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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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»Wenn ich sterbe«, sagte Changez Chamchawala zu Zeeny,<br />

»was werde ich dann sein? Ein Paar leere Schuhe. Das ist das Schicksal,<br />

das er mir bereitet hat. <strong>Die</strong>ser Schauspieler. <strong>Die</strong>ser Heuchler. Er hat sich<br />

zu einem Imitator von Nichtexistierenden gemacht. Ich habe niemanden,<br />

der mir nachfolgt, dem ich weitergeben kann, was ich geschaffen habe.<br />

Das ist seine Rache: er stiehlt mir meine Nachkommen.« Er lächelte,<br />

tätschelte ihr die Hand, entließ sie in die Obhut seines Sohnes.<br />

»Ich habe es ihr erzählt«, sagte er zu Saladin. »Du trägst immer noch<br />

dein Brathuhn mit dir herum. Ich habe ihr mein Leid geklagt. Jetzt muss<br />

sie urteilen. So war es ausgemacht.«<br />

Zeeny Vakil ging zu dem alten Mann im viel zu großen Anzug, nahm<br />

sein Gesicht in ihre Hände und küsste ihn auf den Mund.<br />

Nachdem ihn Zeenat im Haus der Ausschweifungen seines Vaters<br />

verraten hatte, weigerte sich Saladin Chamcha, sie zu treffen oder die<br />

Nachrichten zu beantworten, die sie an der Hotelrezeption hinterließ. <strong>Die</strong><br />

Laufzeit der Millionärin war zu Ende, die Tour vorbei. Zeit, nach Hause<br />

zu fahren. Nach der Abschlussfeier wollte Saladin Chamcha schnell ins<br />

Bett. Im Aufzug hörte ein junges Paar, das unzweifelhaft auf<br />

Hochzeitsreise war, mit Kopfhörern Musik. Der junge Mann sagte zu<br />

seiner Frau: »Hör mal. Komme ich dir manchmal noch wie ein Fremder<br />

vor?« Das Mädchen lächelte verliebt, schüttelte den Kopf, kann nichts<br />

hören, nahm den Kopfhörer ab. Er wiederholte ernst: »Ein Fremder,<br />

komme ich dir nicht wie ein Fremder vor, manchmal?« Sie legte mit<br />

unbeirrbarem Lächeln, ihre Wange einen Augenblick an seine hohe,<br />

knochige Schulter. »Ja, ab und zu«, sagte sie und setzte den Kopfhörer<br />

wieder auf. Er tat dasselbe und schien vollauf zufrieden mit ihrer<br />

Antwort. Ihre Körper bewegten sich wieder zum Rhythmus der Musik.<br />

Chamcha verließ den Aufzug. Zeeny saß mit dem Rücken gegen die Tür<br />

gelehnt auf dem Boden.<br />

Im Zimmer schenkte sie sich einen großen Whisky-Soda ein.<br />

»Benimmt sich wie ein Kleinkind«, sagte sie. »Du solltest dich<br />

schämen.«<br />

An diesem Nachmittag hatte er ein Päckchen von seinem Vater erhalten.<br />

Es enthielt ein kleines Stück Holz und eine große Anzahl von

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