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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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letzten und etwas angestrengten Telefongespräch mitgeteilt, er wolle<br />

nach Bombay zurückkehren, »in der Hoffnung, dass ich dich, sie und<br />

diese verdammt kalte Stadt in dem Leben, das mir noch bleibt, nie mehr<br />

wiedersehen muss«. Und nun ruinierte er sich allem Anschein nach<br />

wieder, und das auch noch auf heimatlichem Grund und Boden. »Er<br />

macht ein paar komische Filme«, fuhr George fort. »Und diesmal musste<br />

er eigenes Geld hineinstecken. Nach den beiden Flops haben die<br />

Produzenten schnell kalte Füße gekriegt. Und wenn der jetzt auch noch<br />

baden geht, dann ist er bankrott, erledigt, funtoosh.« Gibril hatte sich auf<br />

eine modische Neuverfilmung der Ramayana-Geschichte eingelassen, in<br />

der die Helden und Heldinnen statt rein und frei von Sünden korrupt und<br />

böse waren. Rama war lüstern und betrunken, Sita flatterhaft, während<br />

Ravana, der Dämonenkönig, als aufrechter und ehrlicher Mann<br />

gezeichnet war. »Gibril spielt Ravana«, erklärte George in fasziniertem<br />

Entsetzen. »Es sieht aus, als lasse er es bewusst auf eine endgültige<br />

Konfrontation mit religiösen Sektierern ankommen, wohl wissend, dass<br />

er dabei nicht gewinnen kann, sondern in Stücke gerissen wird.« Einige<br />

seiner Kollegen hatten der Produktion bereits den Rücken gekehrt und<br />

marktschreierische Interviews gegeben, in denen sie Gibril der<br />

»Blasphemie«, des »Satanismus« und anderer Vergehen beschuldigten.<br />

Seine letzte Verflossene, Pimple Billimoria, war auf dem Titelblatt des<br />

Ciné-Blitz abgebildet mit den Worten: »Es war, als küsste man den<br />

Teufel.« Gibrils altes Problem - sein schwefliger Mundgeruch - war<br />

offensichtlich in alter Frische wieder aufgetaucht.<br />

Mehr als die Wahl seiner Filmthemen hatte sein erratisches Benehmen<br />

Gerüchte in die Welt gesetzt. »An manchen Tagen ist er die<br />

Liebenswürdigkeit in Person«, sagte George. »An anderen kommt er wie<br />

Gott der Allmächtige zur Arbeit und verlangt buchstäblich, dass die<br />

Leute vor ihm auf die Knie gehen. Ich persönlich glaube nicht, dass der<br />

Film fertig wird, wenn er oder solange er seine geistige Gesundheit nicht<br />

geregelt kriegt, die, und das glaube ich wirklich, angegriffen ist.<br />

Erst die Krankheit, dann der Flugzeugabsturz, dann die unglückliche<br />

Liebesgeschichte: man versteht ja, dass der Knabe Probleme hat.« Und<br />

es gab schlimmere Gerüchte: die Steuerfahndung saß ihm im Nacken,<br />

die Polizei war mit Fragen über den Tod von Rekha Merchant bei ihm<br />

aufgetaucht, und Rekhas Mann, der Kugellagerkönig, hatte gedroht,

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