PC Games 02-2017
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MAGAZIN <strong>02</strong>|17<br />
Im Gespräch mit<br />
Job J. Stauffer<br />
Job J. Stauffer ist Head of Communications<br />
bei Telltale <strong>Games</strong>.<br />
<strong>PC</strong> <strong>Games</strong>: Jurassic Park: The Game war das<br />
erste Telltale-Spiel, das sich vom traditionellen<br />
Point&Click-Gameplay löste und stattdessen komplett<br />
auf eine filmische Präsentation und Storytelling setzte.<br />
Der Titel wurde jedoch von Spielern und Presse eher<br />
schlecht aufgenommen. Gab es jemals so einen Moment,<br />
in dem ihr überlegt habt, ob ihr nicht vielleicht<br />
doch besser zum klassischen Adventure zurückkehrt?<br />
Job Stauffer: Nein. Für uns war Jurassic Park trotzdem<br />
ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung unseres<br />
Studios und unserer Spiele. Das Feedback der Community<br />
hilft uns ebenso, bei neuen <strong>Games</strong> Fehler zu<br />
vermeiden. Auch Spiele, die nicht sonderlich gut angenommen<br />
wurden wie Jurassic Park oder Law & Order<br />
waren wichtig, um so ein beliebtes Spiel wie The Walking<br />
Dead zu produzieren. Es ist nicht immer wichtig,<br />
ob eine Sache erfolgreich ist, es ist viel wichtiger, dass<br />
man daraus lernt und somit den nächsten Schritt in<br />
seiner Entwicklung macht. Wir sind sogar stolz darauf,<br />
mit Jurassic Park herumexperimentiert zu haben und<br />
dass wir dadurch unsere eigene Telltale-Formel erhalten<br />
haben, mit der wir bis heute Spiele produzieren.<br />
<strong>PC</strong> <strong>Games</strong>: Ihr hattet ja mit Spielen wie Sam & Max<br />
oder Tales of Monkey Island bereits eine Fanbase<br />
aufgebaut. Warum habt ihr euch also mit Jurassic Park<br />
dazu entschlossen, den Stil eurer Spiele zu verändern?<br />
Job Stauffer: Es war von Anfang an unser Ziel,<br />
Episoden-Spiele mit starker Erzählung zu machen, die<br />
wirklich jeder zocken kann. Spiele waren immer nur für<br />
Spieler, Filme und Serien hingegen konnte sich jeder<br />
anschauen. Das wollten wir ändern und kamen dann<br />
eben auf dieses Spielkonzept.<br />
Telltale <strong>Games</strong> sieht die eigenen Spiele weniger als Adventures,<br />
sondern ordnet sie in TV-Kategorien wie Sci-Fi oder Comedy ein.<br />
<strong>PC</strong> <strong>Games</strong>: Bevor ihr mit The Walking Dead und Quantic<br />
Dream mit Heavy Rain diesen Boom um interaktive<br />
Filme ausgelöst habt, wurden Spiele, die sich hauptsächlich<br />
auf die Story beschränken, von den meisten<br />
Spielern abgestraft. Nun ist der interaktive Film auf<br />
einmal ein beliebtes Genre. Wie habt ihr das geschafft?<br />
Warum waren eure Titel so erfolgreich?<br />
Job Stauffer: In der Spieleindustrie wird oftmals viel<br />
zu wenig Wert auf gute Charaktere gelegt. Es wird<br />
darüber geredet, große Abenteuer zu erschaffen statt<br />
dem Spieler die Möglichkeit zu geben, eine große<br />
Rolle zu spielen. Wenn wir dem Spieler die Möglichkeit<br />
geben, in die Rollen von besonderen Charakteren zu<br />
schlüpfen, zieht ihn das ins Spiel. Wenn wir ihn in die<br />
Rolle eines kleinen Mädchens in der Zombie-Apokalypse<br />
stecken, wo jede Entscheidung Konsequenzen<br />
hat, dann nimmt er die Rolle an. Wenn wir den Spieler<br />
in die Haut des großen bösen Wolfs stecken, vor dem<br />
jeder Angst hat, man aber auch noch einen Kriminalfall<br />
aufklären muss, dann<br />
nimmt er die Rolle an, führt<br />
sie aus und entwickelt den<br />
Charakter basierend auf den<br />
