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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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war, diesem Oben-Unten-Ding, das ihm in Allelujas Boudoir<br />

gegenübergetreten war und ihn aus seinem langen Wachschlaf erweckt<br />

hatte? Dann war vielleicht auch Rekha ein Emissär dieses Gottes, ein<br />

äußerer, göttlicher Gegner und nicht ein innerer, aus Schuldgefühlen<br />

entstandener Schatten; einer, der geschickt worden war, mit ihm zu<br />

ringen, ihn wiederherzustellen.<br />

Seine Nase, aus der Blut sickerte, begann schmerzhaft zu pochen.<br />

Schmerzen hatte er noch nie ertragen können.<br />

»Wehleidige Heulsuse!« lachte Rekha ihn aus. Schaitan hatte mehr<br />

verstanden:<br />

Lebt dort, wer seinen Schmerz liebt? Wer würde nicht, einen Weg<br />

wissend, der Hölle entfliehen, wiewohl dorthin verdammt?<br />

Du selbst würdest es tun, zweifellos, und kühn dich wagen, überall<br />

dorthin, wo der Schmerz am entferntesten ist, wo du Qualen gegen Ruhe<br />

einzutauschen hoffst…<br />

Er hätte es nicht besser formulieren können. Wer sich in einem Inferno<br />

wiederfindet, würde alles tun, um zu entkommen, Vergewaltigung,<br />

Erpressung, Mord, Selbstmord… er tupfte sich die Nase mit einem<br />

Taschentuch, während Rekha, die noch immer auf ihrem fliegenden<br />

Teppich saß und seinen Aufstieg (Abstieg?) in das Reich metaphysischer<br />

Spekulationen ahnte, das Gespräch auf ein vertrauteres Thema brachte.<br />

»Du hättest bei mir bleiben sollen«, sagte sie. »Du hättest mich lieben<br />

können, so wie es sich gehört. Ich wusste, wie man liebt. Nicht jeder hat<br />

diese Fähigkeit. Ich habe sie, das heißt, ich hatte sie.<br />

Nicht wie diese egoistische blonde Sexbombe, die sich heimlich<br />

vornimmt, ein Kind zu bekommen, und dir nicht mal was davon erzählt.<br />

Und auch nicht wie dein Gott; es ist nicht mehr wie in der guten alten<br />

Zeit, als solche Personen noch wirkliches Interesse aufbrachten.«<br />

<strong>Die</strong>ser Beitrag musste aus mehreren Gründen zurückgewiesen werden.<br />

»Du warst verheiratet«, erwiderte er.<br />

»Kugellager. Ich war deine Beilage. Und nachdem ich so lange auf Ihn<br />

gewartet habe, werde ich jetzt, post facto, nach seinem persönlichen<br />

Auftritt, nicht schlecht über Ihn sprechen. Und überhaupt, was soll das<br />

ganze Geschwätz? Du schreckst wohl vor nichts zurück?«<br />

»Du weißt nicht, was die Hölle ist«, entgegnete sie aufbrausend und ließ<br />

ihren gespielten Gleichmut fallen. »Aber du wirst es schon noch merken,

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