellen. FR<br />
KARL SCHWARZ<br />
Phantom in Japan<br />
Auch nach der Ausmusterung bei der USAF<br />
fliegt die legendäre F-4 noch in Griechenland,<br />
im Iran, in Japan und in Südkorea. Bei der Japan<br />
Air Self-Defence Force sind die Flugzeuge auf<br />
der Hyakuri Air Base in der Nähe von Tokio<br />
stationiert. Beim letzten Flugtag im November<br />
2016 flogen nicht weniger als neun Phantoms<br />
der 301, 302 und 501 Hikotai in dieser<br />
Formation.<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 51
Militärluftfahrt<br />
MV-22B Osprey bei den „Red Lions“<br />
52 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
www.flugrevue.de
Die Löwen<br />
sind los<br />
Der<br />
Kipprotor-Transporter<br />
MV-22B Osprey<br />
hat seine Kinderkrankheiten<br />
überwunden<br />
und wird vom US<br />
Marine Corps nun<br />
weltweit eingesetzt.<br />
Auch die Tiltrotor-<br />
Staffel VMM-363„Red<br />
Lions“ war schon<br />
mehrfach im Nahen<br />
Osten aktiv.<br />
Foto: Ted Carlson<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 53
Militärluftfahrt<br />
MV-22B Osprey bei den „Red Lions“<br />
Von TED CARLSON / KS<br />
Bei einer Marine Air Group<br />
(MAG) gibt es ständig Veränderungen,<br />
abhängig von<br />
den Anforderungen der im Einsatz befindlichen<br />
Staffeln, der Reserveeinheiten<br />
und des notwendigen Trainings“, erinnert<br />
sich Oberstleutnant David Lane,<br />
früher Kommandeur der Marine Medium<br />
Tiltrotor Squadron 363. Das bekamen<br />
die traditionsreichen „Red Lions“<br />
hautnah zu spüren, als sie im Mai 2012<br />
in Kane‘ohe Bay auf Hawaii ihre CH-<br />
53D abgaben und dann im südkaliforni-<br />
schen Miramar mit der MV-22B Osprey<br />
neu aufgestellt wurden.<br />
Kaum hatten sie nämlich ihre vorläufige<br />
Einsatzbereitschaft mit einem Dutzend<br />
Ospreys erreicht, wurde der Großteil<br />
des frisch ausgebildeten Personals<br />
abgezogen und für die Aufstellung der<br />
VMM-262 „Flying Tigers“ zur Basis Futenma<br />
auf Okinawa verlegt. Auf der Marine<br />
Corps Air Station Miramar musste<br />
die verbliebene Mannschaft den Aufbau<br />
der Einheit danach praktisch noch einmal<br />
von Anfang an durchziehen.<br />
„Wir müssen heute mehr mit weniger<br />
leisten“, betont Lane im Gespräch mit<br />
der <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong>. „Deshalb werden die<br />
verfügbaren Mittel sorgfältig geplant.“<br />
Aus der Not eine Tugend macht die Staffel<br />
zum Beispiel, wenn neue MV-22B ankommen.<br />
„Die Eingangsüberprüfung<br />
und Wartung sind eine gute Übung für<br />
die Mechaniker; sie sammeln dabei viel<br />
Erfahrung“, so Lane.<br />
Nach der turbulenten Aufbauphase<br />
ist bei der VMM-363 inzwischen der Alltag<br />
eingekehrt. Der besteht freilich nicht<br />
nur aus den notwendigen Trainingsflügen<br />
und der Teilnahme an diversen<br />
Übungen, sondern auch aus der regelmäßigen<br />
Verlegung in den Nahen Osten.<br />
Fotos: Ted Carlson, US Marine Corps (1)<br />
54 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
www.flugrevue.de
Die Osprey ist recht einfach zu<br />
fliegen. Flug- und Systeminfos<br />
gibt es auf sechs Bildschirmen.<br />
In Flugzeugkonfiguration<br />
ist die Osprey<br />
über 500 km/h schnell.<br />
Vorn sind ausfahrbare Tanksonde,<br />
Sensorbehälter und<br />
Warnempfänger zu sehen.<br />
Die VMM-363 „Red Lions“<br />
war schon mehrfach im Nahen<br />
Osten im Einsatz.<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 55
Militärluftfahrt<br />
MV-22B Osprey bei den „Red Lions“<br />
Für die Einsätze in Nahost<br />
waren die Ospreys auf einer<br />
Basis in Jordanien stationiert.<br />
24 Soldaten passen in die<br />
doch recht enge Kabine.<br />
Für die Landung werden<br />
die Triebwerksgondeln<br />
nach oben geschwenkt.<br />
nant David Lane. „Mit unserer Geschwindigkeit<br />
und Reichweite sind wir<br />
nicht mit normalen Hubschraubern vergleichbar.<br />
Wenn wir diese Vorteile richtig<br />
ausspielen, sind wir weniger von defensiven<br />
Systemen abhängig“, so Lane in<br />
Anspielung auf die Tatsache, dass die<br />
MV-22 meist nur mit einem MG auf der<br />
Heckrampe bestückt ist.<br />
VERLEGUNG NACH HAWAII<br />
FÜR <strong>2017</strong> GEPLANT<br />
Trotzdem läuft die Einführung des<br />
IDWS (Interim Defensive Weapon System),<br />
einem 7,62-mm-MG, das zentral<br />
56 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
Dort hat das US Marine Corps 2014 die<br />
Special Purpose Marine Air – Ground<br />
Task Force – Crisis Response – Central<br />
Command aufgestellt, die inzwischen<br />
ein integraler Bestandteil der Operation<br />
„Inherent Resolve“ (Kampf gegen den<br />
sogenannten „Islamischen Staat“) ist. Zu<br />
diesem Verband gehört neben Bodentruppen,<br />
Hercules-Tankern und Kampfflugzeugen<br />
(zum Beispiel AV-8B Harrier)<br />
immer auch eine Osprey-Staffel. So<br />
waren die „Red Lions“ sowohl ab Oktober<br />
2014 als auch ab Ende 2015 und<br />
dann schon wieder im Herbst 2016 im<br />
Krisengebiet im Einsatz. Geflogen wurde<br />
zuletzt von einer offiziell nicht genannten<br />
Basis im Süden Jordaniens aus.<br />
Die Aufgaben sind dabei vielfältig und<br />
reichen vom Truppen- und Materialtransport<br />
bis hin zum TRAP (Tactical<br />
Recovery of Aircraft and Personnel). Für<br />
die Rettungsmission stehen die MV-22B<br />
in 30-Minuten-Bereitschaft oder fliegen<br />
zusammen mit einem Tanker auch schon<br />
mal vorsorglich in die Nähe von größeren<br />
Angriffseinsätzen der Jets.<br />
Gerade in der Rettungsrolle kann die<br />
MV-22 ihre Fähigkeiten voll zur Geltung<br />
bringen. „Unsere Taktiken sind ganz andere<br />
als früher“, erläuterte Oberstleutwww.flugrevue.de
Marine Medium Tiltrotor Squadron 363<br />
Juni 1952: Aufstellung als<br />
HMR-363 in Santa Ana,<br />
Kalifornien, mit Sikorsky HRS-1<br />
1953: Umrüstung auf die<br />
Sikorsky UH-34<br />
September 1965: Erster<br />
Kampfeinsatz in Vietnam<br />
1969: Umrüstung auf die<br />
Sikorsky CH-53A (später<br />
CH-53D) als HMH-363<br />
1996: Verlegung nach<br />
Kane‘ohe Bay auf Hawaii<br />
2006/2007: Einsatz im Irak<br />
2011/2012: Einsatz in<br />
Afghanistan<br />
Mai 2012: Auflösung in Hawaii<br />
und Neuaufstellung in Miramar<br />
mit MV-22B Osprey<br />
unter dem Rumpf drehbar gelagert ist<br />
und von einer Station in der Kabine bedient<br />
wird. Es wird je nach Bedarf eingerüstet.<br />
Während die VMM-363 im Nahen<br />
Osten eher zurückhaltend agiert, erinnern<br />
sich einige ihrer Osprey-Piloten an<br />
gefährliche Einsätze in Afghanistan. „Ich<br />
werde meine erste Rückholung eines<br />
Einsatzteams mit der MV-22 nie vergessen“,<br />
erzählte Captain David Verhine.<br />
„Als wir die Kampfzone in einer sehr<br />
dunklen Nacht anflogen, feuerte ein Aufständischer<br />
eine Granate auf uns ab.<br />
Gottseidank ging sie mindestens 30 Meter<br />
über das Flugzeug, aber das war immer<br />
noch ungemütlich nahe.“ Während<br />
der sechs Monate in Afghanistan „wurde<br />
meine Maschine vier- oder fünfmal beschossen,<br />
meist mit MGs. Glücklicherweise<br />
kamen wir nie mit Einschusslöchern<br />
zurück.“<br />
So gefährlich war es im Nahen Osten<br />
für die Ospreys der VMM-363 bisher offenbar<br />
noch nicht, aber man weiß ja nie,<br />
welche Einsätze in Zukunft warten. Deshalb<br />
wird viel Wert auf das Training gelegt.<br />
Etwa alle zwei Monate stehen zum<br />
Beispiel Luftbetankungsübungen mit der<br />
KC-130J auf dem Plan. Auch der Außenlasttransport<br />
wird des Öfteren geübt.<br />
Für die Qualifikation benötigen sowohl<br />
der Pilot als auch der Crew Chief fünf<br />
Lastaufnahmen. Die maximale Zuladung<br />
liegt bei 5670 Kilogramm. Zudem nutzt<br />
man bei der VMM-363 jede Gelegenheit,<br />
auf den kleinen Landungsschiffen der<br />
LHD-Klasse (amphibische Angriffsschiffe)<br />
zu operieren. Darüber hinaus gilt es<br />
für die „Red Lions“ derzeit, sich auf den<br />
nächsten Umzug vorzubereiten. Gegen<br />
Ende des Jahres soll die Staffel von Miramar<br />
zurück nach Kane‘ohe Bay auf Hawaii<br />
gehen, wo die VMM-161 als erste<br />
Osprey-Einheit stationiert ist.<br />
FR<br />
Fotos: Ted Carlson, US Marine Corps (2)<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 57
Freundeskreis Luftwaffe<br />
Editorial<br />
Sehr geehrte Leserinnen<br />
und Leser, verehrte Mitglieder!<br />
In der Februar-Ausgabe haben wir Ihnen<br />
unseren vorläufigen Veranstaltungskalender<br />
für <strong>2017</strong> vorgestellt. Offen waren<br />
noch die Termine für die Informationswochen<br />
für Jugendliche während der Zeit<br />
der Sommerferien. Seit mehr als 25 Jahren<br />
eröffnen wir jugendlichen Menschen<br />
im Alter von 16 bis 18 Jahren die Möglichkeit<br />
zur Teilnahme an diesen sehr<br />
beliebten Wochen einschließlich Flugprogramm.<br />
Da die Priorität von Ausbildungs-<br />
und Einsatzaufgaben der Luftwaffe<br />
Grenzen setzt, können wir diesmal<br />
leider nur Gast beim Taktischen Luftwaffengeschwader<br />
73 „Steinhoff“ in Laage<br />
und bei der Offizierschule der Luftwaffe<br />
in Fürstenfeldbruck sein, die mit dem<br />
TaktLwG 74 in Neuburg kooperiert.<br />
Schon heute möchte ich Sie auf unsere<br />
diesjährige Mitgliederversammlung am<br />
3. Mai im Luftwaffenführungsbereich<br />
Köln-Wahn hinweisen. Die Einladung<br />
zur Versammlung mit Tagesordnung<br />
dürfen Sie durch Abdruck in der <strong>FLUG</strong><br />
<strong>REVUE</strong> Ausgabe 04/<strong>2017</strong> im März erwarten.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Botho Engelien, Präsident<br />
Zum Geburtstag<br />
Im Namen des Vorstands gratuliert Präsident<br />
Botho Engelien den folgenden Jubilaren, die<br />
im März Geburtstag haben, ganz herzlich:<br />
Diethard Olm (91), Gerhard Koetsier (89),<br />
Hans Schuhmacher (88), Friedrich<br />
Gotthelf (87), Folker Roddewig (85),<br />
Georg Lehmeyer (85), Hans van Haaften<br />
(84), Gerhard Fernengel (82) Prof. Dr.<br />
Jürgen Schnell (81), Dieter Schönau (81),<br />
Karl Heinrich Hesker (81), Dr. Carl Peter<br />
Fichtmüller (81), Dieter Bergener (80),<br />
Hermann Karmann (80), Jürgen Höche<br />
(75), Werner Globke (75), Eberhard<br />
Richter (75), Helmut Bopp (70), Peter<br />
Jesella (70), Rolf Viehs (70), Dieter<br />
Schuber (70), Kai Stehle (60), Dirk Arzt<br />
(60), Udo Hahn (50), Bodo Werner (50),<br />
Peter Schmitt (50)<br />
Blick hinter die<br />
Den Eurofighter zum Anfassen, ein<br />
Blick über den Fliegerhorst vom 26<br />
Meter hohen Tower und ein Flug im Simulator.<br />
Das waren nur einige der vielen<br />
Highlights, die 18 Jugendliche aus ganz<br />
Deutschland beim Taktischen Luftwaffengeschwader<br />
73 „Steinhoff“ erleben<br />
konnten. In der Informationswoche des<br />
Freundeskreises Luftwaffe e.V. bekamen<br />
die 15- bis 18-Jährigen ein abwechslungsreiches<br />
Programm geboten.<br />
Der Montag stand unter dem Motto<br />
„Informationen und Wissenswertes“.<br />
Zunächst bekam die Gruppe ausführlich<br />
erklärt, was so ein Geschwader überhaupt<br />
macht. Spannend wurde es zum<br />
ersten Mal, als dann ein Eurofighter aus<br />
nächster Nähe begutachtet werden<br />
konnte und ein Technischer Offizier dazu<br />
Rede und Antwort stand. Es folgte<br />
ein Abstecher auf den Besucherhügel neben<br />
der Start- und Landebahn, wo sich<br />
bei dem ein oder anderen sogar ein wenig<br />
Gänsehaut bildete, denn aus nächster<br />
Nähe konnten donnernde Starts von<br />
acht Eurofightern erlebt werden. Spätestens<br />
jetzt waren alle begeistert. Das legte<br />
den Grundstein für die interessanten<br />
Vorträge am Nachmittag. Ein Pilot, ein<br />
Fliegerarzt und ein Karriereberater<br />
mussten viele Fragen beantworten.<br />
Am Dienstagvormittag konnten die<br />
Teilnehmer dann Rostock und die nahe<br />
liegende Ostseeküste aus der Luft erleben.<br />
Vom Segelflugplatz Purkshof aus<br />
ging es mit einer Propellermaschine in<br />
die Luft. Der Adrenalinpegel hatte anschließend<br />
nicht viel Zeit zum Sinken:<br />
Am frühen Abend rasten die Jugendlichen<br />
in spannenden Duellen beim Gokartfahren<br />
über die Piste. Dass ein Blick<br />
