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Psychosomatische Erkrankung als biographisches Ereignis am ...

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Interpretationen des gewonnenen Datenmateri<strong>als</strong> – Ergebnisse des Forschungsprojekts…<br />

Interview 9 mit Herrn J<br />

entweder Sie sehen zu dass es weggeht oder Sie müssen in Dresden ins Krankenhaus gehen das<br />

ist eine Arrhythmie!´ sagt meine Frau `wir fahren nach Hause!´“ 1691<br />

Offensichtlich stellt die Herzneurose des Patienten <strong>als</strong>o hinsichtlich der Freizeitgestaltung eine<br />

deutliche Einschränkung („... was mich das erste Jahr geärgert hat dass ich nicht mehr in den<br />

Kaukasus: fahren kann weil das so herrlich ist!“ 1692 ) dar – interessanterweise kann Herr J mit<br />

diesem Einschnitt aber nach Ansicht des Interpreten gut umgehen, hat ihn <strong>als</strong>o in sein Leben<br />

integriert: „... ich meine ob man nun ob ich jetzt auf diese Menschen verzichte oder vielleicht in<br />

zehn Jahren weil ich <strong>als</strong> Krüppel mich sowieso nicht mehr bewegen kann das ist ja auch: egal<br />

eigentlich ja?“ 1693<br />

Ferner gibt Herr J an, schließlich noch immer die Möglichkeit zu haben, mit seinen Freunden zu<br />

telefonieren – in diesem Zus<strong>am</strong>menhang macht er auch darauf aufmerks<strong>am</strong>, dass andere Men-<br />

schen mit zunehmendem Alter auch störend sein können, wenn man viel Kontakt zu ihnen<br />

hat. 1694<br />

Es bleibt darauf aufmerks<strong>am</strong> zu machen, dass nach Ansicht des Interpreten nicht eindeutig ge-<br />

sagt werden kann, ob derartige, das Leiden unter der Herzneurose relativierende Äußerungen des<br />

Patienten, die Integration der <strong>Erkrankung</strong> ins alltägliche Leben sowie das bestmögliche Arrange-<br />

ment mit den Symptomatiken belegen, oder ob es sich hierbei um Mechanismen des Coping<br />

handelt, möglicherweise sind auch Anteile aus beiden Bereichen vorhanden. Zumindest jedoch<br />

steht der Verdacht im Raum, dass teilweise eine echte Integration der <strong>Erkrankung</strong> in das Leben<br />

des Patienten stattgefunden hat – auch wenn diese Vermutungen auf dem Gefühl des Inter-<br />

preten beruhen, der Herrn J im Gespräch persönlich kennen gelernt und non-verbale Signale<br />

empfangen hat, die eine Interpretation in diese Richtung zulassen, die aber mittels narrativer<br />

Interviews nicht eingefangen werden können – so wirkt Herr J beispielsweise in sämtlichen<br />

Äußerungen authentisch.<br />

Eine letzte Auswirkung der Herzneurose auf das soziale Umfeld kann schließlich in einer<br />

gewissen Beanspruchung bestimmter Mitmenschen gesehen werden, die auf der Angst beruht,<br />

welche durch die <strong>Erkrankung</strong> entsteht: „... und wenn ich zu Hause bin und es passiert mir etwas<br />

1691 Interview 9, S. 15 f<br />

1692 Interview 9, S. 20<br />

1693 Interview 9, S. 20<br />

1694 vgl. Interview 9, S. 20<br />

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