Psychosomatische Erkrankung als biographisches Ereignis am ...

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50 Psychosomatische Erkrankungen, Psychosomatik und Psychosomatische Medizin – ein Überblick Das Konversionsmodell wird. Der andere, ..., besteht darin, daß ein Begriff, hier der des Es, so erweitert und überdehnt wird, daß er eigentlich mit dem des Lebens schlechthin übereinstimmt.“ 200 Schließlich ergeht noch der Hinweis, dass der Konversionsbegriff innerhalb der Psychoanalyse inzwischen weiterentwickelt worden ist: „Rangell (1969) ... löst den Konversionsbegriff von dem der Hysterie und versteht unter Konversion ganz allgemein ‚eine Ableitung oder Verschiebung psychischer Energie von der Besetzung seelischer Prozesse zur Besetzung somatischer Inner- vationen‘.“ 201 Danach ist nach Rangells Meinung das entscheidende Kriterium in der Konversionsdiskussion das Faktum, dass sie abgewehrte Triebwünsche ausdrückt. 202 Wie bereits erwähnt wurde, findet man in der Literatur immer wieder die Abgrenzung der Konversionssymptomatik von den so genannten somatischen Äqivalenten: „Bereits beim Auf- und Ausbau der psychoanalytischen Neurosenlehre hat Freud beim Studium der Hysterie und der Angstneurose die grundverschiedene Entstehung von Körpersymptomen beschrieben, die bis in die Gegenwart hinein von der psychosomatischen Medizin übernommen wurde. Gemeint ist die Unterscheidung zwischen der Konversionssymptomatik und den psychischen Begleiterschein- ungen psychophysischer Gesamtreaktionen, etwa beim Phänomen der Angst.“ 203 Beim Studium der Hysterie beschrieb Freud dabei die Konversion von Affekten in Symptome kör- perlicher Art und war der Meinung, dass durch die Umsetzung unerträglicher Vorstellungen ins Körperliche ihre schädliche Wirkung aufgelöst wird. 204 Dabei gilt in Bezug auf die Organwahl: „1. Hysterische Organsymptome können sich grundsätzlich in allen Organen abspielen, ent- sprechend der allgemeinen Erogenität aller Organe. 200 Wesiack in Loch 1998, S. 296 201 Rangell 1969, zitiert nach Wesiack in Loch 1998, S. 297 202 vgl. Rangell, zitiert nach Wesiack in Loch 1998, S. 297 203 Wesiack in Loch 1998, S. 294 204 vgl. Wesiack in Loch 1998, S. 294

Psychosomatische Erkrankungen, Psychosomatik und Psychosomatische Medizin – ein Überblick Das Konversionsmodell 2. Zu einer Wahl (bei der Hysterie und allgemein bei allen Übertragungsneurosen), zu einer Festlegung der Symptomatologie an einem bestimmten Organ oder dessen Funktion, kommt es durch eine Fülle von Determinanten: Individuelle Fakten der Biographie, somatische wie psychische Traumen der ersten Lebensjahre, Eignung bestimmter Organe zur symbolischen Darstellung bestimmter psychischer Konflikte, Art des Abwehrmechanismus, Zeitpunkt und Stärke von Libidofixierungen und der sich daraus ergebenden Regression.“ 205 Beim Studium der Angstneurose hingegen entdeckte Freud ganz anders geartete körperliche Symptome, nämlich vasomotorische Störungen wie beispielsweise Tachykardien, Atmungsstö- rungen, Schwindelerscheinungen, Zittern und Schütteln, Schweißausbrüche, Heißhunger sowie Durchfälle und Parästhesien. 206 „Er schreibt, daß sich die Psyche so verhalte, ‚als projiziere sie die Erregung nach außen‘ und ‚das Nervensystem reagiert gegen eine innere Erregungsquelle, wie in dem entsprechenden Affekt gegen eine analoge äußere‘.“ 207 Der Unterschied besteht also darin, dass das Symptom bei der Hysterie durch Konversion entsteht und der Repräsentant eines Erlebnisses ist, das ins Unbewusste verdrängt wurde, wohingegen die Symptomgenese bei der Angstneurose durch Projektion der Angstquelle nach außen erklärt wird. Es kann aber auch sein, dass das Symptom im Bewusstsein überhaupt nicht vorhanden ist und einfach als somatisches Äquivalent eines psychischen Zustandes, der Angst, zu verstehen ist. 208 Interessanterweise wird diese Unterscheidung zwischen Konversion und somatischem Äqivalent heute noch gemacht: „Diese Unterscheidung Freuds von Konversion und Äquivalent wurde später von anderen Psychosomatikern bis in die Gegenwart hinein übernommen. Franz Alex- ander spricht in diesem Zusammenhang von ‚Konversion‘ und ‚vegetativer bzw. Organneurose‘ und Thure von Uexküll von ‚Ausdrucks- und Bereitstellungskrankheiten‘.“ 209 205 Wesiack in Loch 1998, S. 295, zitiert nach Cremerius 206 vgl. Wesiack in Loch 1998, S. 295 207 Freud 1985, zitiert nach Wesiack in Loch 1998, S. 295 208 vgl. Wesiack in Loch 1998, S. 295 209 Wesiack in Loch 1998, S. 295 51