Besonders faszinierend sind die<br />
Einblicke in die Technik.<br />
über den Tellerrand nie verkehrt ist,<br />
zeigte sich am Mittwoch, als ein Besuch<br />
bei der Marinetechnikschule in Parow<br />
anstand. Am Donnerstag spielte sich das<br />
Geschehen wieder am Standort in Laage<br />
ab. Auf dem Programm standen Selberfliegen<br />
im Eurofighter-Simulator und<br />
Besuche bei der zivilen Flughafen GmbH<br />
sowie der Polizeihubschrauberstaffel<br />
Mecklenburg-Vorpommern. Vor allem<br />
aus dem Simulator kamen die Jugendliwww.flugrevue.de
Auch <strong>2017</strong> bietet der<br />
Freundeskreis wieder Info-<br />
Wochen für Jugendliche.<br />
Was vor Ort geboten wird,<br />
zeigt eine Reportage vom<br />
Fliegerhorst Laage.<br />
Kulissen<br />
Fotos: Eurofighter/Geoff Lee, Christoph Trost<br />
Geschäftsstelle<br />
Die Geschäftsstelle Freundeskreis<br />
Luftwaffe ist von Montag bis<br />
Donnerstag von 9 bis 12 Uhr besetzt.<br />
Tel. +49 22<strong>03</strong> 64815<br />
Fax +49 22<strong>03</strong> 80<strong>03</strong>97<br />
Homepage<br />
www.freundeskreis-luftwaffe.de<br />
E-Mail<br />
office@freundeskreis-luftwaffe.de<br />
Anschrift<br />
Freundeskreis Luftwaffe e.V.,<br />
Geschäftsstelle, Wahn 504/10,<br />
Postfach 906110, 51127 Köln<br />
Bankverbindung<br />
VR-Bank Rhein-Sieg eG<br />
BIC: GENODED1RST<br />
IBAN: DE 05 3706 9520 1114 5450 11<br />
Referent für Presseund<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
c/o Geschäftsstelle FKLw,<br />
E-Mail: presse@freundeskreis-luftwaffe.de<br />
Sektion Dresden<br />
Leiter Rainer Appelt,<br />
Minna-Herzlieb-Str. 41, 02828 Görlitz<br />
Tel. <strong>03</strong>581 / 765514<br />
E-Mail m.r.appelt@web.de<br />
Sektion München<br />
Leiter Heinz Gerrits,<br />
Gustav-Mahler-Weg 13, 85598 Baldham<br />
Tel./Fax 08106 / 302728<br />
E-Mail c.h.gerrits@t-online.de<br />
Sektion Berlin<br />
Leiter Günther Hoffmann,<br />
Kladower Damm 276c, 14089 Berlin<br />
Tel. <strong>03</strong>0 / 36804392<br />
E-Mail guenther_hoffmann@alice-dsl.de<br />
Sektion Nörvenich<br />
Leiter Clemens Teuchert,<br />
Oerkhaushof 24, 40723 Hilden<br />
Tel. 0172 / 2524069<br />
E-Mail GAF.ass@t-online.de<br />
chen mit strahlenden Augen heraus.<br />
„Das ist schon ziemlich dicht am echten<br />
Fliegen“, kommentierte ein Teilnehmer.<br />
Jeder durfte einige Runden am virtuellen<br />
Himmel über Mecklenburg-Vorpommern<br />
drehen. Abends gab es dann noch<br />
ein Abschiedsgrillen.<br />
FR<br />
CHRISTOPH TROST / KS<br />
Informationswochen <strong>2017</strong><br />
Auch in diesem Jahr ermöglicht der Freundeskreis<br />
Luftwaffe e.V. wieder Jugendlichen<br />
zwischen 16 und 17 Jahren, Mädchen wie<br />
Jungen, einen Verband der Luftwaffe hautnah<br />
zu erleben. Diese Erlebniswoche ist für jeden<br />
Teilnehmer kostenfrei. Lediglich die An- und<br />
Rückreise und die Kosten für Kinobesuch, Besuch<br />
der Kartbahn sowie Essen und Getränke<br />
in der Freizeit sind selbst zu tragen.<br />
Termine:<br />
30.07. – 04.08. Taktisches Luftwaffengeschwader<br />
73 „Steinhoff“ in Laage<br />
27.08. – 01.09. Offizierschule der Luftwaffe<br />
in Fürstenfeldbruck<br />
Wer Lust hat, an einer Informationswoche für<br />
Jugendliche teilzunehmen, kann sich schriftlich<br />
mit Angabe von Vorname, Name, Straße, PLZ,<br />
Ort, Telefon und Geburtsdatum bewerben.<br />
Anschrift: Geschäftsstelle Freundeskreis<br />
Luftwaffe e.V., Wahn 504/10,<br />
Postfach 90 61 10, D-51127 Köln<br />
Anmeldung<br />
Ich möchte an folgender(n) Veranstaltung(en) des Freundeskreises Luftwaffe e.V.<br />
teilnehmen (Zutreffendes bitte ankreuzen):<br />
am<br />
Anmeldeschluss<br />
Waffensystemunterstützungszentrum 19.04.17 06.<strong>03</strong>.17<br />
85435 Erding<br />
MTU Aero Engines GmbH 24.04.17 06.<strong>03</strong>.17<br />
80995 München<br />
Internationales Hubschrauberausbildungs-Zentrum 27.04.17 06.<strong>03</strong>.17<br />
31675 Bückeburg<br />
Bitte vollständig ausfüllen, auch für Gäste. Coupon mit frankiertem Rückumschlag einsenden an:<br />
Geschäftsstelle Freundeskreis Luftwaffe e.V., Wahn 504/10 Postfach 90 6110, 51127 Köln<br />
Wichtiger Hinweis: Für Nichtmitglieder (Ausnahme Ehe-/Lebenspartner sowie Kinder/Enkelkinder)<br />
wird eine zusätzliche Bearbeitungsgebühr von 10 Euro vor Ort erhoben.<br />
Name<br />
Vorname<br />
Straße PLZ Ort<br />
Geburtsdatum<br />
Mitglieds-Nr.<br />
Geburtsort<br />
Personalausweis-Nr.<br />
Einverständniserklärung: Ich bin damit einverstanden, dass meine persönlichen Daten an den Veranstalter<br />
und an den Vertreter des Freundeskreises Lw. e.V. für die o.a. Veranstaltungen weitergegeben werden.<br />
Mit der Veröffentlichung meines Bildes in der <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong>/auf der Homepage bin ich ebenfalls einverstanden.<br />
Datum<br />
Unterschrift<br />
Anmeldeschluss: 18. Mai <strong>2017</strong><br />
Freundeskreis Luftwaffe: Aufnahmeantrag siehe Kleinanzeigenmarkt
Markt<br />
Antiquariat<br />
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0 22 <strong>03</strong> / 6 48 15 (mit Anrufbeantworter) und 0 22 <strong>03</strong> / 9 08 26 53 beantwortet.<br />
Schriftliche Zusendungen können an folgende Adresse gerichtet werden:<br />
Geschäftsstelle Freundeskreis Luftwaffe e.V. – Generalsekretär – Wahn 504/10,<br />
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Aufnahme-Antrag (bitte Druckbuchstaben)<br />
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Ich möchte Mitglied im Freundeskreis Luftwaffe e.V. werden. Der Jahresbeitrag beträgt 62,00 € und<br />
schließt den monatlichen Bezug der <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> mit ein. Schüler/Studenten (ausgenommen Bundeswehr, Polizei,<br />
duales Studium und Auszubildende) zahlen 31,00 €.<br />
Mitgliedsnummer Datum Name Unterschrift<br />
Freundeskreis Luftwaffe e.V., Postfach 90 61 10 Wahn 504 / 10, 51127 Köln<br />
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Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die vom Freundeskreis Luftwaffe e.V. auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen.<br />
Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen.<br />
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Luftwaffe ?<br />
Seit 1984 besteht der Freundeskreis<br />
Luftwaffe, der sich zum Ziel gesetzt<br />
hat, die Kommunikation und die<br />
Begegnung zwischen Luftfahrt, Luftwaffe<br />
und Allgemeinheit zu fördern.<br />
Er ist unabhängig und überparteilich<br />
und daher offen für alle, die sich mit<br />
der Bundeswehr und mit der Luftwaffe<br />
verbunden fühlen. Besonders bei der<br />
Jugend will der Freundeskreis nicht<br />
nur das Interesse an der Luftwaffe,<br />
sondern auch die Begeisterung für das<br />
Fliegen fördern.<br />
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bei denen nicht nur Verbände besichtigt<br />
werden können, sondern auch<br />
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Aliierten und der Industrie angeboten.<br />
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Luftwaffe im In- und Ausland.<br />
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62 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> MÄRZ <strong>2017</strong> www.flugrevue.de
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Technik<br />
NASA-Luftfahrtforschung<br />
X wie Zukunft<br />
Schneller, leiser, sparsamer: Mit einer Reihe von X-Flugzeugen will<br />
die NASA neuen Öko-Technologien zum Durchbruch verhelfen. Bei der<br />
Umsetzung könnten auch Branchenneulinge zum Zuge kommen.<br />
Fotos: Lockheed Martin (2), NASA (2)<br />
Von ULRIKE EBNER<br />
Alles begann mit der Bell<br />
X-1. Am 14. Oktober 1947<br />
ging das Raketenflugzeug<br />
der NASA-Vorläuferin NACA in die Geschichte<br />
ein – als erstes Flugzeug, das<br />
die Schallmauer durchbrach. Es folgten<br />
zahlreiche weitere X-Flugzeuge (das X<br />
steht für Experimental), mit denen die<br />
amerikanische Aeronautik- und Raumfahrtbehörde<br />
neue Technologien erforschte,<br />
darunter verschiedene Flügelformen,<br />
Leitwerksdesigns und Materialien.<br />
Wie viele der legendären X-Flugzeu-<br />
ge es bisher gab, kann selbst die NASA<br />
nicht genau sagen. Die Nummerierung<br />
geht bislang bis 56, allerdings nutzten<br />
verschiedene Modelle dieselbe Nummer,<br />
und andere wurden nie gebaut.<br />
Nun will die NASA im Rahmen ihrer<br />
New-Aviations-Horizons-Initiative im<br />
kommenden Jahrzehnt fünf neue bemannte<br />
X-Flugzeuge designen, bauen<br />
und fliegen lassen. Das Ziel: fortschrittliche<br />
ökologische Technologien erforschen<br />
und so ihre Anwendung in der kommerziellen<br />
Luftfahrt beschleunigen. Der<br />
Budgetvorschlag, den 2016 der ehemalige<br />
US-Präsident Barack Obama beim<br />
Kongress einreichte, sieht 10,7 Milliarden<br />
Dollar für die NASA-Luftfahrtforschung<br />
vor, davon sollen 3,7 Milliarden<br />
Dollar in das ambitionierte Programm<br />
fließen. Künftige Airliner sollen nur<br />
noch die Hälfte an Treibstoff verbrauchen,<br />
75 Prozent weniger Schadstoffe<br />
ausstoßen und deutlich leiser sein als<br />
heutige Passagierjets. „Diese Technologien<br />
könnten Mitte der 2020er, Anfang<br />
der 2<strong>03</strong>0er Jahre in Dienst gehen“, sagt<br />
Ed Waggoner, Direktor des Forschungsprogramms<br />
für integrierte Luftfahrtsysteme<br />
bei der NASA, im Gespräch mit<br />
der <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong>.<br />
64 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> MÄRZ <strong>2017</strong><br />
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Nurflügler trifft konventionelles<br />
Röhrendesign: der Hybrid Wing<br />
Body von Lockheed Martin.<br />
Schnell und leise: Mit einem ausgeklügelten Design wollen Lockheed Martin und<br />
die NASA den Überschallknall auf ein Minimum reduzieren.<br />
14 Elektro- statt zwei Kolbenmotoren: Eine Tecnam P2006T wird von der NASA<br />
zum Versuchsflugzeug X-57 umgerüstet.<br />
Zwei Turbinentriebwerke<br />
und im Heck ein<br />
elek trischer Antrieb:<br />
Bis Mitte der 2020er<br />
Jahre könnte ein solches<br />
hybrid-elektrisches<br />
Forschungsflugzeug<br />
fliegen.<br />
Eines der fünf Versuchsflugzeuge ist<br />
schon so gut wie gesetzt. „Das ausgereifteste<br />
X-Flugzeug momentan ist eine<br />
Überschallkonfiguration“, sagt Waggoner.<br />
Doch es ist nicht irgendein Überschallflugzeug.<br />
„Das technische Ziel ist<br />
eine Reduzierung des Überschallknalls<br />
auf ein Geräusch, das sich kaum von<br />
einem entfernten Donnergrollen in einer<br />
Sommernacht oder vom Zuschlagen<br />
einer Autotür unterscheidet“, so Waggoner.<br />
Das Konzept des sogenannten<br />
Quiet Supersonic Technology X-plane<br />
(QueSST / Versuchsflugzeug für leise<br />
Überschalltechnologie) von Lockheed<br />
Martin befindet sich aktuell in der vorläufigen<br />
Designphase, ein Auftrag zum<br />
Bau könnte 2018 vergeben werden. Der<br />
Erstflug wäre dann Ende 2020 oder Anfang<br />
2021 möglich.<br />
ÜBERSCHALLFLÜGE<br />
OHNE LAUTEN KNALL<br />
QueSST ist als Vorläufer künftiger Geschäftsreise-<br />
oder Passagierjets mit bis<br />
zu 100 Sitzplätzen gedacht, soll im Reiseflug<br />
eine Geschwindigkeit von Mach<br />
1.4 erreichen und bis auf eine Höhe von<br />
etwa 16 800 Metern steigen. Als Antrieb<br />
ist derzeit eine Variante des F404 von<br />
GE gedacht, das in der F/A-18 Hornet<br />
zum Einsatz kommt. Allerdings soll mit<br />
alternativen Treibstoffen geflogen werden,<br />
um die Effekte auf den Schadstoffausstoß<br />
zu untersuchen. Eine spitze Nase,<br />
ein schlanker Rumpf, stark nach hinten<br />
gepfeilte Deltaflügel und zahlreiche<br />
Kontrollflächen sollen dafür sorgen, dass<br />
sich die Druckwellen im Überschallbereich<br />
nicht zu einer einzigen großen<br />
Schockwelle vereinigen, die schließlich<br />
zum charakteristischen lauten Doppelknall<br />
führt. Angestrebt wird ein wahrgenommener<br />
Geräuschpegel von unter 75<br />
Dezibel – rund 20-mal leiser als bei der<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> MÄRZ <strong>2017</strong> 65
Technik<br />
NASA-Luftfahrtforschung<br />
Der Hybrid Wing Body soll<br />
