Psychosomatische Erkrankung als biographisches Ereignis am ...
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422 Interpretationen des gewonnenen Datenmaterials – Ergebnisse des Forschungsprojekts… Interview 10 mit Frau K er ja erst geschlafen und er hat dann mitbek- nein mein Mann hat ihn dann aufgeweckt wie die / mich geholt haben, ... er hat ihn dann aufgeweckt und hat gesagt `die Mama kommt ins Krankenhaus.´ - - und also er hat die Woche die ich im Krankenhaus war nicht gelitten, ... danach ... hat er vielleicht darunter gelitten dass ich einfach nicht ... dass wenig Zeit für ihn war weil ich: meinen Mann zu sehr in Anspruch genommen habe! ... ich habe praktisch alles ... an mich gezogen - - und ... für ihn war wenig Zeit übrig! ... das ist für ein Kind schon ... ein großes Stück wenn für ihn zu wenig Zeit da ist!“ 1729 Interessant erscheint auch die Einschätzung von Frau K, dass ihr Sohn womöglich Anteile ihres ängstlichen Verhaltens in Form von Sensibilität übernommen haben könnte: „nur habe ich so ein bisschen das Gefühl dass er etwas abbekommen hat von mir, dass ich ihm ein bisschen etwas mitgegeben: habe denn er ist sehr sensibel, ... und - - - er ist einfach so anders wie die anderen Jungen, er eckt auch immer wieder an! ... er kommt nicht so in die Mannschaft hinein: - - - er hat einen behinderten Freund - - und einen der ... zwei Jahre jünger ist ... aber so in der Klassengemeinschaft hat er eigentlich keinen Freund ... da kommt er nicht klar mit seinen Ideen und Vorstellungen und mit seiner Art wie er ist; er hat auch grundsätzlich nur mit Mädchen gespielt, er ist bei den Jungs nie akzeptiert worden, dazu war er zu sensibel zu brav und einfach zu mädchenhaft!“ 1730 Frau K ist in diesem Zusammenhang der Meinung, dass ihr Sohn sie häufig übersensibel erlebt habe, indem sie in Belastungssituationen oft gebrüllt und anschließend geweint habe – wenn sie könnte, würde sie diese Tatsache rückgängig machen. 1731 Wäre tatsächlich davon auszugehen, dass die ängstliche Grundpersönlichkeit der Patientin in Verbindung mit Phasen massiverer Angst zu diesen Verhaltensweisen geführt haben, die der Sohn am Modell erlernt hat, könnte man tatsächlich behaupten, dass die Herzangst von Frau K im weitesten Sinne eine drastische Auswirkung auf die Entwicklung des Kindes gehabt hätte – ein Umstand, der nicht von der Hand zu weisen ist und in Kapitel 2 bereits theoretisch diskutiert wurde. Frau K ist aus der Retrospektive insgesamt der Meinung, dass ihre Erkrankung die ganze Familie aus dem Gleichgewicht gebracht habe: „... schon die Pläne mit dem Junior wie wir die Erziehung machen wollten wie wir das alles geplant hatten und ... nervlich habe ich dann; ... bei der Geburt 1729 Interview 10, S. 16 f 1730 Interview 10, S. 18 1731 vgl. Interview 10, S. 18 f
Interpretationen des gewonnenen Datenmaterials – Ergebnisse des Forschungsprojekts… Interview 10 mit Frau K lief es schief weil es nicht so gelaufen ist wie es geplant war, dann ... bei der Erziehung ... waren die Nerven nicht dazu da dass ich das so gemacht hätte wie es besprochen war, ... und dadurch dass dann zu viel Zeit für mich verbraucht wurde, also ... es ging (Versprecher) eigentlich alle Pläne durcheinander!“ 1732 Das Ehe- und Familienleben der Patientin stand und steht also deutlich im Schatten ihrer herzneurotischen Angsterkrankung – die Krankheit ist ein Ereignis, das in dieser Kategorie nahezu alles zu bestimmen scheint. Im Bereich des sozialen Umfeldes und der Freizeit gilt, dass die Herzneurose der Patientin auch hier beeinträchtigend wirkt, weil Frau K aufgrund ihrer Erkrankung wenig Kontakte zu anderen Menschen zu haben scheint, weil sie in Gesprächen immer über ihre Symptomatik spricht und sich dies danach vorwirft, denn sie denkt, andere Menschen zu belasten oder zu langweilen, wenn sie immer so jammernd dastehe. 