Entscheidungen. Genau das<br />
ist immer unser Ziel und das<br />
macht unsere Spiele besonders:<br />
Wir wollen, dass der<br />
Spieler die Story zu seiner<br />
eigenen Geschichte macht.<br />
<strong>PC</strong> <strong>Games</strong>: Wenn man sich das Feedback zu euren<br />
Spielen durchliest, sieht man auch oft Sätze wie<br />
„Tell tale macht keine Videospiele, Telltale macht<br />
interaktive Filme“ – und das ist gar nicht mal negativ<br />
gemeint. Stört es euch, dass ihr in diese Schublade<br />
gesteckt werdet, und wie würdet ihr euch selbst<br />
einordnen?<br />
Job Stauffer: Wir können mit jeder Bezeichnung<br />
unserer Arbeit gut leben, solange der jeweilige Spieler<br />
Spaß an unseren Produkten hat. Unsere Spiele sollen<br />
ihn emotional fesseln. Das ist das Wichtigste. Die<br />
Bezeichnung ist sogar recht treffend. Wir präsentieren<br />
unsere Spiele ja selbst wie eine Serie und wir<br />
möchten auch, dass die Leute unsere <strong>Games</strong> nicht<br />
als typische Videospiele ansehen.<br />
<strong>PC</strong> <strong>Games</strong>: Seht ihr euch denn selbst eher als Spieleentwickler<br />
oder als Geschichtenerzähler?<br />
Job Stauffer: Wir sehen uns selbst als Erzähler von<br />
interaktiven Geschichten. Das ist natürlich nicht die<br />
traditionelle Beschreibung eines Spieleentwicklers,<br />
aber auch nicht die eines Filmemachers, denn der<br />
macht passive Unterhaltung. Wir machen eben interaktive<br />
Unterhaltung. Bei uns entscheidet man selbst,<br />
wie die Story ausgeht, und erweckt den Charakter mit<br />
der eigenen Spielweise zum Leben.<br />
„Wir sind Erzähler interak tiver<br />
Geschichten, kein traditioneller<br />
Spieleentwickler.“<br />
<strong>PC</strong> <strong>Games</strong>: Seit der Gründung eures Studios habt ihr<br />
Spiele zu vielen verschiedenen Lizenzen entwickelt –<br />
welches Lizenzspiel ist euer Favorit und welches hat<br />
die Erwartungen nicht erfüllt?<br />
Job Stauffer: Puh, das ist wirklich schwer. Ich kann<br />
dir aber auf jeden Fall sagen, welches Spiel unsere<br />
Erwartungen übertroffen hat: The Wolf Among Us. Wir<br />
sind immer noch unfassbar stolz auf dieses Spiel. Das<br />
war unser erstes Spiel nach dem riesigen Erfolg, den<br />
wir mit The Walking Dead hatten, die Erwartungshaltung<br />
bei den Spielern war also hoch und wir waren<br />
uns nicht sicher, ob die Geschichte von Sheriff Bigby<br />
den Leuten gefallen würde. Wir standen wirklich unter<br />
Druck, da wir zwar von der Qualität der Fables-Comics<br />
überzeugt waren, aber auch wussten, dass es nicht<br />
gerade die bekannteste Lizenz ist. Das Feedback, das<br />
wir nach dem Release bekamen, hat uns dann richtig<br />
überwältigt. Wir sind stolz auf dieses Spiel und dass<br />
wir es geschafft haben, den Spielern die Welt von<br />
Fables näher zu bringen. Zudem war The Wolf Among<br />
Us eines dieser besonderen Spiele, von denen wir viel<br />
gelernt haben. Wie ich vorhin schon sagte, versuchen<br />
wir durch Feedback die gelungenen Aspekte unserer<br />
Arbeit herauszufiltern, um sie in kommende Projekte<br />
zu übernehmen und bei The Wolf Among Us haben<br />
wir so viel über Kameraeinstellungen und Storytelling<br />
gelernt, dass man in jedem Telltale-Spiel seitdem<br />
Elemente aus diesem Spiel wiederfindet.<br />
<strong>PC</strong> <strong>Games</strong>: In den letzten Jahren habt ihr immer Spiele<br />
zu Lizenzen gemacht, wodurch ihr mit schon bestehenden<br />
Welten oder Charakteren gearbeitet habt.<br />
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