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Psychosomatische Erkrankung als biographisches Ereignis am ...

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Interpretationen des gewonnenen Datenmateri<strong>als</strong> – Ergebnisse des Forschungsprojekts…<br />

Interview 6 mit Frau F<br />

Trotz des Muts ist die Angst im Alltag der Frau F permanent präsent, sie erwähnt zum Beispiel,<br />

dass sie noch immer pflanzliche Beruhigungsmittel bei sich trage, 1516 im weiteren Gespräch<br />

stellt die Patientin sogar die Frage, ob eine kardiale Angsttstörung tatsächlich zu einem Herzin-<br />

farkt führen könne – wenn dies so wäre, läge Frau F <strong>am</strong> Abend des Interviews ihrer Befürchtung<br />

nach wieder mit Panik im Bett. 1517<br />

Bewertet man die Ges<strong>am</strong>tsituation, gelangt man zu der Einsicht, dass der Alltag der Frau F im<br />

Schatten ihrer Herzangst zu stehen scheint – die Patientin sagt, dass ihre Angst im Großen und<br />

Ganzen die alltägliche Lebensführung behindert habe und dies noch immer tut, dass ihr dieser<br />

Umstand vor dem Gespräch jedoch nicht derartig bewusst gewesen sei: 1518 „du hast es im<br />

Hinterkopf! ... das ist wirklich immer da der Gedanke ...“. 1519<br />

Und obwohl die Patientin selbst sagt, dass sie nie gedacht hätte, in ihrer Lebensführung einge-<br />

schränkt zu sein, 1520 schildert sie anhand eines für einen nicht herzneurotischen Patienten<br />

banalen alltäglichen Vorganges, wie sehr sie im Lebensvollzug behindert war. Und so unwichtig<br />

dieses Beispiel objektiv gesehen sein mag, so bedeutungsvoll erscheint es im Zus<strong>am</strong>menhang mit<br />

der ursprünglichen Aussage der Patientin, sie sei nicht eingeschränkt gewesen: „<strong>als</strong>o ich habe<br />

jahrelang nur koffeinfreien Kaffee getrunken ... und jetzt seit einem Jahr trinke ich jetzt wieder<br />

Espresso Cappuccino das habe ich mir jahrelang verkniffen obwohl ich das so gerne mag ja? ...<br />

wenn wir <strong>am</strong> Nachmittag zum Kaffeetrinken eingeladen waren ich habe mir dann wirklich einen<br />

Tee gekocht oder habe mir ein Wasser eingeschenkt weil ich Angst davor hatte dass nachts<br />

wieder etwas kommt! ... ich habe mir das verkniffen! ... das ist eine Einschränkung!“ 1521<br />

Das Berufsleben der Frau F hingegen scheint weniger durch das Diktat der Herzneurose be-<br />

stimmt zu sein, zu Beginn des Interviews räumt die Patientin ein, dass sie lediglich an den Tagen<br />

nach den abendlichen Anfällen müde gewesen sei, weil ihr einige Stunden Schlaf gefehlt<br />

hätten. 1522<br />

Ansonsten schreibt Frau F diesen geringen Einfluss ihrem Verantwortungsgefühl zu: „das wäre<br />

gar nicht gegangen ich habe halt immer gedacht ... ich kann mir da gar nicht erlauben oder gar<br />

1516 vgl. Interview 6, S. 13<br />

1517 vgl. Interview 6, S. 14<br />

1518 vgl. Interview 6, S. 19<br />

1519 Interview 6, S. 21<br />

1520 vgl. Interview 6, S. 21<br />

1521 Interview 6, S. 23 f<br />

1522 vgl. Interview 6, S. 4<br />

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