Psychosomatische Erkrankung als biographisches Ereignis am ...
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284 Erhebung, Transkription und Interpretation – das Forschungsdesign der Arbeit Das Interpretationsverfahren der Arbeit kann. Der eigentliche erste Interpretationsschritt ist aber der wesentliche Inhalt und bedarf da- her der genauen Explikation. Dies ist Ziel des folgenden Abschnitts. Dazu ist es zunächst notwendig, in die Grundlagen der Hermeneutik einzuführen, um dann auf den Interpretationsansatz von Bittner einzugehen, der sich dieser geisteswissenschaftlichen Methode bedient. Zunächst gilt: Das Wort ‚Hermeneutik‘ drückt aus, dass etwas zum Verstehen gebracht werden soll, daß Verstehen vermittelt werden soll. 1198 „Unter Hermeneutik haben wir somit die »Kunst der Auslegung« zu verstehen.” 1199 Dabei ist Hermeneutik gleichzeitig Auslegungskunst und Theorie der Auslegung. 1200 „Verstehen im hermeneutischen Sinn erstreckt sich jedoch nicht nur auf Texte. Vielmehr können wir ganz allgemein und vorwegnehmend sagen, daß wir immer dann hermeneutisch vorgehen, wenn wir mit Menschen und mit menschlichen Produkten im weitesten Sinn umgehen.” 1201 Allerdings muss beachtet werden, dass es keine einheitliche Theorie der Hermeneutik gibt. 1202 Zentraler Begriff der Hermeneutik ist der des Verstehens. Wir verstehen ständig, beispielsweise die Gesten anderer Menschen oder deren Worte, wir verstehen Aufforderungen der Werbung, wir verstehen eine Melodie oder einen geistigen Zusammenhang. Dabei ist Verstehen das Erkennen einer Sache als etwas Menschliches, gleichzeitig erfassen wir beim Verstehen die Bedeutung dieser Sache – beispielsweise erkennt man Laute als Worte und erfasst dabei deren Bedeutung. Also erkennt man beim Verstehen ein Inneres aus Zeichen, wobei diese Zeichen von außen gegeben sind – und zwar sinnlich, weil wir sie über unsere Sinne erfahren. Die genannten Zeichen weisen also sowohl ein Äußeres als auch ein Inneres auf. Verstehen bedeutet nun, 1198 vgl. Danner 1998, S. 31 1199 Danner 1998, S. 31 1200 vgl. Ritzel 1970, zitiert nach Danner 1998, S. 32 1201 vgl. Diemer 1977, zitiert nach Danner 1998, S. 32 1202 vgl. Broecken in Ellwein und andere 1975, zitiert nach Danner 1998, S. 33
Erhebung, Transkription und Interpretation – das Forschungsdesign der Arbeit Das Interpretationsverfahren der Arbeit mittels des Äußeren ein Inneres erkennen zu können, wobei sich das Innere als Sinn und Be- deutung zeigt, das Äußere kann als Ausdruck dieses Sinns verstanden werden. 1203 „Hermeneutisches Verstehen ist in erster Linie Sinn-Verstehen. Psychologisches Einfühlen, Sich- hineinversetzen in den anderen macht darum nicht das gesamte hermeneutische Verstehen aus; es kann als Sonderfall von Verstehen begriffen werden.” 1204 Danner unterscheidet weiterhin zwischen elementarem Verstehen, das automatisch und ohne Anstrengung abläuft und dem höheren Verstehen, das bewusst und aktiv stattfindet. 1205 Allerdings stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser Unterscheidung, denn „Der Ver- stehensvorgang bleibt ... beim höheren wie beim elementaren Verstehen im Prinzip immer derselbe: Etwas wird als etwas verstanden.” 