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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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ermordet, jedenfalls nicht mehr da. <strong>Die</strong> einzigen, die dir noch folgen<br />

können, sind wir.« Er brachte sein Gesicht ganz nahe an Aischas. »Was<br />

soll’s, Schwester, du bist am Ende.«<br />

»Schau«, sagte Mishal.<br />

Von allen Seiten, aus den engen Gassen der Kesselflicker, kamen die<br />

Dörfler zum Ort ihrer Versprengung zurück. Alle waren sie vom Hals bis<br />

zu den Knöcheln von goldenen Schmetterlingen bedeckt, und lange<br />

Leinen der kleinen Wesen liefen vor ihnen her wie Stricke, die sie aus<br />

einem Brunnen in Sicherheit zogen. <strong>Die</strong> Leute von Sarang sahen ihnen<br />

voll Entsetzen von den Fenstern aus zu, und während die Wasser der<br />

Rache zurückwichen, formte sich die Aischa-Hadsch in der Mitte der<br />

Straße neu.<br />

»Ich kann’s nicht glauben«, sagte Mirza Said.<br />

Aber es war die Wahrheit. Jeder einzelne Teilnehmer der Pilgerfahrt war<br />

von den Schmetterlingen aufgespürt und zur Hauptstraße zurückgebracht<br />

worden. Seltsamere Behauptungen wurden später erhoben: dass die<br />

Verletzung, als die Wesen sich auf einen gebrochenen Knöchel<br />

niederließen, geheilt worden sei, oder dass sich eine offene Wunde wie<br />

durch Zauberei geschlossen habe. Viele Marschierer sagten, sie seien aus<br />

der Bewusstlosigkeit erwacht und hätten gesehen, wie die<br />

Schmetterlinge ihre Lippen umflatterten. Manche glaubten gar, sie seien<br />

tot gewesen, ertrunken, und dass die Schmetterlinge sie wieder zum<br />

Leben erweckt hätten.<br />

»Seid nicht so dumm«, schrie Mirza Said. »Der Sturm hat euch gerettet;<br />

er hat eure Feinde hinweggespült, es überrascht daher nicht, dass nur<br />

wenige von euch verletzt sind. Seien wir doch bitte wissenschaftlich.«<br />

»Mach die Augen auf, Said«, forderte Mishal ihn auf und zeigte auf die<br />

über hundert Männer, Frauen und Kinder, die vor ihnen standen,<br />

eingehüllt in leuchtende Schmetterlinge. »Was sagt deine Wissenschaft<br />

dazu?«<br />

Während der letzten Tage der Pilgerreise war die Stadt ständig um sie.<br />

Beamte der Stadtverwaltung setzten sich mit Mishal und Aischa<br />

zusammen, um eine Strecke durch die Metropole zu planen. An dieser<br />

Strecke lagen Moscheen, in denen die Pilger schlafen konnten, ohne die

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