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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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laue Kostüme trugen, falsche Perlen und kleine Pillboxhüte mit<br />

Schleier, Hyacinthen, die jungfräulich-weiße Nachthemden trugen, jede<br />

erdenkliche Art Hyacinthe, alle sangen laut »Sieh mich an, Jesus«, bis<br />

sie Chamcha erblickten, mit ihrem Gesang aufhörten und »Satan, der<br />

Bock, der Bock« und dergleichen unfromme Sachen zu schreien<br />

begannen. Jetzt zeigte sich, dass die Hyacinth, mit der er gekommen war,<br />

ihn mit anderen Augen betrachtete, genauso wie er sie auf der Straße<br />

angesehen hatte, dass auch sie jetzt etwas sah, was sie einigermaßen<br />

abstieß; und als er den Ekel auf diesem abscheulich spitzen und düsteren<br />

Gesicht sah, tat er sich keinen Zwang mehr an.<br />

»Hubshees«, verfluchte er sie, aus irgendeinem Grund in seiner<br />

abgelegten Muttersprache. Unruhestifterinnen und Wilde nannte er sie.<br />

»Ihr könnt mir leid tun«, rief er. »Jeden Morgen müsst ihr in den Spiegel<br />

gucken, aus dem euch die Finsternis anstarrt: die Schandmale, der<br />

Beweis, dass ihr die Gemeinsten der Gemeinen seid.« Da drängten sich<br />

die Hyacinthen um ihn, seine eigene Hyacinth mitten unter ihnen, nicht<br />

mehr auszumachen, kein Individuum mehr, sondern eine Frau wie alle<br />

anderen, und er wurde furchtbar verprügelt, lief, ein herzzerreißendes<br />

Blöken ausstoßend, im Kreis herum und suchte einen Ausweg; bis er<br />

merkte, dass die Angst seiner Angreiferinnen größer war als ihr Zorn;<br />

und er richtete sich zu voller Größe auf, breitete die Arme aus und<br />

schleuderte ihnen teuflische Laute entgegen, so dass sie davonhasteten,<br />

um sich hinter dem Kirchengestühl in Sicherheit zu bringen, während er,<br />

blutend, aber ungebeugt, vom Schlachtfeld ging.<br />

Träume haben ihre eigene Wirklichkeit; Chamcha indes, der für kurze<br />

Zeit aufwachte, als sein Herzschlag sich in einem neuerlichen Anfall von<br />

Synkopen überschlug, erkannte schmerzlich, dass der Alptraum nicht<br />

sehr weit von der Wirklichkeit entfernt gewesen war; der Geist, der<br />

dahinter steckte, zumindest stimmte. Das war das Letzte von Hyacinth,<br />

dachte er und dämmerte wieder weg. - Um sich schlotternd in der <strong>Die</strong>le<br />

seines eigenen Hauses wiederzufinden, während, auf einer höheren<br />

Ebene, Jumpy Joshi heftig mit Pamela stritt. Mit meiner Frau.<br />

Und als die Traum-Pamela, Wort für Wort ein Echo der echten, ihren<br />

Mann hundertundeinmal zurückgewiesen hatte, er lebt nicht, so etwas<br />

gibt es ja nicht, war es Jamshed der Tugendhafte, der Liebe und Lust<br />

hinten anstellte und half. Er ließ die weinende Pamela allein. - wehe, du

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