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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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Gauner offenkundig bewunderten. Er verbesserte sich: nicht<br />

bewunderten, das nicht. Keine von ihnen würde auch nur eine Stecknadel<br />

klauen. Aber sie betrachteten solche Leute als Repräsentanten des<br />

Wie-es-war, des wirklichen Lebens. Versuchsweise erzählte er ihnen die<br />

Geschichte von Billy Battuta und dem Nerzmantel. Ihre Augen<br />

leuchteten, und am Ende klatschten sie begeistert in die Hände und<br />

lachten. Ein krummes Ding drehen, sich aber nicht erwischen zu lassen:<br />

das fanden sie toll. So müssen, dachte Chamcha, die Leute einstmals<br />

geklatscht und gelacht haben über die Taten früherer Banditen, Dick<br />

Turpin, Ned Kelly, Phoolan Devi und natürlich dieser andere Billy:<br />

William Bonney, auch er ein Kid. »<strong>Die</strong> nichtsnutzige Jugend und ihre<br />

kriminellen Idole.« Mishal hatte seine Gedanken gelesen und übersetzte<br />

sie - belächelte seine Missbilligung - in eine Schlagzeile der<br />

Boulevardpresse, während sie mit ihrem hochgewachsenen und, wie<br />

Chamcha fand, bemerkenswerten Körper eine übertrieben reizvolle Pose<br />

einnahm. Sie warf die Lippen zu einem ungeheuerlichen Schmollmund<br />

auf und flötete, sehr wohl wissend, dass sie ihn erregt hatte: »Na,<br />

Schätzchen?«<br />

Ihre jüngere Schwester, die sich nicht lumpen lassen wollte, versuchte,<br />

Mishals Pose zu kopieren, mit weniger großem Erfolg. Etwas unwirsch<br />

gab sie auf und meinte säuerlich: »<strong>Die</strong> Sache ist die, wir haben gute<br />

Chancen, wir beide.<br />

Familienbetrieb, keine Brüder, was willst du mehr. <strong>Die</strong>se Bude ist doch<br />

‘ne Goldgrube, hm? Also.« Das Haus Shaandaar wurde in der Kategorie<br />

»Bed & Breakfast« geführt, jenem Typ Herberge, auf den die<br />

Sozialämter aufgrund der Krise im öffentlichen Wohnungsbau mehr und<br />

mehr zurückgriffen: fünfköpfige Familien steckten sie in Einzelzimmer,<br />

übersahen dabei geflissentlich Hygiene-und Sicherheitsbestimmungen<br />

und forderten von der Regierung Zuschüsse für die »einstweilige<br />

Unterbringung Wohnungssuchender«. »Zehn Pfund pro Nacht und<br />

Nase«, erfuhr Chamcha von Anahita. »So kommen wir gewöhnlich auf<br />

dreihundertfünfzig Pfund wöchentlich für jedes Zimmer. Sechs belegte<br />

Zimmer: du kannst’s dir selbst ausrechnen. Im Moment verlieren wir<br />

dreihundert Pfund monatlich mit dieser Dachkammer. Ich hoffe also, du<br />

fühlst dich wirklich mies.« Für so viel Geld, dachte Chamcha, bekam<br />

man schon eine einigermaßen annehmbare Wohnung auf dem privaten

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