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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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Bandenführerin Phoolan Devi aus den Bergen kam, um sich zu ergeben<br />

und fotografieren zu lassen, zerstörten die Zeitungen den von ihnen<br />

selbst geschaffenen Mythos ihrer sagenhaften Schönheit. Sie wurde<br />

reizlos, ein gewöhnliches Geschöpf, unappetitlich, wo sie früher zum<br />

Anbeißen gewesen war. Dunkle Haut in Nordindien. »Das kaufe ich dir<br />

nicht ab«, sagte Saladin. »Du erwartest doch nicht, dass ich dir das<br />

abnehme.«<br />

Sie lachte. »Gut, du bist noch kein völliger Idiot. Wozu heiraten? Ich<br />

hatte viel zu tun.«<br />

Und nach einer Pause richtete sie dieselbe Frage an ihn.<br />

Also, und du?<br />

Nicht nur verheiratet, sondern auch reich. »Los, erzähl, na.<br />

Wie du lebst, du und das Frauchen.« In einer fünfstöckigen Villa in<br />

Notting Hill. In jüngster Zeit hatte er sich dort unsicher gefühlt, denn der<br />

letzte Einbrechertrupp hatte nicht nur wie üblich Video-und Stereoanlage<br />

mitgenommen, sondern auch den Wolfshund. Und langsam war in ihm<br />

das Gefühl gewachsen, dass es nicht möglich war, an einem Ort zu<br />

leben, an dem die kriminellen Elemente Tiere stahlen. Pamela erzählte<br />

ihm, das sei ein alter, örtlicher Brauch. In den Alten Zeiten, sagte sie (die<br />

Geschichte gliederte sich für Pamela in das Altertum, das Finstere<br />

Mittelalter, die Alten Zeiten, das Britische Weltreich, die Neuzeit und<br />

die Gegenwart), sei Tierdiebstahl ein gutes Geschäft gewesen. <strong>Die</strong><br />

Armen stahlen die Hunde der Reichen, dressierten sie so, dass sie ihre<br />

Namen vergaßen, und verkauften sie in Geschäften in der Portobello<br />

Road zurück an ihre trauernden, ratlosen Besitzer. Pamelas Version der<br />

Geschichte Londons war stets reich an Einzelheiten und häufig<br />

unzuverlässig. »Ach, du meine Güte«, sagte Zeeny Vakil »du musst alles<br />

verkaufen, pronto, und umziehen. Ich kenne diese Engländer, alle gleich,<br />

Gesindel und Nabobs. Gegen ihre verdammten Traditionen kommt man<br />

nicht an.«<br />

Meine Frau, Pamela Lovelace, zerbrechlich wie Porzellan, anmutig wie<br />

eine Gazelle, entsann er sich. Ich schlage Wurzeln in den Frauen, die ich<br />

liebe. <strong>Die</strong> Banalitäten der Untreue. Er schob sie von sich und sprach über<br />

seine Arbeit.<br />

Als Zeeny Vakil erfuhr, wie Saladin Chamcha sein Geld verdiente,<br />

entschlüpfte ihr eine Reihe schriller Schreie, die einen der

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