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PC Games 02-2017

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INTERVIEW MIT CHRISTOPHER SCHMITZ, EX-ENTWICKLUNGSLEITER BEI BLUE BYTE<br />

„Ich wollte AAA machen!“<br />

Beinahe acht Jahre arbeitete Christopher Schmitz<br />

bei Blue Byte. Er betreute die Anno-Serie und baute<br />

die Free2Play-Sparte auf. 2014 wechselte er zum<br />

französischen Spielestudio Quantic Dream (Beyond:<br />

Two Souls, Heavy Rain). Heute arbeitet Schmitz bei<br />

den Hitman-Machern IO Interactive in Kopenhagen,<br />

hat aber in seinem Herzen noch ein Fleckchen für<br />

Blue Byte frei.<br />

<strong>PC</strong> <strong>Games</strong>: Wieso bist du eigentlich nach acht Jahren<br />

gegangen?<br />

Christopher Schmitz: Prinzipiell habe ich bereits ein<br />

Jahr vor meinem eigentlichen Abgang mit meiner<br />

Vorgesetzten gesprochen, dass ich gerne bei großen<br />

AAA-Produktionen mitarbeiten würde. Damals habe<br />

ich mich auch innerhalb von Ubisoft umgeschaut.<br />

Es gab unter anderem Gespräche mit Montreal oder<br />

den Headquarters in Paris. Und dann kam plötzlich<br />

Quantic Dream um die Ecke. Ich kannte ja auch Paris<br />

bereits, weil Quantic Dream seine Büros in der Nähe<br />

der Firmenzentrale von Ubisoft hat. Damals hatte ich<br />

das Gefühl, diesen Schritt gehen zu müssen, da ich<br />

ihn ansonsten wohl nie gewagt hätte.<br />

sich oft an mich erinnert. Das hatte aber auch seine<br />

Schattenseiten, gerade wenn es um die Reaktionen<br />

aus dem Netz geht. Noch heute werde ich im Zusammenhang<br />

mit den Always-online-Schwierigkeiten<br />

damit zitiert, dass ich es für ein „Wohlfühl-Problem“<br />

halte. Meine Aufgabe bestand damals darin, die<br />

Ubisoft-Strategie nach außen zu kommunizieren.<br />

Man wollte damit einen Mehrwert und mehr Interaktion<br />

mit den Spielern schaffen. In ein paar Jahren<br />

werden wir den Begriff „offline“ gar nicht mehr<br />

kennen. Dann wundern wir uns eher, wenn ein Gerät<br />

nicht mit dem Internet verbunden ist.<br />

<strong>PC</strong> <strong>Games</strong>: Wie siehst du als Blue-Byte-Kenner den<br />

Kurswechsel des Unternehmens? Herrscht derzeit in<br />

Deutschland Endzeitstimmung bei den Spieleentwicklern?<br />

Christopher Schmitz: Haha, das habe ich schon so<br />

häufig gehört. Ich glaube eher, der Markt konsolidiert<br />

sich langsam. Wenn du dir mal anschaust,<br />

wie viele Mitarbeiter bei den Free2Play-Anbietern<br />

angestellt sind und dabei teils nur ein Spiel betreuen<br />

– der Wettbewerbsdruck ist einfach enorm.<br />

Allein in Deutschland hast du vermutlich tausende<br />

Free2Play-Entwickler, aber nur wenige sogenannter<br />

AAA-Entwickler. Daher ist die Portierungs-Strategie<br />

sehr smart. Selbst wenn es mal kein Anno oder<br />

Die Siedler mehr geben sollte, so wird es stets eine<br />

Nachfrage für gute <strong>PC</strong>-Portierungen – auch innerhalb<br />

von Ubisoft – geben.<br />

<strong>PC</strong> <strong>Games</strong>: Du hast Blue Byte sehr oft nach außen<br />

repräsentiert. Wie fühlt es sich an, das Gesicht einer<br />

Firma zu sein?<br />

Christopher Schmitz: Na ja, man wird oft im Zug<br />

erkannt. Ich wollte das gar nicht unbedingt. Wir<br />

haben daher häufig versucht, auch die Entwickler<br />

in den Mittelpunkt zu stellen. Aber die Leute haben<br />

Christopher Schmitz, ehemals Entwicklungsleiter<br />

bei Blue Byte. Heute ist er Executive<br />

Producer für Hitman bei IO Interactive.<br />

anderem: Die Mitarbeiter treffen<br />

sich gemeinsam nach der Arbeit,<br />

veranstalten Game Jams oder<br />

Brettspielabende.<br />

Christopher Schmitz und Benedikt<br />

Grindel verbrachten selbst<br />

viele Stunden und Tage miteinander.<br />

Gemeinsam waren sie<br />

auf Pressetouren oder hielten auf<br />

Konferenzen Vorträge vor einem<br />

Fachpublikum. Diese Momente<br />

blieben Schmitz besonders im Gedächtnis.<br />

Bei der Ankündigung von<br />

Anno 2070 etwa führt Blue Byte<br />

die Pressekollegen an der Nase<br />

herum. Erst zeigt man ein fiktives<br />

Anno-1305-Logo auf der Leinwand<br />

und wartet die Reaktionen ab. Als<br />

dann ein Walker durch das Bild<br />

stapft, ist die Überraschung umso<br />

größer.<br />

Besagte gemeinsame Reisen<br />

schweißten Grindel und Schmitz<br />

zusammen. Nicht zuletzt, weil<br />

Ubisoft die beiden gerne in einem<br />

Doppelzimmer einquartierte.<br />

Schmitz schwärmt über die Zusammenarbeit<br />

mit seinem Kollegen<br />

in den höchsten Tönen, auch<br />

wenn Grindel schnarche „wie ein<br />

Stier“. Zu den versteckten Talenten<br />

des Siedler-Chefs gehört unter<br />

anderem auch seine Bühnentauglichkeit,<br />

in seiner Freizeit tritt er<br />

als Zauberer auf. Im Job lässt er<br />

diese Seite allerdings nur selten<br />

durchscheinen. „Auf der letzten<br />

Weihnachtsfeier habe ich ein paar<br />

Kartentricks gezeigt. Es war auch<br />

ein Kollege da, der toll zaubern<br />

konnte. Da habe ich mich dazu hinreißen<br />

lassen, mitzumachen“, sagt<br />

Grindel. Heute befindet sich Blue<br />

Byte auf einem Kurswechsel – weg<br />

von den Free2Play-Titeln, hin zu<br />

<strong>PC</strong>-Portierungen und der Weiterentwicklung<br />

seiner starken Marken<br />

Die Siedler und Anno. Wie diese<br />

neue Strategie aufgeht, wird sich<br />

erst in Zukunft zeigen. Fest steht<br />

jedoch, dass es bei Blue Byte nicht<br />

nur wuselt, sondern auch menschelt.<br />

Etwas, das auch Benedikt<br />

Grindel so sieht: „Computerspiele<br />

werden von Menschen gemacht –<br />

und nicht von Maschinen.“ <br />

2014<br />

Gründung von<br />

Blue Byte Mainz<br />

20122014<br />

Anno Online<br />

AUFBAUSTRATEGIE<br />

IM BROWSER<br />

2015<br />

Anno 2205<br />

AUFBAUSTRATEGIE<br />

2016<br />

Champions of Anteria<br />

ACTION-STRATEGIE<br />

<strong>02</strong> | <strong>2017</strong><br />

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