Psychosomatische Erkrankung als biographisches Ereignis am ...
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274 Erhebung, Transkription und Interpretation – das Forschungsdesign der Arbeit Das narrative (Leitfaden-)Interview als Spezialform qualitativer Interviews… Noch einmal: „Im narrativen Interview soll der Informant also die Möglichkeit erhalten, entlang eines selbstgewählten roten Fadens seine Lebensgeschichte zu erzählen. ... . Dem Interviewten wird also vom Interaktionsgeschehen in der Interviewsituation her die Autonomie zugewiesen, seine Erlebnis- und Gestaltungsperspektive zu suchen, zu wählen und zu entfalten.” 1175 Dabei versteht sich das narrative Interview „... als geschehensnah, wenig methodisch gefiltert und vergleichsweise nicht-reaktiv: ... .” 1176 Eine sehr übersichtliche Einführung in die Methode des narrativen Interviews gibt Glinka (1998), die an dieser Stelle dargestellt werden soll, um neben seiner Definition auch den Verlauf sowie Möglichkeiten und Grenzen dieser Erhebungs- (und Interpretations-)Methode aufzuzeigen. Bekannt ist bereits, dass der Befragte in einer Stegreiferzählung Ereignisabläufe darstellen soll, in die er verwickelt gewesen ist. Durch dieses Verfahren werden zurückliegende Erlebnisse quasi wieder lebendig, weil der dynamische Erzählvorgang die Erzählervorstellungen retrospektiver Art in Gang bringt und den Befragten somit noch einmal in vergangene Situationen des Handelns und Erleidens versetzt. Am Beginn des Gesprächs wird ein so genannter Erzählstimulus gesetzt, der das Gespräch in Gang setzt. Dann unternimmt der Forscher aber keine thematischen Interventionen mehr, weil jene innerhalb der Stegreiferzählung zur Reaktualisierung kommen- den Erlebnisgestalten den Interviewten mehr oder weniger führen, ihm die Darstellungslinien vorgeben. 1177 Ist die Erzählung vom Interviewten selbst und für den Interviewer hörbar beendet worden, gilt die Haupterzählung als beendet. Nach deren Ende kann der Forscher selbst aktiv werden und weitere Fragen stellen, indem er das Erzählpotential des Interviewten zunächst weiter aus- schöpfen möchte; ist dieser Schritt erledigt, kann das Argumentationsschema reaktiviert werden, indem eigentheoretische Kommentare aus der Haupterzählung aufgegriffen werden. 1178 Bevor das Interview startet, sollte der Befragte aber zuerst über den Sinn des Interviews aufgeklärt werden, ebenso sollten Informationen über den Ablauf des Verfahrens gegeben werden. 1179 1175 Marotzki in Krüger & Marotzki 1999, S. 113 f 1176 Spöring 1995, S. 168 1177 vgl. Glinka 1998, S. 9 ff 1178 vgl. Glinka 1998, S. 14 ff 1179 vgl. Glinka 1998, S. 11
Erhebung, Transkription und Interpretation – das Forschungsdesign der Arbeit Das narrative (Leitfaden-)Interview als Spezialform qualitativer Interviews… Ähnlich beschreibt auch Lamnek das Verfahren und teilt es in verschiedene Phasen ein: In Phase 1 sollte der Interviewte Informationen über Besonderheiten und die Funktion narrativer Interviews erhalten. In Phase 2, der Einleitung, wird der Aspekt geklärt, unter dem der Erzähler selbst erlebte Er- eignisse darstellen soll. Ferner sollte der Befragte merken, dass er nicht nur berichten, sondern vielmehr zwanglos erzählen soll. In Phase 3 beginnt die eigentliche Phase des Erzählens, die erst dann beendet ist, wenn es der Befragte selbst so sieht. In Phase 4 können je nach Bedürfnislage Nachfragen gestellt werden, die dienlich sind, um Widersprüche oder ungeklärte Fragen aufzugreifen, wobei auch hier wieder die Narration des Befragten im Vordergrund steht. Schließlich kann in Phase 5 eine Bilanz erfolgen, in welcher direkte Fragen gestellt werden können. Ziel ist es hier, zusammen mit dem Interviewten den ganzheitlichen Sinn der Geschichte zu erörtern. Daraus ergibt sich der Zugzwang zur Detaillierung sowie Plausibilität, im Übrigen auch die Möglichkeit einer komplexen rekonstruktiven Deutung. 