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Salman Rushdie – Die Satanischen Verse

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einer Stimme, die seiner Größe entspricht. <strong>Die</strong> drei Müßiggänger sitzen<br />

auf der Mauer der Einfriedung. »<strong>Die</strong>ses Gesindel«, sagt Abu Simbel.<br />

»Sie sind deine Zielscheibe. Schreibe über sie; und über ihren Anführer.«<br />

Trotz seiner Angst kann Baal seine Ungläubigkeit nicht verbergen.<br />

»Grande, über diese Schafsköpfe - diese verdammten Hanswurste?<br />

Ihretwegen braucht Ihr Euch keine Sorgen zu machen. Was glaubt Ihr<br />

denn? Dass Mahounds einziger Gott Eure Tempel in den Bankrott<br />

treiben wird?<br />

Dreihundertsechzig gegen einen, und der eine soll gewinnen?<br />

Unmöglich.« Er kichert, der Hysterie nahe. Abu Simbel bleibt ruhig:<br />

»Spar dir die Beleidigungen für deine <strong>Verse</strong>.« Der kichernde Baal kann<br />

sich nicht bezähmen. »Eine Revolution von Wasserträgern,<br />

Einwanderern und Sklaven… ach, Grande.<br />

Da fürchte ich mich wirklich.« Abu Simbel sieht den kichernden Dichter<br />

prüfend an. »Ja«, antwortet er, »da hast du recht, du solltest dich<br />

fürchten. Mach dich bitte ans Schreiben, und ich erwarte, dass diese<br />

<strong>Verse</strong> dein Meisterstück werden.« Baal sackt zusammen, jammert.<br />

»Aber, mein geringfügiges Talent an sie verschwenden…« Er sieht, dass<br />

er zu viel gesagt hat.<br />

»Tu, was ich dir sage«, sind Abu Simbels letzte an ihn gerichtete Worte.<br />

«Du hast keine Wahl.«<br />

Der Grande räkelt sich in seinem Schlafzimmer, während sich<br />

Konkubinen seiner Bedürfnisse annehmen. Kokosnussöl für sein sich<br />

lichtendes Haar, Wein für seinen Gaumen, Zungen für seine Lust. Der<br />

Junge hatte recht. Warum fürchte ich Mahound? Müßig beginnt er, die<br />

Konkubinen zu zählen, gibt bei fünfzehn auf und lässt die Hand sinken.<br />

Der Junge. Hind wird ihn weiterhin treffen, keine Frage; was für eine<br />

Chance hat er gegen ihren Willen? Das ist eine seiner Schwächen,<br />

darüber ist er sich im Klaren, er sieht zu viel, toleriert zu viel. Er hat<br />

seine Gelüste, warum sollte sie nicht die ihren haben? Solange sie diskret<br />

ist; und solange er Bescheid weiß. Er muss Bescheid wissen; Wissen ist<br />

sein Rauschgift, seine Sucht. Er kann nicht tolerieren, was er nicht weiß,<br />

und aus diesem Grund, wenn schon aus keinem anderen, ist Mahound<br />

sein Feind, Mahound mit seiner Lumpenbande, der Junge hatte recht, als

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