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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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Aber er hat nicht mit mir geredet und ist stattdessen zum Jahrmarktsplatz<br />

gegangen.«<br />

Um einer Debatte vorzubeugen, übernimmt Hamza die Führung und geht<br />

voran. <strong>Die</strong> Jünger - etwa zwanzig haben sich versammelt - folgen ihm zu<br />

den Fleischtöpfen der Stadt, mit dem Ausdruck frommen Abscheus,<br />

allein Hamza scheint sich auf den Jahrmarkt zu freuen.<br />

Vor den Zelten der Besitzer der Scheckigen Kamele finden sie Mahound,<br />

der mit geschlossenen Augen dasteht, sich für die Aufgabe rüstet. Sie<br />

stellen besorgte Fragen; er antwortet nicht. Nach wenigen Augenblicken<br />

betritt er das Dichterzelt.<br />

Im Zelt reagiert das Publikum auf die Ankunft des unbeliebten Propheten<br />

und seiner armseligen Anhänger mit Hohn und Spott. Aber während<br />

Mahound nach vorn geht, die Augen fest geschlossen, verstummen die<br />

Buhrufe und Pfiffe, und Stille tritt ein. Mahound öffnet die Augen nicht<br />

für eine Sekunde, aber seine Schritte sind sicher, und er erreicht die<br />

Bühne ohne Stolpern oder Zusammenstöße. Er geht die wenigen Stufen<br />

hinauf ins Licht; noch immer sind seine Augen geschlossen. <strong>Die</strong><br />

versammelten Lyriker, Verfasser von Meuchelmord-Elogen,<br />

<strong>Verse</strong>rzählungen und Satiren - Baal ist natürlich auch hier -<br />

blicken belustigt, aber auch mit ein wenig Unbehagen, auf den<br />

schlafwandelnden Mahound. In der Menge kämpfen seine Anhänger um<br />

gute Plätze. <strong>Die</strong> Schreiber drängen sich in seine Nähe, um festzuhalten,<br />

was immer er sagen wird.<br />

Der Grande Abu Simbel lehnt sich an Polster auf einem Seidenteppich<br />

neben der Bühne. Bei ihm, mit golden glänzendem, ägyptischen<br />

Halsschmuck, ist seine Frau Hind, das legendäre griechische Profil mit<br />

den schwarzen Haaren, die so lang sind wie ihr Körper. Abu Simbel steht<br />

auf und ruft Mahound zu: »Willkommen.« Er ist ganz<br />

Liebenswürdigkeit.<br />

»Willkommen Mahound, der Seher, der Kahin.« Es ist eine öffentliche<br />

Ehrenbezeigung, und sie beeindruckt die versammelte Menge. <strong>Die</strong><br />

Jünger des Propheten werden nicht mehr beiseitegeschoben, sondern<br />

durchgelassen. Verwirrt, halb erfreut, kommen sie nach vorn. Mahound<br />

spricht, ohne die Augen zu öffnen.

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