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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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»Verschwinden Sie, bevor ich die Polizei rufe.« Gibril rührte sich nicht<br />

von der Stelle. Der Bahnhofsvorsteher sah Orphia aus ihrer Trance<br />

aufwachen und begann zu brüllen. »Phillips!<br />

So was ist mir ja noch nie vorgekommen! Keiner, der Hosen trägt, ist vor<br />

Ihnen sicher, ja das ist lächerlich. Mein Lebtag nicht gesehen. Und<br />

während der Arbeit eingepennt!« Orphia stand auf, zog ihren<br />

Regenmantel an, nahm ihren Knirps, kam hinter dem Schalter hervor.<br />

»Staatseigentum unbeaufsichtigt zu lassen! Sie gehen augenblicklich<br />

zurück oder können sich als entlassen betrachten, garantiert!« Orphia<br />

ging zur Wendeltreppe, stieg hinunter. Der Vorsteher, seiner<br />

Angestellten beraubt, drehte sich um und glotzte Gibril an.<br />

»Verschwinde!« sagte er. »Zieh Leine! Kriech unter deinen Stein<br />

zurück.«<br />

»Ich warte«, erwiderte Gibril würdevoll, »auf den Aufzug.«<br />

Als Orphia Phillips am unteren Ende der Treppe angekommen war und<br />

um eine Ecke bog, sah sie Uriah Moseley, in der vertrauten Art und<br />

Weise an die Sperre gelehnt und hörte Rochelle Watkins vor Entzücken<br />

albern lachen.<br />

Orphia aber wusste, was zu tun war. »Hast du ‘Chelle schon mal deinen<br />

Zahnstocher gezeigt, Uri?« flötete sie. »Sie würde ihn bestimmt gern mal<br />

anfassen.«<br />

Erschrocken richteten sich beide auf. Uriah stammelte: »Sei nicht so<br />

gemein, Orphia«, doch ihr Blick brachte ihn zum Schweigen. Dann<br />

begann er, auf sie zuzugehen, wie im Traum, ließ Rochelle stehen. »Gut<br />

so, Uri«, flüsterte sie und ließ ihn nicht einen Moment aus den Augen.<br />

»Komm hierher! Komm zu Mama.« Geh jetzt rückwärts zum Lift und<br />

zieh ihn rein und dann ab die Post mit uns. Doch irgendetwas klappte<br />

nicht. Er bewegte sich nicht mehr. Rochelle Watkins stand jetzt neben<br />

ihm, viel zu dicht, und er war stehengeblieben. »Sag’s ihr, Uriah«,<br />

meinte Rochelle. »Ihr blöder Zauber wirkt hier unten nicht.« Uriah legte<br />

einen Arm um Rochelle Watkins. So hatte sie es sich nicht vorgestellt,<br />

sie war, nachdem Gibril ihre Hand genommen hatte, fest davon<br />

überzeugt gewesen, dass es anders kommen würde, einfach so, als wären<br />

sie füreinander bestimmt. Koooomisch, dachte sie, was passiert<br />

eigentlich mit mir? Sie ging vorwärts. »Hilf mir, Uriah!« rief Rochelle,<br />

»sie macht mir die ganze Uniform kaputt.« Uriah hielt die um sich

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