MAGAZIN <strong>02</strong> 17 HITMAN - HISTORIE Auftragsmorde im Wandel der Zeit 68 pcgames.de
Von: Benjamin Danneberg Nach mittlerweile sechzehn Jahren reger Betriebsamkeit für Auftragskiller 47 wird es Zeit für eine Retrospektive. Wir blicken auf fünf Spiele mit dem Hitman zurück. A Schlafe ruhig, schlafe recht schön: In Hitman: Absolution wird die Geduld von Agent 47 auf eine harte Probe gestellt. Hitman: Absolution Im ersten Teil schert sich 47 nicht um Gott, die Welt oder Moral: Der ehemals indizierte Titel präsentiert uns 47 als eiskalten Klonkiller. <strong>02</strong> | <strong>2017</strong> uftragsmörder wird man nicht einfach so über Nacht. Neben einer gewissen Kaltblütigkeit wird Talent benötigt. Es sei denn, man hat das Feingefühl einer Abrissbirne – aber dann liegt die Klassifikation „gemeiner Massenmörder“ sowieso viel näher. Den Unterschied zwischen Profi und Amateur erforschen wir seit dem Jahr 2000 im Killer-Spiel (sic!) Hitman, das 2016 in seine nunmehr sechste Runde gegangen ist. Höchste Zeit also, auf sechzehn Jahre (mehr oder weniger lautloses) Meucheln zurückzublicken. Wir lassen die ersten fünf Spiele der beliebten Serie Revue passieren und gehen der Frage nach, wie sich die Serie über die Zeit verändert hat – und wie das beim Spieler angekommen ist. Hitman: Codename 47 Es ist erst vier Jahre her, dass der erste Hitman in Deutschland von der Liste der indizierten Spiele gestrichen wurde. 2012 nahm die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) den Titel auf Antrag von Publisher Square Enix vom Index. Aber warum war das Spiel anno 2000, als Entwickler IO Interactive den grimmigen Assassinen erstmals Hitman: Blood Money So erkennt uns keiner: Agent 47 verkleidet sich (hier in Blood Money) im Kampf gegen andere Profikiller auch mal als Teufel. Hitman: Codename 47 veröffentlichte, überhaupt auf der Sperrliste gelandet? In Hitman: Codename 47 schlüpfen wir in die Rolle eines glatzköpfigen Auftragskillers, der nur als Agent 47 bekannt ist. Neben dem markanten Glatzkopf ist der Strichcode auf seinem Hinterkopf zum Markenzeichen geworden. 47 arbeitet für eine mysteriöse Firma, die nur als die „Agentur“ bekannt ist. Von denen bekommt er seine Mord-Aufträge, meistens per Computer. Die Auftragsorte wechseln sich dabei ab: Mal müssen wir auf einem Schiff herumschleichen und einen atomsprengkopfbewehrten Irren ausschalten, mal huschen wir auf der Suche nach einem Triaden-Boss durch einen chinesischen Palast. Hinterfragt werden diese Aufträge von 47 allerdings nie. In der Third-Person-Ansicht versuchen wir entweder, uns mit blinder Gewalt und durchgeladener Uzi durch die Levels zu holzen – oder wir tun das, was einen Psychopathen von einem guten Auftragskiller unterscheidet: Wir bleiben ungesehen und töten unbeobachtet. Zu diesem Zweck besorgen wir uns beispielsweise neue Klamotten von patrouillierenden Wachen. Damit die (halbnackten) Leichen, die wir zurücklassen, nicht etwa zur Brotkrumen-Spur werden, die uns direkt ans Messer liefert, ziehen wir die Körper in dunkle Ecken oder stopfen sie in Abstellkammern. Die für damalige Verhältnisse gute und detaillierte Grafik, die ausgefeilten Animationen und der gute Sound (im Englischen wurde 47 stets von David Bateson gesprochen; Codename 47 hatte aber im ersten Teil noch keine deutsche Synchronisierung, nur Untertitel) sorgten zusätzlich für eine sowohl spannende als auch relativ realistische Auftragskiller-Simulation. Dieser Realismus machte auch vor der damals noch neuen Ragdoll-Mechanik nicht halt, wodurch die Leichen „lebensecht“ wirkten. Neben der ziemlich exzessiven Gewaltdarstellung war das einer der Hauptgründe für die Indizierung. Sich an Gegner heranschleichen und sie mit der – mittlerweile berühmten – Klaviersaite garottieren, durch einen platzierten Schuss aus der schallgedämpften Pistole ausschalten oder mit dem Messer filettieren – damals war das ein recht extremer Gewaltgrad. Im Indizierungsbericht heißt es dazu: „Im Vordergrund des Spiels stehen zwar keine massenhaften Tötungen, auch gilt es gelegentlich andere Spielziele zu verwirklichen, doch birgt auch das gelegentliche Töten eine Jugendgefährdung in sich. Im Sachverhalt ausgeführt ist der Spieler erfolgreicher, je leiser er seine Opfer tötet, je weniger Zeugen anwesend sind und je besser er die Leichen seiner Opfer aus dem Weg räumt.“ So weit, so normal für heutige Verhältnisse. Doch um die Jahrtausendwende war die Darstellung expliziter Gewalt auf dem heimischen <strong>PC</strong> noch nicht so ausgeprägt und gewöhnlich wie heute. „Auch zeigt das Spiel, dass die bedingungslose und vollständige Erfüllung eines Auftrags im Vordergrund stehen muss, die ethische Hinterfragung dieses Auftrags hingegen problemlos unterlassen werden kann“, heißt es in der Erklärung des BPjM weiter. „In dem Spiel wird folglich dazu aufgefordert, auf möglichst professionelle Weise mit einem ethischen Minimalkonsens, nämlich der Unantastbarkeit des menschlichen Lebens, zu brechen. Nicht ‚Distanzierung von‘ sondern ‚Identifikation mit‘ diesem Normverstoß ist im Spiel angelegt. Daher weist dieses Spiel ein solches Maß von Jugendgefährdung auf, dass es in der oberen Skala anzusiedeln ist und die Jugendgefährdung außerdem offensichtlich vorliegt.“ 69