1180 „Teilerzählungen müssen ge- genüber dem ja fremden Interviewer in ihrer Bedeutung in die Gesamterzählung eingebettet und Zusammenhänge dem fremden Interviewer expliziert werden (...).” 1181 Und entsprechend wird – soweit dies in der konkreten Interviewsituation möglich ist – in dieser Arbeit verfahren, denn es ist unbedingt zu beachten, dass diese subjektive Methode, die immer auch stark von den jeweiligen Emotionen und Verfassungen der Teilnehmer abhängt, nicht unbedingt mit jedem Patienten derart konsequent umgesetzt werden kann. Außerdem gilt nach Meinung des Verfassers auch hier, dass kein vorgefertigtes Theoriekonstrukt über die Interview- situationen gestülpt werden sollte. Als grobe Orientierung für den Ablauf der Gespräche gilt jedoch: 1180 vgl. Lamnek 1993, S. 71 f 1181 vgl. Hoffmann-Riem 1980, zitiert nach Lamnek 1993, S. 72 275
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Erhebung, Transkription und Interpretation – das Forschungsdesign der Arbeit<br />
Das narrative (Leitfaden-)Interview <strong>als</strong> Spezialform qualitativer Interviews…<br />
Noch einmal: „Im narrativen Interview soll der Informant <strong>als</strong>o die Möglichkeit erhalten, entlang<br />
eines selbstgewählten roten Fadens seine Lebensgeschichte zu erzählen. ... . Dem Interviewten<br />
wird <strong>als</strong>o vom Interaktionsgeschehen in der Interviewsituation her die Autonomie zugewiesen,<br />
seine Erlebnis- und Gestaltungsperspektive zu suchen, zu wählen und zu entfalten.” 1175 Dabei<br />
versteht sich das narrative Interview „... <strong>als</strong> geschehensnah, wenig methodisch gefiltert und<br />
vergleichsweise nicht-reaktiv: ... .” 1176<br />
Eine sehr übersichtliche Einführung in die Methode des narrativen Interviews gibt Glinka (1998),<br />
die an dieser Stelle dargestellt werden soll, um neben seiner Definition auch den Verlauf sowie<br />
Möglichkeiten und Grenzen dieser Erhebungs- (und Interpretations-)Methode aufzuzeigen.<br />
Bekannt ist bereits, dass der Befragte in einer Stegreiferzählung <strong>Ereignis</strong>abläufe darstellen soll,<br />
in die er verwickelt gewesen ist. Durch dieses Verfahren werden zurückliegende Erlebnisse quasi<br />
wieder lebendig, weil der dyn<strong>am</strong>ische Erzählvorgang die Erzählervorstellungen retrospektiver Art<br />
in Gang bringt und den Befragten somit noch einmal in vergangene Situationen des Handelns<br />
und Erleidens versetzt. Am Beginn des Gesprächs wird ein so genannter Erzählstimulus gesetzt,<br />
der das Gespräch in Gang setzt. Dann unternimmt der Forscher aber keine thematischen<br />
Interventionen mehr, weil jene innerhalb der Stegreiferzählung zur Reaktualisierung kommen-<br />
den Erlebnisgestalten den Interviewten mehr oder weniger führen, ihm die Darstellungslinien<br />
vorgeben. 1177<br />
Ist die Erzählung vom Interviewten selbst und für den Interviewer hörbar beendet worden, gilt<br />
die Haupterzählung <strong>als</strong> beendet. Nach deren Ende kann der Forscher selbst aktiv werden und<br />
weitere Fragen stellen, indem er das Erzählpotential des Interviewten zunächst weiter aus-<br />
schöpfen möchte; ist dieser Schritt erledigt, kann das Argumentationsschema reaktiviert werden,<br />
indem eigentheoretische Kommentare aus der Haupterzählung aufgegriffen werden. 1178<br />
Bevor das Interview startet, sollte der Befragte aber zuerst über den Sinn des Interviews<br />
aufgeklärt werden, ebenso sollten Informationen über den Ablauf des Verfahrens gegeben<br />
werden. 1179<br />
1175 Marotzki in Krüger & Marotzki 1999, S. 113 f<br />
1176 Spöring 1995, S. 168<br />
1177 vgl. Glinka 1998, S. 9 ff<br />
1178 vgl. Glinka 1998, S. 14 ff<br />
1179 vgl. Glinka 1998, S. 11