70 Prozent weniger Treibstoff als<br />
eine Boeing C-17 verbrauchen, so<br />
Lockheed Martin.<br />
Fotos: Aurora Flight Sciences, Lockheed Martin, NASA (13)<br />
Concorde. Bei Testflügen sollen Lärmdaten<br />
gesammelt werden, um festzustellen,<br />
wie Menschen am Boden auf solche<br />
Überschallflüge reagieren. „Unser<br />
Hauptanliegen ist es, sowohl der nationalen<br />
als auch der internationalen Luftfahrtbehörde,<br />
FAA und ICAO, Daten<br />
zur Verfügung zu stellen und zu zeigen,<br />
dass man ein solches Flugzeug mit minimalen<br />
Lärmauswirkungen mit Überschall<br />
über Land fliegen kann“, erklärt<br />
Waggoner.<br />
PLATZHIRSCHE UND NEULINGE<br />
IM WETTSTREIT<br />
Zudem plant die NASA drei Unterschall-<br />
X-Flugzeuge. Dafür wurden im Oktober<br />
2016 fünf Aufträge an vier US-Unternehmen<br />
vergeben. Sie sollen bis März<br />
einen verfeinerten technischen Entwurf<br />
sowie einen Zeit- und Kostenplan für ihre<br />
Versuchsflugzeuge abgeben. Im Lauf<br />
des Jahres will die NASA dann eine Angebotsanfrage<br />
(Request for Proposal)<br />
veröffentlichen, auf die sich die Unternehmen<br />
bewerben können. Eine Entscheidung,<br />
welche Entwürfe weiterverfolgt<br />
werden, könnte 2018 fallen.<br />
Boeing ist mit zwei Konzepten vertreten:<br />
dem Transonic Truss-Braced Wing<br />
(TTBW) und dem Blended Wing Body<br />
(BWB). Auf den ersten Blick sieht der<br />
TTBW mit seinem röhrenförmigen<br />
Rumpf mit Platz für bis zu 180 Passagiere<br />
recht konventionell aus. Allerdings<br />
verfügt der Hochdecker über extrem gestreckte<br />
Flügel, ähnlich einem Segelflugzeug,<br />
die seitlich am Rumpf abgestrebt<br />
sind. Durch die Erhöhung des Seitenverhältnisses<br />
(Spannweite im Quadrat geteilt<br />
durch Flügelfläche) sinkt der auftriebsinduzierte<br />
Widerstand, was wiederum<br />
sowohl die Betriebskosten als auch<br />
den ökologischen Fußabdruck verringern<br />
soll. Das jüngste Boeing-Design<br />
sieht eine Spannweite von 51,8 Metern<br />
und ein Seitenverhältnis von 19,55 vor.<br />
Zum Vergleich: Eine Boeing 737-800<br />
hat eine Spannweite von knapp 36 Metern<br />
und ein Seitenverhältnis von 9. Das<br />
Konzept der langen und schmalen Flügel<br />
entstand bereits in den 1950er Jahren<br />
beim französischen Flugzeughersteller<br />
Hurel-Dubois, setzte sich aber aufgrund<br />
des damals höheren Flügelgewichts und<br />
des zusätzlichen Widerstands der Verstrebungen<br />
nicht durch. Auch Boeing<br />
beschäftigt sich damit schon seit 2010<br />
im Rahmen des von der NASA geförderten<br />
SUGAR-Projekts (Subsonic Ultra-<br />
Green Aircraft Research / Forschung für<br />
ein ultra-umweltfreundliches Unterschallflugzeug).<br />
Damals konnte bei<br />
Windkanaltests gezeigt werden, dass sich<br />
Treibstoffeinsparungen von fünf bis<br />
zehn Prozent im Vergleich zu konventionellen<br />
freitragenden Flügeln ergeben.<br />
Am BWB forschen NASA und Boeing<br />
bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten.<br />
Durch die einzigartige Form, bei der<br />
Rumpf und Flügel nahtlos ineinander<br />
übergehen, erzeugt der BWB mehr Auftrieb<br />
als herkömmliche Flugzeugformen.<br />
Dadurch soll der Treibstoffverbrauch<br />
um bis zu 50 Prozent sinken. Die oben<br />
am Heck montierten Triebwerke schir-<br />
X-1, 1946 X-2, 1955 X-3, 1952 X-4, 1948 X-5, 1951<br />
Schneller, höher, weiter: Mit ihren X-Flugzeugen gab die NASA der amerikanischen Nachkriegsluftfahrt wichtige Impulse.<br />
66 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> MÄRZ <strong>2017</strong><br />
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Die Triebwerke der D8 arbeiten nach<br />
der Grenzschichtaufnahme-Methode.<br />
Mit extrem gestreckten<br />
Flügeln will Boeing Flugzeuge<br />
sparsamer machen.<br />
Im Windkanal testet die NASA Lufteinlass<br />
und Bläser des neuen Antriebs.<br />
<strong>FLUG</strong>ZEUGDESIGNS FÜR MEHR AUFTRIEB<br />
men zudem den Lärm nach unten ab.<br />
Zwischen 2007 und 2013 wurden bereits<br />
Flugversuche mit verschiedenen<br />
Versionen des unbemannten X-48-Modells<br />
durchgeführt. Im Ende 2015 abgeschlossenen<br />
NASA-Programm Environmentally<br />
Responsible Aviation (ERA /<br />
umweltbewusste Luftfahrt; siehe FR<br />
04/16) folgten ausgiebige Windkanaltests,<br />
die im September 2016 weitergeführt<br />
wurden. Wenn es nach Boeing<br />
geht, soll nun ein bemannter Demonstrator<br />
folgen. In zehn Jahren könnte<br />
laut Boeing der erste BWB als Militärtransporter<br />
oder Tankflugzeug im Einsatz<br />
sein. „Es gab viele Technologien, bei<br />
denen wir mit dem Verteidigungsministerium<br />
zusammengearbeitet haben und<br />
deren militärische Anwendung das Risiko<br />
für die kommerzielle Vermarktung<br />
verringerten“, sagt Waggoner.<br />
Ebenfalls zunächst auf den militärischen<br />
Markt zielt Lockheed Martins Entwurf<br />
eines Hybrid Wing Body (HWB).<br />
Außer als Militärtransporter wäre ein<br />
solches Flugzeug auch als kommerzieller<br />
Frachter denkbar. Der HWB kombiniert<br />
Vorderteil und Flügel eines BWB mit einem<br />
konventionellen Heck mit T-förmigem<br />
Leitwerk. Dadurch soll das Flugzeug<br />
mit bestehenden Fracht-Infrastrukturen<br />
und auch für das Absetzen von<br />
Fallschirmspringern kompatibel sein.<br />
Die Antriebe befinden sich oben an den<br />
Flügelhinterkanten, dadurch könnten<br />
auch Triebwerke mit sehr hohem Nebenstromverhältnis<br />
oder Open-Rotor-Motoren<br />
zum Einsatz kommen.<br />
Neben etablierten Flugzeugherstellern<br />
sind auch die Entwürfe von zwei<br />
Newcomern bei der NASA eingegangen:<br />
Aurora Flight Sciences aus Manassas<br />
und Dzyne Technologies aus Fairfax,<br />
beide im Bundesstaat Virginia ansässig.<br />
„Wir sind sehr erfreut, dass sich mehr<br />
als die üblichen Verdächtigen beworben<br />
haben“, sagt Waggoner. Dzyne Technologies<br />
schlägt<br />
wie Boeing einen<br />
BWB vor, der allerdings<br />
für die<br />
kommerzielle Nutzung als Regionaljet<br />
für 110 bis 130 Passagiere und als Business<br />
Jet in Frage kommt. Dafür mussten<br />
zunächst einige Design-Hürden überwunden<br />
werden. Untersuchungen zeigen,<br />
dass eine BWB-Konfiguration gut<br />
für große Flugzeuge funktioniert und<br />
dort hohe Spriteinsparungen verspricht.<br />
Bei kleineren Flugzeugen führt der übliche<br />
Querschnitt mit Passagieren oben<br />
X-15, 1959 X-29, 1984 X-36, 1997 X-48, 2007 X-53, 2002 X-56, 2012<br />
Erfahren Sie mehr über die wichtigsten Versuchsflugzeuge der NASA unter www.flugrevue.de, Stichwort „X-Flugzeuge“.<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> MÄRZ <strong>2017</strong> 67
Technik<br />
NASA-Luftfahrtforschung<br />
Der Blended Wing Body von Boeing könnte zunächst als<br />
Militärtransporter oder Tanker zum Einsatz kommen.<br />
Der Ascent 1000 von Dzyne Technologies ist ebenfalls ein<br />
Blended Wing Body, allerdings für Passagierflüge.<br />
und Frachtraum und Fahrwerk unten zu<br />
einem zu dicken Rumpf, als dass sich<br />
noch aerodynamische Vorteile ergäben.<br />
Dzyne hat deshalb bei seinem Entwurf<br />
das Hauptfahrwerk nach außen verschoben,<br />
Gepäck und Fracht werden in den<br />
Flügelwurzeln verstaut. Dadurch ergibt<br />
sich laut Dzyne neben einer Treibstoffersparnis<br />
von rund 20 Prozent eine deutlich<br />
größere Kabinenfläche: Die der Business-Jet-Variante<br />
wäre dreimal so groß<br />
wie beispielsweise die einer Gulfstream<br />
G650, als Regionaljet wären es etwa 20<br />
Prozent mehr gegenüber aktuellen Flugzeugen<br />
wie die Bombardier CS100. Die<br />
Markteinführung des BWB-Business-Jets<br />
plant Dzyne für 2025, die größere Version<br />
könnte einige Jahre später fliegen.<br />
Aurora geht mit der D8 „Double<br />
Bubble“ ins Rennen, einem Konzept für<br />
ein Passagierflugzeug der Größe einer<br />
Boeing 737, allerdings mit zwei Gängen<br />
wie in einem Großraumjet. Aurora, das<br />
Massachusetts Institute of Technology<br />
(MIT) und der Triebwerkshersteller<br />
Pratt & Whitney begannen ihre Arbeiten<br />
an der D8 im Jahr 2008 im Rahmen des<br />
NASA-Forschungsprogramms N+3. Der<br />
Rumpf besteht aus einer Doppelhüllen-<br />
Ellipse aus Verbundwerkstoffen und<br />
sorgt für viel Auftrieb. Dadurch sind<br />
kleinere Tragflächen möglich. Als Antrieb<br />
könnten zwei neuartige, in den<br />
Rumpf eingebettete Triebwerke verwendet<br />
werden. Durch die ins Heck integrierte<br />
Position reduziert sich theoretisch<br />
der Widerstand des Flugzeugs bei<br />
gleichzeitiger Erhöhung der Vortriebseffizienz.<br />
Solche „Boundary Layer<br />
Ingestion“-Triebwerke und ihre Bläser<br />
müssen allerdings mit der ungleichmäßigen,<br />
langsameren Einströmung der<br />
Grenzschicht klarkommen. Nach Angaben<br />
von Aurora hat die D8 das Potenzial<br />
für eine Verringerung von Treibstoffverbrauch<br />
und Stickoxidausstoß um 71<br />
bzw. 87 Prozent und eine Lärmreduzierung<br />
um 60 EPNdB (Effective Perceived<br />
Noise in dB / effektiv wahrgenommener<br />
Lärm in dB) im Vergleich zu einer Boeing<br />
737-800. Laut Aurora könnten die<br />
ersten D8 2027 in Dienst gehen.<br />
WENIGER EMISSIONEN DURCH<br />
ELEKTRISCHE ANTRIEBE<br />
Nicht zuletzt beschäftigt sich die NASA<br />
auch mit hybrid-elektrischen Luftfahrtantrieben.<br />
Das fünfte X-Flugzeug soll<br />
konventionelle Turbinentriebwerke mit<br />
elektrischen Antrieben kombinieren und<br />
in der Mitte der 2020er Jahre fliegen.<br />
Um Erfahrungen mit der Integration<br />
elektrischer Antriebe zu sammeln, fangen<br />
die NASA-Forscher klein an: mit der<br />
X-57 „Maxwell“, einer modifizierten<br />
Tecnam P2006T, die von 14 Elektromotoren<br />
mit Propellern, verteilt über die<br />
Flügel, angetrieben wird. Das viersitzige<br />
Flugzeug wird derzeit in Kalifornien auf<br />
seinen Erstflug vorbereitet, der noch in<br />
diesem Jahr stattfinden soll. „Wir wissen,<br />
dass noch viel Arbeit bei hybridelektrischen<br />
Antrieben nötig ist, aber jemand<br />
muss damit anfangen, die Hindernisse<br />
zu beseitigen“, sagt Waggoner. FR<br />
Der BWB von Dzyne<br />
besticht durch eine<br />
geräumige Kabine.<br />
Fotos: NASA/Boeing, Dzyne Technologies<br />
68 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> MÄRZ <strong>2017</strong> www.flugrevue.de
Briefing<br />
Luft- und Raumfahrt von A bis Z<br />
FOLGE 023<br />
Luftbremsen<br />
Um die Geschwindigkeit eines Flugzeugs<br />
in der Luft und – nach der Landung<br />
– am Boden abzubauen, werden<br />
Luftbremsen eingesetzt. Dabei handelt<br />
es sich um mechanisch oder hydraulisch<br />
ausfahrbare Klappen, die den Widerstand<br />
des Flugzeugs erhöhen und je nach<br />
Konstruktion und Anordnung den Auftrieb<br />
verringern. Mithilfe von Luftbremsen<br />
lässt sich nicht nur die Fluggeschwindigkeit<br />
verringern. Im Landeanflug<br />
kann das Flugzeug mit ausgefahrenen<br />
Luftbremsen auch steiler sinken,<br />
ohne an Geschwindigkeit zuzulegen.<br />
Luftbremsen gibt es in verschiedenen<br />
Ausführungen. Bremsklappen (air oder<br />
An dieser F-15 ist gut die Bremsklappe<br />
auf dem Rumpf zu erkennen.<br />
Nach dem Aufsetzen werden alle Störklappen voll ausgefahren, um den<br />
Auftrieb zu zerstören und die Ausrollstrecke auf der Landebahn zu verringern.<br />
speed brakes) erhöhen den schädlichen<br />
Widerstand eines Flugzeugs und haben<br />
keine oder wenig Auswirkungen auf den<br />
Auftrieb. Der schädliche Widerstand bezeichnet<br />
die Kräfte, die nicht mit der<br />
Auftriebserzeugung zusammenhängen,<br />
also Form-, Interferenz- und Reibungswiderstand.<br />
Bremsklappen können an<br />
den Ober- und Unterseiten der Tragflächen,<br />
oben, unten oder seitlich am<br />
Rumpf oder am Heck verbaut werden.<br />
Bei neueren Verkehrsflugzeug-Konstruktionen<br />
werden reine Bremsklappen<br />
kaum noch verwendet. Bei Kampfjets<br />
hingegen findet man sie auch heute<br />
noch, beispielsweise beim Eurofighter.<br />
Störklappen (spoiler) erhöhen den<br />
Widerstand und reduzieren gleichzeitig<br />
den Auftrieb. Sie befinden sich bei Verkehrsflugzeugen<br />
in der Regel an der<br />