1206 Wie aber ist es möglich, etwas zu verstehen, was ein anderer Mensch hervorgebracht hat? Verstehen ist nur aufgrund des objektiven Geistes möglich; dieser ist als etwas Gemeinsames zu verstehen, er ist ein verbindendes Drittes, die einzelnen Menschen partizipieren an ihm. Deshalb ist der objektive Geist etwas Verbindliches, wir können nicht beliebig darüber verfügen, er ist uns also vorgegeben, weil wir in jene Sphäre der Gemeinsamkeiten letztlich hineingeboren wurden. 1207 „Zum »objektiven Geist« gehört die Gemeinsamkeit aller Lebensbezüge, wie Dilthey mit Wort, Satz, Gebärde, Höflichkeitsformel, Kunstwerk und historischer Tat andeutet, also nicht nur die Sprache.” 1208 Zu beachten ist ferner, dass der objektive Geist kulturell und historisch bedingt ist, d. h. er ist geschichtlich. Bezüglich des Verstehens gilt daher, dass es sich immer um Verstehen von Geschichtlichem handelt, weil dieses, das Verstehen ermöglichende Gemeinsame, ein geschicht- lich Gewordenes darstellt. Verstehen ist also selbst auch geschichtlich; allgemeingültiges Ver- 1203 vgl. Danner 1998, S. 34 ff 1204 vgl. Diemer in Diemer 1971, zitiert nach Danner 1998, S, 44 1205 vgl. Danner 1998, S, 44 ff 1206 Danner 1998, S. 45 1207 vgl. Danner 1998, S. 47 f 1208 Danner 1998, S. 49 285
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Das Interpretationsverfahren der Arbeit<br />
kann. Der eigentliche erste Interpretationsschritt ist aber der wesentliche Inhalt und bedarf da-<br />
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Dazu ist es zunächst notwendig, in die Grundlagen der Hermeneutik einzuführen, um dann auf<br />
den Interpretationsansatz von Bittner einzugehen, der sich dieser geisteswissenschaftlichen<br />
Methode bedient.<br />
Zunächst gilt: Das Wort ‚Hermeneutik‘ drückt aus, dass etwas zum Verstehen gebracht werden<br />
soll, daß Verstehen vermittelt werden soll. 1198 „Unter Hermeneutik haben wir somit die »Kunst der<br />
Auslegung« zu verstehen.” 1199 Dabei ist Hermeneutik gleichzeitig Auslegungskunst und Theorie<br />
der Auslegung. 1200<br />
„Verstehen im hermeneutischen Sinn erstreckt sich jedoch nicht nur auf Texte. Vielmehr können<br />
wir ganz allgemein und vorwegnehmend sagen, daß wir immer dann hermeneutisch vorgehen,<br />
wenn wir mit Menschen und mit menschlichen Produkten im weitesten Sinn umgehen.” 1201<br />
Allerdings muss beachtet werden, dass es keine einheitliche Theorie der Hermeneutik gibt. 1202<br />
Zentraler Begriff der Hermeneutik ist der des Verstehens. Wir verstehen ständig, beispielsweise<br />
die Gesten anderer Menschen oder deren Worte, wir verstehen Aufforderungen der Werbung,<br />
wir verstehen eine Melodie oder einen geistigen Zus<strong>am</strong>menhang. Dabei ist Verstehen das<br />
Erkennen einer Sache <strong>als</strong> etwas Menschliches, gleichzeitig erfassen wir beim Verstehen die<br />
Bedeutung dieser Sache – beispielsweise erkennt man Laute <strong>als</strong> Worte und erfasst dabei deren<br />
Bedeutung. Also erkennt man beim Verstehen ein Inneres aus Zeichen, wobei diese Zeichen von<br />
außen gegeben sind – und zwar sinnlich, weil wir sie über unsere Sinne erfahren. Die genannten<br />
Zeichen weisen <strong>als</strong>o sowohl ein Äußeres <strong>als</strong> auch ein Inneres auf. Verstehen bedeutet nun,<br />
1198 vgl. Danner 1998, S. 31<br />
1199 Danner 1998, S. 31<br />
1200 vgl. Ritzel 1970, zitiert nach Danner 1998, S. 32<br />
1201 vgl. Diemer 1977, zitiert nach Danner 1998, S. 32<br />
1202 vgl. Broecken in Ellwein und andere 1975, zitiert nach Danner 1998, S. 33