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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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übereinander herfielen, mit den Mündern jene Stellen suchten, bei denen<br />

anzufangen sie beschlossen oder gelernt hatten: zuerst seine Lippen an<br />

ihren Brustwarzen, dann ihre Lippen an seinem unteren Daumen.<br />

Inzwischen liebte sie diese Ungeduld an ihm, weil ihr eine Geduld<br />

folgte, die sie noch nie zuvor erlebt hatte, die Geduld eines Mannes, der<br />

nie »attraktiv« gewesen war und sich daher zufriedengab mit dem, was<br />

er bekam, so zumindest hatte es anfangs für sie ausgesehen; doch dann<br />

lernte sie seine Aufmerksamkeit schätzen, sein Gefühl für ihre inneren<br />

Spannungen, sein Gespür für die Schwierigkeiten, mit der ihr schlanker,<br />

knochiger, flachbrüstiger Körper zu einem Rhythmus fand, ihn lernte<br />

und sich ihm schließlich hingab, sein Zeitgefühl.<br />

Sie liebte an ihm auch, dass er sich selbst überwand; sie liebte, obwohl<br />

sie wusste, dass es ein unzulässiger Grund war, seine Entschlossenheit,<br />

seine Skrupel zu besiegen, damit sie Zusammensein konnten: liebte das<br />

Begehren in ihm, das sich über alles hinwegsetzte, was ihn sonst<br />

beherrschte: liebte, ohne in dieser Liebe den Anfang des Endes sehen zu<br />

wollen.<br />

Kurz vor dem Höhepunkt wurde sie laut. »Jaah!« schrie sie, und die<br />

ganze Vornehmheit ihrer Stimme sammelte sich in den bedeutungslosen<br />

Silben ihrer Lust. »Aaahh! Hhmmmh! Ha!«<br />

Sie trank noch immer übermäßig Scotch Bourbon Rye, und mitten in<br />

ihrem Gesicht breitete sich ein roter Streifen aus.<br />

Unter Alkoholeinfluss wurde das rechte Auge halb so groß wie das linke,<br />

und zu seinem Entsetzen begann sie, ihn dann anzuwidern. Über ihre<br />

Trunksucht durfte jedoch nicht gesprochen werden: das eine Mal, als er<br />

es versuchte, fand er sich auf der Straße wieder, in der rechten Hand<br />

seine Schuhe und den Mantel über dem linken Arm. Doch selbst danach<br />

kam er zurück, und sie öffnete ihm die Tür und ging sofort nach oben,<br />

als ob nichts geschehen wäre. Pamelas Tabus: Witze über ihre Herkunft,<br />

Anspielungen auf die Batterien leerer Flaschen und jegliche Andeutung,<br />

dass ihr verstorbener Mann, der Schauspieler Saladin Chamcha, noch am<br />

Leben war und sich in derselben Stadt, in einer billigen Pension aufhielt,<br />

in Gestalt eines übernatürlichen Monsters.<br />

Jumpy, der sie anfangs wegen Saladin ständig genervt, sie gedrängt<br />

hatte, sie solle sich von ihm scheiden lassen, dieses Witwe-Spielen sei<br />

unerträglich - wie steht der Mann denn finanziell da, ist er

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