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Sammlung kleinerer althochdeutscher Sprachdenkmäler, 1986 pdf ...

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Hi=l = Hildebrandslied<br />

Hildebrandslied (Hi)<br />

Überlieferung: Kassel, Murhardsche und Landesbibliothek 2° Ms.<br />

theol. 54 f. la, 76b.<br />

Die wahrscheinlich in Fulda geschriebene Handschrift (früher Fuldaer<br />

Signatur XXXVII or. 10) in Kleinfolio umfaßt 76 Blätter in neun<br />

Lagen. Lage 1 bis 4 haben je 28, Lage 5 je 27 und Lage 6-9 je 29<br />

eingeritzte Zeilen auf jeder Seite. Der eigentliche Text beginnt auf<br />

Blatt 9a mit der Sapientia Salomonis. Danach folgen 23a-24b die 127<br />

Kapitelüberschriften des Ecclesiasticus und 25a-76a Ecclesiastic us<br />

selbst. Daran schließt sich bis zum Ende der Seite das Gebet aus 3.<br />

Reg. 8,22-31 in einer stark von der Vulgata abweichenden Gestalt<br />

an. Dann wurde Lage 1 vorgesetzt. Auf die Blätter 2a-4a schrieb der<br />

Schreiber der Blätter 9a-76a die Vorrede des Hieronymus zu den<br />

Büchern Salomos, eine andere Vorrede, die Vorrede des Enkels von<br />

Jesus Sirach und die 49 Kapitelüberschriften der Sapientia. Danach<br />

trug ein anderer Schreiber auf Blatt lb orationes et preces contra<br />

obloquentes und auf die Blätter 4b-8b zwei Drittel der 23. Homilie<br />

des Origines und ein weiteres kleines Stück ein. Danach schrieben<br />

zwei weitere Schreiber wahrscheinlich im vierten Jahrzehnt des 9.<br />

Jahrhunderts auf Blatt la (24 Zeilen) und Blatt 76b in karolingischer<br />

Minuskel, aber mit gewissen insularen Merkmalen das Hildebrandslied<br />

unter Abschreibefehlern von einer Vorlage ab, wobei der zweite<br />

Schreiber nur für die Zeilen 30-41 tätig wurde. Der Text bricht auf<br />

Seite 76b nach 297 Zeilen am Ende des verfügbaren Raumes ab.<br />

1943 wurde die Handschrift nach Bad Wildungen ausgelagert, wo sie<br />

1945 abhanden kam. 1955 wurde sie in Amerika wiedergefunden und<br />

nach Kassel zurückgeführt. Blatt la kam erst 1972 zurück.<br />

Inhalt: Das 68 Zeilen und etwa 440 Wörter umfassende Hildebrandslied<br />

ist das einzige erhaltene Zeugnis <strong>althochdeutscher</strong> Heldendichtung.<br />

Zwischen zwei Heeren stehen der Vater Hildebrand und der Sohn<br />

Hadubrand und bereiten sich zum Kampf vor. Auf Hildebrands Frage<br />

nach Herkunft und Namen des Gegners nennt Hadubrand seinen und<br />

seines Vaters Namen. Sein Vater sei vor Otachers Verfolgung mit<br />

Dietrich geflohen, habe Frau und Kind ohne Erbe zurückgelassen und<br />

dürfte kaum mehr am Leben sein. Hildebrand, der daraufhin die<br />

Zusammenhänge durchschaut, bietet Hadubrand versöhnlich Ringe an,<br />

welche dieser abweist, weil er zu wissen vermeint, daß sein Vater<br />

tot sei. Hildebrand ruft den waltant got an und beklagt das<br />

Wehgeschick, daß es nun zum Kampf kommen muß, bei dem der Vater<br />

den Sohn oder der Sohn den Vater töten wird. Mitten in der<br />

Kampfschilderung bricht das Lied, das vermutlich mit dem Tod des<br />

Sohnes endete, ab.<br />

Das Heldenlied zeigt einen einfachen, klaren Aufbau. Es ist bewußt<br />

künstlerisch verfaßt. Es arbeitet gezielt altepische Formen ein und<br />

verwendet absichtsvoll besondere Stilmittel.<br />

Die geschichtlichen Grundlagen des Hildebrandsliedes beruhen auf der<br />

ostgotischen Geschichte, in welcher Theoderich der Große 493 Odoaker<br />

bezwang und trotz vereinbarter gemeinsamer Herrschaft wenig später<br />

tötete, was von der späteren gotischen Hofgeschichtsschreibung damit<br />

gerechtfertigt wurde, daß Theoderich einem Mordanschlag Odoakers<br />

zuvor kommen mußte. Theoderich und Odoaker erscheinen im<br />

Hildebrandslied als Theotrih/Deotrih/Detrih und Otachere. Hildebrand<br />

ist im hochmittelalterlichen Nibelungenlied treuer Begleiter Dietrichs,<br />

läßt sich aber als geschichtliche Person nicht ausmachen.<br />

Die Entstehung des ursprünglichen Hildebrandsliedes wird, weil im<br />

Gotischen das im Langobardischen bezeugte Namenselement -brand<br />

fehlt, in Oberitalien angesetzt. Von den Langobarden kam das Hildebrandslied<br />

vermutlich nach Bayern und von dort nach Fulda.<br />

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