Tragflächenoberseite vor den Landeklappen.<br />
Störklappen erfüllen verschiedene<br />
Funktionen: Als Luftbremse zum Geschwindigkeitsabbau<br />
im Flug kommt<br />
meist nur ein Teil der Störklappen (flight<br />
spoiler) zum Einsatz. Werden die äußeren<br />
Störklappen nur auf einer Seite ausgefahren,<br />
erzeugen sie ein Wendemoment.<br />
Diese Rollbremsklappen (roll<br />
spoiler) unterstützen die Querruder im<br />
Kurvenflug. Da das nach unten ausgeschlagene<br />
Querruder auf dem steigenden<br />
Flügel einen höheren Widerstand erzeugt<br />
als das nach oben ausgeschlagene<br />
Querruder auf dem hängenden Flügel,<br />
ergibt sich ein Giermoment entgegen der<br />
Kurvenrichtung. Dem wirkt das positive<br />
Wendemoment der Rollbremsklappen<br />
auf dem hängenden Flügel entgegen. In<br />
modernen Verkehrsflugzeugen mit elektronischer<br />
Flugsteuerung werden Störklappen<br />
auch zur Regelung der Lasten<br />
am Flügel eingesetzt. Erhöht sich durch<br />
eine Vertikalböe von unten der Anstellwinkel,<br />
nehmen auch Auftrieb und Lasten<br />
zu. Letztere können durch einen<br />
schnellen Ausschlag der Störklappen<br />
verringert werden. Nach dem Aufsetzen<br />
werden schließlich alle Spoiler als Bodenbremsklappen<br />
(ground spoiler) voll<br />
ausgefahren. Zum einen unterstützt das<br />
den Effekt der Radbremsen, zum anderen<br />
zerstören die Klappen die Strömung<br />
am Flügel und hindern das Flugzeug am<br />
erneuten Abheben.<br />
FR<br />
ULRIKE EBNER<br />
Bremsklappen wie bei dieser BAe 146 am<br />
Heck sind bei Airlinern selten.<br />
Fotos: Airbus, London City Airport, US Air Force/Airman Chester Mientkiewicz<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> MÄRZ <strong>2017</strong> 69
Technik<br />
Big Data in der Luftfahrt<br />
Moderne Flugzeuge liefern während<br />
des Betriebs mittels tausender<br />
Sensoren – bei der Boeing<br />
787 sind es mehr als 10 000 Messfühler<br />
– Daten über den Zustand der<br />
Maschine. Sie werden in großen<br />
Datenzentren der Hersteller gespeichert<br />
und ausgewertet. Im allgemeinen<br />
Sprachgebrauch der Wirtschaft hat sich<br />
für solche Datenansammlungen und<br />
-analysen der Begriff „Big Data“ eingebürgert.<br />
Es werden dabei schnell Größenordnungen<br />
von Petabytes und noch<br />
mehr erreicht. Für ein Petabyte wären<br />
zur Speicherung etwa 118 000 DVDs erforderlich.<br />
Die bisherige Auswertung,<br />
während die Flugzeuge sich noch in der<br />
Luft befinden, ist für die Mechaniker am<br />
Boden sehr hilfreich und lässt technische<br />
Probleme schnell erkennen. Die Wartung<br />
kann damit nach der Landung zügiger<br />
vonstattengehen. Fachleute haben<br />
aber schon vor Jahren erkannt, dass in<br />
den gesammelten Informationen noch<br />
mehr steckt, nämlich Wissen, das der,<br />
der es aus dem Datenwust herausholt, in<br />
zusätzlichen Mehrwert wandeln kann.<br />
DATEN SIND AUCH IN DER<br />
LUFTFAHRT DAS NEUE GOLD<br />
Es war früher mit der vorhandenen<br />
Hard- und Software nicht möglich, die<br />
versteckten Informationen herauszudestillieren.<br />
Inzwischen hat sich das geändert.<br />
Hochleistungsrechner und High-<br />
Performance-Datenbanken wie HANA<br />
von SAP erlauben die blitzschnelle Verarbeitung<br />
riesiger Datenmengen. Um daraus<br />
aber zusätzliche Informationen zu<br />
gewinnen, bedarf es hochentwickelter<br />
selbstlernender Algorithmen. Sie bringen<br />
das neue Gold der digitalen Wirtschaft<br />
ans Licht.<br />
So wünschen sich die Flottenbetreiber<br />
schon lange, bereits im Voraus Störungen<br />
oder gar Ausfälle einzelner Komponenten<br />
zu erkennen. Und genau dafür<br />
stehen inzwischen Lösungen bereit. Anhand<br />
bestimmter Vibrationen, Geräusche<br />
und anderer Daten, die von Sensoren<br />
aufgenommen werden, kann eine<br />
entsprechende Analysesoftware sich andeutende<br />
Probleme von Geräten und<br />
Komponenten identifizieren. Boeing bietet<br />
beispielsweise auch Lösungen, die<br />
Fluggesellschaften helfen sollen, die<br />
FLIEGEN IM DA<br />
Flugzeughersteller und Airlines sammeln riesige Datenmengen<br />
von ihren Maschinen und den Passagieren. Mit intelligenten<br />
Technologien für die Verknüpfung und Auswertung lassen sich<br />
Flugrouten und das Flugverhalten hinsichtlich<br />
des Treibstoffverbrauchs zu optimieren<br />
sowie die Piloten bei schlechtem<br />
Wetter zu unterstützen. Ein weiteres<br />
Big-Data-Projekt des amerikanischen<br />
Flugzeugbauers ist die Flight Training<br />
Academy. Hier werden Daten dreier<br />
Flugsimulatoren ausgewertet, um die<br />
70 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
Gestaltung des Cockpits und das Design<br />
der Flugzeugsoftware zu verbessern.<br />
Während die Software von Boeing<br />
nur für deren Flugzeuge nutzbar ist,<br />
bietet der Hamburger Instandhaltungsdienstleister<br />
Lufthansa Technik mit<br />
„Condition Analytics“ ab diesem Jahr ein<br />
universelles, herstellerunabhängiges Syswww.flugrevue.de
Recorder), die auch im Flugschreiber gespeichert<br />
werden. Lufthansa Technik<br />
wertet dann die Daten für ein Trend Monitoring<br />
verschiedenster Flugzeugsysteme<br />
oder für Predictive Maintenance (vorausschauende<br />
Wartung) aus, um einen<br />
verlässlichen Blick in die Zukunft zu ermöglichen<br />
und die technische Verfüg-<br />
TENSTROM<br />
daraus wertvolle Informationen gewinnen. So sollen drohende<br />
Störungen und Ausfälle erkannt werden, bevor sie passieren.<br />
Doch Big Data kann noch mehr. Ein Überblick.<br />
tem an. Mit dem Softwarepaket sind<br />
ebenfalls Ausfallvorhersagen möglich.<br />
So können noch vor dem Auftreten eines<br />
Fehlers konkrete Maßnahmen ergriffen<br />
werden. Das System nutzt unter anderem<br />
Daten und Flugparameter aus dem<br />
QAR (Quick Access Recorder) beziehungsweise<br />
dem DAR (Direct Access<br />
Foto: Boeing<br />
barkeit der Maschinen zu erhöhen.<br />
„Condition Analytics“ ist nicht an einen<br />
Support-Vertrag gebunden und kann eigenständig<br />
genutzt werden. Der Kunde<br />
wählt, nachdem er Zugang zum System<br />
erhalten hat, auf einer Internetplattform<br />
die gewünschte Flotte und die zu überwachenden<br />
Systeme aus.<br />
WELCHE WÜNSCHE HAT DER<br />
<strong>FLUG</strong>GAST?<br />
Der Einsatz von Big-Data-Technologien<br />
ist nicht auf die Flotten der Airlines beschränkt.<br />
Mit der heute weitgehend papier-<br />
und bargeldlosen Buchung sowie<br />
Bezahlung sammeln die Fluggesellschaften<br />
Millionen von Daten über ihre Kunden.<br />
Diese werden seit Jahren ausgewertet,<br />
um zum Beispiel Vielfliegern Rabatte<br />
und andere Angebote zu machen. Mit<br />
Big Data kommt jedoch eine neue Qualität<br />
ins Spiel. So werden die vielfältigen<br />
Datenquellen wie Buchungsinformationen,<br />
Geldtransaktionen, E-Mails, Daten<br />
über den Besuch der Internetseite, Facebook<br />
und andere soziale Medien in Sekundenschnelle<br />
einzelnen Passagieren<br />
zugeordnet und damit deren Verhalten<br />
analysiert. Darüber lassen sich maßgeschneiderte<br />
Angebote erstellen. Das<br />
können zum Beispiel ganze Reisepakete<br />
sein oder spezielle Wünsche beim Essen.<br />
International gefragte Anbieter für<br />
Big-Data-Software speziell auch für<br />
Fluggesellschaften sind Unternehmen<br />
wie Altran mit Hauptsitz in Neuilly-sur<br />
Seine oder ISO Travel Solutions aus<br />
Nürnberg. Software von ISO verarbeitet<br />
beispielsweise die Daten von Passagieren,<br />
die bei einer einzigen Airline täglich<br />
im zweistelligen Millionenbereich von<br />
Transaktionen liegen. Eine Cache-Lösung<br />
(das ist Software für große Arbeitsspeicher)<br />
wurde ebenfalls von ISO für<br />
Air Canada Vacations erstellt, wo alle<br />
Rechercheaktivitäten von Besuchern auf<br />
der Internetseite verwaltet und Angebote<br />
kalkuliert werden. Das System ist<br />
selbstlernend, sodass zum Beispiel weniger<br />
nachgefragte Hotels anders kalkuliert<br />
werden als gefragte. Erst wenn der<br />
Besucher wirklich buchen möchte, wird<br />
das echte Reservierungssystem zugeschaltet<br />
und damit von den Rechercheaktivitäten<br />
entlastet.<br />
FR<br />
OLAF GÖRING<br />
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Berufe in der Luftfahrt<br />
Mitarbeiter gesucht<br />
Der Lufthansa-Konzern will dieses Jahr mehr als 3000 Stellen neu besetzen. Gefragt sind<br />
vor allem Flugbegleiter, aber auch im Cockpit sowie am Boden gibt es Bedarf an neuen<br />
Arbeitskräften. Wer sich für eine Ausbildung interessiert, hat ebenfalls noch Chancen.<br />
Die Lufthansa-Tochter Austrian Airlines sucht unter anderem Mitarbeiter für den Check-in (links), aber auch Cockpitpersonal.<br />
Für die Pilotenausbildung können sich erstmals seit Längerem auch wieder Interessenten ohne Flugerfahrung bewerben.<br />
Ü<br />
ber 3000 neue Mitarbeiter sucht<br />
die Lufthansa Group in diesem<br />
Jahr, mehr als zwei Drittel davon<br />
als Kabinenpersonal. Alleine Lufthansa<br />
will 1400 Flugbegleiter für die Standorte<br />
Frankfurt und<br />
München einstellen,<br />
bei Swiss sind es<br />
500, bei Eurowings<br />
200 und bei Austrian<br />
Airlines 100.<br />
Teilweise würde so<br />
die natürliche Fluktuation<br />
der Mitarbeiter<br />
ausgeglichen,<br />
aber es seien auch<br />
komplett neue Stellen darunter, heißt es<br />
bei Lufthansa.<br />
Um geeignete Kandidaten zu finden,<br />
gibt es zusätzlich zum üblichen Bewerbungsverfahren<br />
auch wieder Flugbegleiter-Castings,<br />
beispielsweise am 18. Februar<br />
in Offenburg und am 4. März in<br />
Bamberg. Lufthansa hatte vergangenes<br />
Jahr erstmals solche Castings in Heidelberg,<br />
Mainz, Augsburg, Regensburg,<br />
In dieser Ausgabe<br />
Ausbildungs- und<br />
Arbeitsplätze<br />
bei der<br />
Lufthansa Group<br />
München und Berlin durchgeführt. Dabei<br />
habe man sehr gute Erfahrungen gemacht:<br />
Mehr als 2000 Interessenten kamen,<br />
davon erhielt fast jeder Dritte eine<br />
Zusage. Erfüllen die Bewerber die<br />
Grundvoraussetzungen (abgeschlossene<br />
Schulausbildung, sehr gute Deutschund<br />
Englischkenntnisse, Reisepass ohne<br />
Einschränkungen, Alter mindestens 18<br />
Jahre, Größe zwischen 1,60 und 1,95 m,<br />
Sehstärke zwischen plus und minus fünf<br />
Dioptrien), werden sie beim Casting zu<br />
einem ersten Bewerbungsgespräch,<br />
meist in Englisch, eingeladen. Wenn sie<br />
dort überzeugen, folgt ein Gespräch mit<br />
einem Personalpsychologen. Direkt im<br />
Anschluss an das Casting erfahren die<br />
Interessenten, ob es mit der Flugbegleiter-Ausbildung<br />
bei Lufthansa klappt.<br />
Die Lufthansa-Tochter Austrian Airlines<br />
stellt insgesamt mehr als 300 Mitarbeiter<br />
ein, nicht nur Flugbegleiter und<br />
Mitarbeiter für den Check-in am Flughafen,<br />
sondern auch rund 80 Piloten.<br />
Grund für den hohen Bedarf sind die<br />
Umflottung von Fokker 70/100 auf Embraer<br />
195 sowie eine Flottenvergrößerung<br />
um zwei Airbus A320 und eine<br />
Boeing 777. Chancen haben auch Bewerber<br />
ohne Flugerfahrung. Die Auswahlverfahren<br />
finden in Wien oder<br />
Hamburg statt. Nach einer Zusage absolvieren<br />
die Nachwuchspiloten ihre<br />
rund 21 Monate dauernde Ausbildung in<br />
der Konzernflugschule European Flight<br />
Academy mit Stationen in Bremen,<br />
Goodyear, Arizona und Rostock-Laage.<br />
Bewerben können sich EU-Bürger mit<br />
Hochschulreife, sehr guten Sprachkenntnissen<br />
in Deutsch und Englisch, einer<br />
Körpergröße von mindestens 1,65 m, einem<br />
uneingeschränkten Reisepass und<br />
Auf der Suche nach einer neuen<br />
Stelle im Luftfahrtbereich?<br />
Auf flugrevue.de finden Sie<br />
weitere aktuelle Angebote.<br />
72 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
www.flugrevue.de
Der Bedarf an Fluggerätmechanikern mit der Fachrichtung Triebwerkstechnik (links) ist bei Lufthansa Technik größer als<br />
ursprünglich erwartet, deshalb werden auch Azubis eingestellt. Lufthansa dagegen sucht vor allem Flugbegleiter.<br />
Ebenfalls gefragt sind Auszubildende zur Fachkraft für Lagerlogistik bei Lufthansa Technik (links). Über alle<br />
