10.12.2012 Aufrufe

Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

»Brich dir nur den Hals, du Angsthase.«<br />

Wenige Augenblicke später allerdings bekam Saladin Besuch von der<br />

rotgesichtigen Gestalt seiner entfremdeten und nackt-häuptigen Frau, die<br />

durch zusammengebissene Zähne hervorpresste: »J.J. steht unten auf der<br />

Straße. Der blöde Idiot sagt, er kann erst wieder hereinkommen, wenn du<br />

sagst, dass du nichts dagegen hast.« Wie gewöhnlich hatte sie getrunken.<br />

Chamcha, der äußerst verblüfft war, platzte mehr oder weniger heraus:<br />

»Und du, willst du, dass er wieder hereinkommt?« Was Pamela als seine<br />

Art, Salz in die Wunde zu reiben, interpretierte. Sie nickte, um eine<br />

weitere Schattierung röter, in gedemütigter Wildheit. Ja.<br />

So kam es, dass Saladin Chamcha in seiner ersten Nacht zu Hause nach<br />

draußen ging - »He, Hombre! Siehst wirklich gut aus!« Jumpy begrüßte<br />

ihn in blankem Entsetzen, tat, als wolle er ihm die Hand geben, um seine<br />

Furcht zu verbergen - und den Liebhaber seiner Frau überredete, das Bett<br />

mit ihr zu teilen. Dann zog er sich wieder nach oben zurück, weil<br />

Jumpys Verlegenheit es diesem nicht gestattete, das Haus zu betreten,<br />

solange Chamcha noch zu sehen war.<br />

»Welch ein Mann!« heulte Jumpy Pamela vor. »Er ist ein Fürst, ein<br />

Heiliger!«<br />

»Wenn du nicht damit aufhörst«, warnte Pamela Chamcha ihn, einem<br />

Schlaganfall nahe, »hetze ich den verdammten Hund auf dich.«<br />

Jumpy fand Chamchas Anwesenheit weiterhin irritierend. Er stellte ihn<br />

sich (darauf jedenfalls ließ sein Verhalten schließen) als einen<br />

bedrohlichen Schatten vor, der ständig beschwichtigt werden musste.<br />

Bereitete er Pamela eine Mahlzeit (zu ihrer Überraschung und<br />

Erleichterung hatte er sich als wahrer Mughlai-Koch erwiesen), beharrte<br />

er darauf, Chamcha dazu einzuladen, und wenn Saladin Einwände erhob,<br />

brachte er ihm ein Tablett nach oben, was er Pamela gegenüber damit<br />

rechtfertigte, dass es ungehörig und provozierend wäre, dies nicht zu tun.<br />

»Schau doch, was er unter seinem eigenen Dach zulässt! Er ist ein<br />

Gigant; das mindeste, was wir tun können, ist, gute Manieren an den Tag<br />

zu legen.« Pamela sah sich mit wachsendem Grimm gezwungen, eine<br />

ganze Reihe solcher Verhaltensweisen und die damit verbundenen<br />

Predigten über sich ergehen zu lassen. »Ich hätte nie geglaubt, dass du so<br />

konventionell bist«, schäumte sie, worauf Jumpy antwortete:<br />

»Das ist nur eine Frage des Respekts.«

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!