Psychosomatische Erkrankung als biographisches Ereignis am ...
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44 Psychosomatische Erkrankungen, Psychosomatik und Psychosomatische Medizin – ein Überblick Psychoanalytische Modelle 1.4.2 Psychoanalytische Modelle Bevor im Rahmen dieser Arbeit für die Psychosomatik klassische psychoanalytische Modelle dargestellt werden, müssen zunächst einige grundsätzliche Gedanken zum Verhältnis von Psychoanalyse und Psychosomatik angeführt werden. Wesiack schreibt, dass das Verhältnis zwischen psychosomatischer Medizin und Psychoanalyse nicht unproblematisch sei, weil „... die Psychoanalyse eine psychologische Theorie und Methode und daher zwangsläufig einseitig und reduktionistisch ist.“ 177 „In der Medizin und natürlich auch in der psychosomatischen Medizin steht jedoch der Körper mit seinen psychologischen und pathologischen Strukturen und Prozessen im Zentrum des Ge- schehens“ 178 , wohingegen sich der Körper der psychoanalytischen Interpretationsmodelle ent- zieht. 179 Trotz dieses, nach Wesiack nicht unproblematischen Verhältnisses zwischen Psychoanalyse und psychosomatischer Medizin, ist es historisch bedeutsam „..., daß erst durch Freud eine Psycho- logie geschaffen wurde, die der Medizin einen Ansatzpunkt brachte, Krankhaftes zu verstehen und zu behandeln. Behauptet wird die Bedeutung der frühkindlichen Entwicklung für die Patho- genese, der Einfluß der sexuellen, aggressiven und überhaupt der emotionalen Faktoren auf das Seelenleben – um nur einige zu nennen.“ 180 Um in die psychoanalytischen Theorien psychosomatischer Erkrankungen einzuführen, soll im folgenden Abschnitt kurz skizziert werden, welche Bedeutung der Psychoanalyse für die Psycho- somatik grundsätzlich zukommt: „1. Seelisches und leibliches Erleben wird im Rahmen einer zeitlichen Entwicklungsreihe verstanden (...). Diese Reihe setzt in der frühen Kindheit ein und reicht bis in die Adoleszenz. Sie durchläuft verschiedene Stufen, Krisenpunkte, an die eine Fixierung möglich ist und auf die hin später wieder ein Rückschritt erfolgen kann: Regression. Der Entwicklungsweg in der Kindheit ist verbunden mit einer Reifung bestimmter Triebe, die in verschiedenen Triebstufen leibseelischer Reifung erfolgt. Partialtriebe sind oral, anal, urethral, phallisch. Mit den Partialtrieben sind mehr 177 Wesiack in Loch 1998, S. 291 178 Wesiack in Loch 1998, S. 291 179 vgl. Wesiack in Loch 1998, S. 291 180 Bräutigam & Christian 1981, S. 40
Psychosomatische Erkrankungen, Psychosomatik und Psychosomatische Medizin – ein Überblick Psychoanalytische Modelle oder weniger eng verbunden bestimmte Körperzonen, z. B. der Magen-Darm-Trakt, Atemtrakt, Urogenitaltrakt, Motorik. Die mit den Partialtrieben gegebenen leiblichen und seelischen Entwicklungsstufen beinhalten bestimmte Organmodi und bestimmte Haltungen: die des Auf- nehmens, der Ausscheidung, des Festhaltens, des Penetrierens und Zerstörens. Auch an diese Organmodi und seelische Haltungen kann eine Fixierung und auf sie hin kann eine Regression erfolgen. 