Ausbildungs berufe können sich Schüler beim Infotag am 25. April bei Lufthansa Technik in Hamburg informieren.<br />
Fotos: Austrian Airlines (2), Lufthansa/Schläger, Lufthansa Technik/Schläger (3)<br />
einer Sehstärke zwischen minus und<br />
plus drei Dioptrien.<br />
Bei Lufthansa Technik sind rund<br />
450 Neueinstellungen geplant, darunter<br />
gut 300 im Engineering-Bereich. Im Fokus<br />
stehen vor allem Mitarbeiter für<br />
Entwicklung, Forschung, Materialien<br />
und IT für den Standort Hamburg. Aber<br />
auch rund 130 Auszubildende und 13<br />
Dual-Studierende werden dieses Jahr<br />
eingestellt. Offensiv gesucht wird nach<br />
Auszubildenden zur Fachkraft für Lagerlogistik<br />
bei Lufthansa Technik Logistik<br />
Services. Fachkräfte für Lagerlogistik<br />
organisieren und koordinieren die<br />
reibungslose Materialversorgung mit<br />
Ersatzteilen, von der Schraube bis zum<br />
Triebwerk. Die Ausbildung dauert drei<br />
Jahre und erfolgt in Hamburg, Frankfurt<br />
oder München, Einsätze an anderen<br />
Standorten in Deutschland sind vorgesehen.<br />
Ebenfalls gefragt sind Bewerber<br />
für eine Ausbildung als Oberflächenbeschichter<br />
(Dauer: drei Jahre) sowie<br />
als Fluggerätmechaniker Triebwerkstechnik<br />
(Dauer: dreieinhalb Jahre). Bewerber<br />
sollten<br />
einen Hauptschulabschluss<br />
oder die Mittlere<br />
Reife, Interesse<br />
an Mathematik<br />
und<br />
Naturwissenschaften<br />
sowie<br />
gute Deutsch-<br />
LUFTHANSA<br />
ALLEINE HAT<br />
BEDARF AN<br />
1400 NEUEN<br />
FLIGHT<br />
ATTENDANTS<br />
und Englischkenntnisse mitbringen. Für<br />
einen Ausbildungsbeginn nach den<br />
Sommerferien sowie für die anderen<br />
Stellenangebote sollten sich Interessenten<br />
möglichst bald unter www.be-lufthansa.de<br />
bewerben.<br />
FR<br />
ULRIKE EBNER<br />
7605947-5-1.QXD_Layout 1 10.01.17 14<br />
iPILOT Flugsimulator<br />
www.flyipilot.de<br />
in MUC und DUS sucht Fluginstruktoren<br />
auf Stundenbasis/Minijob. Begeisterung<br />
und Kundenorientierung<br />
sowie Lizenz mit Flugerfahrung<br />
(mind. PPL) sind Voraussetzung.<br />
Ready for take off?<br />
jobs@flyipilot.com<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 73
Raumfahrt<br />
Laserkommunikation<br />
Das EDRS soll in Zukunft weiter ausgebaut<br />
werden. 2020 könnte ein dritter<br />
Relaissatellit in einen geostationären<br />
Orbit gebracht werden.<br />
Datenübertragung<br />
auf der Überholspur<br />
Das Europäische Datenrelaissystem (EDRS) kann Satellitendaten<br />
aus niedrigen Orbits über geostationäre Relaissatelliten<br />
mittels Laserstrahlen blitzschnell zur Erde senden.<br />
Die Übertragung von Daten zwischen<br />
Satelliten und der Erde<br />
spielt seit Beginn des Raumfahrtzeitalters<br />
eine zentrale Rolle. Dabei<br />
nehmen die Datenvolumina rasant zu.<br />
Das gilt besonders bei Erdbeobachtungssatelliten,<br />
deren Sensoren vielfältige<br />
Bildinformationen hoher Qualität liefern.<br />
Sie werden unter anderem für Aufgaben<br />
in der Raumplanung, der Landwirtschaft,<br />
dem Umweltschutz, für Katastrophenvorhersagen<br />
und -management benötigt.<br />
Der Aufbau des europäischen<br />
Fernerkundungssystems Copernicus mit<br />
seinen sechs Sentinel-Satelliten sorgt für<br />
weiteren Zuwachs des Datenvolumens.<br />
Dazu kommt noch ein Problem.<br />
Hochauflösende Aufnahmen können nur<br />
aus niedrigen Umlaufbahnen (Low Earth<br />
Orbit, LEO) gewonnen werden. Dadurch<br />
haben Satelliten im LEO einen bestimmten<br />
Teil der Erdoberfläche lediglich<br />
für fünf bis zehn Minuten in ihrem<br />
Blickfeld. Wenn sich dort eine Bodenstation<br />
für den Empfang befindet, ist also<br />
nur in dieser kurzen Zeit eine Verbindung<br />
zum Satelliten herstellbar. Deswegen<br />
müssen die Daten bis zur Übertragung<br />
an Bord zwischengespeichert und<br />
dann mit hoher Geschwindigkeit zur Erde<br />
gesendet werden. Die Kunden erhalten<br />
ihre Informationen erst, wenn wieder<br />
eine Bodenstation überflogen wird.<br />
Bis zu 90 Minuten Verzögerung sind<br />
bahnmechanisch bedingt üblich. Das ist<br />
gerade bei Aufnahmen aus Katastrophengebieten,<br />
wo es auf jede Minute ankommt,<br />
ein Nachteil.<br />
Um die Daten in nahezu Echtzeit zur<br />
Verfügung stellen zu können, bietet sich<br />
ein Ausweg an: eine Zwischenstation im<br />
All, die so positioniert ist, dass immer<br />
Kontakt zu einem Empfangsposten auf<br />
der Erde besteht. Geostationäre Kommunikationssatelliten,<br />
die sich in 36 000<br />
Kilometern Höhe über dem Äquator befinden,<br />
erfüllen das Kriterium. Wenn einige<br />
dieser Satelliten mit den entsprechenden<br />
Empfangs- und Sendeeinrichtungen<br />
ausgerüstet werden, können sie<br />
als Relais zwischen Raumflugkörpern in<br />
LEOs und der Erde dienen.<br />
Im Rahmen des ARTES-7-Programms<br />
(Advanced Research in Telecommunications<br />
Systems) der europäischen<br />
Raumfahrtagentur ESA wurden<br />
die Grundlagen eines solchen Systems<br />
entwickelt und Airbus Defence & Space<br />
(DS) 2011 mit Herstellung und Betrieb<br />
des Europäischen Datenrelaissystems<br />
74 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> MÄRZ <strong>2017</strong><br />
www.flugrevue.de
(EDRS) beauftragt. Es besteht aus zwei<br />
Elementen im Weltraum und einem Bodensegment.<br />
Außerdem müssen die Sentinel-Satelliten<br />
und andere Raumflugkörper,<br />
die über EDRS ihre Daten übertragen<br />
sollen, mit entsprechenden Sendeterminals<br />
ausgestattet sein.<br />
Das Gesamtsystem wird in Form einer<br />
öffentlich-privaten Partnerschaft von<br />
der ESA und Airbus DS finanziert. Das<br />
Eigentum an EDRS geht nach der kompletten<br />
Errichtung an Airbus über und<br />
damit auch die Gesamtverantwortung<br />
für die Weltraum- und Bodeninfrastruktur.<br />
Im Gegenzug verpflichtet sich Airbus,<br />
die Betriebstätigkeiten für eine<br />
Dauer von 15 Jahren zu gewährleisten.<br />
MIT LICHTGESCHWINDIGKEIT<br />
DATEN SENDEN<br />
Mit der Stationierung der Relaissatelliten<br />
ist aber nur ein Problem gelöst. Die<br />
wachsende Datenflut erfordert neue<br />
Übertragungstechnologien. Bisher gelang<br />
es, durch höhere Funkfrequenzen<br />
die Bandbreite der Sendekanäle und damit<br />
die Übertragungsgeschwindigkeit<br />
kontinuierlich zu steigern. Dem sind jedoch<br />
physikalische Grenzen gesetzt. Als<br />
Ausweg bieten sich Laserstrahlen an. Sie<br />
haben den Vorteil, dass die Frequenz, also<br />
die Schwingungszahl der Lichtwelle<br />
pro Zeiteinheit, wesentlich höher als bei<br />
Funkwellen ist. Dementsprechend können<br />
mehr Informationen in der gleichen<br />
Zeit übertragen werden. Gleichzeitig<br />
bietet das Vakuum im Weltraum optimale<br />
Ausbreitungsbedingungen für Laserlicht,<br />
sodass es sich besonders<br />
für die Verbindung<br />
zweier Satelliten<br />
eignet. Ein weiterer<br />
Vorteil von Laserstrahlen<br />
besteht in der scharfen<br />
Bündelung. Sie haben<br />
bei der Fokussierung<br />
durch ein Teleskop<br />
in 40 000 bis<br />
50 000 Kilometern Entfernung<br />
lediglich einen<br />
Durchmesser von wenigen<br />
hundert Metern.<br />
Die Daten kommen so<br />
nur im nahen Umfeld<br />
des Empfängers an, was<br />
Abhörmöglichkeiten<br />
einschränkt.<br />
Das Airbus-Tochterunternehmen<br />
Tesat-Spacecom<br />
aus Backnang hat<br />
zusammen mit dem<br />
Deutschen Zentrum für<br />
Luft- und Raumfahrt<br />
(DLR) ein Laserterminal<br />
(Laser Communication<br />
Terminal, LCT)<br />
entwickelt, das bereits<br />
erfolgreich im All getestet<br />
wurde und auch beim EDRS für die<br />
Satellitenverbindungen genutzt wird. Es<br />
ist in der Lage, bis zu 1,8 Gigabit pro<br />
Sekunde oder 225 Megabyte pro Sekunde<br />
Nutzerdaten über 45 000 Kilometer<br />
zu übertragen. Das entspricht einer Kapazität<br />
von bis zu 40 Terabyte pro Tag.<br />
Man bräuchte für deren Speicherung 10<br />
LEO-Satelliten mit Laserkommunikationsterminal<br />
übermitteln Bilder und<br />
Videos über Laser.<br />
Der Relaissatellit<br />
(GEO) empfängt<br />
Daten über Laser<br />
und sendet sie über<br />
Funk zur Erde.<br />
handelsübliche Festplatten zu je vier<br />
Terabyte. Mit Hilfe dieser Terminals<br />
werden die Daten per Laserstrahl (ca.<br />
1,1 Watt) zwischen einem Satelliten im<br />
LEO und je einem der beiden Weltraumsegmente<br />
im geostationären Orbit übertragen.<br />
Von dort erfolgt die Weiterleitung<br />
zur Erde. Für diese Teilstrecke wird<br />
Das Bodensegment<br />
empfängt<br />
und verwaltet<br />
die Daten.<br />
Flugzeuge, Schiffe und Rettungsteams<br />
können künftig auf Satellitenbilder in<br />
nahezu Echtzeit zugreifen.<br />
Eutelsat 9B ist der erste Baustein des EDRS. Der Satellit hat als Huckepack-<br />
Nutzlast ein Laserkommunikationsterminal und ist seit einem Jahr im Orbit.<br />
Sentinel-1A schickte im Mai 2016 das<br />
erste Testbild (La Réunion) via EDRS.<br />
Fotos: Airbus DS, Copernicus Sentinel data (2016), processed by ESA, ESA<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> MÄRZ <strong>2017</strong> 75
Raumfahrt<br />
Laserkommunikation<br />
Über EDRS können Sentinel-Satelliten mehr als 100-mal<br />
so schnell wie bisher Daten übertragen.<br />
EDRS-C ist der zweite Knoten des Datenrelaissystems.<br />
ER soll im vierten Quartal <strong>2017</strong> starten.<br />
Die Sentinel-Satelliten nutzen EDRS<br />
und herkömmliche Funkübertragung.<br />
jedoch eine Funkverbindung im Ka-<br />
Band (26,5 bis 40 GHz) genutzt. Die<br />
Erdatmosphäre und Wettererscheinungen<br />
wie Wolken und Regen beeinträchtigen<br />
den Laserstrahl. Er wird stark<br />
gedämpft und verzerrt. Die Ingenieure<br />
arbeiten an Lösungen, um künftig auch<br />
Übertragungen mit Lasern direkt zur Erde<br />
zu realisieren.<br />
Der erste Relaissatellit wurde am<br />
29. Januar 2016 von Baikonur in Kasachstan<br />
gestartet und in die geostationäre<br />
Bahn über dem Äquator befördert.<br />
Es handelt sich um den Kommunikationssatelliten<br />
Eutelsat 9B, der mit dem<br />
LCT ausgestattet ist. Für die Übertragung<br />
der Daten zur Erde nutzt Eutelsat<br />
9B die ohnehin an Bord befindlichen Ka-<br />
Band-Transponder. Der Satellit des französischen<br />
Unternehmens Eutelsat wurde<br />
bei 9 Grad Ost stationiert. Er wird auch<br />
als Weltraumsegment EDRS-A bezeichnet.<br />
Am 1. Juni 2016 erfolgte über<br />
EDRS-A die erste Übertragung von Bildern<br />
des Copernicus-Radarsatelliten<br />
Sentinel-1A, und seit November 2016 ist<br />
das Relaissystem in die kommerzielle<br />
Phase eingetreten. Zur Erweiterung der<br />
Datenautobahn soll im vierten Quartal<br />
<strong>2017</strong> mit EDRS-C ein speziell für das<br />
Datenrelaissystem ausgelegter Satellit in<br />
den geostationären Orbit gebracht und<br />
bei 31 Grad Ost stationiert werden. Sein<br />
Bau erfolgt im Auftrag von Airbus bei<br />
OHB System in Bremen und basiert auf<br />
dem Satellitenbus SmallGEO (siehe<br />
Kasten auf S. 77).<br />
Das Bodensegment besteht aus mehreren<br />
Bodenstationen mit verschiedenen<br />
Aufgaben. Sie befinden sich in Ottobrunn,<br />
Oberpfaffenhofen, Weilheim, Redu<br />
(Belgien), Harwell (Großbritannien)<br />
und Matera (Italien). Von dort werden<br />
die empfangenen Daten an die Nutzer<br />
weitergeleitet. Um Sicherheit zu gewährleisten,<br />
sind sie auf allen Übertragungskanälen<br />
verschlüsselt.<br />
Die ersten Nutzer sind die europäischen<br />
Erdbeobachtungssatelliten Sentinel-1A<br />
und -2A. Auch alle weiteren Satelliten<br />
des Copernicus-Programms werden<br />
mit entsprechenden Terminals ausgestattet.<br />
Ein zweiter Kunde wird das<br />
europäische Columbus-Modul der Internationalen<br />
Raumstation ISS ist. Das System<br />
steht jedoch auch weiteren Interessenten<br />
offen. Passend dazu hat Airbus<br />
DS im Januar einen mit 75 000 Euro<br />
Preisgeld dotierten Wettbewerb ins Leben<br />
gerufen. Bis zum 30. April können<br />
kleine und mittlere Unternehmen, Gründer<br />
und Start-ups ihre Ideen für die Nutzung<br />
des EDRS einreichen.<br />
DRITTER SATELLIT<br />
FÜR GLOBALE ABDECKUNG<br />
