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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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»verrückte Küche« (das Wort ließ sich aber auch mit Irrenhaus<br />

übersetzen) vor allem unter den jüngeren Asiaten populär geworden war<br />

und sogar mit der traditionellen Beliebtheit des Café Shaandaar zu<br />

konkurrieren vermochte, aus dem Sisodia, um nicht ungehöriger<br />

Parteilichkeit geziehen, zu werden, ebenfalls Speisen (Süßigkeiten,<br />

Samosas, Hühner Patties) für den immer unersättlicheren Gibril holte. Er<br />

brachte zudem auch Selbstgekochtes mit, Fisch-Curries, Raitas,<br />

Sivayyan, Khir, und tischte nicht nur Essbares auf, sondern auch<br />

Klatschgeschichten von Prominentenpartys. Wie gut Pavarotti Whiskys<br />

Lassis geschmeckt hatten, und wie der arme James Mason seine scharf<br />

gewürzten Garnelen verschlungen hatte - Vanessa, Amitabh, Dustin,<br />

Sridevi, Christopher Reeve, sie alle waren dabei. »Ein Susu-Superstar<br />

sollte wissen, welchen Geschmack seine Koko-Kollegen haben.« Allie<br />

erfuhr von Gibril, dass Sisodia selbst so etwas wie eine Legende war.<br />

Der gerissenste und redegewandteste Mann in der Branche, hatte er eine<br />

Reihe von »anspruchsvollen« Filmen mit mikroskopisch kleinem Budget<br />

produziert, und seit über zwanzig Jahren gelang es ihm, seine Erfolge<br />

mit nichts als Charme und ständigen Gaunereien zu erzielen. Wer für<br />

Sisodia arbeitete, bekam sein Geld immer nur unter den allergrößten<br />

Schwierigkeiten, ohne ihm dies jedoch übelzunehmen. Einmal hatte<br />

Sisodia eine Schauspielerrevolte - natürlich in Sachen Bezahlung - im<br />

Keim erstickt, indem er die ganze Truppe zu einem großen Picknick in<br />

einen der märchenhaftesten Maharadscha-Paläste Indiens scheuchte, ein<br />

Bauwerk, das normalerweise nur der hochwohlgeborenen Elite<br />

zugänglich war, den Gwaliors, den Jaipurs und Kashmirs. Niemand<br />

erfuhr, wie er es organisiert hatte, doch die meisten Mitglieder jener<br />

Truppe hatten sich hinterher, nachdem die Geldfrage unter der<br />

Erhabenheit solcher Geste begraben war, zur Mitarbeit an weiteren<br />

Sisodia—Projekten verpflichtet. »Und wenn man ihn braucht, ist er<br />

immer da«, fügte Gibril hinzu. »Als sich Charulata, eine begnadete<br />

Tänzerin und Sängerin, mit der er oft gearbeitet hatte, einer<br />

Krebsbehandlung unterziehen musste, waren plötzlich, über Nacht,<br />

jahrelang unbezahlte Honorare da.«<br />

Heutzutage verfügte Sisodia, dank einer Reihe von Kassenschlagern,<br />

verfilmten Geschichten aus dem Katha-Sarit-Sagar - Kompendium - dem<br />

»Ozean der Ströme der Erzählungen«, länger als Tausendundeine Nacht

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