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Psychosomatische Erkrankung als biographisches Ereignis am ...

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Krankheit <strong>als</strong> <strong>biographisches</strong> <strong>Ereignis</strong>. Ziel der Arbeit und Begründung der Themenwahl<br />

Nicht nur Störfall sondern auch Teil der conditio humana…<br />

eine Konsequenz von früher Geschehenem ist, sondern daß sie etwas ganz Neues, Über-<br />

raschendes enthält, und zwar immer. ... . Wenn wir <strong>als</strong>o in anderen Zus<strong>am</strong>menhängen sagen,<br />

jede Krankheit habe einen Sinn, dann müssen wir jetzt genauer und abwehrend sagen: nicht aus<br />

den vorhergehenden Tatsachen ergibt sich dieser Sinn, sondern aus etwas, was nicht Tatsache<br />

wurde. ... . Ich behaupte, nicht das Mögliche, sondern das Unmögliche wird verwirklicht.“ 1026<br />

Auch durch diese Gedanken zieht sich der rote Faden, dass Krankheit nicht nur Störfälle,<br />

sondern Mitbedingung des menschlichen Lebens zu sein scheint, indem Krankheiten Wirkungen<br />

von ungelebtem Leben sind.<br />

Blankenburg schreibt zwar nicht direkt, dass Krankheit zur conditio humana gehöre, dennoch<br />

gesteht er ihr aber mehr <strong>als</strong> die Kategorie ‚Abweichung‘ oder ‚Störfall‘ zu, indem er ihr eine<br />

‚Mitgestaltung‘ des Patienten-Ichs einräumt:<br />

„Sosehr sich Naturvorgänge (mit Ausnahme der großen Evolutionsschritte) auf jeweils Vorher-<br />

gehendes zurückführen lassen – das menschliche Ich entfaltet sich nicht minder aus dem<br />

Zukünftigen. Zwar nehmen wir zumeist an, daß es sich aus der Vergangenheit heraus entwickelt<br />

und dann gleichs<strong>am</strong> ‚von außen‘, von einem ‚<strong>Ereignis</strong>‘ (einem ‚life event‘) bzw. von einem<br />

Schicks<strong>als</strong>schlag – etwa einer das ganze Leben verändernden Krankheit ‚getroffen‘ wird. Aber<br />

wenn man nach vielen Jahren zurückblickt, kann dieses <strong>Ereignis</strong> kaum mehr <strong>als</strong> ein ‚von außen‘<br />

her einwirkendes, <strong>als</strong> eines, das das ‚Ich‘ von außen getroffen hat, gelten; es zeigt sich dann<br />

vielmehr <strong>als</strong> in die Geschichtlichkeit seiner Biographie ‚einverleibt‘ – <strong>als</strong> in sie hineinverwoben.<br />

Das heißt: es ‚wirkt‘ nicht nur im Sinne eines Beeinflussungsfaktors von außen, sondern wird zu<br />

einem ‚Erlebnis‘ und <strong>als</strong> solches zu einem integrierenden Bestandteil (...) seiner Biographie.“ 1027<br />

Und auch in seinem Aufsatz „Lebensgeschichte und Krankengeschichte. Zur Bedeutung der<br />

Biographie für die Psychiatrie“ bringt er die Biographie eines Patienten auf interessante Art und<br />

Weise mit dessen <strong>Erkrankung</strong> in Berührung:<br />

„Die Thematik ‚Biographie und Krankheit‘ signalisiert einen Ansatz, der die Krankheit eines<br />

Menschen in sein übriges Leben, in seine Lebensgeschichte, mit einbezieht. Dies bedeutet, daß<br />

wir ‚Krankheit‘ nicht ausschließlich <strong>als</strong> eine Beeinträchtigung, <strong>als</strong> Unterbrechung oder gar <strong>als</strong> ein<br />

1026 v. Weizsäcker 1967, S. 249 f<br />

1027 Blankenburg in Blankenburg 1989, S. 79<br />

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