Mit dem Betrieb der beiden Weltraumkomponenten<br />
wird die erste Phase von<br />
EDRS abgeschlossen sein. Ihr soll später<br />
ein weiterer Ausbau unter dem Projektnamen<br />
GlobeNet folgen, indem ein dritter<br />
Netzknoten in den geostationären<br />
Orbit gebracht wird. Damit soll die globale<br />
Abdeckung erreicht werden. Neben<br />
Satelliten können dann auch ferngesteuerte<br />
Luftfahrzeuge (UAVs oder Drohnen)<br />
einbezogen werden.<br />
FR<br />
OLAF GÖRING<br />
76 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> MÄRZ <strong>2017</strong><br />
www.flugrevue.de
Das Laser-Kommunikationsterminal von Tesat wurde bei<br />
Airbus DS in Toulouse in Eutelsat 9B integriert.<br />
Das EDRS-Laserterminal verfügt über ein bewegliches<br />
Teleskop, das auf den Empfänger ausgerichtet wird.<br />
Die Satelliten-Plattform SmallGEO von OHB System<br />
Eine Plattform für verschiedene<br />
Zwecke: Mit SmallGEO wollen ESA<br />
und OHB System Satelliten günstiger<br />
und flexibler machen.<br />
SmallGEO wurde in einer öffentlich-privaten<br />
Partnerschaft zwischen<br />
der ESA und dem Bremer Unternehmen<br />
OHB System sowie LuxSpace,<br />
OHB Sweden und RUAG Space im<br />
Rahmen des ESA-Programms ARTES<br />
11 (Advanced Research in Telecommunications<br />
Systems) entwickelt. Es ist<br />
ein kostengünstiger, bevorzugt für die<br />
geostationäre Bahn gedachter Satellitenbus<br />
mit hoher Lageregelungsgenauigkeit.<br />
Er kann sowohl für Telekommunikationsanwendungen<br />
als auch für<br />
Erdbeobachtungssatelliten eingesetzt<br />
werden. Der modulare Aufbau soll<br />
kurze Integrationszeiten ermöglichen.<br />
OHB bietet den Bus in drei Antriebsvarianten<br />
an: SmallGEO Classic<br />
verfügt ausschließlich über chemische<br />
Antriebe, SmallGEO FLEX hat nur<br />
elektrische Antriebe (Ionentriebwerke),<br />
und SmallGEO FAST hat eine<br />
kombinierte (hybride) Antriebsausstattung.<br />
In der klassischen Version<br />
wiegt der Satellit 3600 Kilogramm<br />
und hat Kapazität für 300 Kilogramm<br />
Nutzlast. Die Variante mit elektrischen<br />
Antrieben ist 800 Kilogramm<br />
leichter und kann sogar 650 Kilogramm<br />
Nutzlast transportieren. Die<br />
projektierte Lebensdauer beträgt 15<br />
Jahre, kann aber durch Erweiterungen<br />
bei elektrischen Antrieben verlängert<br />
werden. Als Trägerraketen kommen<br />
unter anderem Ariane 5 (Arianespace),<br />
Falcon 9 (SpaceX), Proton<br />
(ILS) und Atlas 5 (ULA) in Frage.<br />
Auf der SmallGEO-Plattform sind<br />
Transponder in allen üblichen Frequenzbändern<br />
installierbar. Das sind<br />
die Frequenzbänder P, L, S. C, X, Ku<br />
und Ka. Außerdem kann SmallGEO<br />
mit einem Laserterminal für die Übertragung<br />
via EDRS bestückt werden.<br />
Die dreiachsenstabilisierten Satelliten<br />
haben nach Angaben von OHB System<br />
eine sehr hohe Ausrichtungsgenauigkeit.<br />
SmallGEO wird zum ersten<br />
Mal für den spanischen Kommunikationssatelliten<br />
Hispasat AG 1 (Advanced<br />
Generation) eingesetzt. Im<br />
März 2016 erfolgte seine Umbenennung<br />
in Hispasat 36W 1.<br />
Der Satellit soll Europa, die Kanarischen<br />
Inseln und Südamerika mit<br />
schnelleren Multimedia-Diensten versorgen.<br />
Er sollte Ende Januar mit einer<br />
Trägerrakete Sojus-STB Fregat-MT<br />
von Kourou aus gestartet werden. Die<br />
zweite Anwendung von SmallGEO<br />
soll der Relaissatelliten EDRS-C sein.<br />
Hispasat 36W 1 ist der erste Satellit<br />
auf Basis der SmallGEO-Plattform.<br />
Fotos: Airbus DS, DLR/TESAT, ESA, ESA/ATG medialab (2), ESA/S. Corvaja<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> MÄRZ <strong>2017</strong> 77
Raumfahrt<br />
Google Lunar X-Prize<br />
Die PT Scientists wollen mit ihren<br />
Rovern untersuchen, wie sich der Buggy<br />
der Apollo-17-Mission verändert hat.<br />
Raumfahrt kostet Milliarden, und<br />
eine Mondmission ist nicht für<br />
unter 100 Millionen zu haben –<br />
so die verbreitete Meinung. Nur eine<br />
kleine Gemeinschaft im Osten Berlins<br />
leistet beharrlich Widerstand dagegen.<br />
Die Part-Time Scientists wollen beweisen,<br />
dass sie als privates Unternehmen<br />
etwas erreichen können, was bisher nur<br />
Nationen geschafft haben. Ende <strong>2017</strong><br />
soll eine Rakete ein Landemodul und<br />
zwei Rover in eine mittlere Erdumlaufbahn<br />
bringen. Fünf Tage später auf dem<br />
Mond angekommen, sollen die Rover –<br />
zwei, falls einer ausfällt – die Apollo-<br />
Landestelle unter die Lupe nehmen und<br />
hochaufgelöste Bilder zur Erde schicken.<br />
Die Idee dazu entstand 2009 – weil<br />
ein Fremder dem damaligen Informatikstudenten<br />
Robert Böhme ins Auto fuhr<br />
und einen Totalschaden verursachte. Angesichts<br />
der Versicherungssumme schien<br />
Böhme der Mond auf einmal greifbar<br />
nah: Er investierte 10000 Euro in die<br />
Startgebühr für den Google Lunar X-<br />
Prize (siehe Kasten). Seit die PT Scientists<br />
im Dezember 2016 verkündeten,<br />
dass sie beim Unternehmen Spaceflight<br />
Industries eine Mitflugoption auf einer<br />
Rakete gebucht haben, kann man sie guten<br />
Gewissens als Favoriten bezeichnen.<br />
Die nach dem<br />
Mond greifen<br />
Die Berliner Part-Time Scientists arbeiten an einer<br />
privaten Mondmission – und stellen als unverrückbar<br />
geglaubte Wahrheiten auf den Kopf.<br />
Wer die jungen Forscher in ihrem<br />
Büro besucht, spürt schnell, dass es ihnen<br />
um mehr geht als den Wettbewerb.<br />
In einer Ecke steht ein mannsgroßes Modell<br />
von Neil Armstrong, dem ersten<br />
Menschen auf dem Mond. Das ist<br />
48 Jahre her. Was ist aus den ersten<br />
menschlichen Spuren auf dem Mond geworden?<br />
Die Rover der PT Scientists<br />
sollen nicht nur Fotos zur Erde schicken,<br />
sie enthalten auch spezielle Kamerafilter,<br />
mittels derer man verschiedene Wellenlängen<br />
von Licht und darüber die Zusammensetzung<br />
von Material bestimmen<br />
kann. Wie sieht der Buggy der Apollo-<br />
17-Mission aus, der seit Ende 1972 unberührt<br />
auf der Mondoberfläche steht?<br />
„Daraus kann man lernen, welche Materialien<br />
für Langzeitmissionen auf dem<br />
Mond geeignet sind“, sagt Chef-Elektroniker<br />
Karsten Becker. Mit dem Geolo -<br />
gen der damaligen Mission, Harrison<br />
Schmitt (81), arbeiten die Forscher<br />
ebenfalls zusammen, um dessen Experimente<br />
zu Ende zu führen. So wiesen die<br />
Google Lunar X-Prize<br />
Der Wettbewerb zur Förderung privater<br />
Raumfahrtaktivitäten startete 2007, wird<br />
von der X-Prize-Foundation veranstaltet und von<br />
Google finanziert. Der Preis ist mit 30 Millionen<br />
US-Dollar dotiert. Die Aufgabe besteht darin, bis<br />
Ende <strong>2017</strong> einen Rover sicher auf dem Mond zu<br />
landen, ihn dort 500 Meter fahren zu lassen und<br />
Bilder einer vorgegebenen Qualität zur Erde zu<br />
senden. Sechs Teams sind noch im Rennen.<br />
78 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> MÄRZ <strong>2017</strong><br />
www.flugrevue.de
Das Autonomous Landing and Navigation Module<br />
ALINA soll Rover und Nutzlast zum Mond bringen.<br />
In ihrem Büro in Berlin montieren Mitarbeiter der<br />
PT Scientists einen Prototyp des Mondrovers.<br />
Daten seines Gravimeters einen auffälligen<br />
Schwerkraftpunkt im Taurus-Littrow-Tal<br />
auf, der wiederum auf eine auffällige<br />
Untergrundgeologie hindeuten<br />
könnte. „Wir wollen nicht zum Mond,<br />
um einen PR-Stunt durchzuziehen, sondern<br />
um etwas zu lernen“, sagt Becker.<br />
Die Erkenntnisse sollen zur Lösung einer<br />
großen Frage beitragen: Wie realistisch<br />
ist die Vision von einem Lunar Village?<br />
„Die ESA will das gerne, aber die<br />
können sich das nicht leisten“, sagt Becker.<br />
Das will er mit seinen Kollegen ändern.<br />
Sie hoffen, dass auf dem Mond ein<br />
Sprungbrett für die weitere Erforschung<br />
des Alls entsteht.<br />
FAHRÜBUNGEN IN DER WÜSTE<br />
UND AUF LAVAFELDERN<br />
Mittlerweile arbeiten 35 Ingenieure auf<br />
drei Kontinenten für das deutsche Projekt.<br />
In Kürze beziehen die PT Scientists<br />
neue, größere Räume in Marzahn, unter<br />
anderem mit einem Mission-Control-<br />
Zentrum und einem Testfeld aus Eifel-<br />
Lava für den Rover. Nicht nur das Team,<br />
auch der Rover ist über die Jahre immer<br />
größer geworden. Ursprünglich war eine<br />
Kantenlänge von rund 30 Zentimetern<br />
geplant, heute ist der Rover einen Meter<br />
lang, 75 Zentimeter breit und 65 Zentimeter<br />
hoch. Auch die Kosten für die<br />
Mission wuchsen, sodass sich das Team<br />
Sponsoren suchen musste und schließlich<br />
mit Audi fündig wurden. Audi?<br />
„Die kennen sich aus mit Dingen, die auf<br />
vier Rädern auf unbekanntem Gelände<br />
fahren“, sagt Becker und grinst. In der<br />
aktuellen Rover-Version steckt entsprechende<br />
Technologie: Die Räder wurden<br />
dank 3D-Aluminium-Drucks denkbar<br />
leicht, die Motoren verbessert.<br />
Nur, wie übt man das Fahren auf unbekanntem<br />
Gelände? Der Mondboden<br />
ist nicht nur uneben, sondern auch staubig,<br />
was dem Getriebe gefährlich werden<br />
kann. Dazu kommen die drei Sekunden<br />
Verzögerung, bevor der Steuermann<br />
auf der Erde weiß, was seine Bemühungen<br />
ausgelöst haben. Die Wissenschaftler<br />
sind auf der Suche nach mondähnlichen<br />
Bedingungen unter anderem nach<br />
Teneriffa und in die Wüste von Katar<br />
gereist. Der Rover erzeugt aus den Daten<br />
seiner stereoskopischen Kameras ein<br />
Modell der Landschaft. Aber wenn nur<br />
ein Rad kurz durchdreht, stimmt die geplante<br />
Route nicht mehr.<br />
Und was, wenn sie den Preis am Ende<br />
nicht gewinnen? „Ach, damit kalkulieren<br />
wir schon lange nicht mehr“, sagt Becker.<br />
Längst habe sich gezeigt, dass sich die<br />
Arbeit der PT Scientists vermarkten ließe.<br />
Schon heute gibt es neben Spon soren<br />
erste Bezahlkunden, die für wissenschaftliche<br />
Experimente einen Platz reserviert<br />
haben. Der Lander ALINA kann<br />
bis zu 100 Kilogramm Nutzlast auf den<br />
Mond bringen. Das kostet pro Kilogramm<br />
800 000 Euro – ein Preis, den<br />
sich auch Uni-Institute leisten können.<br />
„Wir sind längst über den Wettbewerb<br />
hinausgewachsen“, sagt Becker. Und das<br />
ist der beste Beweis für den Erfolg des<br />
Wettstreits, der das Potenzial privater<br />
Raumfahrt zeigen will.<br />
FR<br />
EVA WOLFANGEL<br />
Robert Böhme (hinten, 3. v. r.) gründete die PT Scientists 2009. Inzwischen sind<br />
35 Ingenieure daran beteiligt, die private Mondlandung zu ermöglichen.<br />
Fotos: PT Scientists<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> MÄRZ <strong>2017</strong> 79
News RAUMFAHRT<br />
ESA-ASTRONAUT AUF DER ISS<br />
Erster Weltraumspaziergang für Pesquet<br />
Der französische ESA-Astronaut<br />
Thomas Pesquet hat am<br />
16. Januar seinen ersten Außenbordeinsatz<br />
an der Internationalen<br />
Raumstation ISS absolviert. Gemeinsam<br />
mit seinem NASA-Kollegen<br />
Shane Kimborough tauschte der<br />
38-Jährige die Nickel-Wasserstoff-<br />
Batterien, die die Energie der Solarpaneele<br />
der Station speichern, gegen<br />
neuere Lithium-Ionen-Akkus aus. Zudem<br />
bargen die beiden Raumfahrer<br />
eine fehlerhafte Kamera, installierten<br />
einen Schutz an einem unbenutzten<br />
Docking-Port und versetzten Handläufe<br />
für spätere Spacewalks. Der Arbeitseinsatz<br />
dauerte fünf Stunden<br />
und 58 Minuten. Pesquet startete am<br />
17. November 2016 zu seiner ersten<br />
ISS-Mission, für Mitte Mai ist seine<br />
Rückkehr zur Erde geplant.<br />
Foto: ESA/NASA<br />
NASA beschließt zwei<br />
Asteroiden-Missionen<br />
Mit den Sonden Lucy und Psyche will die NASA<br />
Erkenntnisse über die jüngere Vergangenheit unseres<br />
Sonnensystems gewinnen. Lucy (auf dem Bild links)<br />
soll im Oktober 2021 starten und sechs Trojaner-<br />
Asteroiden des Jupiter erkunden. Der Start der Raumsonde<br />
Psyche ist für 2023 geplant, das Ziel ist der<br />
Asteroid namens 16 Psyche im Hauptgürtel zwischen<br />
den Bahnen von Mars und Jupiter. 16 Psyche besteht<br />
