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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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war.<br />

»Ich bin gekommen, weil ich diese infernalische Stadt endgültig<br />

verlasse«, sagte <strong>Salman</strong>, »und nach all den beschissenen Jahren wollte<br />

ich noch einmal einen schönen Augenblick erleben.« Nachdem Bilal sich<br />

aus alter Freundschaft für ihn eingesetzt hatte, hatte der Einwanderer<br />

Arbeit gefunden; er hockte im Schneidersitz auf der Hauptstraße des<br />

Geschäftsviertels und verdingte sich als Briefeschreiber und<br />

Allzwecksekretär. Sein Zynismus und seine Verzweiflung waren von der<br />

Sonne versengt worden. »Wenn die Leute schreiben, dann lügen sie«,<br />

sagte er und trank hastig.<br />

»Ein professioneller Lügner kann gut davon leben. Meine Liebesbriefe<br />

und Geschäftsmitteilungen galten als unübertroffen in der Stadt, wegen<br />

meines Talents, wunderschöne Unwahrheiten zu ersinnen, die kaum von<br />

den Fakten abwichen. In knapp zwei Jahren konnte ich genug für meine<br />

Heimreise zusammensparen. Nach Hause! In die Heimat! Morgen geht’s<br />

los, endlich.«<br />

<strong>Die</strong> Flasche leerte sich, und <strong>Salman</strong> begann, wie Baal erwartet hatte,<br />

wieder von der Quelle all seines Leids zu sprechen, dem Verkünder und<br />

seiner Botschaft. Er erzählte Baal von einem Streit zwischen Mahound<br />

und Aischa, gab ein Gerücht wieder, als handelte es sich um eine<br />

erwiesene Tatsache: »<strong>Die</strong>ses Mädchen konnte es nicht verkraften, dass<br />

ihr Mann so viele andere Frauen wollte«, sagte er. »Er redete von<br />

Erfordernissen, politischen Allianzen und so weiter, aber sie ließ sich<br />

nichts vormachen. Wer will es ihr verübeln? Am Ende fiel er in - na, rate<br />

mal - einen seiner Trancezustände und kam zu sich mit einer Botschaft<br />

des Erzengels. Gibril hatte <strong>Verse</strong> vorgetragen, die ihm göttliche<br />

Rückendeckung gaben. Gott höchstpersönlich erlaubte ihm, so viele<br />

Frauen zu ficken, wie er wollte. Tja, was konnte die arme Aischa gegen<br />

die göttlichen <strong>Verse</strong> schon ausrichten? Weißt du, was sie gesagt hat?<br />

›Dein Gott ist immer zur Stelle, wenn er für dich ein Problem lösen soll.‹<br />

Wenn es nicht Aischa gewesen wäre, wer weiß, wie er reagiert hätte, die<br />

anderen hätten sich so was gar nicht erst getraut.« Baal ließ ihn reden.<br />

<strong>Die</strong> sexuellen Aspekte der UNTERWERFUNG machten dem Perser<br />

große Sorgen.<br />

»Ungesund«, meinte er. »<strong>Die</strong>se ganze Geschlechtertrennung. Wird nichts<br />

Gutes dabei herauskommen.«

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