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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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medaillonbehängten Araber dazu veranlassten, an die Tür zu klopfen und<br />

den Kopf hereinzustecken, um sich zu vergewissern, dass alles in<br />

Ordnung war. Er sah eine wunderschöne Frau aufrecht im Bett sitzen,<br />

der etwas, das wie Büffelmilch aussah, über das Gesicht lief und von der<br />

Kinnspitze tropfte, und während er sich bei Chamcha für sein Eindringen<br />

entschuldigte, zog er sich eilends zurück, tut mir leid, Kumpel, he, Sie<br />

haben aber Glück.<br />

»Du armes Würstchen«, keuchte Zeeny unter schallendem Gelächter.<br />

»<strong>Die</strong>se Angrez-Scheißkerle. <strong>Die</strong> haben dich wirklich fix und fertig<br />

gemacht.«<br />

Seine Arbeit wurde also nicht ernstgenommen. »Ich habe eine Begabung<br />

für Akzente«, sagte er hochmütig. »Warum sollte ich das nicht nutzen?«<br />

»Warum sollte ich das nicht nutzen?« äffte sie ihn nach und warf die<br />

Beine in die Luft. »Herr Schauspieler, Ihr Schnurrbart ist gerade wieder<br />

verrutscht.«<br />

Ach, du lieber Gott.<br />

Was passiert mit mir?<br />

Was zum Teufel?<br />

Hilfe.<br />

Weil er diese Begabung wirklich und wahrhaftig besaß, war er »Der<br />

Mann mit tausendundeiner Stimme«. Wollte man wissen, wie eine<br />

Ketchupflasche in der Fernsehwerbung sprechen sollte, war man im<br />

Zweifel über die ideale Stimme für eine Tüte Chips mit<br />

Knoblauchgeschmack, war er genau der Richtige. Er brachte Teppiche in<br />

Kaufhaus-Werbespots zum Sprechen, er imitierte Berühmtheiten, lieh<br />

gekochten Bohnen und tiefgefrorenen Erbsen seine Stimme. Im Radio<br />

konnte er das Publikum davon überzeugen, dass er Russe, Chinese,<br />

Sizilianer, der Präsident der Vereinigten Staaten war. Einmal, in einem<br />

Hörspiel für siebenunddreißig Stimmen, sprach er jede Rolle unter einem<br />

anderen Pseudonym, und niemand kam ihm je auf die Schliche. Mit<br />

seinem weiblichen Gegenstück Mimi Mamoulian beherrschte er den<br />

Äther Großbritanniens. Sie hatten sich ein so großes Stück von der<br />

Sprechertorte abgeschnitten, dass, wie Mimi sagte, »in unserer<br />

Umgebung die Monopolkommission besser nicht erwähnt werden sollte,<br />

nicht einmal zum Spaß.« Ihre Bandbreite war erstaunlich; sie vermochte<br />

jedes Lebensalter vorzugeben, an jedem Ort der Welt, jede Tonlage im

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