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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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aller Vorstellungen. Auf der Welt gab es wirkliche Monster -<br />

massenmordende Diktatoren, Kinderschänder. Der Omamörder. (Er sah<br />

sich gezwungen, trotz seiner traditionell hohen Wertschätzung der<br />

Londoner Polizei zuzugeben, dass die Verhaftung von Uhuru Simba eine<br />

etwas zu verflucht saubere Arbeit war.) Man brauchte nur an<br />

irgendeinem Tag der Woche die Boulevardblätter aufzuschlagen, um mit<br />

wildgewordenen homosexuellen Iren konfrontiert zu werden, die Babys<br />

den Mund mit Erde vollstopften. Natürlich war Pamela der Ansicht<br />

gewesen, dass »Monster« ein zu - was? - rechtender Begriff für solche<br />

Leute war; das Mitgefühl, sagte sie, erfordere es, dass wir sie als Opfer<br />

unserer Zeit sähen. Das Mitgefühl, entgegnete er, verlange, dass wir ihre<br />

Opfer als Opfer sehen. »Mit dir kann man darüber nicht reden«, sagte sie<br />

in ihrem aristokratischsten Tonfall. »Dir geht es nur darum, bei<br />

Diskussionen billige Punkte zu machen.«<br />

Und auch andere Monster, die nicht weniger real waren als die Unholde<br />

in der Boulevardpresse: Geld, Macht, Sex, Tod, Liebe. Engel und Teufel<br />

- wer brauchte sie schon? »Warum Teufel, wenn der Mensch selbst ein<br />

Teufel ist?« fragte der »letzte Teufel« des Nobelpreis-Singer von seiner<br />

Mansarde in Tischewitz. Was Chamchas Gefühl für Ausgewogenheit,<br />

sein Einiges-spricht-da-für-anderes-dagegen-Reflex ergänzen wollte:<br />

»Und warum Engel, wenn der Mensch auch engelsgleich ist?« (Wenn<br />

das nicht wahr war, wie erklärte sich dann, beispielsweise, die<br />

Leonardo-Zeichnung? War Mozart wirklich der Beelzebub mit<br />

gepuderter Perücke?) Allerdings, und das war sein eigentliches<br />

Argument, musste man einräumen, dass die Zeitläufte keine diabolischen<br />

Erklärungen erforderten.<br />

Ich sage nichts. Bitten Sie mich nicht, die Dinge auf die eine oder andere<br />

Weise zu erklären; die Zeit der Offenbarungen ist lang vorbei. <strong>Die</strong><br />

Regeln der Schöpfung sind ziemlich klar: man richtet die Dinge ein, man<br />

macht sie so und so, und dann lässt man sie laufen. Wo bleibt der Spaß,<br />

wenn man immerzu eingreift und Fingerzeige gibt, die Regeln ändert, die<br />

Kämpfe ansetzt? Bis jetzt hatte ich mich ganz gut im Griff, und ich habe<br />

nicht vor, nun alles zu verderben. Glauben Sie nicht, ich hätte mich nicht<br />

einmischen wollen; ich wollte, oft. Und einmal, zugegeben, habe ich es<br />

auch getan. Ich saß auf Alleluja Cones Bett und sprach mit Gibril, dem<br />

Superstar. Ooparvala oder Neechayvala, wollte er wissen, und ich habe

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