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Sammlung kleinerer althochdeutscher Sprachdenkmäler, 1986 pdf ...

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FT=4=Fränkisches Taufgelöbnis<br />

Fränkisches Taufgelöbnis (FT)<br />

Überlieferung: (A) Merseburg, Domstiftsbibliothek Ms. Nr. 136 (früher<br />

58) f. 16a; (Β) München, Bayerische Staatsbibliothek 2° L.impr.c.n.<br />

mss. 58 (früher Germ.g. 37) Bd. 2, 174 (Eintrag des Aachener<br />

Dr. jur. Dionysius Campius in ein zur Ostermesse 1607 von seinem<br />

Bruder Dr. jur. Jacobus Campius (1591 Protonotarius in Mainz, 1603<br />

Offizial und Protonotarius in Mainz) erworbenes Exemplar von Goldast,<br />

Μ. Η., Alemannicarum rerum scriptores, 1606 unter der Überschrift<br />

Interrogatio fidei habet, Spire in Bibliotheca Cathedr. in Scamno 8°<br />

aus einer inzwischen verlorenen Handschrift des Speyerer Domstifts).<br />

Die Merseburger Handschrift, welche auch die Merseburger Zaubersprüche<br />

enthält, umfaßt 93 bzw. 94 gezählte Blätter vom Format 27 χ 17<br />

cm und besteht aus den Überresten von sechs ursprünglich selbständigen<br />

Handschriften. Der erste Teil reicht von Blatt lb bis 21b<br />

und enthält auf den Blättern 2a bis 15b eine Auslegung der Messe,<br />

auf den Blättern 16a bis 19b unter der Überschrift Interrogatio<br />

sacerdotis das altfränkische Taufgelöbnis an der Spitze eines<br />

vollständigen, im übrigen lateinischen Taufrituals, dessen ,Gebete sich<br />

fast sämtlich im Fuldaer Sakramentar nachweisen lassen, sowie auf<br />

den folgenden Blättern ein kleines lateinisches, ebenfalls mit der<br />

Taufe zusammenhängendes Stück (Oratio quasi oris ratio). Die sorgfältige,<br />

leicht starr wirkende angelsächsische Minuskelschrift stammt<br />

vermutlich aus Fulda und den ersten Jahrzehnten (zweites oder drittes<br />

Jahrzehnt) des 9. Jahrhunderts.<br />

Auf Blatt 48 der Handschrift steht oberhalb eines Missalefragmentes<br />

der Name des Priesters Hadebraht. Dieser ist auch in zwei Eintragungen<br />

der Annales necrologici des Fuldaer Gesamtnamenmaterials enthalten,<br />

wo er mit dem Sterbejahr 964 verbunden ist. Die Identität des<br />

in die Handschrift eingetragenen Priesters mit dem Priestermönch der<br />

Totenannalenüberlieferungen ist wohl sicher.<br />

Die 1607 oder später erfolgte Eintragung durch Campius ist fehlerhaft.<br />

Sie gibt aber in der dritten Abschwörungsformel den Text vollständiger<br />

wieder. Auch in ihr folgt ein Stück aus dem lateinischen Taufritual.<br />

Ihre Vorlage stammte vermutlich aus Rheinfranken.<br />

Inhalt: Das knapp 100 Wörter umfassende Taufgelöbnis verbindet auf<br />

der Grundlage eines lateinischen Formulars das Bekenntnis des<br />

christlichen Glaubens mit der gleichzeitigen eindeutigen Absage an<br />

die bis dahin verehrten Götter in insgesamt zehn Fragen mit ganz<br />

kurzen Antworten. Beide Fassungen dürften Abkömmlinge einer gemeinsamen<br />

Vorstufe sein, die ihrerseits als erweiternde, auf Angleichung<br />

an den sich herausbildenden ordo Romanus bedachte Bearbeitung<br />

zu denken ist, wobei vielleicht am Anfang eine Übersetzung eines in<br />

den Tagen des Bonisatius gebräuchlichen Formulars in Mainz gestanden<br />

hat. Gegenüber dem altsächsischen Taufgelöbnis fallen vier zusätzliche<br />

Glaubensfragen auf.<br />

Der Dialekt der Merseburger Handschrift entspricht dem Lautstand der<br />

Personennamen in Fulda bis in die dreißiger Jahre des neunten<br />

Jahrhunderts, wobei das inlautende postkonsonantische d neben t auf<br />

eine Vorlage aus aitrheinfränkischem Sprachgebiet deutet, der Dialekt<br />

der Speyerer Handschrift altfränkischem Dentalstand mit 6 altalemannischen<br />

Merkmalen (ga-, za-, -uà-).<br />

Ausgaben: Grimm, J., Über zwei entdeckte Gedichte aus der Zeit des<br />

deutschen Heidentums, Abh.d. Ak.d.Wiss. Berlin 1842, S. 2, 25;<br />

Sievers, t., Das Hildebrandslied, 1872, 116 (Faksimile von A); Steinmeyer,<br />

E.V., Die kleineren althochdeutschen <strong>Sprachdenkmäler</strong>, 1916,<br />

Neudrucke 1963, 1971, 23,Nr. 4.<br />

Literatur: Ehrismann, G., Geschichte der deutschen Literatur, Teil 1<br />

2. A. 1932, Neudruck 1966, 298; Baesecke, G., Die altdeutschen<br />

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