Psychosomatische Erkrankung als biographisches Ereignis am ...

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276 Erhebung, Transkription und Interpretation – das Forschungsdesign der Arbeit Das narrative (Leitfaden-)Interview als Spezialform qualitativer Interviews… In Phase 1 wird der Interviewte über die Technik und Funktionsweise des narrativen Interviews aufgeklärt, weil es wichtig erscheint, über das Ziel derartiger Befragungen zu informieren. Diese Basisinformationen finden bei allen Interviewpartnern bereits bei der ersten Kontaktaufnahme am Telefon oder in der Klinik statt, weil durch das Erklären des Erhebungsvorganges ein erstes Vertrauen aufgebaut werden kann und gleichzeitig der zeitlich offene Rahmen genannt wird, denn schließlich bestimmt der Befragte die Länge des Interviews. Phase 2 wird derartig umgesetzt, dass alle Interviewpartner darüber informiert werden, dass sie Ihre Erkrankung und das Leben mit ihr unter der Grundsatzfrage erläutern sollen, was die Krankheit aus ihrem Leben gemacht hat und wie sich der Patient auf die Krankheit eingelassen, was er aus ihr gemacht hat. Dabei ergeht die freundliche Aufforderung, doch einfach zu er- zählen und ohne Zwang wichtige Ereignisse und Zusammenhänge darzustellen und dabei be- sonders auf die Auswirkungen auf die im Leitfaden genannten Bereiche zu achten, die dem Interviewteilnehmer vor der Befragung erläutert werden. Phase 2 entspricht dem Setzen des Er- zählstimulus bei Glinka, der Inhalt des Leitfadens wird im Überblick vermittelt. In Phase 3 formulieren die Befragten in möglichst ununterbrochener Art und Weise ihre Stegreiferzählung, wobei das Eingreifen des Interviewers zum Beispiel dann legitimiert erscheint, wenn sich das Interview zu einem ‚Gespräch‘ entwickelt oder wenn sich das Erzählen schleppend gestaltet. In Phase 4, und bei Bedarf in allen anderen Phasen der Befragung, kommt der Leitfaden zum Einsatz und beleuchtet nach dem Ausräumen eventueller Unklarheiten bezüglich des Interview- inhaltes die die vorliegende Arbeit besonders interessierenden Bereiche des Lebens. Dabei wird nicht streng jede Frage gestellt, sondern es kommt darauf an, welche Bereiche für den Gesamt- kontext des Interviews noch wichtig erscheinen. Auch hier erhält der Befragte wieder Gelegen- heit zur freien Narration. Eine Bilanzierung des Gesamtgesprächs in der Form einer 5. Phase geschieht in der Regel automatisch während der Interviewsituation und muss daher nicht grundsätzlich vom Inter- viewer gesondert stimuliert werden.

Erhebung, Transkription und Interpretation – das Forschungsdesign der Arbeit Das narrative (Leitfaden-)Interview als Spezialform qualitativer Interviews… Wie bereits erwähnt handelt es sich beim Erhebungsverfahren der vorliegenden Arbeit um ein narratives Interview, und zwar deswegen, weil der freien und ununterbrochenen Narration des Befragten äußerste Priorität eingeräumt wird. „Neben dem narrativen Interview wird das offene Leitfadeninterview 1182 zur Erhebung bio- graphischer Daten verwendet.” 1183 Der Leitfaden, der nachstehend aufgeführt wird und sich an den grundsätzlichen Bereichen des menschlichen Lebens orientiert, hat die Aufgabe, den Befragten nicht völlig vom Thema ab- kommen zu lassen, indem er etwa nur von seinem ersten symathikovasalen Anfall erzählt, nicht aber vom Leben mit der Erkrankung. Folgender Leitfaden, der der Haupterzählung nachgestellt beachtet und trotzdem in Form des Erzählstimulus bereits zu Beginn des Gesprächs benannt wird, findet Verwendung: - Seit wann leidet der Patient an der Erkrankung und wie trat sie erstmals auf? - Wie hat sich das Krankheitsbild weiterentwickelt? - Was hat die Krankheit aus dem Leben des Patienten gemacht? Wie wirkt sie sich auf Alltag, Beruf, Partnerschaft und Familie, soziales Umfeld und Freundeskreis, aktuelle Lebensführung und Zukunftsplanung aus? - Was hat der Patient aus der Erkrankung gemacht? Ist die Erkrankung ausschließlich hinderlich oder gibt es durch sie auch einen Krankheitsgewinn 1184 im Sinne eines wie auch immer gearteten Nutzens? 1182 das in der vorliegenden Arbeit narratives (Leitfaden-)Interview genannt wird 1183 Lamnek 1993, S. 379 1184 die Unterscheidung in primären und sekundären Krankheitsgewinn entfällt zu Gunsten eines globalen Verständnisses des Begriffs ‚Krankheitsgewinn‘ im Sinne eines Nutzens. 277

Erhebung, Transkription und Interpretation – das Forschungsdesign der Arbeit<br />

Das narrative (Leitfaden-)Interview <strong>als</strong> Spezialform qualitativer Interviews…<br />

Wie bereits erwähnt handelt es sich beim Erhebungsverfahren der vorliegenden Arbeit um ein<br />

narratives Interview, und zwar deswegen, weil der freien und ununterbrochenen Narration des<br />

Befragten äußerste Priorität eingeräumt wird.<br />

„Neben dem narrativen Interview wird das offene Leitfadeninterview 1182 zur Erhebung bio-<br />

graphischer Daten verwendet.” 1183<br />

Der Leitfaden, der nachstehend aufgeführt wird und sich an den grundsätzlichen Bereichen des<br />

menschlichen Lebens orientiert, hat die Aufgabe, den Befragten nicht völlig vom Thema ab-<br />

kommen zu lassen, indem er etwa nur von seinem ersten symathikovasalen Anfall erzählt, nicht<br />

aber vom Leben mit der <strong>Erkrankung</strong>.<br />

Folgender Leitfaden, der der Haupterzählung nachgestellt beachtet und trotzdem in Form des<br />

Erzählstimulus bereits zu Beginn des Gesprächs benannt wird, findet Verwendung:<br />

- Seit wann leidet der Patient an der <strong>Erkrankung</strong> und wie trat sie erstm<strong>als</strong> auf?<br />

- Wie hat sich das Krankheitsbild weiterentwickelt?<br />

- Was hat die Krankheit aus dem Leben des Patienten gemacht?<br />

Wie wirkt sie sich auf Alltag, Beruf, Partnerschaft und F<strong>am</strong>ilie,<br />

soziales Umfeld und Freundeskreis, aktuelle Lebensführung und Zukunftsplanung aus?<br />

- Was hat der Patient aus der <strong>Erkrankung</strong> gemacht?<br />

Ist die <strong>Erkrankung</strong> ausschließlich hinderlich<br />

oder gibt es durch sie auch einen Krankheitsgewinn 1184<br />

im Sinne eines wie auch immer gearteten Nutzens?<br />

1182<br />

das in der vorliegenden Arbeit narratives (Leitfaden-)Interview genannt wird<br />

1183<br />

L<strong>am</strong>nek 1993, S. 379<br />

1184<br />

die Unterscheidung in primären und sekundären Krankheitsgewinn entfällt zu Gunsten eines globalen<br />

Verständnisses des Begriffs ‚Krankheitsgewinn‘ im Sinne eines Nutzens.<br />

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