10.12.2012 Aufrufe

Sammlung kleinerer althochdeutscher Sprachdenkmäler, 1986 pdf ...

Sammlung kleinerer althochdeutscher Sprachdenkmäler, 1986 pdf ...

Sammlung kleinerer althochdeutscher Sprachdenkmäler, 1986 pdf ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

LF=10=Lex Salica-Bruchstück<br />

Lex Salica-Bruchstück (LF)<br />

Überlieferung: Trier, Stadtbibliothek (Althochdeutsche und mittelhochdeutsche<br />

Fragmente Mappe Nr. 4) Mappe X Nr. 1.<br />

Es handelt sich um ein Doppelblatt im Format Oktav (12,5 χ 9,6 cm).<br />

Es wurde 1850 vom inneren Vorderdeckel einer Inkunabel (früher Nr.<br />

1072, danach Nr. 200), welche nach einen auf Seite 2 angebrachten<br />

Besitzervermerk aus dem Kloster Sankt Maximin bei Trier stammt,<br />

abgelöst. Dieser Mischband im Format 21 χ 14 cm enthält ein Compendium<br />

octo partium orationum (gedruckt bei Peter Kollicker in Basel),<br />

Incipit sermo beati Augustini episcopi super orationem dominicam,<br />

Resolutoriu(m) dubio(rum) circa celebrationem missa(rum) occurrentium<br />

(gedruckt 1493 von Η. Quentell in Köln), Tractatus de arte loque(n)di<br />

et tacendi (gedruckt 1491 von H. Quentell in Köln) und Libellus de<br />

modo confitendi et penitendi (Deventer 20.12.1488). Nach einem Vermerk<br />

auf der Vorderseite des ersten Blattes des Compendium wurde dieses<br />

1488 von Laurentig Babenhusser in Kaiserslautern gekauft und<br />

vermutlich wenig später mit den anderen Teilen, von denen der letzte<br />

1493 erschien, zu dem Sammelband vereinigt, der nicht lange danach<br />

an Sankt Maximin gelangte. Als Geschenk von J. P. Hermes kam der<br />

Band dann an die Stadtbibliothek.<br />

Wahrscheinlich wurde in Sankt Maximin um 1500 eine mittelalterliche<br />

Handschrift zerschnitten und das dabei entstandene Doppelblatt,<br />

welches das mittelste eines ersten Quaternio war, in den Vorderdeckel<br />

eingeklebt. Nach einem Bücherkatalog des 11. Jahrhunderts hatte das<br />

Kloster unter der Nummer 137 ein über Teutonicus. Möglicherweise war<br />

dieser die später zerschnittene Handschrift.<br />

Die handschriftlichen Fragmente sind vermutlich der Schreibschule von<br />

Mainz zuzuordnen. Zeitlich gehören sie in das zweite Viertel des 9.<br />

Jahrhunderts. Einzelne Buchstaben weisen auf angelsächsischen Einfluß.<br />

Inhalt: Das Doppelblatt von vier Seiten enthält volkssprachige Überschriften<br />

von Kapiteln 61-70. Dem lateinischen Explicit folgt lateinisch<br />

Incipit liber legis Salicae und danach der volkssprachige Text von<br />

Kapitel 1 (von der Ladung) und 2 (vom Schweinediebstahl). Der Inhalt<br />

ist demnach die volkssprachige Übertragung der karolingischen, um<br />

802/3 entstandenen Fassung Κ der lateinischen lex Salica, d.h. des<br />

Rechtes der Salfranken. Damit enthält das Fragment den ältesten<br />

althochdeutschen Recbtstext, der in der Lex Salica-Forschung als<br />

Textklasse V geführt wird. Er umfaßt etwa 270 althochdeutsche Wörter.<br />

Die Übersetzung der Lex Salica durfte mit den Bemühungen Karls des<br />

Großen um die Verbesserung des Rechtswesens zusammenhängen. Nach<br />

den Lorscher Annalen befahl er, daß alle Rechte im Reich jedem in<br />

seiner Sprache vorgelesen und erklärt werden sollen. In einem<br />

Kapitular von etwa 803 verfügte er, daß die Laien ihr Recht kennen<br />

und verstehen sollten.<br />

Die Übersetzung ist gut gelungen. Gegenüber der Vorlage verhält sie<br />

sich selbständig. Nicht mehr verstandene volkssprachige Wörter werden<br />

erneuernd ersetzt.<br />

Die sprachlichen Merkmale weisen auf das Althochdeutsch des frühen<br />

9. Jahrhunderts (h im Anlaut, au, Dativ Plural auf m, Fehlen von<br />

Diphthongen). Der Dialekt ist altfränkisch ( altmittelfränkisch?,<br />

altostfrankisch-altbayerische Sprachmischung).<br />

Ausgaben: Mone, F.J., ZGO 1 (1850), 36-41; Steinmeyer, E.V., Die<br />

kleineren althochdeutschen <strong>Sprachdenkmäler</strong>, 1916, Neudrucke 1963,<br />

1971, 55-57, Nr. 10 (lateinischer Text der Emendatafassung); Eckhardt,<br />

K.A., Pactus legis Salicae, II 2, 1956, 470-474; Sonderegger,<br />

S., Die althochdeutsche Lex Salica-Übersetzung, FG Jungandreas, W.,<br />

1964, 113 (paläographischer Text mit Photographie).<br />

Literatur: Ehrismann, G., Geschichte der deutschen Literatur, Teil 1<br />

251

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!