2. Die Psychoanalyse gibt eine Hierarchie von seelischen Strukturen (topischer Gesichtspunkt, struktureller Gesichtspunkt). Dabei werden mehr oder weniger differenzierte leibnähere oder leibfernere Instanzen des Erlebens und Verhaltens gezeichnet: Primärprozeß - Sekundärprozeß; Unbewußtes - Vorbewußtes - Bewußtsein; Es - Ich - Über-Ich. In den verschiedenen Situati- onen des Lebens, den Zeiten der Harmonie oder der Krise, der gelungenen Leistung oder des Zusammenbruches überwiegen nun einmal die differenzierten und ein anderes Mal die elemen- taren Erlebnis- und Verhaltensstrukturen. Auch hier findet eine Progression im Sinne der Ent- wicklung einer differenzierten Leistung mit Intellektualisierung und Verbalisierung einerseits und einer Regression mit Somatisierungen statt. Aufbau und Abbau bedeuten hier De- sexualisierung oder Resexualisierung, Desomatisierung und Resomatisierung, im speziellen Fall Sublimierung (d.h. intellektuelle und verbale, künstlerische Umsetzung triebhafter, vor allem sexueller Impulse) oder Konversion ins Körperliche.“ 181 181 Bräutigam & Christian 1981, S. 40 f 45
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<strong>Psychosomatische</strong> <strong>Erkrankung</strong>en, Psychosomatik und <strong>Psychosomatische</strong> Medizin – ein Überblick<br />
Psychoanalytische Modelle<br />
1.4.2 Psychoanalytische Modelle<br />
Bevor im Rahmen dieser Arbeit für die Psychosomatik klassische psychoanalytische Modelle<br />
dargestellt werden, müssen zunächst einige grundsätzliche Gedanken zum Verhältnis von<br />
Psychoanalyse und Psychosomatik angeführt werden. Wesiack schreibt, dass das Verhältnis<br />
zwischen psychosomatischer Medizin und Psychoanalyse nicht unproblematisch sei, weil „... die<br />
Psychoanalyse eine psychologische Theorie und Methode und daher zwangsläufig einseitig und<br />
reduktionistisch ist.“ 177<br />
„In der Medizin und natürlich auch in der psychosomatischen Medizin steht jedoch der Körper<br />
mit seinen psychologischen und pathologischen Strukturen und Prozessen im Zentrum des Ge-<br />
schehens“ 178 , wohingegen sich der Körper der psychoanalytischen Interpretationsmodelle ent-<br />
zieht. 179<br />
Trotz dieses, nach Wesiack nicht unproblematischen Verhältnisses zwischen Psychoanalyse und<br />
psychosomatischer Medizin, ist es historisch bedeuts<strong>am</strong> „..., daß erst durch Freud eine Psycho-<br />
logie geschaffen wurde, die der Medizin einen Ansatzpunkt brachte, Krankhaftes zu verstehen<br />
und zu behandeln. Behauptet wird die Bedeutung der frühkindlichen Entwicklung für die Patho-<br />
genese, der Einfluß der sexuellen, aggressiven und überhaupt der emotionalen Faktoren auf das<br />
Seelenleben – um nur einige zu nennen.“ 180<br />
Um in die psychoanalytischen Theorien psychosomatischer <strong>Erkrankung</strong>en einzuführen, soll im<br />
folgenden Abschnitt kurz skizziert werden, welche Bedeutung der Psychoanalyse für die Psycho-<br />
somatik grundsätzlich zukommt:<br />
„1. Seelisches und leibliches Erleben wird im Rahmen einer zeitlichen Entwicklungsreihe<br />
verstanden (...). Diese Reihe setzt in der frühen Kindheit ein und reicht bis in die Adoleszenz. Sie<br />
durchläuft verschiedene Stufen, Krisenpunkte, an die eine Fixierung möglich ist und auf die hin<br />
später wieder ein Rückschritt erfolgen kann: Regression. Der Entwicklungsweg in der Kindheit ist<br />
verbunden mit einer Reifung bestimmter Triebe, die in verschiedenen Triebstufen leibseelischer<br />
Reifung erfolgt. Partialtriebe sind oral, anal, urethral, phallisch. Mit den Partialtrieben sind mehr<br />
177 Wesiack in Loch 1998, S. 291<br />
178 Wesiack in Loch 1998, S. 291<br />
179 vgl. Wesiack in Loch 1998, S. 291<br />
180 Bräutig<strong>am</strong> & Christian 1981, S. 40