nicht wie viele andere Asteroiden aus Eis oder Fels,<br />
sondern hauptsächlich aus Eisen und Nickel, ähnlich<br />
dem Erdkern. Die beiden Asteroidensonden sind Teil<br />
des Discovery-Programms der NASA. Ihre Entwicklung<br />
soll jeweils rund 450 Millionen Dollar kosten.<br />
So viel Nutzlast wie nie<br />
Der europäische Raketenbetreiber Arianespace hat im vergangenen<br />
Jahr einen neuen Rekord in Sachen beförderter Nutzlast gesetzt: Insgesamt<br />
27 Satelliten wurden 2016 ins All transportiert, zwei mehr als im Rekordjahr<br />
2012. Die kumulierte Masse beträgt 61,4 metrische Tonnen. Elf Raketen<br />
startete Arianespace 2016 erfolgreich von Kourou aus (sieben Ariane 5,<br />
zwei Sojus und zwei Vega),<br />
eine weniger als im Vorjahr.<br />
Der Umsatz lag nach Angaben<br />
des Unternehmens bei<br />
rund 1,4 Milliarden Euro.<br />
Seit Januar 2016 erhielt<br />
Arianespace nach eigenen<br />
Angaben 13 neue Startaufträge<br />
im Wert von 1,1 Milliarden<br />
Euro.<br />
Foto: Arianespace<br />
Foto: SwrI and SSL/Peter Rubin<br />
Das Triebwerk war schuld<br />
Der Fehlschlag der Rakete Sojus-U mit dem Frachter Progress MS-4 am<br />
1. Dezember 2016 geht laut der Moskauer Expertenkommission auf einen<br />
Defekt in der Herstellung des Triebwerks 11D55 (RD-0110) der dritten Raketenstufe<br />
zurück. Dadurch sei das Abtrennen des Raumschiffs nicht normal<br />
verlaufen, so Roskosmos. Nach dem Start in Baikonur waren die Drittstufe<br />
und der Frachter mit Versorgungsgütern für die ISS über Südsibirien verglüht.<br />
80 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
www.flugrevue.de
Foto: SpaceX Foto: SpaceX<br />
Das Jahr der Sentinel-Satelliten<br />
Erdbeobachtung steht auch <strong>2017</strong><br />
im Fokus der ESA. Dieses Jahr sollen<br />
drei weitere Sentinel-Satelliten<br />
im Rahmen des Copernicus-<br />
Programms starten: Sentinel-2B<br />
(Foto) am 7. März, Sentinel-5P ab<br />
Juni und Sentinel-3B im November.<br />
Ende des Jahres wird auch ADM-<br />
Aeolus in einen sonnensynchronen<br />
Orbit in rund 400 Kilometern<br />
Höhe gebracht, um von dort aus<br />
mit einem atmosphärischen Laser-<br />
Dopplerinstrument Windprofile<br />
auf der Erde zu beobachten.<br />
Aufträge für Boeing und SpaceX<br />
Die NASA hat jeweils zwei weitere bemannte Flüge bei<br />
SpaceX und Boeing gebucht. Die privaten Raumschiffe Crew<br />
Dragon (im Bild) und CST-100 Starliner sollen künftig Astronauten<br />
zur ISS bringen. Damit kommt jedes Unternehmen auf<br />
je sechs Aufträge.<br />
SpaceX und Boeing<br />
planen unbemannte<br />
Flüge zur ISS im November<br />
<strong>2017</strong> bzw.<br />
Juni 2018, die ersten<br />
bemannten Flüge sollen<br />
im Mai und August<br />
2018 stattfinden.<br />
Falcon 9 hebt wieder ab<br />
SpaceX hat am 14. Januar erstmals seit einem Unfall im September<br />
2016 wieder eine Falcon 9 gestartet. Die Rakete beförderte von<br />
Vandenberg, Kalifornien, aus zehn Iridium-Satelliten in eine niedrige<br />
Erdumlaufbahn. Im Rahmen der Mission landete die erste Stufe<br />
erfolgreich auf einem Drohnenschiff im Pazifik. Anfang Januar<br />
veröffentlichte SpaceX den Bericht zur Ursache der Explo sion vor<br />
dem Start am 1. September. Demnach hatte einer der drei Druckbehälter<br />
im Flüssigsauerstofftank der zweiten Stufe versagt.<br />
www.flugrevue.de<br />
Foto: ESA/Philippe Sebirot<br />
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Historie<br />
Die Navy-Ausführungen der Fairey<br />
IIIF hatten eine Dreimanncrew.<br />
Mädchen<br />
Fairey IIIF<br />
für alles<br />
Zwischen den beiden Weltkriegen gehörte die Fairey IIIF<br />
zu den meistgebauten britischen Militärflugzeugen.<br />
Sowohl die RAF als auch der Fleet Air Arm hatten den<br />
robusten Doppeldecker im Dienst.<br />
Der Prototyp der IIIF startete am 19. März 1926 zum<br />
Erstflug. Tests in Martlesham Heath folgten.<br />
VON KARL SCHWARZ /<br />
PHILIP JARRETT<br />
Nach dem Ende des Ersten<br />
Weltkriegs machte<br />
die Entwicklung neuer<br />
Militärflugzeuge auch in Großbritannien<br />
nur langsame Fortschritte. So konnte<br />
Fairey noch bei der kombinierten Ausschreibung<br />
19/24 für einen neuen dreisitzigen<br />
Aufklärer des Fleet Air Arm<br />
und ein zweisitziges Mehrzweckflugzeug<br />
der Royal Air Force auf seine IIIer-<br />
Familie zurückgreifen. Deren Prototyp<br />
war erstmals im September 1917 geflogen.<br />
Konkret wurde das Modell IIID als<br />
Basis genutzt, wobei man allerdings den<br />
Rumpf strömungsgünstiger gestaltete<br />
und auch die Motorverkleidung für den<br />
82 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
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Kurzinfo<br />
Baujahr: 1926 bis 1935<br />
Stückzahl: 622<br />
Herstellungsland:<br />
Großbritannien<br />
Fotos: Archiv Jarrett<br />
Die IIIF Mk IIIB mit Schwimmern flog von Kreuzern<br />
und Schlachtschiffen wie der HMS „Valiant“ aus.<br />
Napier Lion V deutlich verbesserte. Eine<br />
Besonderheit der Fairey-Muster waren<br />
die Wölbklappen, die für sehr gute<br />
Langsamflugeigenschaften sorgten.<br />
Fairey-Testpilot Norman Macmillan<br />
hob mit dem Prototyp der so entstandenen<br />
Fairey IIIF (Kennung N198) am 19.<br />
März 1926 vom Flugplatz in Northolt<br />
ab. Nach etwas über vier Flugstunden<br />
ging es nach Hamble, wo die Erprobung<br />
nach der Montage von Schwimmern am<br />
20. April fortgesetzt wurde. Zurückgerüstet<br />
auf ein normales Fahrwerk, standen<br />
dann ab September Versuche beim<br />
Aeroplane and Armament Experimental<br />
Establishment in Martlesham Heath an.<br />
Die Ergebnisse waren durchweg zufriedenstellend.<br />
Während die N198 noch<br />
eine Zelle in Gemischtbauweise aufwies<br />
(Flügel und Rumpf hinter dem Cockpit<br />
in Holz), war die Struktur des zweiten<br />
Prototyps ganz aus Metall. Die N225<br />
hob am 2. März 1927 wieder mit Macmillan<br />
am Steuer zum Erstflug ab. Sie<br />
nahm schon kurz danach an einem Vergleichsfliegen<br />
in Martlesham Heath teil,<br />
bei dem es um RAF-Aufträge gemäß<br />
Spezifikation 12/26 für einen Ersatz des<br />
D.H.9A-Bombers aus dem Ersten Weltkrieg<br />
ging. Sowohl die IIIF als auch die<br />
Westland Wapiti wurden im Juli 1927<br />
ausgewählt.<br />
In der Folge brachte Fairey zunächst<br />
zehn bereits im Bau befindliche IIID auf<br />
den IIIF-Standard. Sechs davon gingen<br />
im Dezember 1927 zur No. 47 Squadron<br />
der Royal Air Force in Khartum,<br />
wo sie für Patrouillen an der Sudangrenze<br />
verwendet wurden. Für den<br />
Fleet Air Arm entstanden unterdessen<br />
die ersten Serienmaschinen. Die IIIF<br />
Mk I (Erstflug am 27. Februar 1927)<br />
und die IIIF Mk II mit Lion-XIA-Motor<br />
(Erstflug am 18. August) hatten noch<br />
Holzflügel. Ihre Einführung bei Einsatzverbänden<br />
begann erst 1928.<br />
Die Fertigung der IIIF Mk IIIM mit<br />
Metallflügeln lief schließlich im März<br />
1929 an. Zehn der 114 gebauten Maschinen<br />
waren mit Doppelsteuer ausgerüstet.<br />
Am 6. Juni 1930 flog die Version<br />
IIIB, deren Zelle für den Start von Katapulten<br />
weiter verstärkt worden war.<br />
166 Flugzeuge wurden geliefert. Beim<br />
Fleet Air Arm dienten die IIIF mit Radfahrwerk<br />
auf allen Flugzeugträgern der<br />
Epoche und mit Schwimmern auf dem<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 83
Historie<br />
Technische Daten<br />
Fairey IIIF Mk I<br />
Hersteller: Fairey Aviation Company,<br />
Hayes, Großbritannien<br />
Besatzung: 3<br />
Antrieb: Napier-Lion-V-Zwölfzylinder<br />
Leistung: 335 kW (450 PS)<br />
Länge: 11,1 m<br />
Höhe: 3,85 m<br />
Spannweite: 13,95 m<br />
Leermasse: ca. 1780 kg<br />
Startmasse: ca. 2450 kg<br />
Höchstgeschwindigkeit: ca. 215 km/h<br />
Dienstgipfelhöhe: 6100 m<br />
Einsatzdauer: 3 bis 4 Stunden<br />
Bewaffnung: ein Vickers-MG im Rumpf,<br />
ein schwenkbares Lewis-MG im hinteren<br />
Cockpit, ca. 90 kg Bomben unter den<br />
Tragflächen<br />
In Chile flogen vier IIIF Mk I<br />
(Zeichnung) und eine Mk IIIB.<br />
Fotos: Archiv Jarrett, Zeichnung: Michele Marsan<br />
84 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
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Chile gehörte zu den Exportkunden der IIIF Mk I. Diese<br />
Fairey hatte noch den Lion-V-Motor mit 335 kW Leistung.<br />
Gebaut wurde die IIIF im Werk Hayes.<br />
Der Rumpf war ein Metallgerüst<br />
mit Holzleisten für die Bespannung.<br />
Schlachtschiff „Valiant“ sowie auf fünf<br />
Kreuzern. Zehn „Flights“ und nach einer<br />
Reorganisation dann fünf Aufklärungsstaffeln<br />
waren mit dem Muster<br />
ausgerüstet. Ab Mitte der 1930er Jahre<br />
wurden die IIIF aus der vordersten Linie<br />
abgezogen.<br />
Wie bereits erwähnt, nutzte die Royal<br />
Air Force zunächst einige aus der<br />
IIID entstandene IIIF. In Serie gebaut<br />
wurden anschließend die IIIF Mk IVC<br />
mit noch hohem Anteil an Holzstruktur<br />
und die Mk IVCM mit mehr Metallteilen.<br />
Der Metallanteil wurde in der Mk<br />
IVM weiter erhöht, und die Mk IVM/A<br />
war schließlich komplett aus Metall. Als<br />
letzte Variante gilt die Mk IVB, die alle<br />
Verbesserungen der Marineversion Mk<br />
IIIB aufwies.<br />
Die mit einem nach vorn feuernden<br />
MG, einem beweglichen MG und Bomben<br />
ausgerüstete Fairey IIIF war als<br />
„Polizeiflugzeug“ in den Kolonien gefragt,<br />
wo man keine gegnerischen Jäger<br />
fürchten musste. Neben Ägypten und<br />
Palästina diente das Muster in Transjordanien<br />
und in Aden (8, 14, 45, 47<br />
und 202 Squadron). In Großbritannien<br />
waren zudem zwei leichte Bomberstaffeln<br />
(35 und 207) mit der IIIF ausgerüstet.<br />
Ein Flugzeug stand für den „Prince<br />
of Wales“ bereit. Auch bei der RAF<br />
wurden die veralteten Fairey IIIF Mitte<br />
der 1930er Jahre aus den Einsatzverbänden<br />
abgezogen. Einige erhielten<br />
aber neue Aufgaben als Zielschlepper.<br />
Die IIIF Mk IVM flog bei<br />
der RAF im Nahen Osten.<br />
Insgesamt 243 IIIF wurden für die Royal<br />
Air Force gebaut.<br />
Trotz der hohen Produktionszahl<br />
war der Exporterfolg der Fairey IIIF bescheiden.<br />
Größter ausländischer Nutzer<br />
war Griechenland, das nach einer Vorführung<br />
im Sommer 1929 eine Mk II<br />
und zehn Mk IIIB kaufte sowie einige<br />
gebrauchte Flugzeuge erhielt. Argentinien<br />
stellte ab Januar 1929 sechs IIIF<br />
Mk IIIM in Dienst, die einen Lorraine-<br />
Dietrich-Motor erhielten. Dazu kamen<br />
1931 noch Chile (vier Mk I und eine<br />
Mk IIIB), Ägypten (eine Mk IIIB) und<br />
Neuseeland (zwei Mk IIIM).<br />
TESTS ALS ZIELDROHNE<br />
WAREN WENIG ERFOLGREICH<br />
Im Laufe der Jahre wurden verschiedene<br />
IIIF als Testträger für zahlreiche Motoren,<br />
darunter Junkers Jumo 205C,<br />
verwendet. Außerdem modifizierte Fairey<br />
drei Maschinen als unbemannte,<br />
ferngesteuerte Zieldrohnen (Spezifikation<br />
5/32). Der erste unbemannte Katapultstart<br />
einer sogenannten Fairey<br />
Queen am 30. Januar 1932 endete dabei<br />
nach wenigen Sekunden mit einem<br />
Absturz. Auch das zweite Flugzeug<br />
ging am 19. April beim ersten Start verloren.<br />
Nach weiteren Änderungen an<br />
der Steuerungs- und Stabilisierungsanlage<br />
gelangen indes auch längere Flüge,<br />
wobei die Maschine mit der Kennung<br />
S1490 im Mittelmeer mehrfach den Beschuss<br />
durch Schiffsgeschütze überstand.<br />
Die Erkenntnisse flossen anschließend<br />
in die Entwicklung der kleineren<br />
und billigeren Zieldrohne de Havilland<br />
„Queen Bee“ ein.<br />
FR<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 85
Service MODELLE, BÜCHER UND TERMINE<br />
[ 1 ]<br />
[ 3 ]<br />
[ 2 ]<br />
[ 4 ]<br />
Trumpeter<br />
Für alle Fans der US-Air-Force-<br />
Staffel „Thunderbirds“ hat Trumpeter<br />
ein bekanntes Modell aufgelegt:<br />
die Northrop T-38 Talon<br />
[ 1 ]. Zwischen 1974 und<br />
1983 flog die amerikanische<br />
Kunstflugstaffel die T-38, bevor<br />
die Umrüstung auf die – immer<br />
noch im Einsatz befindliche –<br />
F-16 Fighting Falcon erfolgte. Der<br />
Trumpeter-Bausatz überzeugt mit<br />
der gewohnten Qualität und ist<br />
erhältlich im Maßstab 1:48 (Art-<br />