1733 Zwar war sie auch vor dem Auftreten ihrer akuten Panikstörung mit wenigen Menschen befreundet – sie selbst begründet diesen Zustand mit der mangelnden Zeit während ihres Berufslebens, 1734 aber die Erkrankung selbst leistet ihren Beitrag zur Isolation: „... und in der Situation wie ich damals war wenn man also psychisch: so unten ist und körperlich dann traut man sich auch nicht also ich: jedenfalls habe das so empfunden ich traute mich da auch nicht unter die Leute, ich musste zwar heraus aus meinem Loch - - aber ... wenn ich dann zu jemandem hingegangen bin ... und ich habe ein bisschen etwas von mir erzählt dann habe ich mir hinterher immer Vorwürfe gemacht `jetzt hast du ihm wieder schön die Ohren voll gejammert!´ und habe mir hinterher gewünscht das ihm nicht: erzählt zu haben, ... das war mir hinterher immer ... leid: das erzählt zu haben in dem Moment: fühlt man sich so wie jetzt man fühlt sich irgendwie wohl: man fühlt sich verstanden wenn man erzählt und hinterher denkt man `Shit! also das hättest du ja nicht alles erzählen brauchen das und das nicht unbedingt!´ oder so, also ich habe mir hinterher wieder Gedanken gemacht dann wenn einmal der Fall war: deswegen bin ich gar nicht gerne irgendwo hingegangen - - - und .... darum war in der Situation einfach schwierig Kontakt zu finden!“ 1735 1732 Interview 10, S. 21 1733 vgl. Interview 10, S. 22 1734 vgl. Interview 10, S. 21 1735 Interview 10, S. 21 f 423
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Interpretationen des gewonnenen Datenmateri<strong>als</strong> – Ergebnisse des Forschungsprojekts…<br />
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er ja erst geschlafen und er hat dann mitbek- nein mein Mann hat ihn dann aufgeweckt wie die<br />
/ mich geholt haben, ... er hat ihn dann aufgeweckt und hat gesagt `die M<strong>am</strong>a kommt ins<br />
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danach ... hat er vielleicht darunter gelitten dass ich einfach nicht ... dass wenig Zeit für ihn war<br />
weil ich: meinen Mann zu sehr in Anspruch genommen habe! ... ich habe praktisch alles ... an<br />
mich gezogen - - und ... für ihn war wenig Zeit übrig! ... das ist für ein Kind schon ... ein großes<br />
Stück wenn für ihn zu wenig Zeit da ist!“ 1729<br />
Interessant erscheint auch die Einschätzung von Frau K, dass ihr Sohn womöglich Anteile ihres<br />
ängstlichen Verhaltens in Form von Sensibilität übernommen haben könnte: „nur habe ich so ein<br />
bisschen das Gefühl dass er etwas abbekommen hat von mir, dass ich ihm ein bisschen etwas<br />
mitgegeben: habe denn er ist sehr sensibel, ... und - - - er ist einfach so anders wie die anderen<br />
Jungen, er eckt auch immer wieder an! ... er kommt nicht so in die Mannschaft hinein: - - - er<br />
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gespielt, er ist bei den Jungs nie akzeptiert worden, dazu war er zu sensibel zu brav und einfach<br />
zu mädchenhaft!“ 1730<br />
Frau K ist in diesem Zus<strong>am</strong>menhang der Meinung, dass ihr Sohn sie häufig übersensibel erlebt<br />
habe, indem sie in Belastungssituationen oft gebrüllt und anschließend geweint habe – wenn sie<br />
könnte, würde sie diese Tatsache rückgängig machen. 1731 Wäre tatsächlich davon auszugehen,<br />
dass die ängstliche Grundpersönlichkeit der Patientin in Verbindung mit Phasen massiverer<br />
Angst zu diesen Verhaltensweisen geführt haben, die der Sohn <strong>am</strong> Modell erlernt hat, könnte<br />
man tatsächlich behaupten, dass die Herzangst von Frau K im weitesten Sinne eine drastische<br />
Auswirkung auf die Entwicklung des Kindes gehabt hätte – ein Umstand, der nicht von der Hand<br />
zu weisen ist und in Kapitel 2 bereits theoretisch diskutiert wurde.<br />
Frau K ist aus der Retrospektive insges<strong>am</strong>t der Meinung, dass ihre <strong>Erkrankung</strong> die ganze F<strong>am</strong>ilie<br />
aus dem Gleichgewicht gebracht habe: „... schon die Pläne mit dem Junior wie wir die Erziehung<br />
machen wollten wie wir das alles geplant hatten und ... nervlich habe ich dann; ... bei der Geburt<br />
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