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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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Für eine ganze Weile war daraufhin von Farishtas Film nichts mehr zu<br />

hören.<br />

Es war so und auch wieder nicht, dass der Zustand Saladin Chamchas,<br />

dessen Gefangenschaft im Körper eines Teufels und in der Dachkammer<br />

des Shaandaar Bed and Breakfast nun schon Wochen und Monate<br />

dauerte, sich unübersehbar verschlechterte. Seine Hörner (ungeachtet<br />

jener einmaligen, kurzlebigen und unbemerkten Verkürzung) waren<br />

sowohl dicker als auch länger geworden, drehten sich mittlerweile zu<br />

phantastischen Arabesken, wickelten sein Haupt in einen Turban aus<br />

nachdunkelndem Knochen. Ihm war ein dichter, langer Bart gewachsen,<br />

eine irritierende Entwicklung bei jemandem, dessen rundes Mondgesicht<br />

noch nie durch besondere Behaarung aufgefallen war; er war überhaupt<br />

am ganzen Körper haariger geworden, und dort, wo sein Rückgrat<br />

endete, war ein schöner Schwanz gewachsen, der mit jedem Tag länger<br />

wurde und ihn bereits dazu zwang, auf das Tragen von Hosen zu<br />

verzichten; er stopfte das neue Körperteil statt dessen in sackartige<br />

Salwarhosen, die Anahita Sufyan aus der großzügig geschneiderten<br />

Kollektion ihrer Mutter entwendet hatte. Wie sehr ihn diese<br />

fortwährende Metamorphose in eine Art Flaschenteufel bekümmerte,<br />

kann man sich leicht vorstellen. Sogar sein Appetit veränderte sich.<br />

Schon immer ein wählerischer Esser, stellte er mit Entsetzen fest, dass<br />

sein Geschmackssinn sich vergröberte, so dass alle Speisen irgendwie<br />

gleich zu schmecken begannen, und gelegentlich ertappte er sich dabei,<br />

wie er geistesabwesend an seinem Laken oder an alten Zeitungen<br />

herumknabberte, und erschrocken kam er dann zu sich, schuldbewusst<br />

und beschämt ob dieses neuerlichen Beweises seiner Entfernung vom<br />

Menschlichen hin zu - jawohl - zum Ziegenhaften. Immer größere<br />

Mengen Mundwasser waren vonnöten, um seinen Atem auf einem<br />

erträglichen Niveau zu stabilisieren. Es war wirklich nicht auszuhalten.<br />

Seine Anwesenheit im Haus war ein ständiger Stachel im Fleisch der<br />

Hind, in der sich Bedauern über den entgangenen Profit mit den<br />

Überbleibseln ihres anfänglichen Schreckens vermengten, obwohl gesagt<br />

werden muss, dass der wohltuende Prozess der Gewöhnung sie bereits in<br />

seinen Bann gezogen hatte, ihr geholfen hatte, Saladins Zustand als eine

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