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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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Am Ende ließ Baal sich doch noch auf eine Diskussion ein, und mit<br />

Erstaunen hörte <strong>Salman</strong>, wie der Dichter die Position Mahounds vertrat.<br />

»Sein Standpunkt ist eigentlich verständlich«, meinte Baal. »Wenn<br />

Familienväter ihm ihre Töchter anbieten und er sie zurückweist, macht er<br />

sich Feinde - und außerdem, da er ein besonderer Mann ist, kann man<br />

seine Forderung nach Sonderrechten schon begreifen -, und was das<br />

Einsperren betrifft, na ja, es wäre eine Schande, wenn einer von ihnen<br />

was zustieße! Wenn du hier, in diesem Haus, lebtest, würdest du<br />

wahrscheinlich auch finden, dass ein bisschen weniger sexuelle<br />

Freizügigkeit gar nicht schlecht ist. Ich meine, für die einfachen Leute.«<br />

»Du tickst ja nicht richtig«, sagte <strong>Salman</strong> kategorisch. »Lange nicht<br />

mehr an der frischen Luft gewesen, was? Oder vielleicht liegt es an<br />

deiner Verkleidung, dass du Quatsch daherredest?«<br />

Baal, mittlerweile ziemlich beschwipst, wollte zu einer<br />

temperamentvollen Erwiderung ansetzen, aber <strong>Salman</strong> hob seine zittrige<br />

Hand. »Hab’ keine Lust, mit dir zu streiten«, sagte er. »Will dir lieber<br />

was erzählen. Schärfste Story in der Stadt.<br />

Au weia! Passt zu dem, was du gesagt hast.«<br />

<strong>Salman</strong>s Geschichte: Aischa und der Prophet hatten eine Reise zu einer<br />

weit entfernten Ortschaft unternommen, und auf dem Rückweg nach<br />

Yathrib hatte ihr Trupp in der Wüste das Nachtlager aufgeschlagen.<br />

Noch vor Morgengrauen wurden die Zelte abgebrochen. Im letzten<br />

Moment musste Aischa davoneilen, um in einer Sandkuhle dem Ruf der<br />

Natur nachzukommen. Währenddessen hoben die Träger ihre Sänfte an<br />

und marschierten los. Da ihnen am Gewicht der schweren Sänfte nichts<br />

auffiel, nahmen sie an, dass Aischa, eine federleichte Person, darinsaß.<br />

Nachdem sie sich erleichtert hatte, stellte sie bei ihrer Rückkehr fest,<br />

dass sie allein war, und wer weiß, was ihr alles zugestoßen wäre, wenn<br />

nicht ein junger Mann, ein gewisser Safwan, auf seinem Kamel<br />

vorbeigekommen wäre… Safwan brachte Aischa heil und unversehrt<br />

nach Yathrib zurück: Gerede begann, nicht zuletzt im Harem, unter ihren<br />

Rivalinnen, die die Chance, Aischas Machtstellung zu schwächen,<br />

begierig ergriffen. <strong>Die</strong> beiden jungen Leute waren schließlich mehrere<br />

Stunden allein in der Wüste gewesen, und immer vernehmlicher wurde<br />

darauf angespielt, dass Safwan ein überaus schmucker Jüngling sei und<br />

der Prophet viel älter als seine junge Frau, und ob deshalb nicht denkbar

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