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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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waren, trieben nun Zeitungen, Blumen, Armreifen, Wassermelonen,<br />

Schirme, Chappals, Sonnenbrillen, Körbe, Exkremente, Arzneiflaschen,<br />

Spielkarten, Dupattas, Pfannkuchen, Lampen. Das Wasser war eigenartig<br />

rötlich gefärbt, was die durchnässte Bevölkerung zu der Vorstellung<br />

veranlasste, durch die Straße strömte Blut. Von Prügelkumpeln wie von<br />

Aischa-Pilgern fehlte jede Spur. Ein Hund schwamm bei der<br />

zusammengebrochenen Fahrradbarrikade über die Kreuzung und im<br />

ganzen Umkreis lag die feuchte Stille der Flut, deren Wasser an<br />

eingeschlossenen Bussen leckten, während Kinder von den Dächern<br />

aufgeweichter Gassen herabstarrten, zu geschockt, um zum Spielen<br />

herunterzukommen.<br />

Dann kehrten die Schmetterlinge zurück.<br />

Aus dem Nichts, als hätten sie sich hinter der Sonne versteckt, und um<br />

das Ende des Regens zu feiern, hatten sie alle die Farbe des Sonnenlichts<br />

angenommen. <strong>Die</strong>ser riesige Lichtteppich am Himmel verwirrte die<br />

Menschen von Sarang, denen der Kopf noch von den Nachwirkungen<br />

des Unwetters schwirrte, aufs äußerste; in ihrer Angst vor der<br />

Apokalypse verbargen sie sich in den Häusern und schlössen die<br />

Fensterläden. Auf einem nahegelegenen Berghang aber beobachteten<br />

Mirza Said und seine Gruppe die Rückkehr des Wunders, und alle, selbst<br />

der Zamindar, wurden von einer Art Ehrfurcht erfüllt.<br />

Mirza Said war gefahren, was das Zeug hielt, obwohl er vom Regen, der<br />

durch das Loch der zerborstenen Windschutzscheibe strömte, halb blind<br />

war, bis er auf einer Straße, die einen Hügel hinaufführte, vor den Toren<br />

des Sarang Kohlenflözes Nr. l anhielt. <strong>Die</strong> Förderanlagen waren<br />

verschwommen durch den Regen sichtbar. »Eierkopf«, verfluchte ihn<br />

Mishal Akhtar matt. »Da unten warten die Strolche auf uns, und du<br />

fährst uns hier hoch zu ihren Kumpels.<br />

Klasse Idee, Said. Ganz toll.«<br />

Aber sie hatten keinen Ärger mehr mit den Bergleuten. Es war der Tag<br />

der Bergwerkskatastrophe, die fünfzehntausend Bergleute unter dem<br />

Sarangi-Berg lebendig begrub. Said, Mishal, der Sarpanch, Osman, Mrs.<br />

Qureishi, Srimvas und Aischa standen erschöpft und naß bis auf die Haut<br />

an der Straße, als Rettungswagen, Feuerwehren, Bergungsspezialisten<br />

und Grubenbosse in großer Zahl eintrafen und sehr viel später,<br />

kopfschüttelnd, wieder abzogen.

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