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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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konnte Er doch zweifellos den traditionellen Apparat göttlichen Zorns in<br />

Bewegung setzen. Wolken zogen vor dem Fenster auf, Wind und Donner<br />

erschütterten das Zimmer.<br />

Draußen im Park knickten die Bäume um. »Wir verlieren die Geduld mit<br />

dir, Gibril Farishta. Du hast Uns lange genug in Zweifel gezogen.« Von<br />

Gottes Zorn unter Beschuss genommen, ließ Gibril den Kopf hängen.<br />

»Wir sind nicht verpflichtet, dir die Natur Unseres Wesens zu erklären«,<br />

ging die Standpauke weiter. »Ob Wir vieles und vielförmig sind, die<br />

Vereinigung-durch-Hybridisierung solcher Extreme wie Oopar und<br />

Neechay verkörpern, oder ob Wir rein sind, stark, unnachgiebig - das<br />

wird hier nicht geklärt werden.« Das unordentliche Bett, auf dem der<br />

Besucher Seinen Hintern gesetzt hatte (der, wie Gibril jetzt sah, einen<br />

schwachen Lichtschein ausstrahlte, wie der ganze übrige Leib), wurde<br />

mit einem höchst missbilligenden Blick bedacht. »Entscheidend ist, ab<br />

sofort wird nicht mehr gezaudert. Du wolltest klare Beweise Unserer<br />

Existenz haben?<br />

Wir haben dir in deinen Träumen die Offenbarung geschickt, in der nicht<br />

nur Unser Wesen, sondern auch das deine erklärt wurde. Du aber hast<br />

dich dagegen gewehrt, hast gegen den Schlaf gekämpft, in dem Wir dich<br />

erwecken wollten. Deine Furcht vor der Wahrheit hat Uns schließlich<br />

dazu gezwungen, zu dieser vorgerückten nächtlichen Stunde in der<br />

Wohnung dieser Frau zu erscheinen, wiewohl es mit einigen<br />

persönlichen Unannehmlichkeiten verbunden war. Es wird jetzt Zeit,<br />

dass du dich zusammennimmst! Haben Wir dich vom Himmel fallen<br />

lassen, damit du mit einer (fraglos bemerkenswerten) plattfüßigen<br />

Blondine ‘rumturnst und dich mit ihr überwirfst? Wir haben viel zu tun.«<br />

»Ich bin bereit«, sagte Gibril ergeben. »Ich wollte sowieso gerade<br />

gehen.«<br />

»Hör mal«, sagte Allie Cone, »Gibril, verdammt noch mal, vergiss, dass<br />

wir uns gestritten haben. Ich liebe dich.«<br />

Sie waren jetzt nur noch zu zweit in der Wohnung. »Ich muss gehen«,<br />

sagte Gibril ruhig. Sie hakte sich bei ihm unter. »Echt, ich finde, du<br />

siehst wirklich schlecht aus.« Er war wieder im Vollbesitz seiner Würde.<br />

»Nachdem du mich aufgefordert hast zu gehen, fällt meine Gesundheit<br />

nicht mehr in deine Zuständigkeit.« Er ging. Alleluja wollte ihm folgen,<br />

verspürte aber so stechende Schmerzen in beiden Füßen, dass sie nicht

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