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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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Chamcha schloss die Augen und konzentrierte seine Gedanken auf<br />

seinen Vater. Das Traurigste war, wie ihm nun bewusst wurde, dass er<br />

sich an keinen einzigen glücklichen Tag mit Changez in seinem ganzen<br />

Mannesleben erinnern konnte. Und am erfreulichsten war die<br />

Entdeckung, dass selbst das unverzeihlichste Verbrechen, Vater zu sein,<br />

schließlich doch verziehen werden konnte. Bitte warte noch, flehte er<br />

stumm, ich komme, so schnell ich kann. »In unserer z-z-zutiefst<br />

mama-materiellen Zeit«, erklärte Sisodia, »wer sonst als die Gögöttin<br />

des R-reichtums? In Bombay feiern die jungen Geschäftsleute die ganze<br />

Nanacht durch Pupu-Pooja-Parties.<br />

<strong>Die</strong> Statue von Lakschmi hat den Vorsitz, die Hähä-Hände nach außen<br />

gewandt, Glühbirnen laufen ihr durch die Fifi-Finger, leuchten<br />

nacheinander, verstehen Sie, als strömte Reichtum durch ihre<br />

Hähä-Hände.« Auf dem Bildschirm der Kabine führte eine Stewardess<br />

verschiedene Sicherheitsvorkehrungen vor. In einer Ecke des Schirms<br />

übersetzte sie eine eingeblendete Männergestalt in Zeichensprache. Das<br />

ist Fortschritt, erkannte Chamcha. Ein Film statt eines Menschen, eine<br />

kleine Steigerung in Richtung Perfektion (die Zeichen) und eine große<br />

Steigerung der Kosten. High-Tech angeblich im <strong>Die</strong>nste der Sicherheit;<br />

während die Luftfahrt in Wirklichkeit täglich gefährlicher wurde, der<br />

Flugzeugbestand alterte und niemand sich seine Erneuerung leisten<br />

konnte. Tagtäglich brachen Teile aus Flugzeugen, so schien es jedenfalls,<br />

und Kollisionen und Beinahezusammenstösse nahmen auch zu. Deshalb<br />

war der Film so etwas wie eine Lüge, weil er durch seine Existenz sagte:<br />

Sehen Sie nur, was wir nicht alles für Ihre Sicherheit tun.<br />

Wir machen sogar einen Film darüber. Stil anstelle von Substanz, das<br />

Bild anstelle der Wirklichkeit… »Ich plane einen bibi-big-budget-Film<br />

über sie«, sagte Sisodia. »Aber das ist streng v-v-vertraulich. Vielleicht<br />

ein Sridevi-Wewe-Vehikel, hoho-hoffe ich jedenfalls. Wo Gibril nun ein<br />

Floflo-Flop ist, ist sie die absolute Nummer eins.«<br />

Chamcha war zu Ohren gekommen, dass Gibril Farishta ein Comeback<br />

gestartet hatte. Sein erster Film, <strong>Die</strong> Teilung des Arabischen Meers, war<br />

böse durchgefallen; die Trickeffekte wirkten amateurhaft, das Mädchen<br />

in der Hauptrolle der Aischa, eine gewisse Pimple Billimoria, war eine<br />

jämmerliche Fehlbesetzung, und Gibrils Darstellung des Erzengels war<br />

vielen Kritikern als narzisstisch und megalomanisch aufgestoßen. <strong>Die</strong>

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