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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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auf seinen Augen ausbreiteten. Dann brach schließlich sein Widerstand,<br />

und sein Kopf sank auf Saladins Schulter, und er schlief vier Tage lang,<br />

ohne auch nur einmal aufzuwachen.<br />

Als er wieder zu Bewusstsein kam, merkte er, dass Chamcha ihn mit<br />

Hilfe der mausähnlichen, ziegenbärtigen Geisel, einem gewissen<br />

Jalandri, auf eine leere Sitzreihe im mittleren Teil des Flugzeugs gelegt<br />

hatte. Er ging auf die Toilette, urinierte elf Minuten lang und kehrte mit<br />

handfestem Entsetzen im Blick zurück. Er setzte sich wieder neben<br />

Chamcha, sagte aber kein Wort. Zwei Nächte später hörte ihn Chamcha<br />

wieder gegen das Einschlafen ankämpfen. Oder, wie sich herausstellte:<br />

gegen die Träume.<br />

»Der zehnthöchste Berg der Welt«, hörte Chamcha ihn murmeln, »ist<br />

Xixabangma Feng, acht null eins drei Meter.<br />

Anapurna der neunthöchste, achtzig achtundsiebzig.« Oder er begann am<br />

anderen Ende: »Eins, Chomolungma, acht acht vier acht. Zwei, K2,<br />

sechsundachtzig elf. Kanchenjunga, fünfundachtzig achtundneunzig,<br />

Makalu, Dhaulagiri, Manaslu.<br />

Nanga Parbat, achttausendeinhundertsechsundzwanzig Meter.«<br />

»Zählen Sie Achttausender, um einschlafen zu können?«<br />

fragte ihn Chamcha. Größer als Schafe, aber nicht so zahlreich.<br />

Gibril Farishta starrte ihn an; senkte den Kopf; kam zu einem Entschluss.<br />

»Nicht um einzuschlafen, mein Freund. Um wach zu bleiben.«<br />

Bei dieser Gelegenheit fand Saladin Chamcha heraus, warum Gibril<br />

Farishta den Schlaf fürchtete. Jeder braucht jemanden, mit dem er reden<br />

kann, und Gibril hatte mit niemandem über das gesprochen, was<br />

geschehen war, nachdem er die unreinen Schweine gegessen hatte. <strong>Die</strong><br />

Träume hatten in jener Nacht begonnen. In diesen Visionen war er<br />

immer gegenwärtig, nicht als er selbst, sondern als sein Namensvetter,<br />

und ich meine damit nicht die Verkörperung einer Rolle, Spoono, ich bin<br />

er, er ist ich, ich bin der verdammte Erzengel, Gibril persönlich, in<br />

Lebensgröße.<br />

Spoono. Wie Zeenat Vakil hatte Gibril mit großer Heiterkeit auf Saladins<br />

abgekürzten Namen reagiert. »Bhai, so was. Ich bin hin und weg,<br />

wirklich. Ganz hin und weg. Wenn du jetzt also ein englischer Chamcha

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