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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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Eisenbahnern von Polizisten zerstreut wurde, die mit Lathis bewaffnet<br />

waren. Der Reporter erlitt einen Armbruch, seine Kamera wurde<br />

zertrümmert. <strong>Die</strong> Polizei hatte eine »amtliche Mitteilung«<br />

veröffentlicht. Weder der Reporter noch irgendeine andere Person wurde<br />

vorsätzlich angegriffen. Chamcha sank in einen Flugschlaf. <strong>Die</strong> Stadt der<br />

verlorenen Vergangenheiten, der gefällten Bäume und der<br />

unbeabsichtigten Ausschreitungen schwand aus seinen Gedanken. Als er<br />

kurz darauf die Augen wieder öffnete, bot sich ihm die zweite<br />

Überraschung auf dieser makaberen Reise. Ein Mann ging auf dem Weg<br />

zur Toilette an ihm vorbei. Er trug einen Bart und eine billige getönte<br />

Brille, aber Chamcha erkannte ihn trotzdem: hier, inkognito in der<br />

Economy Class auf Flug AI-420, war der verschwundene Superstar, die<br />

lebende Legende, Gibril Farishta höchstpersönlich.<br />

»Gut geschlafen?« Er wurde gewahr, dass die Frage ihm galt, und<br />

wandte sich ab von der Erscheinung des großen Kinostars, um die<br />

ebenso außerordentliche Sehenswürdigkeit anzustarren, die neben ihm<br />

saß, ein unwahrscheinlicher Amerikaner mit Baseballkappe, Nickelbrille<br />

und neongrünem Buschhemd, auf dem sich die ineinander<br />

verschlungenen und leuchtend goldenen Formen von zwei chinesischen<br />

Drachen wanden. Chamcha hatte dieses Wesen aus seinem Gesichtsfeld<br />

verbannt, in einem Versuch, sich in einen Kokon der Ungestörtheit zu<br />

hüllen, aber Ungestörtheit war nicht länger möglich.<br />

»Eugene Dumsday, zu Ihren <strong>Die</strong>nsten.« Der Drachenmann streckte ihm<br />

eine riesige rote Hand entgegen. »Zu Ihren, und zu <strong>Die</strong>nsten des<br />

christlichen Heeres.«<br />

Der schlaftrunkene Chamcha schüttelte den Kopf. »Sind Sie beim<br />

Militär?«<br />

»Ha, ha! Ja, Sir, so könnte man sagen. Ein gemeiner Fußsoldat, Sir, in<br />

der Armee des Herrn des Allmächtigen.« Ach, allmächtiges Heer, warum<br />

haben Sie das nicht gleich gesagt.<br />

»Ich bin ein Mann der Wissenschaft, Sir, und es war meine Mission,<br />

meine Mission, und lassen Sie mich hinzufügen, es war mir eine<br />

besondere Ehre, Ihre große Nation zu besuchen, um gegen das<br />

gefährlichste Teufelszeug zu kämpfen, das den Leuten je ins Gehirn<br />

gestiegen ist.«<br />

»Ich kann Ihnen nicht folgen.«

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