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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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den Haarwurzeln bis zu dem weichen Dreieck des »Orts der Liebe, dem<br />

verdammten Yoni«, beschrieb, schien er Listen aufzustellen: welches<br />

Chamchas zehn Lieblingsbücher seien, wollte er wissen, ebenso Filme,<br />

weibliche Filmstars, Essen. Chamcha gab ihm konventionelle,<br />

kosmopolitische Antworten. Auf seiner Filmliste standen unter anderem<br />

Panzerkreuzer Potemkin, Citizen Kane, <strong>Die</strong> Sieben Samurai, Alphaville,<br />

Der Würgeengel. »Dir hat man das Gehirn gewaschen«, sagte Gibril<br />

abschätzig. Der ganze westliche Kunsthausdreck.« Seine Top Ten von<br />

allem kamen von »Zuhause« und waren auf aggressive Weise<br />

anspruchslos.<br />

Mother India, Mr. India, Shree Charsawbees: kein Ray, kein Mrinal Sen,<br />

kein Aravindan, kein Ghatak. »Dein Kopf ist voller Schund«, verwies er<br />

Saladin, »du hast alles Erinnernswerte vergessen.«<br />

Seine wachsende Erregung, seine quasselnde Entschlossenheit, die Welt<br />

in eine Hitparade zu verwandeln, sein scharfer Gang – am Ende ihres<br />

Streifzugs hatten sie wohl über dreißig Kilometer zurückgelegt -, all das<br />

sagte Chamcha, dass es nun nicht mehr viel bedürfte, ihm den Rest zu<br />

geben.<br />

Offensichtlich habe ich mich jetzt auch als Hochstapler entpuppt, Mimi.<br />

<strong>Die</strong> Kunst des Attentäters besteht darin, das Opfer nahe an sich zu<br />

ziehen; das macht es einfacher, es zu erdolchen. »Ich habe Hunger«,<br />

verkündete Gibril gebieterisch.<br />

»Bring mich zu einer deiner Top Ten-Lokalitäten.«<br />

Im Taxi stichelte Gibril Chamcha, der ihn nicht über das Fahrziel<br />

aufgeklärt hatte. »So ein Franzosenladen, na? Oder ein Japaner, wo ‘s<br />

nur rohen Fisch und Polypen gibt. Gott, warum traue ich deinem<br />

Geschmack.«<br />

Sie fuhren beim Café Shaandaar vor.<br />

Jumpy war nicht da.<br />

Auch hatte Mishal Sufyan das Verhältnis mit ihrer Mutter offenbar noch<br />

nicht wieder ins Lot gebracht; Mishal und Hanif waren nicht da, und<br />

weder Anahita noch ihre Mutter bereiteten Chamcha einen Empfang, der<br />

als warm beschrieben werden konnte. Nur Hadschi Sufyan war<br />

freundlich: »Komm, komm her und setz dich, du siehst gut aus.« Das

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