Nr. 05809, ab 22,99 Euro).<br />
Herpa<br />
Miniaturmodellhersteller Herpa<br />
zeigt im neuen Jahr einige Neuheiten,<br />
darunter die Tupolew<br />
Tu-144 [ 3 ] im Maßstab 1:400.<br />
1983 stellte diese als „101“ designierte<br />
Tu-144D 14 verschiedene<br />
Höhen- und Geschwindigkeitsrekorde<br />
auf. Sie wurde in den<br />
1990er Jahren umfangreich überholt<br />
und auch von der NASA eingesetzt<br />
(Art-Nr. 562577, 37,95<br />
Euro). Bereits bekannt ist das<br />
Modell der Lockheed F-104<br />
Starfighter [ 2 ], jetzt ist die<br />
F-104 in der Lackierung der italienischen<br />
Luftwaffeneinheit 28°<br />
Gruppo, 3° Stormo „Strega“ erschienen.<br />
Das Wappen der Gruppe,<br />
eine Hexe auf einem mit einer<br />
Kamera bestückten Besen, ziert<br />
das Leitwerk der F-104 in 1:72<br />
(Art-Nr. 580205, ab 89,95 Euro).<br />
ICM<br />
Den Abschluss macht ein ebenfalls<br />
„Kalter Krieger“ in Form der<br />
MiG-25 RBT [ 4 ]. Aus neuen Formen<br />
gegossen, präsentiert ICM<br />
diesen Mach 2.82 schnellen Abfangjäger<br />
in 1:48 (Art-Nr. 48901,<br />
ab 40 Euro).<br />
Junkers Luftpost Robert von Greim<br />
Mit dem neuesten<br />
Junkers-Buch hat<br />
das Autorentrio<br />
Andersson, Endres<br />
und Mulder die<br />
aus bisher zwei<br />
Büchern bestehende<br />
Reihe zu den<br />
weit verbreiteten<br />
Ganzmetallflugzeugen<br />
komplett<br />
gemacht. Auf 192 Seiten und mit über 100 bisher<br />
unveröffentlichten Fotografien und Farbzeichnungen<br />
werden die Meilensteine des Dessauer Werks<br />
G 24, K 30 und G 31 ausführlich behandelt. Die<br />
Grundlage des Buchs bilden eine über 40 Jahre<br />
dauernde Recherche und der Zugriff auf offizielle<br />
Dokumente. Eine sehr lohnende Erweiterung für<br />
Junkers-Freunde.<br />
Erschienen bei EAM Books,<br />
ISBN 978-0-9573744-2-3-, erhältlich für<br />
ca. 42,80 Euro.<br />
„In diesem Buch lesen<br />
Sie ausschließlich<br />
wahre Geschichte.<br />
Keine abgedroschenen<br />
Kamellen, es ist<br />
viel Nie-Gehörtes<br />
dabei, das erstmals<br />
der Öffentlichlichkeit<br />
präsentiert wird.“<br />
Diese Passage aus<br />
dem Klappentext lässt einiges erhoffen. Und<br />
diese Hoffnung wird im neuen Buch von Andreas<br />
Fecker auch erfüllt. Spannend wie Krimis, haben<br />
die Luftfahrtgeschichten durchaus Suchtcharakter.<br />
Das Buch berührt nahezu alle Themen, die Luftfahrtfans<br />
interessieren: Unfälle, Schleudersitzausstieg,<br />
Fallschirme, Flugsicherung, Satellitentechnik,<br />
Airports und Airlines.<br />
Erschienen bei Koenemann.com,<br />
ISBN 978-3741919695, erhältlich für<br />
9,95 Euro.<br />
Für die Freunde<br />
anspruchsvoller<br />
Luftkriegsliteratur kam<br />
Band I über den letzten<br />
Oberbefehlshaber der<br />
Luftwaffe noch rechtzeitig<br />
für das Weihnachtsgeschäft<br />
auf den Markt.<br />
Aus dem Nachlass<br />
des Robert Greim, der<br />
kurz vor Kriegsende<br />
nach Verleihung des<br />
Max-Joseph-Ordens<br />
ein „Ritter von“ wurde, entwickelt Kurt Braatz<br />
einen Blick in das Leben eines der erfolgreichsten<br />
Jagdfliegers im Ersten Weltkrieg. Kleine<br />
Schnitzer wie die falsche Identitätsbezeichnung<br />
der Flugzeuge – die immer weiblich sind – dürfen<br />
verziehen werden und können die Vorfreude auf<br />
den Fortsetzungsband nicht trüben.<br />
Erschienen bei NeunundzwanzigSechs,<br />
ISBN 978-3-9818324-0-2, erhältlich für<br />
39,80 Euro.<br />
Wertung • • • • • Wertung • • • • Wertung • • • • • <br />
86 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> www.flugrevue.de
Foto: USAF<br />
Nach einigen Jahren Abstinenz kommen die Thunderbirds der US Air<br />
Force diesen Sommer wieder nach Europa. Aus Anlass des 70. Geburtstags<br />
der USAF treten sie vom 14. bis 16. Juli beim Royal International<br />
Air Tattoo in Fairford auf. Der größte Militärflugtag der Welt ist auch<br />
ein Ziel unserer Leserreisen. Neben den Thunderbirds erwartet die Besucher<br />
wie immer ein umfangreiches und spektakuläres Flugprogramm.<br />
Alle Termine der Thunderbirds und anderer bekannter Kunstflugteams finden<br />
Sie auf www.flugrevue.de.<br />
• 14. – 18. Februar<br />
Aero India,<br />
Air Force Station Yelahanka<br />
Bengaluru, Indien<br />
www.aeroindia.in<br />
• 25. – 26. Februar<br />
Royal New Zealand Air Force<br />
<strong>2017</strong> Air Tattoo<br />
RNZAF Base Ohakea,<br />
www.airforce.mil.nz/<br />
• 28. Februar – 5. März<br />
Australian International Airshow,<br />
Avalon<br />
Tel.: +61 3 5282 0500,<br />
E-Mail: airshow@amda.com.au;<br />
http://airshow.com.au/airshow<strong>2017</strong>/<br />
index.asp<br />
• 2. – 3. März<br />
U.T.SEC Nürnberg<br />
Unmanned Technologies and Security,<br />
Nürnberg Messe GmbH,<br />
Tel +49 911 86068749,<br />
www.utsec.de<br />
• 7. – 9. März<br />
HAI Heli-Expo<br />
Dallas, Texas, USA<br />
Helicopter Association International,<br />
Alexandria, VA 22314-2898,<br />
Tel. 001 7<strong>03</strong> 683 4646,<br />
E-Mail: heliexpo@rotor.org,<br />
http://heliexpo.rotor.org/<br />
• 17. – 18. März<br />
Yuma Airshow, Yuma, USA<br />
www.yumaairshow.com/<br />
• 21. – 25. März<br />
LIMA <strong>2017</strong><br />
Langkawi International Maritime and<br />
Aerospace Exhibition, Malaysia,<br />
http://www.limaexhibition.com/<br />
• 29. März – 2. April<br />
International Brazil Air Show<br />
Galeão Aeroporto Internacional Tom<br />
Jobim, Rio de Janeiro, Brasilien<br />
www.internationalbrazilairshow.com<br />
• 1. – 2. April<br />
Melbourne Air & Space Show,<br />
Florida, USA<br />
E-Mail: admission@air.show,<br />
http://airandspaceshow.com/<br />
• 4. – 6. April<br />
Aircraft Interiors Expo, Hamburg<br />
Tel.: +44 208271 2174, E-Mail: aixhamburg.helpline@reedexpo.co.uk,<br />
www.aircraftinteriorsexpo.com/<br />
• 4. – 9. April<br />
Sun‘n Fun Fly-in und Expo,<br />
Lakeland, Florida, USA<br />
www.flysnf.org<br />
• 5. – 8. April<br />
AERO, Friedrichshafen<br />
Messe Friedrichshafen,<br />
Neue Messe 1, 88046 Friedrichshafen,<br />
Tel.: +49 7541 708404,<br />
E-Mail: info@messe-fn.de,<br />
www.aero-expo.com<br />
• 14. – 16. April<br />
Classic Fighters Omaka Airshow,<br />
Blenheim, Neuseeland<br />
www.classicfighters.co.nz/<br />
• 6. – 7. Mai <strong>2017</strong><br />
Barksdale Airshow,<br />
Barksdale AFB, Louisiana, USA<br />
www.barksdaleafbairshow.com/<br />
• 7. Mai<br />
Season Premiere at<br />
Shuttleworth, Old Warden,<br />
Großbritannien<br />
www.shuttleworth.org/events/<br />
seasonpremiere/<br />
• 20. Mai<br />
Shuttleworth Classic Evening<br />
Airshow, Old Warden,<br />
Großbritannien<br />
www.shuttleworth.org/events/<br />
classiceveningmay/<br />
• 20. – 21. Mai<br />
Flugtage, Gera-Leumnitz<br />
Ronneburger Str. 74, 07546 Gera,<br />
www.grossflugtage.com/,<br />
flugtage-gera<br />
• 22. – 24. Mai<br />
17. EBACE, Genf, Schweiz<br />
European Business Aviation<br />
Association, Avenue de Tervuren,<br />
13 a-b/Box 5, 1040 Brüssel, Belgien,<br />
Tel.: +32 2 7660070,<br />
E-Mail: info-eu@ebace.aero,<br />
www.ebace.aero<br />
• 25. – 27. Mai<br />
HeliRussia <strong>2017</strong>, Crocus<br />
Exhibition Center, Moskau,<br />
Russland<br />
Crocus Expo IEC, Moscow Ring Road,<br />
143402, Krasnogorsk, Russland,<br />
Tel.: +7 495 926 3883,<br />
www.helirussia.ru/en/<br />
Impressum<br />
Vereinigt mit <strong>FLUG</strong>WELT INTERNATIONAL, WELTLUFTFAHRT<br />
AIR WORLD, <strong>FLUG</strong>SPORT und LUFTWAFFEN-FORUM<br />
(Hrsg: FREUNDESKREIS LUFTWAFFE e.V.) ISSN 0015-4547<br />
Redaktion <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong>, Leuschnerstraße 1, 70174 Stuttgart, E-Mail:<br />
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Krasnokholmskaya nab, App. 132, RU-115172 Moskau, Tel.: +7 495<br />
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<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> erscheint monatlich, Einzelheft € 5,50 (A: € 6,30, CH:<br />
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Luftfahrt zum Kombipreis mit rund 15 % Preisvorteil. Jahrespreis für<br />
Inland 12 Ausgaben <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> und 8 Ausgaben Klassiker der Luftfahrt<br />
€ 96,30 (A: € 107,60; CH: sfr 172,10; übrige Auslandspreise<br />
auf Anfrage).<br />
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das Abo mit einem Preisvorteil von 40 % gegenüber dem Kioskkauf<br />
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www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 87
Nachbrenner<br />
de Havilland Mosquito T.III<br />
Gut Holz<br />
Von KARL SCHWARZ; Foto: GAVIN CONROY<br />
Die Mosquito, das „hölzerne Wunder“<br />
von de Havilland, gehört heute zu den<br />
wahren Raritäten am Himmel. In Paul<br />
Allens Sammlung darf ein flugfähiges<br />
Exemplar natürlich nicht fehlen.<br />
Kurz nach Nikolaus war bei der Flying<br />
Heri tage Collection am Flugplatz Everett<br />
Bescherung: Die Spezialisten der Sammlung<br />
von Microsoft-Milliardär Paul Allen<br />
entpackten den Seecontainer aus Neuseeland und begannen<br />
damit, die bei Avspecs in Ardmore frisch wiederhergestellte<br />
Mosquito T.III (RAF-Kennung TV959) für den erneuten Zusammenbau<br />
vorzubereiten. Etwas über fünf Jahre hatten die<br />
Arbeiten an der 1945 im Werk Leavesden gebauten Zweimot<br />
88 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
www.flugrevue.de
Historie pur<br />
finden Sie im<br />
der Luftfahrt<br />
gedauert. Avspecs war ob des unerwartet schlechten Zustands<br />
der hölzernen Zelle vor einige Probleme gestellt, konnte aber<br />
auf die Erfahrungen mit der zuvor für Jerry Yagen restaurierten<br />
Mosquito KA114 aufbauen. Unter anderem baute man einige<br />
wichtige Teile gleich doppelt. Ansonsten beschleunigte der<br />
Rückgriff auf die Werkstätten von Glyn Powell das Verfahren.<br />
Für die Überholung der Merlin-Motoren zeichnete Vintage<br />
V12 verantwortlich. Bei so viel Expertise verlief der Erstflug<br />
am 26. September 2016 mit Dave Philipps und Keith Silling<br />
praktisch reibungslos. Nur<br />
wenige Anpassungsarbeiten<br />
und drei weitere Testflüge waren<br />
nötig, bis die einst im RAF-<br />
Museum zu sehende Mosquito den<br />
Weg in die USA antrat. Dort wird sie<br />
Mehr zur Restaurierung und<br />
Geschichte der Mosquito T.III lesen<br />
Sie im aktuellen Klassiker!<br />
Ausgabe 2/<strong>2017</strong><br />
jetzt am Kiosk<br />
erhältlich<br />
nun ihre endgültige Lackierung erhalten und wohl in der kommenden<br />
Saison bei den Flugtagen des Flying Heritage Museum<br />
der neue Star am Himmel sein.<br />
FR<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong> 89
Vorschau<br />
04/17<br />
Die neue <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> erscheint am 6. März <strong>2017</strong><br />
AW101-SPEZIALVERSION<br />
Der schwarze Retter<br />
Für Rettungsmissionen auch im gefährlichen Umfeld beschaffen sich die<br />
italienischen Luftstreitkräfte eine spezielle Version der AgustaWestland<br />
AW101. Wir haben die Einsatzstaffel in Cervia besucht.<br />
SPACESHIP TWO<br />
Zurück in die Zukunft<br />
Nach dem tödlichen Unfall im Oktober<br />
2014 hat Virgin Galactic die Erprobung<br />
ihres Raketenflugzeugs wieder aufgenommen.<br />
Wann gelingt der erste Flug<br />
an den Rand des Alls?<br />
A321 AUSGELIEFERT<br />
Iran Air Goes West<br />
Nach Aufhebung der Sanktionen<br />
will Iran Air seine Flotte mit hunderten<br />
fabrikneuen Airbus- und Boeing-<br />
Verkehrsjets modernisieren. Die<br />
Lieferung einer A321 machte den<br />
Anfang. Lässt sich das ambitionierte<br />
Programm realisieren?<br />
MODELLVIELFALT BEI RECARO<br />
Sitzgelegenheit<br />
Vom Luxussessel bis zum Economysitz<br />
benötigen die Airlines eine vielfältige<br />
Ausrüstung. Was der deutsche<br />
Hersteller Recaro zu bieten hat,<br />
zeigen wir in der nächsten Ausgabe.<br />
Fotos: Virgin Galactic, Airbus, Recaro, AgustaWestland Wir bitten um Verständnis, wenn angekündigte Beiträge aus aktuellen Gründen in eine andere Ausgabe verschoben werden.<br />
35-%-Aktion<br />
90 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> März <strong>2017</strong><br />
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