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<strong>Psychosomatische</strong> <strong>Erkrankung</strong>en, Psychosomatik und <strong>Psychosomatische</strong> Medizin – ein Überblick<br />

Das Konversionsmodell<br />

wird. Der andere, ..., besteht darin, daß ein Begriff, hier der des Es, so erweitert und überdehnt<br />

wird, daß er eigentlich mit dem des Lebens schlechthin übereinstimmt.“ 200<br />

Schließlich ergeht noch der Hinweis, dass der Konversionsbegriff innerhalb der Psychoanalyse<br />

inzwischen weiterentwickelt worden ist: „Rangell (1969) ... löst den Konversionsbegriff von dem<br />

der Hysterie und versteht unter Konversion ganz allgemein ‚eine Ableitung oder Verschiebung<br />

psychischer Energie von der Besetzung seelischer Prozesse zur Besetzung somatischer Inner-<br />

vationen‘.“ 201<br />

Danach ist nach Rangells Meinung das entscheidende Kriterium in der Konversionsdiskussion<br />

das Faktum, dass sie abgewehrte Triebwünsche ausdrückt. 202<br />

Wie bereits erwähnt wurde, findet man in der Literatur immer wieder die Abgrenzung der<br />

Konversionssymptomatik von den so genannten somatischen Äqivalenten: „Bereits beim Auf-<br />

und Ausbau der psychoanalytischen Neurosenlehre hat Freud beim Studium der Hysterie und der<br />

Angstneurose die grundverschiedene Entstehung von Körpersymptomen beschrieben, die bis in<br />

die Gegenwart hinein von der psychosomatischen Medizin übernommen wurde. Gemeint ist die<br />

Unterscheidung zwischen der Konversionssymptomatik und den psychischen Begleiterschein-<br />

ungen psychophysischer Ges<strong>am</strong>treaktionen, etwa beim Phänomen der Angst.“ 203<br />

Beim Studium der Hysterie beschrieb Freud dabei die Konversion von Affekten in Symptome kör-<br />

perlicher Art und war der Meinung, dass durch die Umsetzung unerträglicher Vorstellungen ins<br />

Körperliche ihre schädliche Wirkung aufgelöst wird. 204<br />

Dabei gilt in Bezug auf die Organwahl:<br />

„1. Hysterische Organsymptome können sich grundsätzlich in allen Organen abspielen, ent-<br />

sprechend der allgemeinen Erogenität aller Organe.<br />

200 Wesiack in Loch 1998, S. 296<br />

201 Rangell 1969, zitiert nach Wesiack in Loch 1998, S. 297<br />

202 vgl. Rangell, zitiert nach Wesiack in Loch 1998, S. 297<br />

203 Wesiack in Loch 1998, S. 294<br />

204 vgl. Wesiack in Loch 1998, S. 294

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